Protocol of the Session on February 21, 2008

Im Übrigen unterstützen wir den Antrag der CDU und der Grünen, auch wenn wir meinen, dass die Kriterien –

(Zuruf: Der SPD und der Grünen!)

der SPD und der Grünen, ist das besser? – eher dazu dienen, Mythen wieder aufleben zu lassen, als das Ziel des Antrags zu erreichen. Aber wir erkennen an, dass diese Form von Initiative im Bundesrat notwendig ist, und stimmen ihm deswegen zu.

(Beifall bei der Linken)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Woltemath.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mythos ist auch, wenn man jetzt über den Marktplatz geht, dass man dort eine einhellige Meinung finden würde.

(Beifall bei der FDP)

Ich glaube, es gibt dort sehr unterschiedliche Meinungen, und wenn man beispielsweise über den Domshof geht, kann man ja dort viele mittelständische Unternehmer treffen. Bei der Gelegenheit findet man dort eine ganz andere Debatte.

(Zuruf: Bankertreffen!)

Wir haben die Debatte teilweise gestern auch schon einmal geführt, und deshalb will ich sie nur noch einmal kurz wiederholen. Wir müssen auf der einen Seite die staatlichen Ausgabe begrenzen und dort ganz einfach sparen, das haben wir gestern gesagt. Auf der anderen Seite sind wir dafür – –.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Nacht- wächterstaat!)

Das hat nichts mit Nachtwächterstaat zu tun! Wir sind auf der anderen Seite dafür, die Steuern zu vereinfachen, die Bürokratiekosten zu senken. Deshalb fordern wir ganz stringent, das haben wir in unserem Antrag auch ausgeführt, eine Abschaffung der Erbschaftsteuer.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist keine Vereinfachung!)

Abschaffung ist auch eine Vereinfachung! – Danke schön!

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! So viel Leidenschaft und so viel Fürsorge für Menschen, die eigentlich ganz gut gestellt sind! Die Erbschaftsteuerreform ist notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die geltenden Regelungen für verfassungswidrig erklärt hat. Es hat gesagt, dass es nicht gerecht ist, dass Kapitalvermögen stärker besteuert werden als Immobilienvermögen, und hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2008 eine verfassungskonforme Regelung zu finden.

Nun sollte man ja als unbefangene Leserin oder Leser denken, daraufhin erhöht sich das Erbschaftsteueraufkommen in Deutschland, das heute ungefähr immer 4 Milliarden Euro im Jahr beträgt, weil nämlich in Zukunft die Immobilienvermögen anhand des

Verkehrswertes einbezogen werden sollen. Das passiert aber nicht. Dagegen hat die Bundesregierung erklärt, dass eine Neuregelung auf der Basis des bisher bestehenden Aufkommens in der Größenordnung von 4 Milliarden Euro stattfinden soll. Das ist schon ein weitgehendes Entgegenkommen gegenüber den Menschen, die Erbschaftsteuer abschaffen wollen oder meinen, dass das Aufkommen zu hoch ist.

Es ist nicht richtig, Frau Ahrens, wenn Sie sagen, dass Deutschland ein Spitzenland beim Steueraufkommen ist. Das ist es nur, wenn man die Sozialversicherungsabgaben mit einberechnet. Das sollte man nicht tun, oder man muss in den anderen Ländern das, was zum Teil privat erbracht wird, auch mit einrechnen. Deutschland hat einen Platz im unteren Drittel, trotz der Leistungen für die deutsche Einheit. Sie wissen das ja, ich gehöre zu den Menschen, die gern einen aufgabenadäquat ausgestatteten Staat möchten. Ich finde das ewige Trommeln gegen das Steuerzahlen eher unangenehm. Sie machen sich keine Gedanken über die Folgen dieser Art der Propaganda.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung orientiert sich also an den Vorgaben des Verfassungsgerichts und möchte die Vermögensarten an den Verkehrswerten orientieren, also wie die mobilen Vermögen. Es wird höhere persönliche Freibeträge geben, um nicht mehr Steuerpflichtige als bisher zu belasten. Auch für eingetragene Lebenspartnerschaften wird der persönliche Freibetrag wie bei Eheleuten 500 000 Euro betragen. Für die Unternehmensnachfolge insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen bleibt der Betriebsübergang überwiegend steuerfrei, soweit die Arbeitsplätze im Betrieb über 10 Jahre mehrheitlich erhalten bleiben und der Betrieb über 15 Jahre in seinem Vermögenswertebestand fortgeführt wird. Es findet eine Tariferhöhung – das ist ja auch von Ihnen, Frau Ahrens, kritisiert worden – für fernere Verwandte und Nichtverwandte statt, die in Zukunft mit der Steuerklasse II und III belastet werden und einen Steuersatz von 30 bis 50 Prozent bezahlen müssen.

Der Senat hat sich bereits in der Protokollerklärung der Freien Hansestadt Bremen zur Entschließung des Bundesrates dahingehend geäußert, dass eine Neuregelung des Erbschaftsteuerrechts grundsätzlich aufkommensneutral gestaltet werden sollte. Wir haben uns also hinter die 4-Milliarden-Euro-Behauptung oder -Vorhaben gestellt. Die zuverlässige Einschätzung – außer dieser Willenserklärung, dass das Steueraufkommen 4 Milliarden Euro betragen soll – des zukünftigen Aufkommens ist zurzeit schwierig, insbesondere deshalb, weil in dem Gesetz die sogenannte Optionsregelung vorhanden ist, die es den Steuerpflichtigen in Zukunft ermöglicht, nach altem oder neuem Recht besteuert zu werden. Wir in Bremen ge

hen davon aus, dass das Steueraufkommen von 30 Millionen Euro durchschnittlich im Jahr in den nächsten Jahren um 5 bis 10 Millionen Euro sinken wird. Das ist für Bremen ein deutlicher Nachteil, und das schmerzt uns auch, Herr Woltemath, und ich finde nicht, dass man damit leichtfertig umgehen sollte.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Neuregelung der Steuergesetze wird eine stärkere steuerliche Belastung größerer vererbter Vermögen nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit der Erben nach sich ziehen. Das ist erwünscht, und der Senat findet das auch richtig.

Ich möchte mich hier gern noch zu den Anträgen der Linken und der FDP-Fraktion äußern: Bei den Linken steht ein Passus in ihrem Antrag, dass eine Höchstbesteuerung von mindestens 60 Prozent bei den Steuerklassen II und III stattfinden soll. Wir haben als Senat hier verfassungsrechtliche Bedenken. Wir wollen sicherstellen, dass durch die höheren Freibeträge übersteigendes Vermögen in Höhe des durchschnittlichen Wertes eines Familienhauses freigestellt wird. Das ist das politische Ziel des Senats. Die Begrenzung der Summe der Freibeträge der Erben auf maximal 500 000 Euro kann dieses Ziel gefährden. Es ist ja schon darüber geredet worden, in welchen Bereichen es dann vielleicht zu Problemen führt, und wir sind uns als Senat sicher – das ist ja, glaube ich, auch hier im Hause Konsens –, dass die Unternehmensverschonung so stattfindet, dass die Unternehmensnachfolge nachhaltig ist und sichergestellt ist, dass es im Erbschaftsfall nicht dazu kommt, dass Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Das ist Ziel der jetzigen Regelung.

Die Verschärfung dieser Regelung, wie sie die Linken fordern, birgt die Gefahr der Flucht oder auch des Arbeitsplätzeabbaus in sich. Es ist richtig, dass Vermögen, welche dafür eingesetzt werden, dass Firmen existieren und Arbeitsplätze geschaffen werden, von der Erbschaftsteuer ausgenommen werden beziehungsweise mit Darlegung zeigen müssen, dass sie über Jahre hinweg sicherstellen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden. Hier wurde schon kritisiert, dass 15 Jahre eine zu lange Darlegungspflicht ist, und Frau Ahrens hat über den hohen Bürokratieaufwand gesprochen. Nun ja, das sind alles Firmen, die Steuerberater haben und die Bilanzen und Jahresabschlüsse machen. Dass die Darlegung der Frage, wie hoch die Lohnsumme und die Ertragslage des Unternehmens ist – was man ja für die Ermittlung der Frage, ob Erbschaftsteuer gezahlt werden soll, braucht – jetzt irgendwie ein neuer Bürokratieaufwand für diese Unternehmen ist, entschuldigen Sie bitte, aber das ist wirklich ein Ammenmärchen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bremen hat eingedenk der Überlegung, dass wir es richtig finden, wenn Erbschaftsteuer gezahlt wird, und dass wir auch kein Interesse daran haben, dass das Steueraufkommen sinkt, Anträge zu höheren Steuersätzen, zu geringeren persönlichen Freibeträgen, dem Fortfall der Begünstigung vermieteter Wohnobjekte und zur Verbesserung der Steuerlage für Lebenspartnerschaften im Bundesrat gestellt. Diese Anträge sind abgelehnt worden. Deshalb wird Bremen sich jetzt in Zukunft auch – anders als wir es uns wünschen, aber in Anbetracht der Machtverhältnisse haben wir gar keine andere Wahl – darauf konzentrieren, in allem, was wir können, dafür zu sorgen, dass es wenigstens keine weiteren Steuerausfälle gibt. Es droht nämlich, dass an dem 4-Milliarden-Euro-Niveau ordentlich gesägt wird und dass es sinkt.

Die FDP schreibt in ihrem Antrag: „Eine Angleichung der Besteuerung unterschiedlicher Vermögensarten bereitet erhebliche Schwierigkeiten.“ Wie kommen Sie eigentlich darauf? Seit wann ist das Finden von Verkehrswerten eine Unmöglichkeit? Es gibt ja auch andere Abgaben, die sich daran orientieren. Meiner Meinung nach stimmt es nicht, was die FDP hier schreibt.

Dann schreibt die FDP: „So besteht etwa die Gefahr einer politisch nicht erwünschten stärkeren Belastung von nichtliquiden Betriebsvermögen.“ Die Gefahr ergibt sich nicht, da insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen der Betriebsübergang stärker als bisher – Verbesserung in Ihrem Sinne findet hier also statt – steuerfrei gestellt wird.

Dritter Punkt des FDP-Antrags: „Große Kapitalvermögen können nicht wirksam zur Erbschaftsteuer herangezogen werden, da dies die Kapitalflucht aus Deutschland weiter verstärken würde.“ Das ist hier mehrfach Thema gewesen. Dann soll man sich einmal – außer in Österreich, die das gerade abschaffen wollen, dort gibt es aber Steuertatbestände, die auch nicht so lustig sind – einen Ort mit dem Vermögen suchen, wo es so viel besser ist als in Deutschland!

Weiter sagt die FDP: „Bereits heute werden große Kapitalvermögen kaum zur Erbschaftsteuer herangezogen.“ Das ist auch falsch! Große Kapitalvermögen machen mehr als die Hälfte der Erbschaftsteuer aus.

Weiter im FDP-Antrag: „Die Erbschaftsteuer belastet in besonderem Maße die gesellschaftliche Mittelschicht.“ Auch das ist unzutreffend. Das überwiegende Steueraufkommen wird von sehr Vermögenden getragen. Die Mittelschicht wird durch die Neuregelung deutlich entlastet, insbesondere über die Freistellung des Betriebsvermögens.

Über den Erhebungsaufwand wurde hier schon gesprochen. Für die Firmen ist das unzutreffend, weil dort sowieso Bilanzen gemacht werden. Der Erhebungsaufwand für die Steuerverwaltung beträgt in Bremen zirka 500 000 Euro. Das ist, verglichen mit

einem Aufkommen von 30 Millionen Euro, nun weiß Gott kein Problem. Auch hier behaupten Sie Dinge, die aus unserer Sicht nicht zutreffend sind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weiter heißt es bei der FDP: „Das Ziel auch einer Stärkung der Einnahmeseite des bremischen Haushaltes bleibt unbestritten. Die Erbschaftsteuer stellt aus Sicht der FDP das falsche Instrument zur Einnahmeerzielung dar. Es ist nicht zu erwarten, dass durch die Erhebung der Erbschaftsteuer eine deutliche Verbesserung der Einnahmesituation erreicht werden kann.“ Wissen Sie was? 30 Millionen Euro sind für den Bremer Haushalt keine Peanuts. Natürlich gibt es keine Steuer, die unsere Finanzprobleme löst. Sie wissen ja, dass wir uns aus eigener Kraft aus der Finanzlage nicht befreien können. Aber dass ausgerechnet Bremen, das ganz stark darauf angewiesen ist, draußen alles zu dokumentieren und zu tun, dass wir unsere Einnahmesituation verbessern, Signale aussendet, dass wir auf dieses Geld auch gut verzichten können, finde ich inhaltlich falsch und auch taktisch hoch problematisch.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Ich wünsche mir von Ihnen und von der Öffentlichkeit in Bremen, dass wir es gemeinsam schaffen, ein Klima zu erzeugen, wo es selbstverständlich ist, dass Menschen, die Einkünfte über einer bestimmten Grenze erzielen, Steuern zahlen

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und dass es ehrenrührig ist, sich davor zu drücken, und dass es in der Gesellschaft – Schumi und Beckenbauer, Steuerflüchtlinge wie Müllermilch – übel beleumundet wird, wenn man auf der einen Seite sein Geld verdient und auf der anderen Seite dann irgendwann eine Biege macht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich wünsche mir ein gesellschaftliches Klima, wo klar ist, dass hohe Einkommen und Vermögen keine Privatsache sind. Sie entstehen in einem gesellschaftlichen Kontext, in dem eine Gemeinschaft für öffentliche Sicherheit, für ein Verkehrswesen und für Bildung sorgt, und in dem es nicht richtig ist, dazu beizutragen, dass Menschen mit hohen Einkommen und Vermögen glauben, dass sie das alles nur für sich allein und aus eigener Leistung geschafft haben. Es

entsteht in einem gesellschaftlichen Kontext, und zu dem tragen alle bei.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Für den Senat möchte ich mich bei Ihnen für die Rückendeckung bedanken! Wir wollen hier weiter versuchen hinzubekommen, was geht. Die Linken verlangen von uns symbolische Politik. Das möchte ich nicht. Es geht nicht um die radikale Pose, sondern es geht darum, unter den Bedingungen der Machtverhältnisse, wie wir sie vorfinden, das Mögliche herauszuholen. Die Machtverhältnisse sind klar.

Es gibt massive Kräfte in Deutschland, die darauf hin arbeiten, auf Zeit zu spielen mit dem Ergebnis, dass zum 31. Dezember 2008 Deutschland ganz ohne Erbschaftsteuer dasteht. Das will ich auf keinen Fall, und ich finde auch, das ist hier auch angesprochen worden, dass es äußerst unangenehm ist, dass von CDU-Bundesländern gewaltig an dem Koch-Steinbrück-Kompromiss herumgeschraubt wird, der aus Sicht des Senats an vielen Punkten eher zu milde gegenüber den Steuerpflichtigen ist. Auch das dort gewählte Modell ist problematisch, und mittlerweile wird es immer weiter fraglich, ob man es überhaupt noch hinbekommt, 4 Milliarden Steueraufkommen zu bekommen.

Dieser Senat wird sich deshalb vor diesem Hintergrund nicht in symbolischen Großtaten ergehen und martialische Beschlüsse fassen, sondern wird auf Finanzministerkonferenzebene und im Bundesrat versuchen, das hinzubekommen, dass das gemeinsame Ziel, dass es wenigstens nicht zu einer Senkung des Steueraufkommens kommt, eingehalten wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.