Protocol of the Session on September 13, 2006

Ich habe doch ausdrücklich gesagt: Wir wollen nicht, dass beim Bildungsressort gekürzt wird, dass die Probleme, die wir haben, zulasten des Bildungs- oder des Wissenschaftsressorts gehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir wollen, dass die Wissenschaftsausgaben so bleiben, wie sie sind, und auch die Bildungsausgaben. Wir schauen nicht nur auf unsere eigenen Ressorts. Das habe doch ausdrücklich gesagt, oder haben Sie nicht zugehört? Deswegen: Behaupten Sie doch hier nicht einfach irgendetwas, was nicht stimmt und nicht gesagt worden ist! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aktuelle Stunde geschlossen.

Verbraucherschutz im Lebensmittelbereich stärken – Mehr Informationen zugänglich machen

Mitteilung des Senats vom 29. August 2006 (Drucksache 16/1116)

Wir verbinden hiermit:

Schluss mit der Augenwischerei: Verbraucherschutz im Lebensmittelbereich wirklich herstellen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 12. September 2006 (Drucksache 16/1134)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Röpke.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der heutigen Sitzung diskutieren wir erneut über das Thema Verbraucherschutz, ein Thema, bei dem man leider sagen muss, dass es momentan aktueller ist denn je. Als wir unmittelbar vor der Sommerpause gemeinsam mit unserem Koalitionspartner den Antrag „Verbraucherschutz im Lebensmittelbereich stärken – Mehr Informationen zugänglich machen“ einbrachten, konnten wir die derzeit aktuellen Gammelfleischskandale in München und Niederbayern sowie, seit Montag bekannt, weitere Gammelfleischskandale in Hessen und im Saarland nicht erahnen. Fast täglich gibt es neue Skandale in neuen Städten und Orten. Diese krimi––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nellen Geschäftemacher kann man nur mit einem Wort beschreiben: widerlich!

(Beifall bei der CDU – Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

So ärgerlich und besorgniserregend diese erneuten Fälle von sogenanntem Gammelfleisch sind, so eindeutig zeigt es auch, wie wichtig das Thema Verbraucherschutz ist und welche erhebliche Bedeutung es für die Bevölkerung hat. Leider müssen wir in diesem Zusammenhang auch feststellen, dass aufgrund jahrelanger Querelen zu Zeiten der rotgrünen Bundesregierung zu viel Zeit verloren wurde, um einen vernünftigen und zuverlässigen Verbraucherschutz für die Bevölkerung sicherzustellen.

Bevor ich auf die Antwort des Senats am 29. August 2006 eingehen möchte, lassen Sie mich etwas zu der aktuellen Diskussion sagen: Ich halte es für besonders begrüßenswert, dass sich der Bundesverbraucherminister Horst Seehofer nun mit seinen Landeskollegen auf einen Maßnahmenkatalog zum Schutz der Verbraucher einigen konnte. Der vorliegende Entwurf von Herrn Seehofer zum Verbraucherinformationsgesetz und der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog sind wichtige und längst überfällige Schritte hin zu einem verlässlichen Schutz unserer Bürger vor schwarzen Schafen in der Lebensmittelindustrie.

(Beifall bei der CDU)

Als Beispiel dafür möchte ich die länderübergreifende Qualitätssicherung mit Prüfung nennen. Die Länder haben sich dazu verabredet, einheitliche Standards für Lebensmittelkontrollen einzuführen. Eine Prüfung der Kontrollbehörden ist dabei ebenfalls notwendig, um eine Qualitätssicherung zu gewährleisten. Ebenfalls haben sich die Minister auf die Nennung der Namen von Unternehmen geeinigt, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen und im Falle von Gesundheitsgefahr und Verstößen nun auch öffentlich genannt werden müssen. Dies hat nichts mit Anprangerei zu tun. Es ist eine gerechtfertigte Maßnahme gegen Kriminelle, die aus reiner Profitsucht Gesundheitsschädigungen der Bevölkerung in Kauf nehmen. Vor dieser Skrupellosigkeit muss die Bevölkerung zuverlässig geschützt werden.

Ebenso fordern die Minister die Justizbehörden auf, den Strafrahmen konsequent auszuschöpfen und zu überprüfen. Der geltende Strafrahmen und Sanktionierungen bei Verstößen bei lebensmittelrechtlichen Bestimmungen müssen konsequenter ausgeschöpft, überprüft und, falls erforderlich, auch erhöht werden. Nur so wird es gelingen, Unternehmer stärker abzuschrecken. Mehr Kontrollen allein werden diese abschreckende Wirkung nicht zeigen, davon bin ich fest überzeugt. Derjenige, der die Gesundheit von Menschen vorsätzlich aufs Spiel setzt, gehört hinter Git

ter, denn nur Abschreckung ist ein gutes Instrument, um kriminelle Machenschaften zu verhindern.

(Beifall bei der CDU)

Notwendig ist ebenfalls eine Verbesserung des Informationsmanagements der Länder. Künftig sollen die Minister einen schnelleren Informationsaustausch zwischen Landes- und Bundesbehörden durchsetzen. Eine verbesserte Kooperation von Kontroll- und Strafverfolgungsbehörden ist ebenfalls notwendig. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zwischen Lebensmittelüberwachung und Strafverfolgungsbehörden wird diese Kooperation verbessern. Eine Zuverlässigkeitsprüfung für Lebensmittelunternehmer ist ebenfalls verabredet worden. Die Zuverlässigkeit von Lebensmittelunternehmen soll künftig regelmäßig überprüft werden. Bei wiederholten oder gravierenden Verstößen gegen das Lebensmittelrecht soll ein Berufsverbot ausgesprochen werden können. Dieses Berufsverbot muss auch wirksam sein. Es darf nicht sein, dass, wie es im norddeutschen Raum geschehen ist, der Geflügelhändler unter irgendeinem anderen Namen dann auf einmal weiter handelt. Das geht nicht!

Ebenfalls wurde eine Kodierung von Lebensmitteln für die Rückverfolgung vereinbart. Dies muss auf EU-Ebene durchgesetzt werden, um eine effektivere und schnellere Rückverfolgbarkeit zu ermöglichen. Wenn wir Verbraucherschutz sinnvoll und vor allem effektiv gestalten wollen, so kann dies nur gelingen, wenn Bund und Länder an einem Strang ziehen und diese Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbrauch und Verstößen gegen das Lebensmittelrecht vereinheitlicht werden. Nur mit einer gemeinsamen Strategie, wie auch schon bei der Vogelgrippe, wird es möglich sein, den schwarzen Schafen in der Lebensmittelindustrie das Handwerk zu legen.

Meine Damen und Herren, nach wie vor ist der Verbraucherschutz in unserem föderalen System eine Hoheitsaufgabe der Länder. Jedoch werden wir nur eine flächendeckende, funktionierende Überwachung und Gewährleistung von Standards sicherstellen, wenn einheitliche Standards im gesamten Bundesgebiet gelten und diese auch einheitlich überprüft, verfolgt und mit einer Bestrafung geahndet werden. Vor diesem Hintergrund ist das von der Bundesregierung eingebrachte und zur Diskussion gestellte Verbraucherinformationsgesetz mehr als zu begrüßen und hätte schon lange auf den Weg gebracht wer-den müssen. Deswegen haben wir es auch getan.

(Beifall bei der CDU – Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Dies geht aus der Senatsvorlage vom 29. August 2006 hervor. Damit bin ich bei der Mitteilung des Senats: Einer der Kernpunkte dieser Gesetze ist der

freie Zugang zu Informationen. Den Bürgern wird künftig Zugang zu den bei den Behörden des Bundes, der Länder und den Gemeinden vorhandenen Informationen im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes oder auch des Weingesetzes eröffnet. Den Anspruch auf Zugang zu Informationen bezieht sich vor allem auf vier Bereiche: erstens auf Verstöße im Bereich des Lebensmittelgesetzes, zweitens, von Erzeugnissen ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit, drittens auf die Information in Bezug auf Kennzeichnungs- und Beschaffenheitsmerkmale und viertens auf die Überwachungsmaßnahmen im Rahmen der behördlichen Tätigkeiten.

Wie in der Mitteilung des Senats erwähnt, können wir festhalten, dass mit dem vorgelegten Verbraucherinformationsgesetz ein richtiger und wichtiger Schritt unternommen wird. Es ist für uns daher begrüßenswert, dass der Senat dieses Gesetzesunterfangen im Bundesrat unterstützt. Ergänzend zu dem von den Landesministern verabredeten Maßnahmenkatalog sind ebenfalls kurz- und mittelfristig zu realisierende Vorhaben des Landes Bremen zu erwähnen, die durch das am 1. Januar 2006 in Kraft getretene neue EU-Lebensmittelrecht gefordert werden.

Hierbei möchte ich folgende Maßnahmen kurz als besonders wichtig und sinnvoll hervorheben: erstens die Umsetzung des Prinzips der Eigenverantwortlichkeit in den Betrieben, zweitens die Gebührenkoppelung nach der Einstufung an das System der Risikobeurteilung zum gezielten und effektiven Ressourceneinsatz, drittens die Zusammenführung von Inspektionstätigkeiten und Probemanagement zu den einheitlichen Kontrollkonzepten und viertens dann die Erstellung, Durchführung und Fortschreibung von bedarfsgerechten Qualifizierungskonzepten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

Meine Damen und Herren, insgesamt bleibt mir zu sagen, dass wir alles dafür tun müssen, kriminelle Machenschaften aufzudecken, dass Leuten, die mit dem Leben und der Gesundheit der Menschen spielen, das Handwerk gelegt wird. Dazu ist das Programm von Herrn Seehofer mehr als gut geeignet. Auf den Antrag der Grünen, der dazu noch eingebracht worden ist, werde ich dann antworten, wenn er auch erklärt worden ist. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns immer für einen starken Verbraucherschutz und ein weitgehendes Informationsrecht stark gemacht. Da fehlt es bei uns nicht. Wir sind immer am Ball gewesen.

Wenn wir jetzt wieder die Fälle, die von Bayern ausgehen, sehen und feststellen, wie groß die kriminelle Energie und wie niedrig das jeweilige Schuldbewusstsein ist, da ist Handeln angesagt.

(Beifall bei der SPD)

So sicher wie das nächste Tiefdruckgebiet kommt, meine ich, so sicher scheint auch der nächste Lebensmittelskandal. Wenn wir jetzt nicht daran gehen, was vorgestern in Bayern war, war gestern in Cloppenburg, und man hört es, dass in Bremerhaven auch schon etwas gefunden wurde, allerdings kann hier grünes Licht gegeben werden. Hier war das Fleisch noch gut, es waren 27 Kilo.

Wir in Bremen haben eine Lebensmittelkontrolle, die rotiert, sie ist also nicht immer bei dem gleichen Händler, wie es zum Beispiel in Bayern der Fall war. Hier in Bremen haben wir auch unangemeldete Kontrollen. Das ist schon einmal ein wichtiger Punkt. Allerdings schützt es nicht vor eventuellen Problemen. Inzwischen ist bei uns ein Drittel der Kühlhäuser überprüft, und es geht weiter. Das ist ein Aspekt aus dem Zehn-Punkte-Programm, das EU-weit durchgeführt werden soll.

In den letzten Tagen haben wir erlebt, wie sich Bayern und der Bund gegenseitig Blockade und Unfähigkeit vorwarfen. Jeder fordert vom anderen bessere Kontrollen und mehr Kompetenzen. Herr Seehofer will bundesweite Kompetenzen ausweiten. Ich frage nur: Warum hat er das dann nicht bei der Föderalismusdiskussion gefordert?

(Beifall bei der SPD)

Dort wäre die Möglichkeit gewesen, aber da haben wir von ihm leider nichts gehört. Gegenwärtig, an jedem Tag, gibt es neue Vorschläge, einerseits Kronzeugenregelung, Berufsverbote und so weiter. Mich wundert, dass noch niemand die Videoüberwachung für alle Schlachthöfe und Bauernhöfe ins Spiel gebracht hat. Von daher sollte man in Sachen Fleisch nüchtern herangehen und die Probleme – –.

(Abg. P e r s c h a u [CDU]: Dann sollten Sie auch einmal versuchen, etwas nüchter- ner heranzugehen!)

Wer aus unserer Sicht Fleisch falsch etikettiert, der betrügt. Wer betrügt, begeht eine Straftat, das ist ganz einfach! Wer eine Straftat begeht, hat ein starkes Interesse zu flüchten. Hier darf der Staat eben nicht nachlassen, die Betrüger einzuholen.

(Beifall bei der SPD)

Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit. Deshalb erwarten wir als Verbraucher drakonische Strafen und

ein engmaschiges, gezieltes Kontrollnetz. Allerdings reichen die gegenwärtigen Strafmaßnahmen nicht ganz aus. Damit kann man das Problem auch nicht lösen. Es muss eine wirtschaftliche Betrachtung des Problems vorgenommen werden. Die Tatsache, dass es überhaupt ein Entsorgungsproblem bei Fleisch gibt, ist ein klares Indiz für Überproduktion. Die Tonnen an Fleischbergen mit abgelaufenem Verfallsdatum, die bei den jüngsten Kontrollen bekannt geworden sind, stammen noch aus der Zeit, als die Fleischproduktion durch die EU subventioniert wurde. Seit 2003 wird dieser grobe Unfug zum Glück schrittweise zurückgefahren. Ausbrechen kann man aus diesem Teufelskreis allerdings nur durch eine politische Machtverlagerung hin zum Verbraucher. Diejenigen, die das größte Interesse haben, gutes Fleisch zu essen, werden die besten Kontrolleure sein. Allerdings müssen sie auch entsprechende Werkzeuge erhalten. Dazu gehören aus unserer Sicht Informationen und Transparenz.

Meine Damen und Herren, bereits im Februar haben wir das Thema aufgrund einer SPD/CDU-Anfrage hier diskutiert und dann auch die bremische Situation analysiert. Inzwischen hat die Bundeszentrale für Verbraucherschutz in einer Untersuchung festgestellt, dass sich der gesundheitliche Verbraucherschutz im Land Bremen deutlich verbessert hat. Dies wurde auch durch eine Greenpeace-Untersuchung bestätigt. Allerdings meinen wir, wir müssen weiter eng am Ball bleiben, damit wir unseren Mittelplatz verlassen und an die Spitze aufrücken können.

(Beifall bei der SPD)

Bremen ist ein wichtiger Standort für die Nahrungsund Genussmittelindustrie, die auch eine starke Exportorientierung hat, das kann man jetzt auch in der „WirtschaftsWoche“ nachlesen. Bremen ist die Stadt des Exports, und da, denke ich, ist es notwendig, dass wir gute Qualität liefern.