Protocol of the Session on April 25, 2007

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/1347, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD Kenntnis.

Strafrechtliche Sanktionen als wirksame Maßnahme gegen Doping?

Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU vom 11. Dezember 2006 (Drucksache 16/1236)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 17. April 2007

(Drucksache 16/1378)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Mäurer.

Herr Staatsrat, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort nicht mündlich wiederholen möchten, aber ich gehe davon aus, dass wir in eine Aussprache eintreten wollen. Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesem Tagesordnungspunkt ist eine 5-Minuten-Debatte vereinbart worden, sodass er also nicht in allen Einzelheiten beleuchtet werden kann, was, finden wir, sehr schade ist.

Dieses Thema ist sehr wichtig. Wir haben ja nicht nur wegen Jan Ullrich das Thema auf der Tagesordnung, sondern es gibt immer wieder Berichte über

Dopingfälle im Sport, sei es in der Leichtathletik oder beim Fußball, es sind viele Bereiche betroffen.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Nun könnte man sagen: Was soll uns das angehen? Sollen doch die Sportler sich gesundheitlich schädigen, das ist doch deren Sache, und sollen sie doch machen, was sie wollen! Wir finden das nicht richtig. Die Sportler, gerade die Spitzensportler, haben für unsere Jugend eine ganz wichtige Vorbildfunktion, und deshalb wollen wir das, was dort passiert, so nicht hinnehmen. Wir haben den Eindruck, ganz oberflächlich betrachtet, dass doch die Sportgerichtsbarkeit nicht mit allen Erscheinungsformen des Dopings fertig wird, sondern dass es da auch einer Begleitung, so will ich es einmal sagen, durch das Strafrecht bedarf, auch wenn – das ergibt sich aus der Antwort des Senats, es ist uns auch bekannt – natürlich gewisse Verstöße ohnehin nach dem Arzneimittelgesetz strafbar sind.

Wir haben uns zu dieser Großen Anfrage entschieden, weil wir damit einen Beitrag leisten wollen zu der öffentlich laufenden Debatte, und fragen danach, welche gesundheitlichen Risiken mit Doping verbunden sind, ob effektive Aufklärungs- und Sanktionsmöglichkeiten bestehen, wie etwa vergleichbare Sachverhalte im europäischen Ausland strafrechtlich und sonst rechtlich geregelt sind. Wir wollen wissen, wie der Senat die laufende Debatte beurteilt und wie er insbesondere die Forderung der Sportverbände sieht, die Behandlung des Dopings weiterhin der Sportgerichtsbarkeit zu überlassen, und wir wollten gern wissen, welche Entwürfe, welche Tatbestände, welche Regelungen es dort geben soll und wie der Konflikt zwischen strafrechtlichen Regelungen und Sanktionen durch die Sportgerichtsbarkeit gesehen wird, und natürlich wollen wir wissen, wie unser Senat sich bei Beratung dieses Themas im Bundesrat verhalten hat und verhalten wird.

Die Antwort des Senats, das will ich vorweg sagen, ist weitestgehend für uns sehr zufriedenstellend. Der Sachverhalt ist dort wirklich ordentlich dargestellt. Also kann man sagen: Wer die Antwort des Senats gelesen hat, der ist schlauer als vorher. – Das ist ja schon einmal ganz wichtig. Es gibt aber auch einige kritische Anmerkungen.

Zunächst einmal zu den Risiken, die mit Doping verbunden sind! Das ist eine richtige Horrorliste, die der Senat dort zusammengestellt hat, das entspricht alles den Tatsachen. Medizinisch gesehen gibt es ganz erhebliche Risiken, die, so glauben wir, von vielen jungen Leuten, die in den Sportstudios oder woanders mit Anabolika, also mit Doping, zu tun haben, gar nicht erkannt werden: Herzinfarktrisiko, Bewusstseinstrübung, Atemlähmung, die bis zum Tode führen kann, und dann Lebertumore, bei Männern das Wachsen einer weiblichen Brust und andere schlimme Dinge,

bei Frauen die Vermännlichung mit Zurückbildung der weiblichen Brust, Vertiefung der Stimme, Bartwachstum, bei Jugendlichen wird von Wachstumshemmungen berichtet, Bluthochdruck, Reizbarkeit, Depressionen, Halluzinationen, also ganz viele Folgen, die mit Doping verbunden sein können!

Wir haben natürlich zum einen ein Interesse an der Gesundheit der Bevölkerung, das ist richtig, zum anderen wollen wir aber auch nicht zu sehr mit staatlichen Eingriffen reagieren. Dass aber der Senat hier sagt, Strafrecht ist die Ultima Ratio und deshalb eigentlich für diese Fälle nicht angebracht, finde ich nicht so ganz zutreffend, sondern gerade nach der Beschreibung dieser gravierenden gesundheitlichen Risiken, die bestehen, muss man sagen: Wenn wir erkennen, dass weder das Arzneimittelrecht noch die Sportgerichtsbarkeit ausreichen, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, dann muss dringend über eine strafrechtliche Begleitung und Sanktion nachgedacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Richtig ist dann allerdings, wie der Senat dann selbst ausführt, dass die bestehenden Aufklärungs- und Sanktionsmöglichkeiten verbesserungsbedürftig sind, also der Senat sieht es durchaus teilweise so, dass es dort zu Veränderungen kommen muss, allerdings nicht in der Schärfe, in der wir es, zum Teil jedenfalls, formulieren.

Dem Sport ist es jedenfalls nach Auffassung des Senats nicht ausreichend gelungen, das Doping-Problem effektiv zu bekämpfen. Es wird nicht nur verwiesen auf die bekannt gewordenen Doping-Fälle, die wir in den Medien verfolgen können, sondern der Senat verweist darauf, dass es in Deutschland allein im Jahr 2006 etwa 400 Versuche von Trainingskontrollen gab, die nicht stattfinden konnten, weil die Betroffenen, also die dafür vorgesehen Sportler, sich dieser Kontrolle nicht gestellt haben. Das ist ja ein deutlicher Hinweis darauf, dass sie etwas zu verbergen hatten; vielleicht nicht alle, es gibt ja manch einen, bei dem funktioniert das nicht. Wir haben letztens über Oliver Kahn gelesen, da klappte es nicht mit der Abgabe der Probe, aber das wird nicht in allen Fällen die Erklärung sein, sondern wir können vermuten, dass in vielen Fällen auch die Sportler einer Probe entgehen wollen, weil sie ein schlechtes Gewissen haben.

Ermittlungsverfahren, die es im Moment auch gibt, werden geführt wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz, bei den Staatsanwaltschaften sind spezielle Zuständigkeiten gebildet worden. Das läuft auf der fachlichen Ebene nach der jetzigen Gesetzeslage ordentlich, da gibt es keine Kritik. Wir wollen aber auch wissen: Wie würde es denn funktionieren, wenn wir das Gesetz ändern? Da sind also noch einige Fragen offen. Leider ist auch unsere Frage

nicht beantwortet worden, wie die Sachverhalte im europäischen Ausland geregelt sind.

(Glocke)

Der Senat teilt uns mit – ich komme zum Schluss! –, dass er darüber keine Erkenntnisse hat. Dazu sage ich nur: Man hätte auch einmal beim Bundesinnenministerium nachfragen können, vielleicht weiß man dort etwas mehr, das ist zu vermuten. Wir meinen also zusammenfassend, dass es einer Regelung bedarf. Wir sind froh darüber, dass der Senat doch einige Anhaltspunkte dafür bietet: Strafverschärfung, Strafvorschriften, Festlegung von Grenzwerten et cetera, also an sich sind wir auf einem guten Weg. Ich kann Ihnen versprechen, wir werden dieses Thema weiter im Auge behalten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Bevor ich jetzt dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Besuchertribüne Mitglieder des SPD-Ortsvereins Verden. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gerling.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einsatz von Doping im Spitzen- und auch im Breitensport stellt eine große Bedrohung aller Werte, für die der Sport in unserer Gesellschaft steht, dar. Wir verbinden den Sport mit Fairness, Wettkampf, mit dem Erhalt der Gesundheit und dem Herantasten an die Grenzen der eigenen Leistung. Diese positiven Eigenschaften werden durch alle, die durch verbotene Mittel ihre Leistung steigern wollen, mit Füßen getreten.

Das Ansehen des Spitzensports hat durch die vielen Skandale, die in den letzten Jahren durch die Medien gegangen sind, einen erheblichen Schaden genommen. Vor allem der Radsport ist durch die vielen Doping-Vorfälle im Zusammenhang mit der Tour de France in der öffentlichen Meinung unter Generalverdacht gefallen. Es ist deshalb zunächst einmal die Pflicht der Verbände, gerade ihren guten Ruf zu wahren, Konsequenzen gegen das Doping in den eigenen Reihen vorzugeben und den Wettbewerbern und dem Publikum faire Wettkämpfe zu garantieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir beschäftigen uns heute mit der Frage, wie wir dem Einsatz und der Verbreitung von Dopingmitteln strafrechtlich entgegentreten können. Dabei ist die Arbeitsteilung zwischen Staats- und Sportorganisa

tionen klar definiert. Für die Umsetzung der Dopingkontrolle und die Ergreifung von Sanktionen gegen die Verwendung von Doping ist zunächst einmal die Sportgerichtsbarkeit verantwortlich, der Staat sollte dem Sport dabei entschieden zur Seite stehen. Strafrechtliche Sanktionen dürfen und können allerdings nur eine Ergänzung zur Arbeit der Nationalen Anti Doping Agentur und der Verbände und Vereine sein.

Lassen Sie mich deshalb meine Ausführungen mit einigen Worten zur Dopingbekämpfung innerhalb der Sportorganisationen fortführen! Die Tatsache, dass es Leistungssportlern anscheinend äußerst leicht fällt, Blut- und Urinproben zu umgehen, halte ich für skandalös. Daher fordere ich entschieden, dass die Verbände wirksamere Sanktionsmechanismen entwickeln, die in Zukunft auch das unerlaubte Fernbleiben von den Kontrollen bestrafen.

Die bisher nur mangelhafte Überwachung der Sportler mag ein Grund dafür sein, dass die Nationale Anti Doping Agentur, die in Deutschland die Kontrollen durchführt, finanziell recht dürftig ausgestattet ist. Besser ausgestattet wäre es der NADA nämlich auch möglich, die Wettkampfkontrollen vermehrt durch Trainingskontrollen von Spitzensportlern zu ergänzen und so die Einhaltung fairer Bedingungen wirksam zu überwachen. Das Vorhaben des Deutschen Olympischen Sportbundes, seinen jährlichen Zuschuss an die NADA in diesem Jahr zu verdoppeln, kann hierbei nur ein Anfang sein, denn man beachte, dass auch der verdoppelte Zuschuss nur 250 000 Euro beträgt. Diese Summe kann angesichts der enormen Umsätze im Spitzensport noch deutlich aufgestockt werden. Die Skandale und Verdächtigungen der letzten Jahre sind schließlich Grund genug dafür, dass sich die Verbände und Vereine im eigenen Interesse verstärkt gegen das Doping einsetzen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, für eine effektive Bekämpfung des Dopings seitens des Staates ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Sportorganisationen und Ermittlungsbehörden von großer Wichtigkeit, dann können nämlich Polizei und Staatsanwaltschaft direkt an die sportinternen Dopingbekämpfungen anknüpfen. Während innerhalb des Sports Blut- und Urinkontrollen durchgeführt werden und dann gegebenenfalls die Sportgerichtsbarkeit Sportler bestraft, die durch Betrug und Täuschung ihre Leistung verbessern wollen, ist es Aufgabe der Ermittlungsbehörde, an die Hintermänner heranzukommen und Dopingnetzwerke ins Visier zu nehmen. Die Meldungen von der Tour de France haben gezeigt, dass hinter jedem Dopingsportler eine Reihe von Mittätern steht.

Bei der Verfolgung der Täternetzwerke muss der Staat Ermittlungen ergreifen, weil das die Aktivitäten der Zugriffsbehörde von Sportorganisationen übersteigt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der Strafen für das banden- und gewerbsmäßige Inverkehrbringen von Arzneimitteln verschärft, sowie die

Einführung der Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln in nichtigen Mengen erscheinen mir das geeignete Mittel, hier polizeilich und juristisch besser vorgehen zu können. Meiner Ansicht nach kann dabei auch die Telekommunikationsüberwachung Verdächtiger von großem Vorteil sein, wie es bei einigen Formen der organisierten Kriminalität der Fall ist.

Ein Feld, auf dem Doping anscheinend allgegenwärtig ist, ist das Bodybuilding im Fitnessstudio. Nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts, die im Auftrag der Bundesregierung erarbeitet wurde, wurden bei Analysen von Urinproben bei Bodybuilding-Wettkämpfen in fast 40 Prozent der Proben Dopingsubstanzen, vor allem Anabolika, gefunden. Meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Glocke)

Sie können in der Antwort des Senats die Gesundheitsschäden nachlesen, welche Folgen durch den Gebrauch von Anabolika entstehen. Meiner Meinung nach müssen die Fotos, die von Bodybuildern gezeigt werden, ausreichen, um die Finger von diesem Zeug zu lassen. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güldner.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben die Große Anfrage zum Doping, glaube ich, in der Sache ausreichend gewürdigt, sodass ich das nicht wiederholen will. Lassen Sie mich von daher nur ein paar Bemerkungen auch aus Sicht der Grünen machen!

Ich glaube, dass wir von vornherein 2 Bereiche bei diesem Thema unterscheiden müssen: Der eine betrifft die Menschen, die gewerbsmäßig solche Substanzen in den Handel bringen, mit ihnen Handel treiben, diese als Trainer oder Betreuer Sportlern verabreichen, die in Bodybuilding-Studios damit handeln und diese nicht genehmigten Substanzen verkaufen. Das ist der eine Aspekt. Da haben wir strafrechtlich im Moment schon einen Katalog, der aber, meine Vorredner sagten es, möglicherweise nachgebessert werden muss. Ich sehe es auch so, dass es hier noch erhebliche Lücken gibt, und es gibt vernünftige Vorschläge, dies nachzubessern.

Der andere Bereich ist, dass sich Spitzensportler mittels Doping einen Vorteil im Sportwettkampf gegenüber anderen Sportlern verschaffen. Das ist natürlich auch eine Geschichte, die dem Sport massiv schadet, bei der aber meines Erachtens zu Recht gesagt wird, dass hier in erster Linie die Sportgerichts––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.