Protocol of the Session on February 22, 2007

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erstens, das, was Frau Marken gesagt hat, muss ich nicht mehr ergänzen. Diese Dinge bilden die Grundlage für das, was wir heute hier in erster und zweiter Lesung beschließen sollen.

Ich will einmal von hinten beginnen, Herr Dr. Güldner, was die Bekanntmachung in Bremerhaven anbelangt. Zunächst einmal sehe ich diese Maßnahme nicht als kommunale Maßnahme an, das dokumentiert sich auch schon darin, dass wir hier heute dieses Gesetz beschließen, und von daher, denke ich, ist die Stadtverordnetenversammlung zunächst einmal da – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Durchführende Behörde ist die Ortspolizeibehörde Bremerhaven, das ist ei- ne kommunale Behörde!)

Ja, sicher, das ist ein vollziehendes Organ! Das hat aber nichts mit der Stadtverordnetenversammlung und der kommunalen Verwaltung im engeren Sinne zu tun.

Zweitens, ich glaube, dass, wenn ein solcher bundesweiter Versuch durchgeführt wird, der 50 Ämter damit befasst, man sich sicherlich schwerlich davor verschließen kann, und von daher, denke ich, ist auch die Ortspolizeibehörde Bremerhaven in diesem Falle die richtige Adresse und das richtige Amt, das diese Dinge voranbringen und im Testlauf bewältigen kann. Das, was Sie an Bedenken hier vorgetragen haben, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hätte ich eigentlich schon gern in der Innendeputation zur Kenntnis genommen, als wir diese Vorlage dort mit Ihrer Enthaltung abgesegnet haben. Ist so richtig?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Da gab es das noch nicht, dann kann ich doch auch nichts dazu sagen!)

Ja, das haben Sie eben nicht gesagt, dann nehme ich das zurück. Dennoch ist es so, mir ist das bis heute nicht bekannt, deswegen kann ich dazu auch nichts sagen. Ich gehe natürlich davon aus, dass die Bundesbehörden mit dieser Maßnahme nicht das Gegenteil von dem erreichen, was sie erreichen wollen, nämlich unter anderem auch den Terrorismus präventiv zu bekämpfen, sondern hier gar den potenziellen Terroristen noch Arbeitsmaterial, in Anführungsstrichen, in die Hände zu spielen. Das wäre natürlich leichtfertig, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Maßnahme bundesweit so angelegt ist, dass diese Lücken dort entstanden sind. Ich bin gern bereit, mich da auch noch einmal tiefer zu informieren, und nehme das jedenfalls erst einmal zur Kenntnis.

Das, meine ich aber, kann uns nicht davon abhalten, dass wir heute dieses Gesetz beschließen, weil wir auch den Zeitrahmen bundesweit vorgegeben bekommen haben und von daher sonst außen vor wären, und ich fände es doch höchst bemerkenswert, wenn das kleine Bremen sich hier nun völlig ausklinken würde. Deswegen, ich komme zum Abschluss, kann ich diesem Hause empfehlen, diesem Gesetzesantrag zuzustimmen. Wir werden das sicherlich auch noch fachpolitisch in der Innendeputation begleiten, aber die Voraussetzungen dafür müssen wir heute schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Marken.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Güldner, ich denke immer, ein Test wird deswegen gemacht, um etwas auszuprobieren. Wenn man ganz sicher wäre, dann würde man den Test nicht vorschalten. Insofern gehe ich davon aus, sollte es noch Bedenken geben, dass man diese auch innerhalb dieser Testphase mit Sicherheit noch benennen und vielleicht auch ausräumen kann. Was die Zuständigkeit der Stadtverordneten anbelangt, also, ich bin die Allerletzte, die ständig unsere Stadtverordneten an die Seite schieben will, aber irgendwo müssen Sie die Kirche dann auch einmal im Dorf lassen, sie liegt hier in der Bremischen Bürgerschaft.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen, und wenn dieses Gesetz verabschiedet ist, wird es auch der Bevölkerung bekannt gemacht. Ich weiß nicht, wieso Sie den Eindruck haben, dass hier irgendeiner heimlich tut. Den Eindruck habe ich nicht! Insofern muss ich einmal sagen, Ihre Bedenken kann ich nicht teilen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich mir vorstelle, Herr Herderhorst hat es eben gesagt, das kleine Bremen schert jetzt aus der Phalanx aus, das ist keine Idee, die allein in der Bundesrepublik erfunden wurde, sondern, Sie haben selbst darauf hingewiesen, ich habe es auch gesagt, es ist eine Entscheidung des Rates der EU. Insofern muss ich einmal fragen: Was haben Sie denn als Alternative, wenn wir das nicht machen, aber alle anderen? Darüber würde ich an Ihrer Stelle noch einmal nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Bürgermeister Röwekamp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden über dieses kleine Signal, das sich auf Ihrem Reisepass befindet, soweit er bereits nach dem 1.7.2005 ausgestellt wurde. Hier, so sah ich damals aus.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Aufklappen!)

Frau Busch, ich habe auch Autogrammkarten, falls Sie die möchten.

(Heiterkeit und Beifall)

Die biometrischen Merkmale, nämlich das Gesichtsbild, sind gespeichert worden. Mir sind keine Fälle des Missbrauchs, weder mit meinem eigenen Dokument noch mit irgendwelchen anderen Dokumenten bekannt. Ich gebe zu, dass dieser Chip auch nur das abbilden kann, was Wirklichkeit ist, und das Interesse, an meinem Gesicht zumindest, Herr Dr. Güldner, war bisher überschaubar. Ich will damit sagen, ich glaube, wir sollten nicht versuchen, hier in Panikmache zu verfallen.

Wir haben uns gemeinsam in der Europäischen Union entschieden, diese Merkmale zu speichern, und es müsste gute Gründe dafür geben, dass Bremen, dass Deutschland aus dieser Verabredung jetzt aussteigen würde. Herr Dr. Güldner, ich hätte fast gesagt, Sie haben Glück gehabt, dass Sie nach Ihrer etwas freudlosen Enthaltung in der Innendeputation noch eine Studie aufgetrieben haben, die Ihre Zweifel, die Sie vielleicht im Bauch gehabt haben, nachträglich rechtfertigen. Aber nur wegen Ihres

Bauches, glaube ich, sollten wir heute den nationalen Fortschritt nicht aufhalten, Herr Dr. Güldner. Ich fände das ein bisschen vermessen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ach, ist das wieder komisch!)

Wir reden über etwas, was schon enthalten ist, und wir reden jetzt nur darüber, ob hierzu zusätzlich probeweise noch Fingerabdrücke gespeichert werden. Das geschieht nicht heimlich, Herr Dr. Güldner, weil die Fingerabdrücke irgendwo herkommen müssen. Kein Fahndungszeichner der Polizei wird sie erfinden, sondern ich vermute, dass die Fingerabdrücke gespeichert werden von den Menschen, die diese Pässe beantragen. Irgendwie werden sie das mitbekommen, dass wir ihnen den Fingerabdruck abnehmen, und wenn sie dagegen Bedenken haben, können sie diese in dem Moment äußern.

Es ist nicht so, dass wir hier versuchen würden, heimlichtuerisch an irgendwelche Daten heranzukommen, die irgendjemand anders ausspionieren könnte. Herr Dr. Güldner, ich finde, Sie haben heute in dieser Frage deutlich überzeichnet. Das klingt schon ein bisschen nach Slapstick, was Sie hier vorgeführt haben.

Über das Verfahren ist nirgendwo anders, vielleicht lesen Sie die „Nordsee-Zeitung“ nicht, so breit berichtet worden wie in Bremerhaven. Die Menschen, die wie ich in Bremerhaven leben, wissen, dass Bremerhaven sozusagen das Vergnügen hat, in der Testphase bereits dabei zu sein und viel breiter aufklären kann über das, was wir dann verpflichtend wenig später einführen werden. Die Bremerhavener haben die Möglichkeit, es auszuprobieren!

Auch die Bedenken, die Sie hier mit irgendwelchen dubiosen Studien erhoben haben, werden im Rahmen der Versuchsphase sicherlich beleuchtet werden. Ich kann dem Parlament nicht empfehlen, Bremen zu blamieren, deswegen empfehle ich Ihnen die Zustimmung zu dem Gesetz.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es erfüllt mich ein bisschen mit Sorge, wenn ein amtierender Innensenator, der für die Sicherheit im Lande zuständig ist und dies auch immer sehr kraftvoll betont, ein Phänomen wie den Diebstahl von elektronischen persönlichen Daten von Menschen zur Verwendung in entweder politischen oder kriminellen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Machenschaften so lustig und spaßig darstellt. Sie tun so, als ob Sie sagten, es sei kein Interesse an Ihrem Bild. Es ist doch relativ leicht nachvollziehbar: Wenn man diese Daten – –.

(Bürgermeister R ö w e k a m p : Wir zie- hen doch nicht alle Scheckkarten ein, nur weil es Scheckkartenmissbrauch gibt, Herr Dr. Güldner! Wo kämen wir denn da hin?)

Nein, es geht ja gar nicht darum! Es geht darum, je mehr elektronische Daten der Reisepass enthält, desto perfekter können Sie natürlich, wenn Sie sie denn auslesen können, komplett perfekte Dubletten einer unverdächtigen, lebenden Person herstellen. Weltweit ist das ein Wahnsinnsthema, das absolut auf dem Vormarsch ist in den letzten Jahren in der Kriminalitätsbekämpfung, das sind keine dubiosen Studien, sondern das ist sozusagen der neueste Stand der Sicherheitstechnik, und da wundert es mich schon, wenn das vor allen Dingen so unter dem „Haha“Effekt in der Bremischen Bürgerschaft abgehandelt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Bürgermeister R ö w e k a m p : Sie haben bloß Angst vor Ihrer eigenen Courage, weil Sie das zuerst mitbeschlossen haben und jetzt dagegen sind!)

Wir haben es nicht beschlossen!

(Zurufe – Glocke)

Ich bitte jetzt in der Tat, die Regeln dieses Parlaments einzuhalten und von der Senatsbank nicht dazwischen zu reden und dem Redner, Herrn Dr. Güldner, wieder zuzuhören. Sie haben auch die Möglichkeit, sich noch einmal zu melden.

Ich bin ja immer ein Freund von lebhaften Debatten und Zwischenrufen, insofern mag das alles so sein, wie es ist. Ich finde es nur nicht witzig und nicht lächerlich und auch nicht „haha“, weil es sich hier, und da ist vielleicht eine kleine Informationslücke Grund dieser großen Erregung, in der Tat um ein sehr breit beschriebenes und tief diskutiertes Phänomen handelt, dass durch die Dublierung von elektronischen Daten, die wir aus Pässen, aus Karten von Menschen auslesen, heutzutage mit der Identität von Fremden Verbrechen begangen, Einkäufe getätigt und andere Dinge getan werden können.

Deswegen ist es doch eine Frage, kann ich die elektronischen Daten aus diesem Pass auslesen oder nicht. Der Bundesinnenminister hat immer behauptet, es ist unmöglich. Es steht jetzt nicht in einer dubiosen

Studie, ich empfehle noch einmal den „Tagesspiegel“ aus Berlin vom 10. Februar, das Datum habe ich genannt, sondern es ist ein sehr ausführlicher Artikel, und es ist im Beisein von Reportern vorgeführt worden, wie das mit einem relativ einfachen Gerät geht. Das ist natürlich eine sehr ernste Frage, die geklärt werden muss. Ich finde, dass sich auch die Länder, die zuständigen Innenminister der Länder und die Behörden darum kümmern müssen, weil wir mit einem solchen Pass die Bürger natürlich nicht auf Reisen schicken können, das ist doch vollkommen klar!

Ich bin der Überzeugung, dass dies ausgeräumt werden muss. Da sind die 50 Städte jetzt betroffen, in denen Bürger ihre Fingerabdrücke abgeben. Das war natürlich nur in erkennungsdienstlichen Maßnahmen überhaupt der Fall, dass Menschen ihre Fingerabdrücke abgeben mussten, das wissen Sie auch, Frau Marken. Es ist eine völlig neue Qualität, dass wir das nun bei jedem machen, der einen Pass bestellt. Das bestreitet auch keiner!

Insofern finde ich, dass diese ernsten Fragen erst noch beantwortet werden müssen, bevor Sie so lustige Reden halten. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Ausführung des Passgesetzes, Drucksache 16/1275, in 1. Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und CDU)