Herr Staatsrat, gehe ich recht in der Annahmen, dass diese Videoüberwachung und die Personalnotrufanlage beziehungsweise auch die Sicherheitszentrale noch in diesem Jahr eingerichtet werden, weil dieses Problem, das hier auch noch einmal angesprochen worden ist, nicht erst seit kurzer Zeit bekannt ist, sondern wir haben vor 2 Jahren dieses Problem schon besprochen, und bisher hat sich noch nichts getan? Kann ich davon ausgehen, dass das in diesem Jahr noch passiert?
Sie können davon ausgehen, dass sich in diesem Jahr etwas bewegt. Allerdings, denke ich, sollte man sich keine Illusionen darüber machen. Was Sie hier dokumentiert sehen, ist das Ergebnis einer Entwicklung, die sich auch außerhalb des Vollzugs vollzieht.
Es ist kein Zufall, dass die Übergriffe auf Gefangene im Vollzug in den letzten Jahren gestiegen sind. Sie wissen auch genau, dass wir dem Bereich Gewaltkriminalität eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Das heißt, je mehr Polizei und Staatsanwaltschaft dafür sorgen, dass Gewalttäter von der Straße geschaffen werden, desto größere Probleme haben wir im Strafvollzug. Das spiegelt sich da wider, und insofern kann uns das nicht überraschen. Wir dürfen aber nicht tatenlos zusehen. Soweit wie möglich werden wir die Gewalt durch den Einsatz von Sicherheitsanlagen zu kontrollieren versuchen. Ich warne aber davor zu glauben, dass durch die Inhaftierung die Straftäter friedlicher werden. Ich sehe mit einer großen Besorgnis, dass sich diese Zusammensetzung weiter so entwickelt wie beschrieben, und das ist höchst problematisch.
Aber, Herr Staatsrat, Sie sind mit mir der Meinung, sollten diese Sicherheitseinrichtungen jetzt zusätzlich eingebaut werden, dass dort auch für die Vollzugsbediensteten mehr Sicherheit vorhanden ist?
Ja, natürlich, aber Sie sehen auch, dass die größte Gefahr nicht für die Vollzugsbediensteten besteht. Diese Übergriffe bewegen sich im Bereich zwischen null und eins. Unser zentrales Problem ist die Gewalt unter Gefangenen und die Gewalt unter bestimmten Gruppen von Gefangenen, die inhaftiert sind und deren Zahl zunehmend ist. Dies kann man nicht allein durch Videoüberwachung kontrollieren.
Die sechste Anfrage trägt die Überschrift „Strafunmündige Kinder“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Knäpper, Herderhorst, Perschau und Fraktion der CDU.
Welche Maßnahmen sind für strafunmündige Kinder in Bremen vorgesehen, um weitere Straftaten zu verhindern und sowohl potenzielle Opfer, aber auch die betreffenden Kinder vor sich selbst zu schützen?
Wie viele hochgradig gefährdete und kriminelle Kinder sind im Rahmen erzieherischer und therapeutischer Gesamtkonzepte in geschlossenen Heimen anderer Bundesländer untergebracht?
Ist der Senat bereit, eine Bedarfsprüfung im Hinblick auf eine geschlossene Heimunterbringung in Bremen einzuleiten und gegebenenfalls die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um für einen kleinen Kreis krimineller Kinder erzieherische und therapeutische Konzepte zu erarbeiten?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: In der Stadtgemeinde Bremen gibt es für diese Zielgruppe ein abgestimmtes Verfahren zwischen der Polizei und den Sozialzentren über eine unmittelbare und zeitnahe Information. Infolge dessen stehen neben den allgemeinen Beratungsangeboten sämtliche im SGB VIII normierten Hilfen zur Erziehung sowie einzelfallbezogene flexible und familienunterstützende Maßnahmen zur Verfügung.
In Bremerhaven hat das Amt für Jugend und Familie für strafunmündige Kinder, die auffällig häufig straffällig geworden sind, neben dem oben genannten Hilfesetting eine Vereinbarung mit der ambulanten Tagesgruppe „Strohhalm“ zur Betreuung im Rahmen sozialer Gruppenarbeit.
Zu Frage 2: Aus beiden Stadtgemeinden sind derzeit keine hochgradig gefährdeten und devianten Kinder in geschlossenen Heimen anderer Bundesländer untergebracht.
Zu Frage 3: Die Jugendhilfepolitik im Land Bremen ist daraufhin ausgerichtet, für den oben genannten Personenkreis alternative Betreuungsformen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen zu finden. Die enge Kooperation mit Trägern der freien Jugendhilfe berücksichtigt die Entwicklung individueller Einzelfallkonstellationen. In diesem Zusammenhang wird mit den freien Trägern der Jugendhilfe derzeit über den Aufbau einer hochstrukturierten und bedarfsorientierten Intensivgruppe gesprochen. Ferner beteiligt sich der Senat zurzeit an einer gemeinsamen länderübergreifenden Arbeitsgruppe mit Hamburg und Niedersachsen zwecks Prüfung einer Intensiveinrichtung. – Soweit die Antwort des Senats!
Eine Zusatzfrage habe ich noch. Es gibt auch noch andere rechtliche Möglichkeiten, die wir nutzen können. Einmal ist es die rechtliche Möglichkeit, dass gemäß Paragraf 171 Strafgesetzbuch gegen Eltern ermittelt wird, wenn sie ihre Fürsorgepflicht und Erziehungspflicht verletzten, und es gibt auch einen Passus im Bürgerlichen Gesetzbuch, Paragraf 1666 Absatz 1 BGB, wonach durch zuständige Familiengerichte festgestellt werden kann, dass das Sorgerecht den Eltern entzogen worden ist. Ist Ihnen bekannt, wie vielen Eltern hier im Land Bremen das Sorgerecht entzogen worden ist?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, mir ist die Anzahl der Eltern nicht bekannt, denen das Sorgerecht aus diesen Gründen entzogen worden ist. Es war hier darauf abgehoben zu fragen, ob wir hier eine entsprechende Betreuung der betreffenden Jugendlichen vorhalten. Das Thema ist in Beratung mit Hamburg und Niedersachsen. Es wird noch einmal darüber Diskussionen auch in den entsprechenden Gremium, unter anderem im Jugendhilfeausschuss geben, um gegebenenfalls über eine Intensiveinrichtung nachzudenken.
Sieht der Senat dies auch so, dass Kinder, die straffällig werden, therapeutisch auch behandelt werden müssen und dass Kinder, die dauernd delinquent sind, natürlich auch irgendwie behandelt werden müssen, medizinisch oder von Therapeuten, und dass aber auch gleichzeitig die Bevölkerung ein Recht hat, vor diesen delinquenten Kindern, die dauernd Straftaten begehen, geschützt zu werden?
Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass es hier in einem Hilfesetting darum geht, diesen strafunmündigen jungen Kindern Unterstützungsmöglichkeiten zu bieten, die sich auf die Kinder beziehen, aber eben auch die Eltern mit beziehen.
Frau Senatorin, teilen Sie meine Meinung, dass es besser ist, wenn man frühzeitig erzieherische Maßnahmen und Hilfen anbietet, die schon im Kindergarten und in der Schule wirken, damit die Kinder gar nicht erst in die Situation kommen, dass sie als Strafunmündige behandelt werden müssen?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, natürlich müssen wir verstärkt im präventiven Bereich einsetzen, damit es gar nicht zu diesen Situation kommt. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.
Frau Senatorin, es wird gelegentlich die Forderung erhoben, die Grenze der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre abzusenken, damit man auch schon jüngere Kinder in den Jugendknast einsperren kann. Was halten Sie von dieser Idee?
Sie teilen unsere Auffassung, dass die jetzigen rechtlichen Möglichkeiten ausreichen, um mit diesem Problem ordentlich umzugehen?
Es sind hier die Möglichkeiten gegeben, die wir im Moment absolut für ausreichend und erforderlich halten.