Es gibt auch nach wie vor in der Öffentlichkeit ein Defizit bei der Anerkennung der Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen. Auch damit wollen die Grünen nichts zu tun haben. Wir sind uns bei den Kritikpunkten, die wir angesetzt haben, völlig einig darüber, dass Passivrauchen gesundheitsschädigend ist und dass man alle Menschen, die nicht mit Zigarettenqualm in Berührung kommen sollen und wollen, davor schützen muss. Aber konsequenter, vom Staat unterstützter Nichtraucherschutz mit einer Vorreiterund Vorbildfunktion des Staates und staatlicher Institutionen ist etwas ganz anderes als Kampf gegen Raucher, und wir müssen sehen, wir alle gemeinsam, dass man die Linien da nicht verlässt.
Es ist richtig, in Ihrem Gesetz wollen Sie Kindergärten, Krankenhäuser und Schulen rauchfrei stellen, und Sie drohen bei Zuwiderhandlungen mit Bußgeld. Wir haben große Zweifel, ob das von Ihnen vorgelegte Gesetz mit dem richtigen Ziel, Rauchen in diesen Institutionen zurückzudrängen und einen konsequenten Nichtraucherschutz durchzusetzen, sinnvoll und praxistauglich ist.
ist: Was denken wir eigentlich über die Rechte von Menschen? Zum Teil sind Raucher auch einfach süchtig! Mir und unserem Selbstverständnis widerstrebt es, allen Menschen im Krankenhaus das Rauchen zu verbieten. Es gibt dort Lebenssituationen, in denen Menschen, die vorher stark Zigaretten konsumiert haben, das auch dort tun müssen, die es müssen oder wollen. Ich habe da große Schwierigkeiten, Menschen vor großen Operationen, in lebensbedrohlicher Situation jede Möglichkeit zu nehmen, im Krankenhaus zu rauchen. Die von Ihnen vorgelegten Ausnahmeregelungen beziehen sich nicht auf solche Personenkreise.
Ich will jetzt nicht von dem Vater erzählen, der auf sein Kind wartet, das ist vielleicht ein bisschen lächerlich, dem kann man das noch am ehesten zumuten, dass er sich eine Zigarette verkneift, aber es gibt da Lebenslagen und Personengruppen, bei denen es einem menschlich total schwer fällt, einfach zu sagen, du musst jetzt das Krankenhausgelände bis sonst wo verlassen. Da gibt es bei uns mehrheitlich die Auffassung, dass man in Krankenhäusern, nicht groß und auch nicht komfortabel, einen Raucherraum ausweisen sollte für Menschen, die in Lebenslagen sind, in denen sie es nicht schaffen, auf die Zigarette zu verzichten.
An Ihrem Gesetz mit den Regelungen für Schulen gibt es eine einhellige Kritik in der grünen Fraktion, weil es Ihnen nämlich so, wie Sie das Gesetz jetzt vorgelegt haben, jegliche Möglichkeit zu differenzieren nimmt. Jetzt fangen wir einmal an, uns in der Wirklichkeit zu überlegen, was passieren wird. Da rauchen Jugendliche, Kinder, was gesellschaftlich unerwünscht ist, gesundheitsschädlich in besonderem Maße und auch ziemlich dumm von ihnen, unter 14 Jahre auf dem Schulhof. Da wollen Sie doch jetzt nicht ernsthaft Ihr Gesetz anwenden! Da soll doch jetzt nicht ernsthaft der Schulleiter hinrasen und dem sagen, jetzt schreibe ich aber einen Brief an die senatorische Behörde, du bekommst ein Bußgeld!
Was wünschen wir uns denn hier gemeinsam in diesem Hause? Wir wünschen uns aufsichtsführende Lehrerinnen und Lehrer, die hingehen, ihm oder ihr die Zigarette wegnehmen und sie ausmachen, in den Mülleimer werfen und mit der Schülerin oder dem Schüler darüber reden: Was passiert eigentlich mit dir? Was machst du da eigentlich? Willst du das für dein Leben? Lassen Sie uns darüber reden, wie die Schule damit pädagogisch umgehen kann! Was Sie hier machen, ist Ordnungswidrigkeitsrecht. Das ist der Kern der Sache.
Ich lehne es ab, dass man für diese Personengruppe mit dem Ordnungswidrigkeitsrecht arbeitet. Das ist
Sechzehn- bis Achtzehnjährige! Wer zahlt? Sagen Sie das doch einmal! Da wird jemand auf dem Schulhof erwischt – oder innerhalb der Bannmeile, dazu komme ich gleich noch –, und dann gibt es einen Bußgeldbescheid nach Hause. Finden Sie das wirklich sinnvoll, oder ist es nicht viel sinnvoller, innerhalb der Schule pädagogisch damit umzugehen, was dort gerade passiert? Bei über Achtzehnjährigen finde ich es auch schwierig. Sie sind nach dem Gesetz Erwachsene und dürfen woanders rauchen, und auch dort, finde ich, muss man der besonderen Lage, zum Beispiel auch in den Berufsschulen, Rechnung tragen. So einfach kann man es sich nicht machen!
Jetzt werden Sie einwenden: Das Gesetz soll eigentlich nur ein Druckmittel sein, und so wird es doch auch gar nicht passieren, wie es in dem Gesetz steht. Das entspricht nicht dem grünen Rechtsstaatsverständnis. Natürlich soll es ein Druckmittel sein. Natürlich wird man nicht von jedem Raucher und jeder Raucherin ein Bußgeld verlangen, aber Kinder und Jugendliche in dem Alter haben ein ganz ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden, und Sie werden es sehen, in der Praxis wird es dazu kommen, dass das Trotzreaktionen hervorruft. Das ist das Gegenteil von dem, was wir hier gemeinsam wollen, und es wird bei den Jugendlichen den Eindruck erwecken, dass es Willkür gibt.
Das Gesetz lässt völlig offen, wie das ganze Meldeverfahren stattfinden soll. Meldet der Schulleiter, die Lehrerinnen und Lehrer oder der Hausmeister das an die senatorische Behörde? Was passiert dann? Die Grünen möchten das vorher wissen, ehe wir diesem Gesetz zustimmen. Wie soll eigentlich das genaue Verfahren sein? Wir ziehen Regelungen, die schulbezogen sind und in einem demokratischen Prozess in den Schulen entwickelt werden, diesem Gesetz deutlich vor. Es geht um einen pädagogischen Umgang.
Ihre Regelung mit der Bannmeile, die nach dem Beschluss der Schulkonferenz um die Schulen herum gezogen werden soll, wirft aus unserer Sicht große rechtliche Fragen auf. Wer hat eigentlich die Vollzugsmöglichkeit innerhalb der Bannmeile? Gilt sie auch für Privatpersonen, die dort wohnen? Was ist mit den Häusern, die in der Bannmeile stehen? Für wen gilt das eigentlich? Gilt es auch für Schülerinnen und Schüler, wenn sie nach der Schule dort entlanggehen? Das alles wissen wir doch gar nicht! Wollen Sie wirklich so ein Gesetz verabschieden, das so viele Fragen und Lücken offen lässt? Das ist keine gute Idee.
Stellen Sie sich doch einmal die Praxis vor! Ausweichverhalten! Schülerinnen und Schüler dürfen den Schulhof verlassen, wenn sie 16 sind. Sie wissen, irgendwo endet die Bannmeile, irgendwo muss sie ja enden, und dann stellen sie sich einen Meter hinter die Bannmeile und rauchen dort. Wollen Sie das wirklich? Soll das das Leben von Schülerinnen und Schülern sein? Da wird doch das Gegenteil von dem produziert, was Sie erreichen wollen! Unter einem richtigen Ziel, nämlich dem konsequenten Raucherschutz und dem Zurückdrängen von Rauchen, droht, dass Sie Regelungen verabschieden, die in der Praxis nicht taugen und die einem nur unheimlich viel Scherereien machen. Man muss auch aufpassen, dass man sich nicht lächerlich macht!
Ich will jetzt nicht auf die Rolle der Schulleiter eingehen. Ich stelle mir schon vor, wie der von mir so geschätzte Herr Zachau auf seinem ziemlich großen Gelände in der Berufsschule Leuten hinterherläuft.
Es war jetzt vielleicht ein Fehler, den Namen zu nennen. Schauen Sie sich einmal an, wie riesig groß das Außengelände dort ist! Wer soll das eigentlich überwachen und kontrollieren?
Ich habe verstanden, dass Sie das überweisen wollen. Dafür bedanken wir uns. Wir bitten den Rechtsausschuss, möglichst in einem öffentlichen Verfahren zu klären, wie man mit diesem Gesetz, so wie Sie es vorgelegt haben, eigentlich umgehen kann. Heute werden sich die Grünen bei diesem Gesetz enthalten. Ehe diese Fragen nicht geklärt sind und wir uns ein Bild darüber machen können, ob das praxistauglich ist und welche Probleme wir uns damit aufhalsen, ist das aus grüner Sicht nicht zustimmungsfähig.
Ein paar letzte Sätze möchte ich zu unserem grünen Antrag sagen, die Bürgerschaft rauchfrei zu stellen! Ich bedanke mich für die positiven Rückmeldungen aus den anderen Fraktionen. Auch hier – wir haben Vorbildcharakter – muss konsequenter Nichtraucherschutz gelten, aber ich sage Ihnen, wir können uns nicht um die Sache herummogeln. Dreh- und Angelpunkt ist die Frage: Darf in der Lobby geraucht werden oder nicht? Das, finde ich – das sollte man der Wahrheit zuliebe hier noch sagen –, ist eine schwierige Entscheidung.
Vor dem Hintergrund dessen, was wir uns hier vorgenommen haben, nämlich konsequenter Nichtraucherschutz, gibt es dort gar keinen anderen Weg, aber ich würde niemals auf die Idee kommen, die Kolleginnen und Kollegen, die rauchen, in irgendwelche Bannmeilen zu schicken, sondern ich finde, dass ein ordentlicher Raum, in dem man rauchen kann, auch
hier in diesem Gebäude ausgewiesen werden sollte. Wir werden der Überweisung an den Vorstand der Bremischen Bürgerschaft zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich zu diesem Thema nicht zu Wort melden,
ich mache es aber trotzdem kurz, weil mir die hysterische Hexenjagd auf Raucher schon lange auf den Geist geht.
Meine Damen und Herren, es ist für die Deutsche Volksunion eine Selbstverständlichkeit, dass Kinder, Jugendliche und Nichtraucher vor den Gefahren des Passivrauchens geschützt werden müssen. Das ist ganz klar, das ist eine Selbstverständlichkeit. Das habe ich hier in unzähligen Redebeiträgen und durch mein Abstimmungsverhalten in der Bürgerschaft, auch als Raucher, deutlich zum Ausdruck gebracht.
Meine Damen und Herren, diesen Schutz werden Sie aber niemals durch unsinnige Gesetze und nichts bringende teure Bußgelder und Strafen erreichen. So etwas kann man nur mit einer gegenseitigen Toleranz erreichen, und hier sind die Raucher mit Sicherheit dazu bereit und toleranter, als Sie überhaupt denken.
Meine Damen und Herren, gerade in dieser Frage ist die Widersprüchlichkeit der Grünen nicht mehr zu ertragen. Auf der einen Seite sind sie vehement gegen den Brechmitteleinsatz bei Drogendealern, und auf der anderen Seite wollen sie zum Beispiel die Raucher zwangstherapieren. Hier müssen Sie endlich einmal eine klare Aussage machen! Raucher wissen selbst, welchen Gefahren sie sich durch das Rauchen aussetzen. Sie sind mündige Bürger einer so genannten demokratischen Gesellschaft. Sie müssen und können selbst entscheiden, wo, wann und wie viel sie rauchen.
Wir sind nicht gegen ein Nichtraucherschutzgesetz, das sind wir nicht, ganz im Gegenteil, aber es sollten zumindest dementsprechende Raucherzimmer und Raucherecken eingerichtet werden, wo die Raucher die Möglichkeit erhalten, ihre Sucht ausleben zu können, ohne andere Menschen zu gefährden. Hierzu sind die Raucher mit Sicherheit allemal bereit, das
dürfte kein Problem sein. Eine Zwangstherapie der Raucher bringt überhaupt nichts und ist einer Demokratie unwürdig. Das Gebot der Stunde ist beidseitige Toleranz und Achtung. Alle Zwangsmaßnahmen sind von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Im Übrigen frage ich Sie erstens, was der Finanzminister ohne die erheblichen Steuereinnahmen der Tabaksteuer machen würde, da er ja jetzt schon durch laufende Tabaksteuererhöhungen Milliardenverluste zu verzeichnen hat, und zweitens ist es eine Scheinheiligkeit und nicht mehr nachvollziehbar, dass zum Beispiel die EU den Tabakanbau in anderen Staaten auch mit deutschen Steuergeldern mit Milliarden subventioniert, aber gleichzeitig immer mehr unsinnige teure Antirauchergesetze beschließt. Also, meine Damen und Herren, das alles passt hinten und vorn nicht mehr zusammen.
Sie sollten dementsprechend Raucherecken, Raucherzimmer, Räumlichkeiten und so weiter zur Verfügung gestellt bekommen. Eine Zwangstherapie von Rauchern lehne ich ab. Raucherfreien Zonen mit den eben von mir genannten Ausnahmen würde ich zustimmen, aber diesen unrealistischen, unausgegorenen Gesetzentwurf lehne ich ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass Rauchen und Passivrauchen extrem gesundheitsgefährdend sind, ist mit Sicherheit unbestritten. Es gibt unzählige wissenschaftliche Studien, die das absolut belegen. Dass wir international, Frau Linnert, da stimme ich Ihnen zu, beim Schutz vor Passivrauchen ziemlich weit hinten liegen, ist leider zutreffend. Es gibt viele Initiativen, die gestartet worden sind, zum Beispiel mit den Gaststättenverbänden, hier in Bremen mit der DEHOGA, aber das alles ist im Vergleich zu dem, was in Irland oder in Italien schon veranlasst worden ist, eher ein etwas zurückhaltendes Annehmen dieses Themas. In der Kritik bin ich völlig bei Ihnen.
Ich teile auch die Kritik, dass wir EU-weit eben noch nicht so aufgestellt sind, wie wir das sein müssten, was die Frage der aktiven Werbung bei Tabakwaren angeht. Auch dort würde ich mir wünschen, dass unsere Bundesregierung konsequenter vorgeht.
Wir haben also noch sehr viel auf nationaler Ebene, aber auch in Bremen zu tun, und dieser Verantwortung wollen wir uns hier im Land Bremen stellen. Deswegen haben wir dieses Gesetz auf den Weg
gebracht, auch deswegen, weil es mir ganz besonders um die Gesundheitsgefährdung von Kindern und Jugendlichen geht. Es ist völlig unbestritten, dass gerade Kinder und Jugendliche besonders gefährdet sind, wenn sie früh ins Rauchen einsteigen. Das schafft schon Muster bei Kindern und Jugendlichen, die sich verfestigen und sich bis in das Erwachsenenalter durchziehen. Das ist besonders gesundheitsgefährdend, das liegt auf der Hand, bei denen, die ganz früh einsteigen, mit zehn, elf, zwölf Jahren. Wir haben leider eine Entwicklung zu verzeichnen, dass gerade auch junge Mädchen verstärkt früh anfangen zu rauchen.
Leider ist es auch so, dass die Raucherquoten bei den Jugendlichen im internationalen Vergleich hier bei uns in Deutschland eine Spitzenposition einnehmen. Deswegen sehe ich absoluten Handlungsbedarf. Darum ist es auch notwendig, gerade die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen in den Blick zu nehmen, und deswegen haben wir auch gesagt, wir fangen bei Schulen und bei Kindertagesstätten an, mit diesem Gesetz Maßnahmen zu treffen.
Es ist mir auch deshalb so wichtig, weil Kinder und Jugendliche natürlich Erwachsene als Vorbild für ihr eigenes Verhalten nehmen und sich daran orientieren. Wenn Erwachsene in der Schule oder der KiTa rauchen, dann ist das eben ein negatives Vorbild, das wir vermeiden müssen. Wenn der Lehrer zum Beispiel dem Jugendlichen verbietet zu rauchen, aber fünf Minuten später selbst die Zigarette ansteckt, ist das auch nicht gerade glaubwürdig und keine gute Vorbildsituation für Kinder und Jugendliche.