Wir haben über dieses Thema hier bereits diskutiert und den Senat gebeten, einen Bericht über die konzeptionellen Überlegungen vorzulegen. Das hat er gemacht. Der Bericht macht deutlich, wie schwierig ist es, hier eine politische Konzeption auf den Weg zu bringen, die all das erfasst, was notwendig ist, um etwas dafür zu tun, Jugendliche vor Verschuldung zu schützen. Es geht nicht darum, dass wir neue Instrumente entwickeln, um Minderjährige zu bevormunden, also ihnen noch mehr Vorschriften zu machen, als ihnen ohnehin schon gemacht werden, sondern es muss darum gehen, und so ist auch der Bericht des Senats zu verstehen, dass Kinder und Jugendliche fit gemacht werden müssen für die Realität.
Nun ist demjenigen, der sich in unserem Rechtsund Wirtschaftssystem auskennt, bekannt, dass nur derjenige eine Chance hat, sich zu behaupten, der seine Rechte und seine Pflichten kennt. Zu Recht weist der Senat auf die Regelung der sogenannten Taschengeldsparagrafen in den Paragrafen 106 bis 110 BGB hin. Danach besteht hier ein gewisser Schutz von Jugendlichen, sich zu verschulden, aber das Rechtliche ist das eine, das Tatsächliche ist dann doch in der Praxis das andere. Kinder sind, wie wir alle wissen, wie Erwachsene, wenn sie etwas sehen, was sie gern haben möchten, das kennen wir ja von uns selbst auch, dann finden sie Wege und Mittel, das in der Familie zu diskutieren und in vielen Fällen auch durchzusetzen. Wer Kinder hat, wer diese Diskussion in der Familie kennt, der weiß, worüber wir hier reden.
Dabei ist es so, dass auch bei der Erfüllung dieser Wünsche natürlich eine Rolle spielt, was wir als Erwachsene kennen. Die vielen Möglichkeiten, die es heute gibt, sich zu verschulden, die bargeldlose Zahlung, Abbuchung, Daueraufträge, Kreditkarten, vieles davon verstellt in den Familien den Blick für die wirklichen finanziellen Möglichkeiten, und da geht es Kindern und Jugendlichen nicht anders als den Erwachsenen. Deshalb ist es gut, wenn der Senat hier schildert und zu dem Ergebnis kommt, dass die vielen vorhandenen Beratungseinrichtungen, die es in Bremen und Bremerhaven und in anderen Großstäd
ten gibt, zum Teil doch sehr unabhängig voneinander arbeiten, wie der Senat das relativ freundlich formuliert hat. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass eine Gesamtkonzeption hilfreich sein kann, um effektivere Angebote zu machen, Kompetenzen zu bündeln.
Wir wollen nicht hoffen, dass es hier etwas mit Verschuldungsproblemen zu tun hat, dass das Licht hier im Plenarsaal ausgegangen ist.
Der Senat geht davon aus, dass ein präventiver Ansatz notwendig ist, das sehen wir auch so. Wir sehen es auch so, dass ressortübergreifend gearbeitet werden muss. Es sind sowohl Schulen als auch Jugendeinrichtungen, die Einrichtung der Familienhilfe, die Schuldnerberatung, der Verbraucherschutz und alle möglichen Einrichtungen zuständig und anzusprechen. Wir werden schauen, wie die Zielgruppen im Alter von 10 bis 16 Jahren erreicht werden können mit den Stichworten, die der Senat zutreffendenweise benannt hat: Konsumentenkompetenz zu stärken, Medienkompetenz zu stärken, Finanzkompetenz zu stärken und Werte zu vermitteln.
Ich möchte noch eine Ergänzung vornehmen zu dem, was der Senat uns mitgeteilt hat. Ich finde, dass es vor allem wichtig ist für Kinder und für Jugendliche, dass grundlegende Kenntnisse unserer Wirtschafts- und Rechtsordnung vermittelt werden. Kinder und Jugendliche müssen wissen, wie Verträge abgeschlossen werden können, damit sie nicht auf die falsche Fährte gelockt werden, damit sie nicht übertölpelt werden. Sie müssen wissen, dass man Verträge mündlich oder schriftlich abschließen kann, es gibt das Internet, es gibt Ratenverträge.
Wir selbst haben es auch erlebt, dass unsere Kinder, 14 und 15 Jahre alt, aus der Stadt nach Hause gekommen sind und einen Vertrag unterschrieben haben, ein Zeitschriftenabonnement, wobei ihnen angeblich gesagt wurde: Das ist nur zur Probe, dafür müsst ihr nichts bezahlen, das kommt kostenlos ins Haus. Wir haben das widerrufen können, aber ich weiß, und deshalb, denke ich, ist es wichtig, dass auch solche praktischen Erfahrungen in die Politik mit einfließen, dass andere Eltern dann die Rechnungen, die ins Haus kamen, bezahlt und den Betrag den Kindern vom Taschengeld abgezogen haben. Die Kinder waren da Betrügern, Drückerkolonnen aufgesessen. Davor kann man sich schützen, wenn man weiß, wie man mit solchen Dingen umgehen muss.
Es ist aber, das möchte ich noch abschließend sagen, natürlich nicht nur Aufgabe des Staates, also der Schulen und der Jugendeinrichtungen und der anderen Institutionen, die ich genannt habe, sondern vor allen Dingen auch die Aufgabe der Eltern, ihre
Kinder fit zu machen für die Teilnahme am Wirtschaftsleben, am Rechtssystem. Deshalb müssen wir auch unseren Eltern immer wieder klarmachen, wie wichtig ist es, zu Hause über diese Dinge zu sprechen, den Kindern diese Dinge zu vermitteln, ihnen die Werte zu vermitteln und vor allen Dingen zu versuchen, einen ordentlichen Umgang in den finanziellen Dingen zu lernen. Das kann man pädagogisch gar nicht überbetonen, und ich finde, dass wir an diesem Thema alle weiterarbeiten sollten.
Herr Crueger, wie ich eben gesagt habe, das ist kein Wahlkampfthema, über das wir reden, sondern ein ganz ernst zu nehmendes alltägliches Problem in unseren Familien. – Schönen Dank! Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Grotheer, Sie kennen mich doch. Wahlkampfreden liegen mir fern, und wenn, dann klingen die noch ganz anders. Das war gerade lediglich eine sachliche Debatte, bei der auch einmal ein paar Dinge auf den Punkt gebracht werden mussten.
Frau Wangenheim, ich kann solange warten, ich habe auch heute wieder keine weißen Socken an, wenn Sie mir das immer gern unterstellen wollen.
Zurück zur Sache! Es geht hier heute um die Mitteilung des Senats, Jugendliche vor Verschuldung schützen. Da möchte ich gern auch noch darauf hinweisen, dass das einer der wenigen grünen Anträge war, den wir in dieser Legislaturperiode gestellt haben, der tatsächlich von SPD und CDU so übernommen wurde. Das hat man ja als Opposition nicht so oft. Unsere Anträge werden hier ja meistens und naturgemäß abgelehnt. Insofern finde ich das sehr schön, dass Sie an der Stelle erkannt haben, dass wir hier eine richtige Initiative eingebracht haben. An ganz vielen Stellen würde ich mir das wünschen, dass Sie das auch erkennen. Da tun Sie es leider nicht, aber immerhin, hier haben Sie es erkannt. Herzlichen Glückwunsch und danke schön im Sinne der Sache!
Das, was Herr Grotheer inhaltlich gesagt hat, stimmt vollkommen. Ich weiß auch, dass Herr Bartels gleich noch inhaltlich etwas zum Thema Schulden sagen will. Ich habe mir vorher überlegt, ob ich heute wirklich noch einmal das wiederholen soll, was ich in der ersten Debatte gesagt habe, als ich damals diesen Antrag hier eingebracht habe. Ich habe mich entschieden, dass ich das eigentlich nicht muss, weil die Tatsachen auf dem Tisch liegen. Wir haben da ein großes Problem. Wir haben es da auch mit Werbestrategien zu tun, die speziell Jugendliche ansprechen.
Wir haben das riesige Problem Handys, eine sozusagen völlig unüberblickbare Marktsituation, bei der es mir selbst auch so geht, dass ich mich da regelmäßig in irgendwelchen Tarifgewirren verstricke. Da der Vorstoß unserer ehemaligen Verbraucherschutzministerin Renate Künast, bundesweit sozusagen mit den Handy-Partnern, mit den Telefongesellschaften, einen Kontrakt zu schließen im Sinne der Jugendlichen, um sie vor Verschuldung zu schützen, nicht geklappt hat, da das gescheitert ist, weil das die Mobilfunkgesellschaften nicht mitgemacht haben, konnte Politik hier also noch keine befriedigende Lösung finden.
Wir können das auf Landesebene natürlich auch nicht ersetzen. Wir müssen eher auf präventive Maßnahmen setzen und müssen gleichzeitig Rat und Tat, beispielsweise bei den Schuldnerberatungen, bereitstellen. Ich glaube, das müssen die Aufgaben sein, die wir hier auf Landesebene schultern können. Es gibt die Arbeitsgemeinschaft des Senats. Ich freue mich sehr, im Sommer, dann hier nicht mehr als Mitglied dieses Hauses, eine Debatte verfolgen zu können, die sich dann hoffentlich mit den Ergebnissen dieser Arbeitsgemeinschaft befasst.
Andere Bundesländer machen Ähnliches. Ich denke, da muss man auch immer über den Tellerrand hinausschauen und sehen, was in anderen Bundesländern, beispielsweise Schleswig-Holstein, erarbeitet wird, sodass wir hoffentlich in einer nicht allzu langen Zeit ein vernünftiges Konzept haben, bei dem wir sagen können, wir tun alles, was wir als Staat machen können, um Jugendliche vor Verschuldung zu schützen. Das wird Jugendverschuldung nicht auf Null reduzieren, aber wir werden zumindest unseren Job möglichst gut machen, und das ist dann schon eine ganze Menge. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Münchner Institut für Jugendforschung hat ja im vergangenen Jahr eine Studie vorgelegt, diese war im Auftrag der Schufa ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
durchgeführt worden und hat ganz genau ergeben, dass die Verschuldung von Jugendlichen in ganz Deutschland auf dem Vormarsch ist. Das war, Kollege Crueger, auch der Grund, weshalb wir den Antrag sehr richtig fanden und ihn auch gern unterstützt haben.
Zwar machen Jugendliche vermehrt Schulden, richtig ist aber auch, dass sehr viele Jugendliche sehr gut mit Geld umgehen können, das sagt auch diese Studie. 84 Prozent unserer Jugendlichen haben ein ganz erhebliches Potenzial auf ihren Bankkonten. Die Werbeindustrie nimmt in der Tat dann auch die Guthaben, die sich auf den Konten befinden, genau aufs Korn. Aggressive Werbung, so können wir alle ein Stück weit feststellen, nimmt ja zu. Ich nenne da zum Beispiel die Werbung für Klingeltöne.
Aber die Entwicklung der Verschuldung von Jugendlichen ist in Bremen sicherlich nicht anders als in anderen Bundesländern. Verlässliches Zahlenmaterial liegt uns für Bremen nicht vor, aber es ist nicht weit hergeholt, wenn man sagt, das Konsumverhalten von Bremer und Bremerhavener Jugendlichen ist ganz ähnlich wie das ihrer Altersgenossen zum Beispiel in Brandenburg oder in Bayern.
Der Drang nach Statussymbolen, Handyverträgen, die Gebühren für den Besuch im Fitnessstudio – auch das ist ja ein Statussymbol heutzutage – sind alles Gründe auch für Verschuldung von Jugendlichen. Auch Fast Food ist, zum einen, was den gesundheitlichen Aspekt anbelangt, ein immer größer werdendes Problem bei Kindern und Jugendlichen, aber zum anderen auch, was den finanziellen Aspekt angeht. Fast Food ist ein Grund für wachsende Verschuldung gerade bei Jugendlichen und meistens immer da vertreten, wo Eltern generell nur wenig Geld zur Verfügung haben. Gerade sie nehmen teure Fast-FoodProdukte in Anspruch, weil sie nicht die Kompetenz zu einer gesunden Ernährung erworben haben.
Meine Damen und Herren, Eltern stehen aber in der Pflicht und in der Verantwortung, ihren Kindern vorzuleben, dass man nur das Geld ausgeben kann, was man sich auch vorher erarbeitet hat. Jedoch wissen wir auch, dass genau dies vielfältig nicht mehr vorgelebt wird, und das ist eine Frage der Wertevermittlung, die einfach nicht mehr funktioniert. Auch sind die Eltern bereits selbst in die Schuldenfalle getappt und haben selbst das Konsumverhalten auf Pump an die nächste Generation vererbt. Deshalb sind die Maßnahmen der Familien- und Elternbildung gerade in unseren beiden Städten so wichtig und auch präventiv notwendig.
Handys haben heute, und die CeBIT geht ja heute zu Ende, gerade mit neuen Features kommen sie immer wieder auf den Markt, Features, also neue Anwendungen, die dann auch kostenpflichtig sind. Sogenannte Handy-Games oder Online-Dienste erfreuen sich ja erheblicher Beliebtheit auf unseren Schulhöfen. Auch sie sind ein Grund, weshalb Jugendli
che immer mehr in die Schuldenfalle tappen. Dabei gilt es, nicht out, sondern in zu sein. Man muss mit den Kollegen mithalten, die diese Handy-Games bereits erworben haben.
Verschuldung von Jugendlichen ist eine Hypothek, die diese Jugendlichen mit in ihre berufliche Karriere bringen und die sie auch psychisch unheimlich belastet. Dem müssen wir konzeptionell entgegenwirken. Hinzu kommt, dass Jugendliche oft mit Jobs ihr Taschengeld aufbessern und dann immer weniger Zeit, auch zum Beispiel für Hausaufgaben, für Freizeitaktivitäten, zur Verfügung haben, um sich dann zum Beispiel diesen Besuch im Sportstudio leisten zu können.
Wir haben nun also die Mitteilung des Senats, die nach unserem Antrag hier vorgelegt wurde, genau gelesen. Sie ist zwar wenig konkret, aber wir hoffen da ein Stück weit auf die ressortübergreifende Arbeitsgruppe. Wir finden es ganz richtig, dass wir im Sommer hier noch einmal ein konkreteres Konzept dazu erörtern können. Da ist es notwendig, dass wir auch über die Ländergrenzen hinwegschauen. Ich habe das ja gesagt, das Konsumverhalten von Jugendlichen in Bremen ist nicht anders als in Brandenburg oder in Bayern. Da kann man sicherlich auch lernen, dass wir mit den verschiedenen Institutionen der Eltern- und Familienbildung, aber auch mit den Schulen sehr viel vernetzter arbeiten müssen.
Da, denken wir, soll diese Arbeitsgruppe diesen Auftrag sehr ernst nehmen. Wir werden uns an der Diskussion beteiligen, und ganz wesentlich für uns ist, dass die Jugendlichen die Kompetenz haben, mit ihren Finanzen umzugehen. Das kann wunderbar im Unterricht erfolgen, auch dass sie Medienkompetenz erwerben. Das Internet ist ja nicht nur da, um Begrifflichkeiten über Suchmaschinen herauszusuchen, sondern auch dort findet Konsum statt, gerade auch von Jugendlichen. Da gibt es Nachholbedarf, was Medienkompetenz angeht. In diesem Sinne glauben wir, dass wir Jugendliche besser vor Verschuldung schützen können. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hintergrund von Verschuldung ist oft der Wunsch nach Konsum und Dienstleistungen, mit denen für Jugendliche das Gefühl verbunden ist, unbedingt gebraucht zu werden, um dazuzugehören. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, dem wir immer wieder auf Schulhöfen, in Cliquen, begegnen, dieses Dazugehören, weil man sich dieses oder jenes geleistet hat. Diese Haltung wird durch aggressive Werbung oftmals noch unterstützt.
Es ist wichtig, das ist hier schon gesagt worden, dass durch die Eltern, durch Erwachsene zum einen Konsumwerte gegenüber anderen Werten auch relativiert werden. Wichtig ist, dass Kinder zu Hause den Umgang mit Geld lernen und dass Konsequenzen von Ausgaben häufig auch langfristige Folgen haben. Wie dargestellt wurde, kann und soll die Schule dazu beitragen, das Problem der Verschuldung in der gesamten Breite, in der gesamten Thematik aufzuarbeiten. Schule hat dabei den Vorteil, alle Kinder, alle Jugendlichen erreichen zu können. Unterstützt werden sollte und könnte dieser Lernprozess auch in den Einrichtungen, in denen sich unsere Kinder, unsere Jugendlichen wiederfinden, in den Jugendeinrichtungen, in Familienbildungsstätten, in der Suchtprävention und letztendlich auch in der Schuldnerberatung.
Wir brauchen ressortübergreifend eine enge Abstimmung, um einen präventiven Ansatz zur Verhinderung von Verschuldung zu entwickeln. Dabei sind sich alle einig, nicht nur Verschuldung im engeren Sinne zu betrachten, sondern dabei auch den kritischen Umgang mit Werbung, Konsumartikeln und Medien in den Blick zu nehmen. Es geht hier also ganz wesentlich um einen präventiven Ansatz, der auch eine Wertevermittlung und die Kompetenz, mit Geld umzugehen, schaffen soll. Zu klären sind somit die Entwicklung von konzeptionellen Fragen und Antworten, aber auch die Abstimmung und Ausrichtung des Beratungsangebotes. Hierzu wird es unter der Federführung des Bildungsressorts eine Arbeitsgruppe geben, die dann im Sommer die Ergebnisse vorstellen soll.
Es ist ein gesamtgesellschaftliches, allgegenwärtiges Thema, bei dem wir nicht nachlassen dürfen, gemeinsam präventive Aufklärung zu leisten. Da sind nicht nur Eltern gefragt und gefordert, dort ist Schule gefragt, dort ist Politik gefragt, und es ist auch die Werbebranche und letztendlich sind auch die Medien hier mit angesprochen, sich daran zu beteiligen, Kindern und Jugendlichen zu helfen, nicht in diese Verschuldungsfalle zu geraten. – Herzlichen Dank!