Protocol of the Session on April 9, 2008

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde eines in der Diskussion hier interessant: Dass wir doch weitgehend eine Übereinstimmung darüber haben, dass es keinen Sinn macht, die Hochschulen dieses Landes gegeneinander auszuspielen,

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

weder die öffentlichen gegen die private noch die Universitäten gegen die Fachhochschulen. Wir sind darauf angewiesen, für den Strukturwandel, für die Zukunftsperspektiven dieses Stadtstaates, dass wir starke Universitäten, starke Hochschulen haben. Die Jacobs University Bremen ist ein Bestandteil dieses Wissenschaftssystems. Deswegen wird der Senat genauso dafür einstehen, wie er für die Universität und die Fachhochschulen einsteht.

Aus Sicht des Wirtschaftssenators, wenn ich das dazu sagen darf, sind diese Universitäten und Hochschulen inzwischen auch für die wirtschaftliche Entwicklung ganz entscheidend geworden. Das ist der Grund, warum wir uns auch hier in diesem Feld zunehmend stärker, in den vergangenen Jahren schon und in Zukunft noch mehr, engagieren werden. Wir wissen, und das steht auch in der Koalitionsvereinbarung, in der Regierungserklärung sehr deutlich, dass die wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzung in der Zukunft in der Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft liegt, dass wir diese Netzwerke, diese Exzellenzcluster, auch weiterhin stärken.

Gestern Abend war in der Jacobs University eine Versammlung von i2b, wo kleine, mittlere Unternehmer, IT-Menschen, Wissenschaftler und auch Vertreter der Verwaltung zusammengekommen sind. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir diese Netzwerke fördern. Bremen ist inzwischen deswegen so erfolgreich, weil wir zu einem – gerade in der Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft – erfolgreichen Standort geworden sind. Die Jacobs University leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

Was ich auch zu dem Antrag der Linken sagen kann: Wir haben im Jahr 2006 eine entscheidende Veränderung erlebt. Die IUB, die internationale Universität, war eine vom Senat gewollte und initiierte Universität. Das muss man deutlich von der Entstehungsgeschichte her sehen. Wir haben eine Startfinanzierung gegeben in der Erwartung, dass darauf aufbauend privates Geld in die Universität hineinfließt. Wir haben in den folgenden Jahren sehen müssen, wie extrem schwierig es ist, private Sponsoren zu finden, die eine solche wissenschaftliche Einrichtung lebensfähig erhalten. Deswegen können wir sehr zufrieden sein, dass es mit der Spende von Klaus Jacobs gelungen ist, der Jacobs University nun eine dauerhafte Zukunftsperspektive zu geben. Die Namensumbenennung ist erst die wahre Privatisierung.

Davor hatten wir zwar private Anteilseigner, die Anteile hielten. Jetzt haben wir einen privaten Eigentümer, der mit seinem Namen und seinem Geld für die Zukunft dieser Universität zuständig ist. Das ist die wahre Privatisierung, das ist der große Erfolg, den wir Dank der Jacobs-Spende haben. Klaus Jacobs wird dafür im Übrigen am 16. April 2008 die Ehrenmedaille des Senats erhalten. Ich glaube, dies ist die wahre Leistung, die erbracht worden ist, und wir können im Übrigen sehen, dass es aufgrund dieser Spende bereits gelungen ist, erheblich einfacher zusätzliche Sponsoren für die Universität, für die Jacobs University, zu gewinnen. Nordmetall, der Unternehmerverband, hat sich mit zehn Millionen Euro engagiert, weitere Unternehmen haben in den letzten eineinhalb Jahren zehn Millionen Euro erbracht. Ich glaube, wir werden da auch in Zukunft eine gute Basis haben. Ich will auch ganz klar sagen: Wir brauchen auch weitere private Sponsoren für diese Universität.

Gleichzeitig will ich auch sagen, und selbst aus der Sicht des Wirtschaftsressorts ist ganz eindeutig und ganz klar: Wir brauchen diese öffentliche Universität. Was ich erlebe,

(Abg. R u p p [Die Linke] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

wenn wir in den Betrieben sind, bei Airbus, bei der BLG, bei kleinen und mittleren Unternehmen, ist, dass inzwischen sehr viele erkannt haben, wie wichtig diese Forschungsinstitute um die Universität herum für die wirtschaftliche Entwicklung sind. Deswegen macht

es auch überhaupt keinen Sinn, die private und die öffentliche Universität einander gegenüberzustellen. Beide sind für die wirtschaftliche Entwicklung Bremens, auch für die Entwicklung der Unternehmen dieser Stadt, ganz wichtig.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Ja!

Bitte, Herr Rupp!

Ich habe nur eine kurze Zwischenfrage: Können Sie im Laufe Ihrer Stellungnahme sagen, wie viel Geld an Unterstützung oder finanzieller Zuwendung oder Ähnliches die Jacobs University in den nächsten zwei Jahren bekommt und an welcher Stelle im Haushalt ich das finde?

Von wem? Von Privaten?

Nein, von dem Land Bremen! Entweder sagen Sie, das gibt es nicht, oder es ist an der Stelle oder an der Stelle. Ich wollte es einfach nur einmal wissen, um schlicht und ergreifend Klarheit zu haben, weil ich zum Beispiel den Unterschied zwischen Unterstützung und Finanzierung, den die Kollegin vorhin konstruiert hat, nicht so begriffen habe. Noch einmal ganz klar die Frage: Bekommen sie Geld? Wenn ja, wie viel in den nächsten zwei Jahren? Aus welchem Haushaltstopf oder aus welchen Mitteln des Landes Bremen, wenn es nicht im Haushalt steht, wird das finanziert?

Ja, das wollte ich Ihnen gleich sagen, auch wenn Sie jetzt nicht gefragt hätten! Darauf wäre ich gleich gekommen.

(Zuruf der Abg. Frau A h r e n s [CDU])

Zumindest müssten Sie ja auch den Hintergrund verstehen, warum wir hier Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsförderung betreiben. Ich möchte Ihnen das erklären, weil auch Missverständnisse zur Elite-Universität und Exzellenz-Universität Jacobs University bestehen. Wir haben hier eine Universität – und das ist, glaube ich, einzigartig –, in der sich Elite nicht definiert aufgrund des Vermögens der Eltern, aufgrund der eigenen finanziellen Herkunft, sondern aufgrund der Leistung. Der Senat hat bei Gründung der International University durchgesetzt, dass nur Leistung zählt und nicht das finanzielle Vermögen der Eltern. Das Durchschnittseinkommen der Eltern der

Studenten der Jacobs University liegt aktuell bei 20 000 Euro. Das heißt, das ist ein Zeichen dafür, dass wir – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Im Jahr!)

Im Jahr, Entschuldigung! Ich wiederhole es: 20 000 Euro im Jahr! Das zeigt, wir haben hier aus der ganzen Welt Studenten aus 91 Ländern. Wir haben hier internationale Studenten gewonnen, die nicht zur Oberschicht gehören, die aber künftig in verantwortungsvollen Positionen in ihren Ländern arbeiten werden und die deswegen zeigen werden, dass hier in Bremen Exzellenz vorherrscht. Das bringt für die wirtschaftliche Entwicklung und für das Ansehen des Stadtstaats ein enormes Potenzial.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dies ist der Hintergrund, weswegen der Bürgermeister und die Finanzsenatorin in einem Brief an Klaus Jacobs bestätigt haben, dass sie bereit sind, die Entwicklung eines Colleges und die Entwicklung eines Multifunktionsgebäudes finanziell mit zu unterstützen, dabei aber ausdrücklich die Vorbedingung gestellt haben, dass wir dies in einer Weise machen, dass den öffentlichen Universitäten und Hochschulen des Landes dadurch keinerlei Mittel entzogen werden. Wir suchen und arbeiten an Lösungen. Wir sind auch da gemeinsam mit der Jacobs University auf einem sehr guten Weg und haben auch überhaupt nichts zu verschweigen, weil die Collegebildung aus wirtschaftlichen, fiskalischen Gründen sinnvoll ist, das ist hier auch schon gesagt worden. Wir werden damit das Ziel mehr als erreichen, dass die Jacobs University 2012 circa 1500 Studenten haben wird. Dies stärkt Bremen auch fiskalisch.

Zum zweiten haben wir ein strukturpolitisches Ziel, das immer mit der Gründung der IUB damals, heute Jacobs University, verbunden gewesen ist. Wir wollen nicht nur Wissenschaft haben, sondern wir wollen um die Universität herum auch wirtschaftliche Aktivitäten haben. Das ist nicht so einfach, wie viele sich das denken. Wir können nicht einfach einen zweiten Technologiepark in Bremen-Nord errichten, aber wir planen ein Science-Center mit privater Unterstützung. Wir wollen, dass zusätzliche wissenschaftsorientierte Arbeitsplätze in Bremen-Nord rund um die Jacobs University entstehen. Dies rechtfertigt, diese private Universität, weil sie zusätzliche Arbeitsplätze schafft, weil sie den Strukturwandel befördert, auch öffentlich zu unterstützen.

Deswegen werden wir – und die BIG wird dabei auch eine Rolle spielen – in den nächsten Wochen klarstellen, wie wir eine transparente Finanzierung dieser Maßnahmen, die ich gerade genannt habe, vor

nehmen werden. Wir haben das Geld nicht auf der Straße liegen, es liegt auch nicht auf irgendwelchen Konten bei der BIG, aber wir werden eine Lösung finden, die alle überzeugend finden werden, da bin ich ganz sicher. Sie ist vor allen Dingen deswegen überzeugend, weil wir darlegen werden, dass Wissenschaftspolitik dieses Landes auch unter wirtschaftsfördernden Aspekten sinnvoll ist, und weil wir damit den Stadtteil Bremen-Nord und die Strukturen Bremens weiter verbessern. Diesen Vorschlag werden wir in circa zwei, drei Wochen vorlegen. Dass die BIG dabei eine Rolle spielt, ist vor dem Hintergrund unserer wirtschaftlichen Ausrichtung, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam zu stärken, glaube ich, nur zu begrüßen.

Wir werden Ihnen im Übrigen die Fragen, die Sie gestellt haben – die sollen wir bis zum 29. April beantworten –, alle sehr detailliert und sehr genau, das Wissenschaftsressort wie auch das Wirtschaftsressort, beantworten können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

(Zurufe der Abg. Frau B u s c h [SPD])

sehr geehrte Frau Kollegin Busch! Schon ein Zwischenruf, bevor ich angefangen habe! Das zeigt ja, dass Stimmung im Saal herrscht. Das ist ja auch ein wichtiges Thema, es geht um viel Geld. Es war auch interessant. Vielen Dank, Frau Kollegin Schön und Frau Kollegin Böschen, für die Auskünfte, die wir nun doch nach und nach bekommen haben! Vielen Dank an Herrn Kollegen Ella, dass er die bisherige Geheimniskrämerei mit angeprangert hat, wenn ich es richtig verstanden habe, und er hat auch die Austrocknung der Universität mit angeprangert. Da kann man einmal sehen, was es nützt, wenn man in der Opposition ist und sich einen kritischen Blick erlauben kann. Sie würden es wahrscheinlich auch machen, wenn Sie in der Opposition wären, denn dann sieht man die Tatsachen etwas klarer, und wir haben die Aufgabe, darauf hinzuweisen.

Jetzt aber zur privaten Universität, die eben diese Mittel nicht hat! Wenn Sie, Frau Böschen, sagen, das ist Wirtschaftsförderung, ist das ja interessant. Ich nenne so etwas einen Paradigmenwechsel, wenn man statt Wissenschaftspolitik jetzt einen Teil der Wissenschafts- und Bildungspolitik als Wirtschaftspolitik macht. Das kann man ja machen, das ist interessant. Bloß, wissen Sie, das ist das, was Ihr verehrter Kol––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

lege Dr. Sieling gestern Morgen genannt hat: die gleitende Ökonomisierung der Gesellschaft, die Sie ansonsten anprangern! Finden Sie dazu zurück, diesen Weg zu verlassen! – Danke!

(Beifall bei der Linken)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion Die Linke mit der Drucksachen-Nummer 17/316 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Die Linke)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP und Abg. T i t t m a n n [partei- los])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften – Altersgrenze für die Polizei

Mitteilung des Senats vom 1. April 2008 (Drucksache 17/329) 1. Lesung 2. Lesung

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