Protocol of the Session on March 23, 2006

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Heiterkeit bei Frau Hövelmann!)

Ich weiß, Sie sind leicht zu erheitern, dazu braucht man ja nicht viel!

Im Übrigen könnte ich Ihnen noch unzählige weitere Beispiele und Aussagen zum Thema „Deutsch als Pflichtsprache in Schulen“, sogar von sehr vielen hier lebenden anständigen Ausländern, zitieren, so zum Beispiel von der ausländischen Schriftstellerin Frau Killeck. Sie fordert zu diesem Thema, ausländische Kinder sollen sich mit deutscher Sprache und Kultur beschäftigen. Damit hat Sie Recht, und da gebe ich ihr auch Recht.

Meine Damen und Herren, die Schulsprache an unseren Schulen ist deutsch, die Amtssprache in der Bundesrepublik Deutschland auch. Darum sollte jeder Bremer Schüler verpflichtet werden, auch auf dem Schulhof deutsch zu sprechen und sich auf Deutsch zu verständigen. So einfach geht das! Darum stimmen Sie dem Antrag der Deutschen Volksunion zu!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Normalerweise kommt jetzt – da ist sie! – die Wortmeldung, ohne dass ich ein Wort gesagt habe.

(Zuruf von der CDU: Jetzt ist das Fax da!)

Nein, nein! Ich fürchte, das ist nicht gefaxt. Das war teilweise so konfus, ich glaube, das ist selbst verzapft.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Tittmann hat sich eines Themas bemächtigt, das vor einigen Wochen von einer Berliner Schule ausgehend auch in Bremen in den Medien war. Weil in Bremen die Parteien insgesamt gesagt haben, dass es gut ist, wenn sich Schülerinnen und Schüler und Schulen dazu verpflichten, dass in der Schule überall nur deutsch gesprochen wird, ist jetzt heute daraus ein Antrag geworden, Deutsch als Pflichtsprache durchzusetzen.

Meine Damen und Herren, da ist ein feiner Unterschied, und den möchte ich Ihnen kurz nennen. Ich glaube, richtig berichten zu können, dass Vertreter aller drei Fraktionen gesagt haben, dieses Modell einer Berliner Schule ist ein interessantes Modell. Es ist auch richtig, wenn sich Schulen und Schüler selbst verpflichten zu sagen, überall in der Schule wird nur deutsch gesprochen. Aber da gibt es einen feinen Unterschied. Wenn Sie jetzt eben hier gehört haben, dass der Abgeordnete Tittmann gesagt hat, das soll Zwang und Pflicht sein, und das soll durchgesetzt werden, dann stellt sich ja die Frage, was für eine Art von Schule das ist. Ist das dann eine Schule mit Videoüberwachung und mit Richtmikrofonen, um zu schauen, ob hinten im hintersten Winkel eine andere Sprache gesprochen wird? Was passiert, wenn englisch und französisch gesprochen wird, weil man sich auf die nächsten Stunden vorbereitet? Folgen dann Sanktionen? Gibt es da irgendwelche Aufsichten, Lehrer, vielleicht ein altes Blockwartmodell, Herr Tittmann, die dort dann kontrollieren?

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Bußgelder!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das, was Sie hier gesagt haben, war zum Teil intellektuell nicht ganz nachvollziehbar. Sie haben es innerhalb der ersten 30 Sekunden geschafft, von Deutsch als Pflichtsprache zu Scheinasylanten und illegalen Ausländern zu kommen. Darum geht es nicht! Wir haben in Bremen eine Realität, und die Realität ist: 38,5 Prozent Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Realität ist eine Realität, der sich die Gesellschaft, die Schulen und natürlich auch alle Schüler––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

innen und Schüler stellen müssen. Die Politik hat hier eine große Aufgabe, und ich kann Ihnen sagen – und ich glaube, da stimmt sogar die Opposition zu –, die Koalition, der Senat, hat hier einen Kurswechsel vollzogen, wenn wir sagen, jawohl, es ist klar und selbstverständlich, dass die deutsche Sprache die Pflichtsprache ist. Der Unterricht erfolgt in deutscher Sprache, das ist eine Selbstverständlichkeit.

Es ist aber auch richtig, dass es Schülerinnen und Schüler oder Kindergartenkinder gibt, die in die Schule kommen und noch nicht die deutsche Sprache können, weil es aus ganz unterschiedlichen Gründen Defizite gab, weil die Familien da nicht mitgemacht haben, dass sich aber auch vorher der Staat nicht darum gekümmert hat, dass die Schüler nicht die deutsche Sprache beherrschen. Da haben wir einen Kurswechsel vollzogen, und dieser Kurswechsel ist richtig, meine Damen und Herren. Wir machen Sprachstandsuntersuchungen und viele Förderprogramme, zum Teil sogar in den Ferien, und wir haben hier, denke ich, einen sehr guten Weg eingeschlagen. Allerdings fand er in Ihrer Rede keinen Niederschlag, weil Sie sich mit den Realitäten der Bremer Politik ja nur äußerst selten befassen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Für uns ist ganz wichtig, wir müssen die Schülerinnen und Schüler und die Eltern mitnehmen. Mit Zwang in der Schule ist das äußerst schwierig. Was die Integrationsbereitschaft der hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund angeht, müssen wir natürlich einerseits ein Integrationsangebot machen, aber man muss auch dafür sorgen, dass dieses Angebot zur Not auch mit Sanktionen umgesetzt wird. Da gibt es eine ganz weite Debatte, die in dieser Form hier nicht zu führen ist, aber es geht eben nicht nur um Freiwilligkeit. Integration ist eine Sache, bei der der Staat auch fordern muss. Darüber gibt es ja auch in der ganzen Bundesrepublik neue Diskussionen. Ich will hier nur ganz kurz auf das verweisen, was in den Niederlanden passiert. In Europa ist eine neue Debatte entbrannt. Es ist aber zu kurz gesprungen, wenn der Abgeordnete Tittmann hier einen Dreizeiler einreicht und glaubt, dass man damit das Problem lösen kann.

Ich glaube, die ernsthafte Politik in diesem Land ist dabei, das Problem anzugehen. Wir haben hier erste ermutigende Schritte. Wir haben die Schulen gebeten und aufgefordert, sich das Berliner Modell anzuschauen, und ihnen auch geraten, dieses Modell zu übernehmen. Es gibt viele Schulen, die sich dies im Land Bremen angeschaut haben und eine Bereitschaft zeigen und sich da auf den Weg machen. Ich glaube aber, dass das, was der Abgeordnete Tittmann hier vorgetragen hat und er gleich in einer zweiten Rede, die sich wahrscheinlich nicht sehr von der ersten Rede

unterscheiden wird, noch einmal versucht darzustellen, der völlig falsche Weg ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Sie dürfen ruhig klatschen! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rohmeyer, dieses Berliner Modell ist gut, und es könnte doch auch hier in Bremen umgesetzt werden. Nur, umsetzen müssen Sie das! Es nützt hier nichts, wenn Sie hier Scheindebatten führen und der Wille nicht da ist. Zweitens haben Sie das Ausländerproblem in Schulen in Bremen und Bremerhaven angesprochen. Tatsache ist doch, dass Sie doch schon längst vor der Ausländerkriminalität an Schulen und Immigration und den Problemen, die dadurch entstanden sind, kapituliert haben. Das wird immer schlimmer, nur Sie wollen es nicht wahrhaben. Sie zeigen wieder einmal kein gutes Selbstwertgefühl für die Zukunft unseres Landes, für die Zukunft Deutschlands, wenn Sie sogar solche Selbstverständlichkeiten gleich wieder negativ beurteilen und sogar verurteilen.

Meine Damen und Herren, zu einer so genannten Integration gehört es, dass man die Sprache des Landes spricht, in dem man lebt. Dass Ihre insgesamt sehr teure Integrationspolitik erbärmlich gescheitert ist, beweist doch die Tatsache, dass sehr viele Ausländer, die schon seit 15 und 20 Jahren in Deutschland leben, selbst nach so vielen Jahren immer noch kein Wort Deutsch sprechen können oder nicht sprechen wollen. Daran können Sie eindeutig erkennen, dass sich in Deutschland schon über Jahrzehnte eine so genannte Parallelgesellschaft gebildet hat, in der sich sehr viele Ausländer nicht, und von Ihnen schon gar nicht, integrieren lassen wollen.

Da dies in der Vergangenheit, in den vergangenen Jahren, durch Ihre sehr teure gescheiterte Integrationspolitik sozusagen nicht freiwillig geschah, sollte doch nichts gegen eine Pflicht, also Deutsch als Pflichtsprache, mit einer freiwilligen Selbstkontrolle in den Schulen, sprechen, wie sie zum Beispiel an der Herbert-Hoover-Realschule in Berlin-Wedding eingeführt wurde und auch erfolgreich angenommen und praktiziert wird. Das können Sie nicht bestreiten.

Darum gibt es überhaupt keinen Grund, diese Verordnung, ich spreche von Verordnung, nicht auch erfolgreich im Schulsystem der Bremer Schulen fest zu verankern und auch erfolgreich umzusetzen. Im Übrigen, Herr Rohymeyer, ist es eine Frage der Höflichkeit, eine Frage des Anstands und ein Zeichen des guten Willens, dass man die Sprache des Landes, in dem man auch als Gastarbeiter lebt und arbeitet, schnellstens lernt und spricht. Das sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein.

Ich habe es vorhin schon erwähnt: Wir haben in Deutschland weitaus größere Ausländerprobleme als Deutsch als Pflichtsprache in den Schulen, wie zum Beispiel Scheinasylanten, Asylbetrug und Ausländerkriminalität. Darum werde ich mich namens der Deutschen Volksunion weiterhin vorrangig verstärkt kümmern und dies parlamentarisch bekämpfen und die Zahlen und Fakten hier lauthals deutlich zur Sprache bringen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wenn aber die CDU auch diesen Antrag ablehnt, ist es wieder einmal ein eindeutiger Beweis, dass Ihre angebliche, urplötzlich neu gewonnene Patriotismusliebe und Ihre wohl damit nicht ganz ernst gemeinte, ach so viel beschworene Alibi-Scheinpatriotismusdebatte nicht das Papier wert ist, auf dem es geschrieben ist.

Im Übrigen, Herr Rohmeyer, darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass Ihr Minister Busemann in Berlin

(Zurufe)

vehement – Kultusminister, richtig! Kennen Sie den nicht? Dann tun Sie mir Leid! Anscheinend kennen Sie nicht viel, das ist mir schon bekannt! – in einigen Reden mit Fakten deutlich Rechtswissenschaftlern widersprochen hat, die da rechtliche Bedenken eingewendet haben. – Ich danke Ihnen!

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Normalerweise melde ich mich nicht bei entsprechenden Debatten, die von der DVU hier eingebracht werden. In diesem Fall will ich davon abweichen, und ich sage Ihnen auch warum. Hier oben sitzen heute – und das ist außergewöhnlich – fast ausschließlich Schülerinnen und Schüler, und die sollen nicht den Eindruck erhalten, dass dieser Mann hier die Mehrheit des Hauses oder irgendwo eine Mehrheit hat. Er ist in dieser Frage völlig isoliert,

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

liebe Schülerinnen und Schüler, und deshalb möchte ich eben auch einige inhaltliche Sätze dazu sagen.

Die pauschalen Verurteilungen und Hasstiraden sind hier überhaupt nicht förderlich, sondern ich freue mich, dass wir viele Jugendliche mit einem Migrationshintergrund haben, weil sie positiv für die Entwicklung sind.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was ich an pauschalen Verunglimpfungen erfahren habe, spiegelt nicht meine Meinung wider!

Noch etwas zu euch: Vielleicht gibt es den einen oder anderen mit einem Migrationshintergrund. In einer Bevölkerung, die sich dramatisch zurückentwickelt, brauchen wir jeden von euch. Wir brauchen jeden von euch und wollen uns um jeden von euch bemühen, damit er die Chancen bekommt, die ihm zustehen!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Damit das auch klar ist: Es ist völlig eindeutig, dass die Gebrauchssprache in unserem Land Deutsch ist. Deshalb unterstütze ich alle freiwilligen Initiativen in den Schulen, wenn man sich abstimmt und sagt, komm, wir wollen auf dem Schulhof miteinander deutsch reden, damit die Chancen, die die Migrantenkinder haben, verbessert werden. Denn je besser sich die deutsche Sprache bei den Schülerinnen und Schülern entwickelt, desto besser ist es für den Übergang von der Schule zum Beruf. Deshalb sage ich ganz klar ja dazu, wenn sich Schulen bereit erklären, das auf freiwilliger Basis zu machen, ohne dass, wie Herr Rohmeyer es sagte, Beobachtungen erforderlich sind und womöglich Kameras und Mikrofone eingeführt werden müssen. Das ist ein richtiger Weg, und deshalb stehe ich auch dazu.

Was das für ein Unsinn ist, was der Abgeordnete der DVU hier vorträgt, belegt auch noch eine gerade bekannt gewordene Untersuchung. Schulen, in denen nicht Deutsch die Pflichtsprache ist, nämlich Schulen mit einem bilingualen Hintergrund, haben – und das ist gerade vor wenigen Wochen in der Kultusministerkonferenz veröffentlicht worden – ein deutlich besseres Ergebnis. Da gibt es, wie wir alle wissen, nicht Deutsch als Pflichtsprache, sondern es gibt einen großen Kanon von Fächern, die in englisch, französisch, italienisch oder spanisch durchgeführt werden.

Außerdem möchte ich auf noch ein wichtiges Ergebnis hinweisen: Die Kinder, die zu Hause muttersprachlich eine andere Sprache sprechen, haben es beim Erlernen der ersten Fremdsprache leichter als die Kinder, die diese Erfahrung nicht haben. Das ist also auch etwas, was ganz klar belegt, dass der Antrag von dem Abgeordneten der DVU völlig in die falsche Richtung geht. Deshalb lehnen wir ihn ab.

Wir brauchen gut ausgebildete Kinder in unserem Land, gleichgültig welcher Religion, welcher Hautfarbe, mit welchen kulturellen Hintergründen sie hier zu uns kommen, sie sind uns willkommen. Wir brauchen Kinder, die mehrsprachig ausgebildet sind, und da ist es ein Geschenk, wenn man außerdem noch türkisch, russisch oder polnisch spricht. Ihr seid willkommen!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann, DVU, mit der Drucksachen-Nummer 16/946 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Bündnis 90/ Die Grünen)