kommenden Legislaturperiode ein Kinderressort schaffen, in dem die Verantwortlichkeiten für Kinder und Jugendliche gebündelt sind, für Bildung und Erziehung. Das ist eine klare Maßnahme.
Da haben Sie eine klare Verantwortung und nicht so etwas technisch hoch Bürokratisches, was Sie hier auf den Weg bringen wollen, dass Sie verschiedene Verantwortlichkeiten in Bremen zusammen in verschiedener Verantwortung lassen wollen.
Meine Damen und Herren, wir haben Defizite in diesem Bereich in Bremen. Es gibt ja auch nicht ohne Grund einen Untersuchungsausschuss in diesem Bereich. Hier gilt es natürlich, auch noch Ergebnisse abzuwarten. Wir haben in der Vergangenheit viel Geld in diesen Bereich gesteckt. Wir können feststellen, dass das Geld nicht da angekommen ist, wo es hingehört, nämlich direkt zu den Kindern und Jugendlichen. Darum müssen wir hier umsteuern. Es gehört auch zur Fairness, dass wir auch die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses mit abwarten müssen. Aber wir können, glaube ich, festhalten, dass es so, wie es in der Vergangenheit war, nicht weitergehen kann.
Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche dann auch Zeit haben zum Lernen. Sie müssen auf die Schule vorbereitet werden. Wir haben den Einstieg in die Ganztagsschulen gefunden in zunächst offener Form, dann in verpflichtender Form. Ähnliches müssen wir jetzt auch in der Phase vor der Schule machen, nämlich eine Schulreife herstellen. Darum wollen wir, dass das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei und verpflichtend ist, damit wir alle Kinder und Jugendlichen erreichen. Momentan haben wir noch eine kleine Lücke, aber gerade in dieser Lücke sind die Kinder und Jugendlichen, die wir im Kindergarten haben müssen, meine Damen und Herren.
Wir brauchen frühe Früherkennungsnetzwerke, wie zum Beispiel Ministerpräsident Peter Müller sie im Saarland eingeführt hat. Wir müssen schauen, was andere Bundesländer machen. Ich kann mich jetzt nicht nach Ihrem Beitrag dagegen wehren, diesen Satz zu sagen, Frau Linnert! Da, wo die CDU regiert, geht
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Haben Sie hier nicht regiert? – Abg. Frau W a n g e n h e i m [SPD]: Das war ein echtes Eigentor!)
Liebe Frau Linnert, nach dem, was Sie gesagt haben, sollten Sie vielleicht erst einmal sehen, dass Sie, wenn Sie das Geld investieren wollen, es so investieren, dass die Menschen aus eigener Kraft Arbeitsplätze haben und sich dann auch wieder um ihre Kinder kümmern können. Wir müssen hier als Politik die Rahmenbedingungen setzen. Das haben Sie noch nicht verstanden. Sie wollen Geld direkt wieder in Systeme geben. Wir müssen das Geld so investieren, dass es direkt den Menschen und nicht den Systemen zugute kommt.
Wir müssen die Eltern unterstützen, damit sie wieder ihre Erziehungsverantwortung wahrnehmen können. Das ist auch ein großes Problem. Wir haben eine Generation von jungen Eltern, von denen viele es nicht gelernt haben und es nicht können, dass sie selbst erziehen können. Wir müssen Eltern erziehen, damit sie selbst erziehen können. Dies ist ein großes Problem. Das wissen Sie genauso gut wie ich, Frau Linnert. Wir haben hier einen langen Weg vor uns. Das sind nicht Maßnahmen, die wir innerhalb von ein, zwei Jahren machen können, die wir nicht in ein, zwei Jahren schon komplett umsetzen können.
Wir müssen uns mit diesem UNICEF-Bericht sehr intensiv auseinandersetzen. Es gibt ja auch positive Bereiche im UNICEF-Bericht. Im Bildungsbereich, man hat sich ja auf die Pisa-Daten zurückgezogen, ist klar, wo wir da standen. Die Ergebnisse kannten wir schon. Aber da sind ja auch Daten einbezogen worden, wenn wir uns anschauen, wie die Schüler auf weiterführende Schulen gehen. Da sind wir auf Platz drei, das ist ein tolles Ergebnis. Auch beim Übergang Schule – Beruf haben wir noch einen sehr guten siebten Platz. Meine Damen und Herren, hier sind Aspekte in diesem Bericht, die muss man sich noch sehr genau anschauen.
Daher werden wir uns mit dieser Thematik hoffentlich nicht nur bis zum 13. Mai auseinandersetzen. Die CDU hat eine ganze Reihe von direkten, konkreten Maßnahmen vorgelegt, mit der wir die Verantwortung annehmen, dass wir uns um Kinder und Jugendliche in Bremen und Bremerhaven küm
mern. Wir werden diese Maßnahmen auch nach dem 13. Mai entsprechend weiter mit umsetzen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen und Fakten der Schockstudie von UNICEF haben deutlich bewiesen, dass die Kinder im Bundesland Bremen die ärmsten Kinder Deutschlands sind. Sie leben unverantwortlich in einem katastrophalen Lebensumfeld. Sage und schreibe 26 000 Kinder und Jugendliche leben in Bremen unterhalb der Armutsgrenze! Bremerhaven hat eine unzumutbare, unverantwortliche vierzigprozentige Kinderarmut. Allein diese Zahl belegt schwarz auf weiß oder besser gesagt rot auf schwarz, dass Bremerhaven schon lange im wahrsten Sinne des Wortes das Armenhaus der Nation ist. So wird diese erschreckende Tatsache von den politisch Verantwortlichen bei jeder Gelegenheit wohl wissend verschwiegen. Doch die Realität der steigenden Kinderarmut gerade in Bremerhaven überrollt Sie täglich.
In der letzten Stadtverordnetenversammlung sagte der Vorsitzende der Fraktion der SPD, Herr Melf Grantz, so großspurig, es geht aufwärts in Bremerhaven. Man würde quasi schon die Lichter am Ende des Tunnels sehen können. So mag das seine eigene, unrealistische, verblendete Sichtweise sein. Ich aber sage Ihnen im Namen der DVU erstens, wenn man Licht am Ende des Tunnels sieht, dann können es aber auch die Lichter eines entgegenkommenden Zuges sein, der Sie am 13. Mai hier überrollen wird. Zweitens, wenn ein verantwortlicher Vorsitzender der Fraktion der SPD angesichts der bald über 1 Milliarde DM Schulden für die kleine Stadt Bremerhaven und eine vierzigprozentige Kinderarmut in Bremerhaven und eine sehr hohe Arbeitslosigkeit es wagt zu sagen, es geht aufwärts mit Bremerhaven, dann sage ich Ihnen, ein solcher verantwortlicher SPDPolitiker hat Wirtschaftspolitik nicht begriffen, hat Finanzpolitik nicht begriffen, hat Familien- und Sozialpolitik nicht begriffen! Er hat Politik insgesamt nicht begriffen und wird sie auch niemals begreifen! Ein solcher Politiker sollte angesichts solcher unverantwortlichen Aussagen allerschnellstens zurücktreten!
Meine Damen und Herren, das Bundesland Bremen betreibt schon seit Jahrzehnten auf Kosten von Kindern und Jugendlichen eine grausame, eine unsoziale, eine verfehlte Kinder-, Jugend- und Familienpolitik. Auf diese Tatsache habe ich Sie schon des Öfteren hingewiesen, ebenso auf die unzähligen Steuergeldverschwendungen für Bremer Großraumprojekte. Meine Damen und Herren, gerade unsere Kin
der in Bremen und Bremerhaven haben sehr große Zukunftsängste. Sie wachsen zum Teil in gewalttätigen, zerrütteten Familienverhältnissen auf. Gewalt, Drogen, Alkohol, Hoffnungslosigkeit, fehlende Liebe, keine Bildungschancen, fehlende Lehrstellen und Arbeitslosigkeit bestimmen oft ihr sehr trauriges tägliches Leben in einer so genannten Wohlstandsgesellschaft.
Ich habe schon oft darauf hingewiesen, Deutschland ist kein kinderfreundliches Land. Diese erschreckenden Zahlen der UNICEF-Studie für das Bundesland Bremen haben ganz allein Sie zu verantworten und sonst niemand. Diese Zahlen sind eine eindeutige Bankrotterklärung Ihrer verfehlten Politik. Das sind die Zahlen Ihrer Schande, Ihrer Politik zulasten unserer Kinder und Jugendlichen. Jedes Mal werden nach solchen entlarvenden Horrorstudien mit einer geheuchelten Betroffenheitsmine gebetsmühlenartig ganz schnell ein paar Alibianträge oder große Scheinanfragen eingebracht, die dann aber meistens in unendlichen, gegenseitigen Schuldzuweisungen und unendlichen, sinnlosen Diskussionen nichts bringend zerredet werden. Darum sage ich Ihnen unmissverständlich, unsere Kinder brauchen keine langen, unendlichen Scheindebatten. Was unsere Kinder und unsere Jugendlichen brauchen, das sind effektive politische Entscheidungen und Maßnahmen zum Wohl und im Interesse von Kindern und Jugendlichen und das sofort!
Also endlich Taten, statt nur Lippenbekenntnisse! Darum fordert die DVU bessere Bildungschancen, bessere Schulen, Kindergärten und Spielplätze und vor allen Dingen eine Familienpolitik, die ihren Namen Familienpolitik auch wirklich verdient, mehr Hilfseinrichtungen und Hilfsangebote in den Brennpunktstadtteilen, also in ganz Bremen und Bremerhaven. Sagen Sie ja nicht, dafür wäre kein Geld vorhanden!
Damit wir uns gleich richtig verstehen und Sie mir hier nicht wieder irgendetwas unterstellen wollen! Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn für notleidende Kinder in der Dritten Welt gesammelt und gespendet wird. Kinder sind das höchste Gut einer Gesellschaft, egal welcher Hautfarbe, egal welcher Nationalität. Das ist eine Selbstverständlichkeit! Aber unsere Bürgerinnen und Bürger fragen Sie doch zu Recht, wenn schon seit Jahrzehnten über Milliarden DM an Spendengeldern gesammelt worden sind, ob diese Gelder dann auch zweckmäßig verwendet worden sind. Bei diesem doch sehr geringen Lebensstandard in der Dritten Welt und bei den schon über jahrzehntelang verwendeten Milliarden Spendengeldern und den unzähligen übernommenen Patenschaften müsste man demnach doch eine Schule, einen Kindergarten nach dem anderen gebaut haben, die auch heute noch stehen!
Das sehe ich aber nicht! Was ich aber sehe, das sind unzählige kleine Kindersoldaten, lächelnd mit einer Kalaschnikow im Arm und einer Zigarette im Mundwinkel! Da fragt man sich doch unweigerlich, war
um diese kleinen Kinder bei den ganzen geflossenen Milliarden an Spendengeldern zwar ein Gewehr, aber keine Schulbücher im Arm haben.
Das heißt auf gut Deutsch, die Verwendung der Spendengelder sowie die Gelder der Entwicklungshilfe müssen viel besser und genauer kontrolliert werden, ob diese Gelder auch wirklich zweckgebunden für die notleidende Bevölkerung sprich zum Schutz der notleidenden Kinder in der Dritten Welt eingesetzt werden. Das ist meines Erachtens bei diesem dauerhaften Elend wohl nicht immer der Fall.
Ich finde es angesichts dieser traurigen Tatsache sehr bemerkenswert und vorbildlich, aber auch zugleich erschreckend, wenn Bremer Kinder, denen ich an dieser Stelle namens der DVU ganz herzlich danken möchte, für arme Kinder in Not in Bremerhaven aufopferungsvoll gesammelt und gespendet haben. Sie sehen, meine Damen und Herren, wir haben mitten in Deutschland, mitten in Bremen, mitten in Bremerhaven selbst große Not, großes Elend und eine ausufernde, erschreckende Kinderarmut.
Diese großen sozialen Probleme mitten in Deutschland, mitten im Bundesland Bremen sollten Sie zuallererst und vorrangig politisch bekämpfen. Vorrangig bedeutet nicht, dass Sie den notleidenden Kindern in der Dritten Welt nicht helfen sollen oder nichts spenden sollen, das ist ganz klar. Aber wir haben in Deutschland genug eigene große Kinderarmut, Not und Elend. Dieser grausame, menschenunwürdige, politische Skandal muss gemäß Ihres Amtseids zuallererst hier in Deutschland bekämpft und beseitigt werden.
Meine Damen und Herren, Kinder sind das Wertvollste, das Schützenswerteste und das höchste Gut in unserer Gesellschaft. Kinder brauchen Liebe, Achtung, Würde und Zuneigung, Aufmerksamkeit und Schutz. Dafür kämpft die DVU. Was unsere Kinder aber nicht brauchen, das sind Politiker der Altparteien, die gegen die Interessen und das Wohl von Kindern und Jugendlichen eine unsoziale, verfehlte Politik betreiben. Unsere Kinder und Jugendlichen haben es nicht verdient, hoffnungslos, zukunftslos, arm, unglücklich, würdelos und sehr oft sehr schwer misshandelt in irgendeinem riesigen, grauen, tristen, kargen Wohnsilo würdelos und menschenunwürdig aufwachsen zu müssen. Das haben unsere Kinder und Jugendlichen nicht verdient. Dagegen kämpft die DVU.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tittmann, Ihnen fehlt leider auch zu diesem wichtigen Thema die notwendige Sachkenntnis, und darüber hinaus, und
das ist viel schlimmer, fehlt Ihnen die moralische Ausstrahlungskraft, der es bedarf, um ein solches Thema zu behandeln.
Zynismus reicht nicht, Zynismus können wir nicht gebrauchen und entspricht auch nicht dem, was für dieses Haus angemessen wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die UNICEF-Studie zeigt die politische Dimension, die sich aus der Lage der Kinder, der Familien, aber auch von Bildung, Erziehung und Betreuung im Lande Bremen ergibt. Ich finde, Frau Linnert, da gebe ich Ihnen völlig recht, wir müssen uns auch als Koalition, als jede einzelne Fraktion hier in Bremen, auch daran messen lassen, was erreicht wurde und was wir gemacht haben.
Ich muss aber auch sagen, dass ich es nicht zulassen kann, dass man die Anstrengungen der vergangenen Jahre, in denen wir versucht haben, mit in der Tat großen Investitionen mit vielen Investitionsmitteln die Infrastruktur zu verbessern, in diesem Lande etwas zu tun für die Stärkung der Wirtschaftskraft und für die Schaffung von Arbeitsplätzen, jetzt in den Gegensatz stellt, sondern es muss eingeordnet werden. Wir haben viel erreicht, die ersten positiven Effekte zeigen sich. Jetzt muss man schauen, welche Aufgaben man in Zukunft hat, und daran wollen wir uns machen! Aber stellen Sie es nicht gegeneinander, bauen Sie es aufeinander auf!
Die zentrale Aussage des UNICEF-Berichts für Bremen, meine Damen und Herren, lautet aber, das ist auch richtig, es ist uns eben bislang nicht hinreichend gelungen, für unsere Kinder soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit in unseren beiden Städten zu schaffen. Deswegen geht es auch um nichts Geringeres, und darum ist diese Debatte so wichtig, als um eine neue Schwerpunktsetzung der Landespolitik, die mit der Wahl von Jens Böhrnsen zum Bürgermeister und Präsidenten des Senats, die mit der Zäsur der Sanierungspolitik, die wir diskutiert haben, begonnen hat und die in der nächsten Legislaturperiode mit Kraft und Elan fortgesetzt und auf eine neue Stufe gehoben werden muss.
Die UNICEF-Studie ist nur ein weiterer kräftiger Anstoß, der uns nach Pisa, nach dem Befund des UNSonderbeauftragten, nach den Berichten über die Armut und Sozialabhängigkeit der Kinder und natürlich auch nach dem Versagen der bremischen Ju
gendhilfe zum Handeln mahnt. Aber damit ich an der Stelle auch nicht missverstanden werde: Wir haben in Bremen und Bremerhaven in den letzten Jahren gehandelt mit den Pisa-Aufstockungsmaßnahmen, mit dem Einstieg in die Betreuung für die Null- bis Dreijährigen, mit dem Programm für Ganztagsschulen, mit dem Einstieg in eine verbesserte Ferienbetreuung und vor allem natürlich mit der klaren Orientierung zur Stärkung der Jugendhilfe, die im Herbst vergangenen Jahres, von Bürgermeister Böhrnsen und von Senatorin Rosenkötter angeregt, Anfang dieses Jahres Konsequenzen gezogen hat aus dem schrecklichen Tod des zweijährigen Kevin.
Da ist gehandelt worden, aber das wird weitere personelle Verbesserungen und auch finanzielle Verbesserungen benötigen, denn die Lage von Kindern und Familien muss in Bremen verbessert und gestärkt werden. Wir als Sozialdemokraten werden alle Möglichkeiten nutzen, einen solchen Akzent zu setzen, um hier die Antworten, die zeitgerecht sind, auch zu geben, meine Damen und Herren.
Ich will an der Stelle gern sagen, ich kann mir gut vorstellen, dass man in der nächsten Legislaturperiode, Frau Linnert hat es angesprochen, auch das Ganze mit einer Enquete-Kommission flankiert, ein Fundament daran bringt. Entscheidender aber wird sein, dass man frühzeitig und schon gleich zu Beginn nach der Wahl die Inhalte verstärkt. Ich rede über Inhalte, Herr Rohmeyer, ich finde, ein Kinderressort, das hört sich gut und populär an, aber das Auswechseln von Namensschildern ist keine neue Politik, davon halte ich wenig.