Sie haben mit Ihrer Bundesratsinitiative keine Aussicht auf Erfolg. Herr Güngör hat es ausgeführt: Im Jahr 2002 ist das Grundgesetz noch einmal novelliert und neu diskutiert worden im Zuge der Wiedervereinigung, auch der Artikel 7 ist diskutiert worden, und er wurde nicht verändert, er wurde aber sehr wohl auch kritisch diskutiert.
Auch inhaltlich ist die Stoßrichtung des Antrags schwierig und aus meiner Sicht nicht akzeptabel, denn das Grundgesetz formuliert, dass die Schulen unter Aufsicht des Staates stehen. Das findet sich im Artikel 7, das findet sich auch im Bremischen Schulgesetz, denn öffentliche Schulen sind die Schulen, die vom Land Bremen betrieben werden.
(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP] – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Erst zu spät kommen, dann dazwischenrufen!)
Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet, allerdings haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes dieses Recht eingeschränkt. So ist eine private Volksschule nur dann zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pä
dagogisches Interesse anerkennt oder auf Antrag, wenn Sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnisoder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht. Das ist eine Prüfung, die dann die Verwaltung vornimmt, und das entscheidet die Verwaltung nicht aus dem Bauch, sondern das wird sehr wohl ernsthaft geprüft.
In Bremen verfügen wir im Schulbereich gewissermaßen über ein duales System, ein bewährtes System. Wir wollen das auch nicht zurückholen, staatliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft bieten ein vielfältiges Angebot. Das staatliche Schulwesen nimmt im Grundgesetz dabei einen besonderen Stellenwert ein, das habe ich ausgeführt. Ich finde aber, man muss sich kritisch darüber unterhalten. Die FDP fordert in diesem Fall, ich sage einmal, nach dem Motto „Privat vor Staat“, einen ganz anderen Weg, wie es beispielsweise die Niederlande gemacht haben, darauf komme ich gleich noch zu sprechen. Ich finde, das muss man kritisch sehen, ich sehe es kritisch, weil wir beobachten, so wie Kollege Beilken es ausgeführt hat, so wie die GEW es auch noch einmal im Fachausschuss für Schulentwicklung und auch wie die SPD es dargelegt hat, eine soziale Entmischung an Schulen, auch an Grundschulen.
Wir haben aber den Auftrag, den Grundschulbereich als Gemeinschaftsschule zu organisieren. Der Grundschulbereich wird vom Grundgesetz besonders geschützt, und aus Sicht der Grünen soll das auch nicht weiter ausgehöhlt werden. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass im Grundschulbereich die Schule als Gemeinschaftsschule organisiert wird, und die kritische Grenze – hier sind ja vorhin Zahlen genannt worden, in Bremen besucht schon eine besonders hohe Anzahl von Kindern Privatschulen im Grundschulbereich – führt zu einer Entmischung, die wir so nicht wollen und nicht weiter beschleunigen wollen.
Deswegen, finde ich, muss man auch ganz kritisch hier im Haus darüber reden, wann eine Grenze erreicht ist, an der wir private Schulen in bestimmten Schulformen zulassen, und im Bereich der Grundschulen kann ich aus Sicht der Grünen sagen, dass wir hier sehr große Bedenken haben, weitere Grundschulen zuzulassen. Im Bereich der weiterführenden Schulen muss und kann man noch einmal anders diskutieren, wenn wirklich besondere pädagogische Konzepte vorhanden sind. Hier bin ich auch durchaus offen für die Diskussion, aber im Grundschulbereich, Herr Dr. Buhlert, nehmen Sie es nicht persönlich, haben wir einfach eine ganz feste Position und wollen hier nicht weitere Änderungen vorantreiben! Wir lehnen diesen Antrag ab, und ich würde Sie bitten, dass Sie vielleicht noch einmal revidieren, was Sie gesagt haben mit der Geiselhaft in öffentlichen Schulen, das
können Sie doch nicht ernsthaft so gemeint haben, auch wenn Sie hier erst zu spät gekommen sind. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir müssen jetzt nicht alle auf Herrn Dr. Buhlert herumhacken, weil er einmal zu spät kam, aber schön, dass ich es auch noch einmal erwähnen konnte! Der Antrag der FDP entspricht vielleicht einem neoliberalen Gedankengut, wenn ich das einmal so sagen darf.
Die Union hat seinerzeit, wie die FDP und die SPD ja übrigens auch, an der Entstehung des Grundgesetzes mitgewirkt, und die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich sehr kluge Gedanken gemacht, auch aus der Erfahrung der vordemokratischen Zeit, aus der Erfahrung der Weimarer Republik, welche schulischen Begebenheiten es damals gab. Darum hat man diesen Artikel 7 im Grundgesetz so formuliert, weil man eben eine Gesellschaft haben möchte, die nicht nach Ständen, Schichten und Klassen sortiert wird. Dies entspricht nicht unserem Gedankengut, was Sie hier vorschlagen, Herr Dr. Buhlert, und das steht explizit im Grundgesetz und auch in den entsprechenden Kommentaren und auch in einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung aus dem Jahr 1988, in der das klargestellt wurde.
Wir wollen, dass hier die Grundschule für alle in der Regel vorgehalten wird, und wenn es eine einzige Ausnahme gibt, dann aus den benannten konfessionellen Gründen, meine Damen und Herren. Dies ist rechtsstaatliche Praxis und rechtsstaatliche Tradition unseres Landes, und daran halten wir fest.
Wir haben in dieser Debatte aber noch viel mehr erfahren. Neben diesem einfachen Grundsatz haben wir jetzt erfahren, dass die Linke, das wissen wir, wie ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ja übrigens auch die anderen linken Fraktionen hier im Hause, am liebsten die Einheitsschule möchte.
Die Grünen verkleiden das etwas freundlicher, bei der SPD wissen wir ganz deutlich, in welche Richtung sie will. Ich darf nur noch einmal daran erinnern, was wir im Rahmen der Akteneinsicht zur illegalen Schule Körnerwall gefunden haben. Vermerke im Bildungsressort – wir können die Einrichtung einer Schule in freier Trägerschaft nicht verhindern, lieber Herr Senator, also müssen wir sie wohl irgendwie dulden – zeigen schon eine Denke, wie sie im Bildungsressort und in der Bremer Sozialdemokratie vorhanden ist. Ich kann Ihnen nur deutlich sagen, Sie werden die Schulen in freier Trägerschaft nicht abschaffen können, auch diese sind grundgesetzlich geschützt, und Sie werden es auch nicht erreichen können, dass hier Schulen in freier Trägerschaft in Bremen in Zukunft nicht weiter gegründet werden.
Wir haben in Bremen eine besondere Situation: Wir haben einen besonders hohen Anteil von Schulen in freier Trägerschaft. Das ist ein Indiz dafür, dass es um das staatliche Schulsystem nicht sehr gut bestellt sein kann, das wissen wir. Wenn das einer einmal deutlich sagt, wie jetzt Professor Baumert, dann wird er gleich von der GEW und ihren Verbündeten in Bremen auf das Übelste beschimpft. Das ist auch wieder die typische Bremer Denke, aber wir müssen gemeinsam etwas tun, und es gibt diesen Unterausschuss Schulentwicklung der Bildungsdeputation, in dem ja etwas getan werden soll. Ich glaube allerdings, und das wissen Sie ja auch, dass in diesem Unterausschuss nicht alle Probleme aufgegriffen werden.
In diesem Unterausschuss der Bildungsdeputation werden wir jetzt noch bis zum Sommer etwas beraten, dann werden Sie einen Vorschlag machen, den Sie schon in der Schublade haben. Das wird, und das ist meine Sorge, dazu führen, dass noch mehr Schulen in freier Trägerschaft in Bremen beantragt werden.
Ich sage ganz deutlich: Die CDU ist einer der größten Unterstützer der Schulen in freier Trägerschaft in der Vergangenheit in Bremen gewesen. Wir haben gerade in Zeiten der Großen Koalition viel für die Schulen in freier Trägerschaft erreichen können, dazu stehen wir auch, aber der Maßstab staatlicher Schulpolitik muss das staatliche Schulsystem sein,
meine Damen und Herren! Sie setzten mit Rot-Grün alles daran, die bildungsnahen Familien und Kinder in Schulen freier Trägerschaft zu treiben. Das kann nicht Ziel staatlicher Schulpolitik sein, Sie müssen die staatlichen Schulen stärken, meine Damen und Herren!
Die staatliche Schulaufsicht schützt und stärkt allerdings auch die Schulen in freier Trägerschaft, die – ich zitiere den alten Bildungssenator – Leuchttürme unserer Bildungslandschaft waren und sind. Wir haben gerade mit dem Eduard-Nebelthau-Gymnasium einen weiteren Leuchtturm im Aufbau, eine Reaktion auf das verfehlte Handeln, auf das Nichthandeln des Bildungsressorts, weil der langjährige Wunsch der Eltern nach einem zweiten durchgängigen Gymnasium in Bremen-Nord dort auch von der Mehrheitsfraktion in diesem Hause über Jahre beund verhindert wurde, mit der Folge einer weiteren staatlichen Schule, aber, und das ist gut so, erst ab der 5. Klasse.
Der Grundschulbereich ist ein Bereich, und da muss ich Herrn Kollegen Güngör ausnahmsweise einmal recht geben,
wo der Grundsatz gelten muss, kurze Beine, kurze Wege. Die staatlichen Grundschulen machen eine hervorragende Arbeit, wir haben bei IGLU und VERA gesehen, dass es vorangeht. Wir haben große Probleme im staatlichen Schulsystem gehabt, das sagen die PISA-Ergebnisse, durch eine leistungsfeindliche Politik der letzten Jahrzehnte, die die SPD hier in Bremen zu verantworten hat. Diese leistungsfeindliche Bildungspolitik müssen Sie beenden.
Sie müssen – Herr Lemke, ich freue mich, dass Sie an der Bildungsdebatte teilnehmen – die staatlichen Schulen so gut machen, dass sie attraktiv sind, Sie müssen aber auch die Schulen in freier Trägerschaft unterstützen. Den Antrag der FDP lehnen wir aus einfachen rechtsstaatlichen Gründen ab. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist nicht überraschend, wie die Debatte verläuft, ich habe es nicht anders erwartet, gleichzeitig ist es jedoch von den
Argumenten her nicht überzeugend. Es ist doch so, dass wenn in der Verfassung steht, dass die Schule unter der Aufsicht des Staates steht, dann dort nicht steht, dass es eine Veranstaltung des Staates sein muss.
Im Krankenhausbereich haben wir die Sache so geregelt, dass es subsidiär ist, solange private Angebote vorhanden sind, der Staat keine Angebote machen muss. Das ist doch vielleicht ein Gedanke, den man auch im Bildungsbereich haben kann, dass man den privaten Initiativen Raum gibt, ihr Engagement zu entfalten, denn es geht doch den Eltern und den Schülern um eines: die bestmögliche Bildung! Das muss man nicht diffamieren, das ist doch ein legitimes Interesse aller Kinder und Eltern, denn sie wissen doch, dass es darauf ankommt, welche Qualität die Bildung hat, wenn sie dann auf dem Arbeitsmarkt bestehen wollen.
Wir wissen doch in Bremen, dass es hier um diesen Punkt schlecht bestellt ist. Das sehen wir doch beispielsweise an der Frage, welche Schüler Lehrstellen bekommen. Hier haben wir doch die Aussage, dass Schüler aus Niedersachsen gute Chancen auf dem Bremer Ausbildungsmarkt haben und Bremer Schüler teilweise schlechtere Chancen haben. Das sind doch Qualitätsprobleme, denen wir uns stellen müssen und denen wir uns stellen. Deswegen haben wir ja auch dem Fachausschuss zu Recht zugestimmt
und strengen uns dafür an, dass dieser Fachausschuss eine gute Arbeit macht, damit die staatlichen Schulen sich der Konkurrenz stellen können, aber die Konkurrenz zu verbieten, damit sie nicht stattfindet, das ist kein Verständnis von Wettbewerb, wie wir Liberale es haben.
Ja, Frau Stahmann, Eltern finden es teilweise wirklich so, dass – wenn sie sich engagieren, Pläne machen für Privatschulen und so weiter, und dann mit diesem Grundgesetz gehindert werden – sie hier einem Zwang unterliegen. Ich habe es Geiselhaft genannt, dass sie sich nämlich nicht frei entfalten können und sich nicht für ihre Kinder so engagieren können, wie sie es wollen, indem sie ihnen eine Schule ermöglichen, wie sie es sich vorstellen. Ich sehe im Fachausschuss breiten Konsens, dass wir mehr eigenständige Schulen wollen. Wenn wir mehr eigenständige Schulen wollen, müssen wir doch auch sehen, dass eine Privatschule, eine Schule in freier Trägerschaft, die eigenständige Schule par excellence ist.