Meine Damen und Herren, wie wir eben beraten haben, schlage ich Ihnen vor, dass wir jetzt in die Mittagspause eintreten. Wir machen um 14.30 Uhr wie verabredet weiter.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD- und die CDU-Fraktion haben Ihnen heute einen Antrag vorgelegt, der, wie schon beschrieben, zurückgeht auf die Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und der CDU, in der festgelegt worden ist, dass wir das Innenstadtprogramm, das in Bremerhaven in den letzten Jahren insbesondere zu der erheblichen Verbesserung und Umgestaltung der Bremerhavener Fußgängerzone geführt hat, fortsetzen wollen. Hier geht es jetzt um den Teil, der sich nach Süden weiter fortsetzt, wo in den letzten Jahren schon einiges geschehen ist, hier aber trotzdem ein Gebiet vorhanden ist, von dem wir glauben, dass wir durch Aufwertung dazu beitragen können, in dem Bereich doch Erhebliches für Bremerhaven tun zu können.
Da meine Zeit begrenzt ist, will ich hier jetzt nicht jeden einzelnen Punkt noch einmal aufführen, sondern möchte eigentlich zunächst einmal etwas zu diesem, wie ich finde, historischen Ort in dieser Stadt sagen. Da ich historisch auch nicht so bewandert bin, habe ich mir einmal etwas besorgt, was der Direktor des Morgenstern-Museums oder unseres Historischen Museums, Dr. Alfred Grube, vor einigen Jahren zu diesem Ort geschrieben hat: Jahrhundertelang war die Region an dem Mündungsverlauf der Geeste Dreh- und Angelpunkt politischer, kultureller und wissenschaftlicher Interessen. Heute ist davon nicht mehr viel zu spüren. Die Geeste ist zu einem kleinen, eher unbedeutenden Nebenfluss der Weser geworden, der hauptsächlich noch von Sportschiffen genutzt wird. Der urbane, aber auch kommunalpolitische und wirtschaftliche Wandel von Bremerhaven führte dazu, dass die Stadtentwicklung von der Geeste weg verlagert worden ist. Wer heute die an vielen Stellen im Stadtgebiet doch recht trostlos dahinfließende Geeste sieht, wird kaum eine Ahnung davon erhalten, dass der Mündungsverlauf der Geeste einmal ein historischer Brennpunkt war, wie ihn kaum eine andere Stadt vergleichbar vorzuweisen hat. Auf engem Raum konzentrieren sich hier Merkmale der Vergangenheit, die für Bremerhaven und seine Vorgängergemeinden spezifisch waren und einmalig sind.
Ich glaube auch, dass viele Bremerhavener in den vergangenen Jahren diesen Fluss vergessen haben. Wir haben in den letzten fünf, sechs Jahren versucht, dies wieder etwas hervorzuheben. Die Bremerhavener und die Besucher waren nach dem Zweiten Weltkrieg immer stark auf die Weser orientiert und haben diesen Fluss, der auch irgendwie zugebaut war, wo es Werkstätten gab, wo es alte Gebäude gab, vergessen und sich wenig darum gekümmert. Für all diejenigen, die nicht aus Bremerhaven kommen, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
kann ich sagen: Geradeaus von mir aus gesehen können wir diesen Fluss sehen, der sich dann in die Innenstadt weiterschlängelt.
Wir haben hier eine Grenze gehabt zwischen Bremerhaven und Geestemünde, die zwei eigenständige Städte waren. Die eine war seit 1827 – wenn ich das recht erinnere – bremisch, die jetzige Innenstadt von Bremerhaven, und die andere gehörte zum Königreich Hannover, das war Geestemünde. Ein bisschen ist es heute immer noch so, dass dieser Fluss eine mentale Grenze bildet und dass eben die, die südlich wohnen, also Geestemünde und Wulsdorf, noch immer Schwierigkeiten haben, über diesen Fluss zu kommen, und diejenigen, die hier in Lehe und Leherheide wohnen, immer das Gefühl haben, eigentlich verlassen wir Bremerhaven, wenn wir über diesen Fluss fahren. Das ist etwas übertrieben, das gebe ich zu. Ich habe in den letzten 20 Jahren an beiden Seiten dieses Flusses in Bremerhaven gewohnt, und es ist schon auf beiden Seiten etwas anders.
Ich glaube, Bremerhaven hat eine große Chance, wenn wir uns über diese Fußgängerzone zur Geeste hin weiterentwickeln, hier etwas entstehen zu lassen, was auch für diese Stadt einmalig ist. Wir haben inzwischen ein Ensemble, das sich dort entwickelt hat mit der alten Hochschule, mit dem Historischen Museum, das auf der Geestemünder Seite liegt, mit der Kunsthalle und seinem Kunstverein und mit dem Stadttheater. Ich würde es einmal so bezeichnen, dass schon einige Perlen in Bremerhaven sind, die aber noch so ein bisschen für sich allein stehen und die Menschen immer noch – sowohl die Bremerhavener selbst, aber auch die Gäste – diese schöne Seite Bremerhavens immer noch zu wenig für sich entdeckt haben. Wenn wir dieses Programm jetzt auflegen und fortsetzen und Magistrat und Senat etwas anstoßen wollen, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir das Gebiet für Bremerhaven weiter positiv entwickeln können, dann, glaube ich, hat Bremerhaven eine große und gute Chance, sowohl für diejenigen, die hier wohnen, als auch für die Gäste ein weiteres Highlight zu setzen.
Zu der Historie habe ich schon einiges gesagt oder habe Ihnen vorgetragen, was Herr Dr. Grube dazu gesagt hat. Wir weisen in unserem Antrag darauf hin und verfolgen die Absicht, insbesondere im Bereich der bildenden Kunst für Bremerhaven ein zusätzliches Highlight zu schaffen. Wir haben hier auch ein bisschen im Verborgenen unsere Kunsthalle, die vom Bremerhavener Kunstverein betrieben wird, der inzwischen, das hat er in seiner Satzung schon vor Jahrzehnten festgelegt, eine Sammlung für Bremerhaven anlegen will. Dieser Kunstverein, der im Jahr weniger als 200 000 Euro Zuschuss bekommt, also verhältnismäßig preisgünstig, aber sehr effektiv für die Stadt arbeitet, hat in den letzten Jahrzehnten eine erhebliche Sammlung von Exponaten angehäuft. Herr Wesseler, der Vorsitzende des Kunstvereins, hat
Diese Sammlung, die sich leider in einem Keller befindet, kann sich, auch im Vergleich zu anderen Sammlungen in der Republik, durchaus sehen lassen. Diese Sammlung beginnt historisch gesehen mit der spätromantischen Malerei. Wir haben inzwischen auch eine sehr sehenswerte Sammlung Worpsweder Künstler von Paula Modersohn-Becker, Otto Modersohn, Heinrich Vogeler, Fritz Overbeck. In den sechziger Jahren wurde dann, insbesondere unter Federführung des Vorsitzenden des Kunstvereins, Herrn Wesseler, damit begonnen, den Schwerpunkt im Bereich der zeitgenössischen Kunst zu legen. Wir haben hier Exponate von bedeutenden Künstlern wie Gerhard Richter, Blinky Palermo, Henning Gierke, Ulrich Rückriem, Jürgen Partenheimer oder, etwa vor zwei Jahren erworben, Gregor Schneider, der Vertreter Deutschlands bei der Biennale in Venedig im Jahr 2001 gewesen ist und dort auch den Goldenen Löwen bekommen hat.
Die Exponate, die sich dort im Keller befinden, werden an vielen Stellen in dieser Republik und auch in Europa ausgestellt, nur in Bremerhaven nicht! Ich denke, man vermutet kaum, dass wir in Bremerhaven solch eine hervorragende Sammlung haben. Ich will das einmal zitieren. Am besten ist es ja, in dem Zusammenhang vielleicht einmal jemanden zu zitieren, der aus Bremen kommt, und zwar Herrn Deecke, der, soweit ich weiß, der Leiter der Weserburg in Bremen ist, der 1992 in einem Ausstellungskatalog zum Bremerhavener Kunstverein und insbesondere auch zum Vorsitzenden Jürgen Wesseler einmal geschrieben hat:
„Manchmal liegen die Ereignisse so sehr abseits der Routen, verstecken sich so tief im Hinterland, dass es der guten Freunde bedarf, auf sie aufmerksam zu werden. Ich verdanke den Hinweis auf Jürgen Wesseler und sein Kabinett für aktuelle Kunst dem amerikanischen Konzeptkünstler Laurence Weiner, der 1975 Gast des Berliner Künstlerprogramms des OAAD war und mit dem Bremerhavener schon sein zweites kleines Buch plante. Er berichtete von dem Ort der Kunst hinter den Deichen, der sich bei genauerer Betrachtung als Vorort der Avantgarde entpuppte. In New York, Los Angeles, in London und Paris, aber auch in Düsseldorf und Köln, in den Zentren der Kunst seit den sechziger Jahren kannte man schon lange diesen engagierten Kunstfreund.“