Protocol of the Session on March 22, 2007

Nach den Informationen des zuständigen Ministeriums gibt es allein in Deutschland etwa über eine Million Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Das zuständige Ministerium spricht davon, dass in der

Altersgruppe ab 65 Jahren der Anteil leichter Demenzen bei 5 Prozent und bei den mittelschweren bis schweren Demenzen bei über 7 Prozent der Bevölkerung liegt. Das heißt, wenn man es auf Bremen umrechnet, dass es in Bremen 5000 Fälle sogenannter leichter Demenzen gibt und etwa 7000 Fälle sogenannter mittelschwerer bis schwerer Demenzen. Das bedeutet, dass insgesamt 12 000 Menschen im Lande Bremen von dieser Erkrankung betroffen sind.

Davon werden viele in stationären Einrichtungen gepflegt, aber, man höre und staune, immerhin zwei Drittel, das wären 8000 betroffene Menschen, werden zu Hause gepflegt. Man kann sich vorstellen, dass das für die Angehörigen, für das pflegende Personal natürlich eine enorme Belastung bedeutet. Demenz heißt Vergesslichkeit, unfähig, den Alltag zu bewältigen, rund um die Uhr betreut werden müssen, und dies ist natürlich gerade für die Angehörigen mit allerschwersten physischen und auch psychischen Belastungen verbunden.

Diese Menschen benötigen unsere Hilfe, unsere Unterstützung, und wir sind sehr froh darüber, dass es in Bremen diese Informations- und Koordinationsstelle gibt. DIKS hilft hier als Projekt mit dem Ziel, die vorhandenen Angebote, davon gibt es eine ganze Menge, zu bündeln und zu vernetzen und den Angehörigen Zugang zu diesen Angeboten zu verschaffen. DIKS funktioniert in Bremen als eine telefonische Anlaufstelle und als eine Vermittlungsstelle für die Einrichtungen und Dienste in Bremen.

In Bremen sind insgesamt 5 Angehörigengruppen gebildet worden, die bei den Dienstleistungszentren ansässig sind, in Vegesack, Gröpelingen, Schwachhausen, im Buntentor und in der Vahr. Angehörige finden hier Anleitung und Begleitung einer pädagogischen Fachkraft, es werden in den Stadtteilen zwischen 6 und 18 Angehörige in diesen Gruppen betreut, und wir unterstützen dieses Projekt nachhaltig.

(Beifall bei der SPD)

Nun fragt man sich natürlich, wie denn so etwas finanziert wird. Wir sind ja eine arme Stadtgemeinde und haben wenig Geld, auch in diesen Bereichen finanzielle Unterstützung zu leisten. Von daher ist es gut, dass es im SGB eine Regelung gibt, wonach die Pflegekassen Modellprojekte unterstützen können, die dann zu 50 Prozent von den Pflegekassen finanziert werden, zu den anderen 50 Prozent von den Gemeinden. Diese Möglichkeit wird in Bremen genutzt.

Wir können froh darüber sein, dass es diese bundesgesetzliche Regelung gibt, dass die Pflegekassen hier in einem Modellversuch mitziehen und auch die Stadtgemeinde die entsprechenden Komplementärmittel zur Verfügung gestellt hat. Das Projekt, das hier in Bremen läuft, ist allerdings, so sehen es die gesetzlichen Vorgaben vor, bis zum Oktober 2008 befris

tet. Dann müsste es auslaufen, dann darf die Pflegekasse eine Weiterfinanzierung nicht beschließen, und das würde natürlich angesichts unserer engen finanziellen Voraussetzungen in der Stadtgemeinde Bremen bedeuten, dass dieses Projekt jedenfalls gefährdet ist, oder man müsste die Mittel, die jetzt von den Pflegekassen zur Verfügung gestellt werden, dann aus dem Stadthaushalt finanzieren.

Da sehe ich Probleme, deshalb wollen wir dafür sorgen, dass sich das Land hier rechtzeitig auf den Weg macht, eine Entfristung auf den Weg zu bringen, also die Möglichkeit zu verstetigen, dass die Pflegekassen solche Projekte unterstützen, denn es ist zwar eine Auswertung vorgesehen, die noch nicht vorliegt, aber es gibt Zwischenberichte, und nach denen arbeitet die Einrichtung in Bremen ausgesprochen erfolgreich.

Wir möchten politisch hier den Willen bekunden, dass der Senat gebeten werden soll, sich für eine Fortsetzung dieser sinnvollen Arbeit auf Bundesebene einzusetzen. Wir sind froh darüber, dass unser Koalitionspartner dieses Projekt unterstützt, und wir hoffen auch darauf, dass die Grünen es unterstützen werden. Dies ist kein Thema, über das man im Wahlkampf streiten kann, es ist ein vernünftiges Projekt, das eine möglichst einstimmige Unterstützung dieses Hauses braucht. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Bensch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Demenzerkrankungen nehmen zu, und schätzungsweise gibt es hier in Bremen, wie der Kollege Grotheer sagte, etwa 5000 Menschen mit einer leichten und etwa 7000 Menschen mit einer mittelschweren bis sogar schweren Demenz. Zwei Drittel der Erkrankten werden zu Hause von Angehörigen gepflegt.

Meine Damen und Herren, die Angehörigen, die sich um die Demenzerkrankten kümmern, ihnen die Möglichkeit geben, in der gewohnten Umgebung weiterzuleben, sind erheblichen psychischen und auch körperlichen Belastungen ausgesetzt, und sie verdienen unser aller Respekt, und sie verdienen vor allem gesellschaftliche Anerkennung.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir ein kleines Stück weiter dazu beitragen, die Hilfen für die Angehörigen Demenzerkrankter zu verbessern. Mit dem Antrag fordern wir den Senat auf, sich gegen––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

über der Bundesregierung und den Pflegekassen dafür einzusetzen, dass die Demenzinformations- und Koordinationsstelle, kurz DIKS genannt, nach dem Auslaufen der Modellförderung im Oktober 2008 dann als reguläre Maßnahme weiter anteilig finanziert wird. Genau hierdurch können wir die wertvolle Arbeit der betroffenen Angehörigen wertschätzen, anerkennen und konkret unterstützen. Stimmen Sie dem Antrag bitte zu!

Zum Schluss, meine Damen und Herren, gerade, was dieses Thema angeht, noch ein persönliches Wort, ein Dankeswort! Ich glaube, ich spreche nicht nur als einzelner Abgeordneter, sondern ich spreche hier für das ganze Haus, wenn ich mich bei jemandem bedanke, der dieses Thema schon seit Jahren in die politischen Gremien gebracht hat, sei es in die Sozialdeputation oder sei es auch hier im Parlament. Die Themen leben auch von den Personen, und so möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich beim Kollegen und Vorbild Karl Uwe Oppermann bedanken. Karl Uwe, vielen Dank dafür, dass du dieses Thema in die politischen Gremien hineingebracht hast, vielen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Schmidtmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe aber auch, dass Sie unserem Antrag, der gleich zwei Tagesordnungspunkte weiter kommt, auch zustimmen werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In der Zeitung habe ich ja schon gelesen, dass Sie das wahrscheinlich nicht machen werden, obgleich Sie großmundig, Sie sind ja immer der große Wahlkampfstratege hier, unsere Position hier verkünden.

(Zurufe bei der SPD)

Auch ich möchte, dass die Arbeit der DIKS verstetigt wird, und wir sind mit der CDU und mit der SPD an der Seite der Angehörigen, die diese schwere Arbeit machen. Herr Bensch und Herr Grotheer haben ja schon die Zahlen und Fakten geliefert. Ich will Sie damit nicht weiter langweilen. Ich möchte Ihnen nur noch einmal von mir persönlich etwas erzählen.

Also, Demenz ist ja nicht irgendwie etwas, was jetzt in der letzten Zeit immer im Gespräch ist und was eigentlich jetzt erst ins Bewusstsein gekommen ist. Wir alle können uns noch an unsere Jugend erinnern, als wir eine Tante oder eine Oma hatten und dann gesagt wurde, wenn man da als Kind hinkam, sie erkannte einen auf einmal gar nicht, und man sagte, wieso erkennt die einen denn nicht. Dann wurde immer gesagt, Oma oder Tantchen tüdelt ein bisschen.

Das war nichts anderes als Demenz, und ob sie mittelschwer oder schwer war, richtete sich dann auch danach, inwieweit sich die Verwandten dann Sorgen machten, ob zum Beispiel der Herd anblieb oder ob sie das Essen zu sich nahm. Ich kenne auch in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis mehrere Fälle, in denen sich diese Verwandten, und ich habe meine Jugend ja in den 50er, 60er Jahren genossen, sehr große Sorgen gemacht haben. Sie waren alleingelassen worden. Durch diese DIKS-Beratungsstelle werden sie jetzt aufgefangen, und das ist gut so. Deswegen unterstützen wir auch diesen Antrag.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nichtsdestoweniger sind wir der Meinung – sie sind ja bei den Dienstleistungszentren angebunden –, dass die Dienstleistungszentren besser ausgestattet werden müssen. Es kann nicht angehen, dass hier gekürzt wird. Das ist genau die falsche Richtung. In Zeiten des demografischen Wandels wird auf die Dienstleistungszentren viel zukommen, und das ist eine tolle Einrichtung hier im Lande Bremen. Um diese tolle Einrichtung beneiden uns viele andere Länder und Städte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir sind dagegen, dass da sukzessive gekürzt wird. Wir haben uns in der Deputation auch immer dagegen ausgesprochen.

Des Weiteren möchte ich auch noch einmal Ihr Augenmerk auf die Migrantinnen und Migranten richten, die jetzt ihren Lebensabend hier verbringen, nicht so, wie es früher war, als wir noch gesagt haben, das sind die Gastarbeiter, sie sind hier zu Gast, und sie fahren dann wieder nach Hause. Nein, sie fahren jetzt nicht mehr nach Hause, sie bleiben hier, sie haben hier ihre Heimat gefunden! Auch für sie müssen wir Angebote schaffen, und auch für sie müssen Einrichtungen vorhanden und in den Dienstleistungszentren Ansprechpartner sein. Es gibt, und dieses Thema ist schon aufgenommen worden, auch in Bremen Modellprojekte, die das fördern.

Abschließend möchte ich sagen, natürlich setzen wir uns damit für das Ziel des Antrags ein, die Förderung zu verstetigen. Aber man müsste auch darüber

nachdenken, und ich habe davon Abstand genommen, weil ich erst einmal glaube, dass das der richtige Weg ist, aber falls die Verstetigung nicht kommen sollte, sollten wir uns nicht scheuen, das zu 100 Prozent aus Landesmitteln zu bezahlen, denn diese wichtige Arbeit muss einfach Wertschätzung erfahren. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Demenz ist eine Erkrankung, die das Leben der Betroffenen, aber auch eben des familiären Umfeldes ganz wesentlich verändert. Es ist ein schleichender Prozess, der häufig erst spät oder auch viel zu spät richtig eingeordnet und erkannt wird.

Präventive und therapeutische Maßnahmen sind derzeit begrenzt. Die zukünftige Zahl der an Demenz Erkrankten aus heutiger Sicht wird in den nächsten Jahren ganz sicherlich zunehmen. Wir werden allerdings, glaube ich, auf dem medizinischen Sektor keine wesentlichen Veränderungen von Therapie und Prävention erwarten können. Wir werden, so die Schätzungen und die Hochrechnungen, etwa im Jahr 2020 etwa 9500 Menschen mit Demenz in unserer Stadt Bremen haben. Im Vergleich zu heute, wir haben es gehört, sind es etwa 7000 Menschen. Das wäre eine Zunahme von rund 35 Prozent.

Von den 7000 mittelschwer bis schwer an Demenz erkrankten Menschen lebt der überwiegende Teil zu Hause. In den stadtbremischen Pflegeheimen wohnen gegenwärtig 5000 Personen. Angenommen wird, dass davon etwa 3000 Menschen mittelschwer oder schwer demenziell erkrankt sind. Demnach leben insgesamt rund 4000 Personen zu Hause und werden von den Angehörigen, von sozialen und pflegerischen Diensten versorgt. Die angemessene Versorgung der an Demenz Erkrankten und die Hilfe für Angehörige gehört damit zu den dringlichsten Aufgaben der Altenpolitik.

Der von Angehörigen am häufigsten genannte Grund für den Eintritt alter Menschen in ein Pflegeheim ist in diesem Zusammenhang nicht mangelnde Zeit, die man für die Pflege des Angehörigen nicht aufwenden kann oder will, körperliche Einschränkungen bei den Pflegebedürftigen oder unpassende Räumlichkeiten, der häufigste Grund ist in der Tat der Umgang mit dieser Erkrankung für die Angehörigen. Die Belastung wird hier einfach zu groß. Hier wird deutlich, welche Bedeutung der Beratung und Unterstützung dieser Angehörigenarbeit zukommt.

Wir werden im Juni den nächsten Fachtag Demenz haben. Wir haben in diesem Bereich auch in den

letzten Jahren mit einem sehr großen Zuspruch, über 600 Gäste waren dabei, meistens waren es Angehörige Erkrankter, Fachtage durchgeführt, die einfach auch ein wenig Hilfe, Unterstützung und Austauschmöglichkeiten bieten.

Im Rahmen der Modellprojekte, die der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen dienen, wird durch die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege eine Demenzinformations- und Koordinationsstelle, DIKS, betrieben. Wir haben es mehrfach gehört. Diese Stelle sichert die unabhängige und kostenlose Beratung für an Demenz erkrankte Menschen und deren Angehörige. Sie koordiniert regionale Angehörigengruppen und unterstützt die Aufklärungs- und Informationsarbeit sowie die Weiterentwicklung der Angebote.

Im Übrigen darf ich sagen, dass von der DIKSBeratungsstelle auch die Weiterqualifikation, Unterstützung und Beratung der meistens ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stattfindet. Auch das muss einmal erwähnt werden.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir im Oktober 2008 zunächst hinnehmen müssen, dass die Förderung des Modellprojekts durch den Bund ausläuft, gilt es, die DIKS finanziell abzusichern. Das Modellprojekt ist, wie gesagt, bisher durch Projektmittel des Bundes finanziert. Wir werden dazu in naher Zukunft Gespräche mit der LAG und mit den Pflegekassen aufnehmen. Eine Fortführung dieser wichtigen Aufgabe, das will ich deutlich sagen, halte ich für unbedingt erforderlich.

(Beifall bei der SPD)

Hierzu wird mein Ressort alle Anstrengungen unternehmen, um eine Fortführung dieser wichtigen Arbeit auch gewährleisten zu können. – Herzlichen Dank!