aber wenn sie beide etwas für ihr Nebenzentrum tun, dann profitieren der ganze Stadtteil und die Einzelhändler davon, weil eingekauft wird in diesem Zentrum, was ganz wichtig ist. Das ist einer der Hauptpunkte.
Sie sprechen von Zwangsabgabe! Davon spreche ich überhaupt nicht. Ich spreche davon, dass es eine Abgabe gibt, die alle gemeinsam Tätigen zahlen. Das ist wie eine Werbegemeinschaft, wo es aber Trittbrettfahrer gibt, die sich nicht daran beteiligen. Wenn hier aber zwei Drittel der Meinung sind, dass sie das machen wollen, weil es ja dieses Quorum gibt, wenn ein Drittel nicht widerspricht, dann wird diese Standortgemeinschaft ins Leben gerufen, dann bin ich der Meinung, ist die überwiegende Mehrheit dafür, dass sie das machen. Dann kann man nicht von einer Zwangsabgabe sprechen. Deswegen finde ich dieses Wort völlig verkehrt.
Dann sprechen Sie über zusätzliche Bürokratie! Gerade das ist nicht der Fall, weil der Staat diese Aufgabe nicht übernimmt, sondern der Aufgabenträger, die Standortgemeinschaft selbst entscheidet, was sie machen will, wie sie es machen will, wofür sie das Geld einsetzen will. Das hat nichts mit Bürokratie zu tun, das hat etwas mit Eigenverantwortung zu tun. In diesem Sinn, finde ich, haben wir ein gutes Gesetz, das wir jetzt auf den Weg bringen, und ich hoffe, dass sich die Eigeninitiative dadurch auch super entfalten wird. – Vielen Dank!
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich Schafferinnen aus dem Jahre 2005! Herzlich willkommen in unserem Hause!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wedler, ich glaube ja nicht, dass ich Sie noch überzeugen kann,
(Abg. F o c k e [CDU]: Nein! – Abg. C r u e - g e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, das glaube ich auch nicht!)
aber vielleicht können Sie mir einmal die ideologische Grundlage Ihrer Argumentation erklären, ich verstehe sie nicht! Vielleicht muss ich einmal Ihre Wahlprogramme und Grundsatzprogramme genauer lesen,
wie Ihre Ablehnung dieses Gesetzes mit dem zusammenpasst, womit zumindest ich die FDP immer verbinde. Das ist doch ein Instrument der Liberalisierung, machen wir uns da doch nichts vor, was wir hier machen! Das ist in meiner Partei nicht völlig unumstritten, wir machen hier öffentlich-private Partnerschaft, wir liberalisieren.
Einerseits wollen Sie, dass der Ladenschluss breit geöffnet wird, dass die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler völlig frei entscheiden können, wann sie ihren Laden öffnen und wann nicht, aber dieses Instrument, bei dem der Staat sich in der Tat etwas zurückzieht und den vor Ort tätigen Einzelhändlern die Chance gibt, sich selbst zu organisieren, wollen Sie nicht. Ich verstehe es einfach nicht!
Es ist ein innovatives Gesetz, wir betreten hier Neuland, da kann man natürlich an einzelnen Geschichten wie Quoren und Einheitswerten und Bürokratie endlos herumkritisieren, aber Sie müssen mir irgendwann einmal – vielleicht können wir das einmal bei einem Kaffee machen – erklären, wie das mit Ihrer grundsätzlichen Einstellung zur Liberalisierung zusammenhängen kann!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wedler, Sie können nicht antreten und sagen, die Ziele finden Sie richtig, aber das Gesetz falsch! Da müssen Sie schon konkreter werden!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU) ––––––– *) Von der Rednerin und vom Redner nicht überprüft. Wir sagen, und das hier im Haus auch mehrheitlich, dass die Ziele richtig sind und dass wir einen Weg beschreiten, von dem hier niemand behauptet, dass er zu 100 Prozent perfekt ist, sondern von dem wir sagen, wir gehen ihn, damit endlich diese Standortgemeinschaften gegründet werden können. Ich habe hier deutlich gesagt, dass wir sicherlich im weiteren Verfahren darüber nachzudenken haben, ob an der einen oder anderen Stelle gesetzlich nachgebessert werden muss. Das räume ich gern ein, aber tun Sie nicht so, als seien Sie mit den Zielen einverstanden, und machen sich dann einen weißen Fuß, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen hier im Hause auch zu schaffen! Das ist die erste Bemerkung. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)
Mir haben Einzelhändler in vielen Gesprächen gesagt, Einzelhändler heißt Einzelhändler, weil er einzeln handelt. Genau das hat dazu geführt, dass an vielen Standorten der Niedergang vorprogrammiert ist. Sie haben es nicht hinbekommen, solidarisch in bestimmten Straßen den Einzelhandel so zusammenzuschließen, wie Herr Focke gesagt hat, wie es auf der grünen Wiese passiert. Genau um diesem abzuhelfen, dafür genau wird dieses Gesetz hier und heute beschlossen.
Ein Punkt, den man nicht unter den Teppich kehren kann und darf: Es ist ausgesprochen wichtig, die Bedeutung des Einzelhandels auch in seiner sozialen Dimension zu erfassen. Wir haben in diesem Hause häufiger über so etwas wie demographischen Wandel, älter werdende Gesellschaft diskutiert. Ich frage Sie, Herr Wedler: Wie wollen Sie eigentlich die bevölkerungsnahe Versorgung sicherstellen? Ich glaube, da hat der Einzelhandel eine außerordentlich wichtige Rolle, und ich glaube, dass auch die kleinen Läden in den Wohnstraßen eine unglaublich große Rolle spielen. Wir müssen das so organisieren, dass sie wirtschaftlich eine Chance haben zu überleben und vernünftig zu existieren. Das ist auch Ziel dieses Gesetzes.
Meine Mutter ist über 96 Jahre alt und hat in der Helgolander Straße gewohnt, da gab es einen TanteEmma-Laden an der Ecke, dann wurde das Walle Center gebaut, und der Tante-Emma-Laden war schlicht verschwunden.
Meine Mutter hat gesagt, ich kann nicht mehr einkaufen gehen, wir mussten den Einkauf sozusagen per Familienfahrdienst organisieren.
Ich möchte gern, dass wir das berücksichtigen, dass wir den Tante-Emma-Läden in den Wohnstraßen eine vernünftige Chance geben. Herr Wedler, ich möchte Sie einfach darum bitten, darüber auch einmal nachzudenken, weil dieses Gesetz auch diese Dimension beinhaltet, die Sie überhaupt nicht berücksichtigt haben! In diesem Sinne hoffe ich – ich glaube nicht, dass ich Sie überzeugt habe – ich hoffe, dass die FDP vielleicht eines Tages von ihrer Weißfußpolitik zurücktritt und tatsächlich hier auch sachlich, fachlich, inhaltlich argumentiert, dann könnte man das in diesem Haus auch gemeinsam entscheiden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, ich bin ein paar Mal direkt angesprochen worden, deswegen darf ich hier kurz Stellung nehmen. Ich will das, was ich vorhin inhaltlich gesagt habe, hier nicht wiederholen, das können Sie im Protokoll nachlesen. Zu den liberalen Positionen möchte ich aber sagen: Es gibt eine Beschlusslage meiner Partei hier in Bremen, die prinzipiell dagegen ist.
Ich kann Ihnen das auch erläutern! Die Gründe habe ich Ihnen erläutert. Ein zentraler Punkt ist eben, dass wir die Zustimmungslösung haben wollen, die auch praktikabel ist und die gemacht werden könnte – auch meine Leute in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind auf meiner Welle –, die Zustimmungslösung statt der Widerspruchslösung. Im Unterschied zu Ihnen, Herr Focke, können sie aus einem Nichtstun nicht von vornherein Zustimmung erkennen. Wenn also nicht widersprochen wird, können Sie nicht sagen, der Rest hat zugestimmt. Aus einem Nichtstun und Nichthandeln können Sie keine Zustimmung interpretieren, nur ein konstruktives Handeln kann dazu führen, dass man sagt: Ich bin dafür.
In Hamburg ist es ja so, dort versucht man, trotz gleichartiger Rechtslage, wie es jetzt hier in Bremen geplant ist, so vorzugehen. Sie versuchen, die Zustimmung der Betroffenen zu bekommen, haben sie inzwischen in dem ersten Bereich, und das ist der Weg, den wir uns vorstellen und den wir als liberale Partei dann auch in unserer Bremer Situation so verstehen können.
Auf die Gründe möchte ich hier jetzt nicht weiter eingehen, die habe ich vorhin breit erläutert. Da ist
unser Urverständnis von Wettbewerb, Liberalität und freiem Handel. Sie behaupten, Sie stärken das, ich bin der Meinung, Sie stärken es hier nicht. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Auch ich möchte mich zunächst einmal bedanken beim Parlament für die, wie ich finde, sehr konstruktive Diskussion, die sich in diesem Gesetzgebungsverfahren entspannt hat, für die Anhörung, die wir gemeinsam durchgeführt haben unter Beteiligung von Fachleuten und unter Beteiligung von Kammern – ein herzliches Dankeschön an die Handelskammer, dass sie sich aktiv eingebracht hat! –, unter Beteiligung von betroffenen Anwohnerinitiativen, die ihre Interessen formuliert haben, unter Beteiligung der Fachleute auch im Übrigen aus Hamburg, die ein ähnliches Gesetzgebungsverfahren bereits auf den Weg gebracht haben!
Nun liegt ein Entwurf vor, der immer wieder geändert wurde, wie es sich in so einem auch sehr komplizierten Beteiligungsverfahren gehört, der der Verwaltung auch eine ganze Reihe von Arbeit auf den Weg gegeben hat. Ich weiß aber, dass das gern gemacht wurde, weil wir hier in der Tat auch die Chance haben, neben Hamburg für die Bundesrepublik Deutschland einen Maßstab zu setzen, wie es gelingen kann, Eigeninitiative zu stärken, zu fördern und die Stadtteile und Nebenzentren entsprechend so zu qualifizieren, damit eben nicht das eintritt, was Herr Möhle angesprochen hat, dass wir nicht nur zu einer Zentralisierung kommen und in den Nebenzentren, in den Stadtteilquartieren immer weniger Angebot stattfindet.
Das kann nur bedeuten: Wir müssen aufpassen, wir müssen Eigeninitiative stärken, und wir müssen den Unternehmen, den Einzelhändlern helfen, die sich zusammentun möchten, die für ihre Quartiere werben wollen und damit den Stadtteilen ein eigenes Profil, ein Stück weit auch ein eigenes Image verpassen, dass das auch möglich wird und das Ganze auch ein großes Maß an Verbindlichkeit bekommt.
Wenn wir auf den FDP-Weg gesetzt hätten, Herr Wedler, sage ich Ihnen, dann gäbe es heute keine Wallüberdachung, so wie ein einzelner Einzelhändler in Bremen-Nord das, was alle gewollt haben – die Überdachung in der Breiten Straße –, gestoppt hat, obwohl alle darum herum bezahlen wollten und es auf eigene Kosten auf Dauer säubern wollten. Das hat etwas mit Nicht-Entwicklung zu tun. Wir wollen, dass wir die bestehenden Nebenzentren und die Stadtteilzentren stärken, dass wir die ortsnahe Versorgung aufrechterhalten.
Das ist in der Tat unsere Antwort auf die grüne Wiese. Das ist etwas, was die grüne Wiese in dieser Weise nicht kann.
Wir wollen gegen die Dezentralisierung vorgehen, wir wollen, dass die Menschen da, wo sie ihr Leben lang gelebt haben, auch eine ortsnahe Versorgung erfahren. Dafür muss Stadtentwicklung einstehen, aber dafür brauchen wir natürlich auch ganz viele Einzelhändler, die bereit sind, auch auf ihr wirtschaftliches Risiko hin mehr zu tun, sich für diese Stadt und für dieses Land zu engagieren, und dass das nicht bestraft wird und die Nachbarn nicht sagen: Soll er das doch für mich mitmachen, den wirtschaftlichen Erfolg streiche ich auch schon ein. So geht es nicht! Das ist nicht die Antwort auf Engagement, unsere Antwort ist Verbindlichkeit. Wir haben jetzt die Rahmenbedingungen geschaffen. Ich bin mir sehr sicher, wir werden über jedes einzelne Ortsgesetz hier lange zu debattieren haben, weil es natürlich sehr viele Einzelinteressen gibt.
Es wird auch kein Ortsgesetz gleich sein. Es wird in der Wachmannstraße andere Lösungen geben müssen als in der Fußgängerzone in Vegesack, und im Viertel wird es wiederum andere Lösungen geben müssen für das jeweilige Ortsgesetz. Das ist aber der besondere Charme, dass wir die Besonderheit der einzelnen Quartiere hier aufnehmen und im Rahmen von entsprechenden Ortsgesetzen auch abbilden können, so dass tatsächlich die Mehrheit in den Quartieren sagt: Ja, das wollen wir, das bringt uns voran, das hilft uns, hier die Quartiere lebensfähiger zu gestalten. Insofern darf ich mich sehr herzlich bei allen dafür bedanken, dass wir jetzt hier mit diesem Gesetzgebungsverfahren entscheidend vorangekommen sind. – Schönen Dank!
Da der Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 16/820 inzwischen zurückgezogen und der Gesetzesantrag des Senats mit der DrucksachenNummer 16/1065 erledigt ist, lasse ich jetzt über den Gesetzesantrag mit der Drucksachen-Nummer 16/ 1074 in erster Lesung abstimmen.