Eines will ich an der Stelle aber deutlich sagen – ich glaube, da sind wir uns hier im Hause sehr einig –, Kooperation im Norden ja, aber ein Zusammenwerfen im Norden bringt nichts. Zu einem Nordstaat sage ich hier deutlich nein! Das darf nicht die Folge dieser Diskussion und dieser Reform sein. Das sollten wir gemeinsam in diesem Hause ablehnen, meine Damen und Herren!
Ich will zusammenfassen und sagen, dass wir als Sozialdemokraten diese Föderalismusreform auch mit der klaren Problemsicht der Sache angehen, dass wir keinen Wettbewerbsföderalismus in Deutschland haben wollen, sondern dass die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen und auch die Gleichwertigkeit der Handlungsmöglichkeiten gegeben sein müssen. Das ist an der Stelle nicht nur eine politische Grundauffassung, sondern, glaube ich, originäres Bremer Interesse.
Zweitens müssen wir die Handlungsmöglichkeiten nutzen. Der Bürgermeister hat hier die Laborfunktion, die Modellversuche angesprochen, die wir entfalten können, bei denen Bremen zeigen kann, dass es Hecht im Karpfenteich ist und vielleicht aufgrund seiner Kleinheit schneller in der Lage ist, Reformprozesse anzustoßen. Wir werden drittens in Konsequenz dieser Föderalismusreform die Kooperation in Norddeutschland vorantreiben müssen, und viertens will ich sagen, dass der Kern darin liegt, dass es uns gelingt – wie ich ausgeführt habe –, den ersten und zweiten Schritt zusammenzubringen, den ersten Teil und den finanziellen Teil dieser Föderalismusreform zu einer Einheit zu machen.
Der Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen bringt hier leider diese Vielfalt des Handelns und die Vielfalt der politischen Notwendigkeiten nicht auf den Punkt. Daher lehnen wir diesen Antrag ab. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich Mitglieder der Schülerunion und der Jungen Union Schwachhausen/Horn/Oberneuland begrüßen. Seien Sie ganz herzlich willkommen!
Ich möchte auch den ehemaligen Vizepräsidenten der Bremischen Bürgerschaft, Dr. Kuhn, heute hier ganz herzlich begrüßen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kunst in der Politik ist ja, die Zukunft vorherzusehen – das ist jetzt zu dick aufgetragen –, zu antizipieren, sich darüber Gedanken zu machen, wie es eigentlich sein könnte. Nichts weiter habe ich hier gemacht. Ich habe mir nämlich überlegt, was passiert eigentlich, wenn es jetzt so beschlossen wird, wie es hier droht.
Ich räume ein, dass da zwischen Miserabelismus und der ewig rosafarbenen Schönrederei ein weites Feld ist. Irgendwann ist die Wirklichkeit dann irgendwo dazwischen. Das ist ganz normal. Trotzdem gibt es Begründungen für die Frage: Wie wird es eigentlich kommen? Damit, finde ich, sollten Sie sich ein bisschen mehr auseinander setzen, als Sie es hier bisher getan haben.
Das erste Argument vom Kollegen Perschau war, es gibt eine Reihe von Öffnungsklauseln, und die müssen wir nicht nutzen. Nein, das müssen wir auch nicht! Erst einmal nicht, das ist völlig klar. Dann bleibt aber als Erstes die Frage zu beantworten, warum man nun mit großem Jubelgetöse alle möglichen Öffnungsklauseln in allen möglichen Politikbereichen feiert und sich dann gegenseitig versichert, dass man sie nicht zu nutzen gedenkt. Das entspricht nicht der politischen Erfahrung, jedenfalls nicht von den Grünen,
dass Dinge so gemacht werden. Dann könnte man es nämlich auch bleiben lassen. Man kann also davon ausgehen, die allgemeine Lebenserfahrung spricht dafür, dass man anfangen wird in dem einen oder anderen Bereich, diese Öffnungsklauseln zu nutzen.
Warum ist es jetzt für Bremen so besonders bedrohlich? Bremen kämpft bekanntermaßen um sein finanzielles Überleben, und die Frage ist, wieviel Geld wir im Länderfinanzausgleich bekommen, denn eine Einwohnerveredelung von 135 Prozent wird in der Zukunft eine ziemlich zentrale Rolle vor dem Verfassungsgericht spielen. Dann wird man sich überlegen, wie man das Geld aufteilt, das wir für unsere Bevöl
kerung zur Verfügung haben, und Bereiche bilden, die auf der einen Seite durch Bundesgesetz verpflichtet sind und bei denen wir keine Spielräume mehr haben, weil wir das Geld einfach ausgeben müssen. Das ist der Bereich, der bundesgesetzlich geregelt ist. Das sind viele Sozialleistungen, aber eben zum Beispiel auch die Bezahlung der Beamten. Dann macht man ein ordentliches Benchmarking und wird feststellen – so sehen wir es jedenfalls –, dass dann die 135 Prozent, wenn man eine große Spanne über die gesamten Pflichtaufgaben legt, schon annähernd ausgeschöpft sein werden.
Wenn es jetzt aber eine Reihe von Öffnungsklauseln gibt, dann wird natürlich im Konzert sowohl in Karlsruhe als auch in den Verhandlungen mit den anderen Bundesländern der Druck, in bestimmten Bereichen von den Öffnungsklauseln Gebrauch zu machen, um eben unter diese Marge von 135 Prozent zu – –.
Haben Sie gesagt, es ist schon klar? Das finde ich jetzt nett von Ihnen. Es muss nicht so sein, aber jetzt sagen Sie einmal, was eigentlich in der Lage, in der Bremen jetzt ist und in der sich Deutschland jetzt befindet, und vor dem Hintergrund der wirklichen Hemmungslosigkeit der südlichen Bundesländer beim Austrocknen des armen Nordens eigentlich dafür spricht, dass ich nicht Recht bekomme! Ehrlich gesagt leider ziemlich wenig! Nicht, dass es mir gefällt!
Ist es eigentlich wirklich so, dass Bremen in einer Lage steckt, in der es nur zwei Möglichkeiten gibt, nämlich isoliert dazustehen, mit dem Fuß aufzustampfen und unsere drei Stimmen für uns zu behalten, und ansonsten sagen alle nur, die spinnen, die Bremer, oder den Kakao zu trinken, durch den wir da gerade gezogen werden? Ist es eigentlich wirklich so, dass diese als einzige Möglichkeiten für Bremen übrig geblieben sind? Da sagt Herr Sieling nein. Sehen Sie! Nichts weiter sagt unser Antrag: Trinkt nicht den Kakao, durch den ihr gezogen werdet! Sucht die Verhandlungsmöglichkeiten offensiv, und sagt da nein, wo es nicht im Bremer Interesse ist!
Es ist doch nicht so, dass in der ganzen Bundesrepublik niemand darauf wartet, dass jemand einmal den Mut hat, zu Teilen des Paketes nein zu sagen. Schauen Sie sich doch an, was in SchleswigHolstein ist, oder wie wäre es, wenn wir uns einmal zur Abwechslung um die neuen Bundesländer be
Zum Beamtenrecht sagt Herr Perschau, man könnte es ja als Möglichkeit benutzen, besser zu sein, Verwaltungsaufwand einzusparen. Mir hat es sich bisher nicht erschlossen, dass der Verwaltungsaufwand beim Beamtenrecht jetzt das Problem ist. Wir bekommen ganz einfach das Problem, wie jetzt auch bei der Gesellschaft für Bildungsinfrastruktur, wenn man den Leuten, die wir haben wollen, hier schlechtere Bedingungen bietet als die, die sie woanders bekommen können, dann gehen sie auch woanders hin. Sie verhalten sich marktwirtschaftlich, was ganz normal ist, und das werden wir hier auch erleben.
Recht hat der Kollege Perschau, wenn er sagt, wir müssen besser sein als andere. Das gilt übrigens auch für die politische Klasse!
Das müssen wir, und zwar deutlich. Richtig, richtig deutlich besser! Sie können es aber doch nicht einfach nur so behaupten, ohne auch auf die Bedingungen, unter denen hier agiert wird, zu rekurrieren. Glauben Sie wirklich, dass wir gegen ein Bundesland wie Bayern mit einem fast ausgeglichenen Haushalt einen Konkurrenzkampf bei der Ausstattung der Hochschulen gewinnen können? Man kann besser sein, das finde ich auch, oft noch viel besser, aber dermaßen zu negieren, welche ungleichen Voraussetzungen es gibt, das finde ich wirklich sträflich.
Herr Dr. Sieling hat gesagt, Ziel der Reformen – das ist richtig – war es unter anderem auch, die Landtage zu stärken. Ich als Parlamentarierin mit Leib und Seele bin für so etwas immer empfänglich. Das war ein richtiges Ziel! Aber das ist nicht erreicht worden. In Wirklichkeit ist es doch jetzt so, dass wir eine neue Stufe des Ministerpräsidentenföderalismus bekommen werden.
Wenn es wirklich so ist, dass es gelingen kann, im Verein mit den norddeutschen Bundesländern Dinge gemeinsam zu machen, was ich richtig finde, denn das ist dann der Ausweg, dass man da jetzt keinen riesigen Flickenteppich anrichtet, sondern dass man neue Länderbündnisse bildet und es mit Staatsverträgen und allen möglichen Verabredungen absichert. Es wird dann aber doch dazu kommen, dass die Kompetenzen und Möglichkeiten der Bremischen Bürgerschaft nicht steigen, sondern sinken werden, weil der Druck, das dann nachzuvollziehen, was auf Minis
terpräsidentenebene verhandelt und vereinbart wurde, natürlich steigen wird. Dem werden sich auch die Grünen nicht verschließen können. Der Versuch, die Länderparlamente zu stärken, ist, ehrlich gesagt, völlig in die Hose gegangen.
Ich weise es zurück, dass die Grünen keine Vorschläge gemacht haben. Ich habe hier eben ganz klar und deutlich gesagt, welche Bereiche unproblematisch sind, und ich habe gesagt, dass man sich bei diesem Zustand, in dem sich die Föderalismusreform zurzeit befindet, auf eine Änderung von Artikel 84 Absatz 1 Grundgesetz beschränken könnte, weil man einen großen Teil der Probleme damit schon lösen könnte. Das ist Ihnen zu wenig, das habe ich verstanden. Hier aber zu behaupten, wir hätten keine Vorschläge gemacht, das weise ich zurück. Ich weise auch zurück, dass sich die Bremer Grünen oder die Bundesgrünen inkonsistent verhalten haben.
Ich habe hier die Rede aus 2004, die Debatte liegt auf meinem Tisch, in der sich Bürgermeister Scherf einigermaßen unflätig gegenüber den Grünen verhalten hat. Wenn Sie die Debatte nachgelesen haben, dann ist Ihnen das auch aufgefallen, wie die Blinden von der Farbe und so ging es dann hier, wobei er in vielen Punkten letztlich auch einräumen musste, dass wir nicht ganz Unrecht haben. In dieser Debatte und in all denen, die Hermann Kuhn vorher für die Grünen geführt hat, haben wir hier auf Bremer Ebene immer gesagt, auf Bremer Interessen in der Bildungsfinanzierung, im Umweltschutz und in der Hochschulfinanzierung achten, macht da etwas anderes! Hört auf, euch an den Starken anzuschleimen! Wir brauchen einen eigenen starken Bremer Weg. Wir brauchen ein Bewusstsein für die besondere Bremer Lage! Das ist also nicht richtig, dass sich die Bremer Grünen hier inkonsistent verhalten haben.
Zur Bundesebene! Mit meiner geschätzten Kollegin Krista Sager habe ich gestern noch darüber geredet! Nirgendwo, in keinem einzigen Punkt, was die Bildungsfinanzierung und die Hochschulfinanzierung angeht, haben die Grünen irgendwo gewackelt, was richtig ist. Das bleibt dann als Dissens zwischen, ich sage einmal, den Grünen mehrheitlich mit Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg, da bleibt die Frage übrig: Welche Möglichkeiten, Risiken und Chancen liegen im Beamtenrecht? Das ist das Einzige, was an wirklichem Dissens übrig geblieben ist. Im Übrigen weise ich noch einmal, halten zu Gnaden, darauf hin, dass dieser Verhandlungsprozess schon damals und heute noch in verstärktem Maße in einer großen Koalition stattfindet, in der die Grünen ziemlich wenige Möglichkeiten haben, auf Bundesebene ihre eigenen Vorstellungen einzubringen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Linnert, ich will auch noch einen Versuch unternehmen, das Bild, das Sie so düster von der Reform zeichnen, etwas aufzuhellen. Sie haben gefragt eingangs Ihres eben gehaltenen Beitrags: Was ist Politik? Politik ist die Kunst des Möglichen in einer Situation, in der man für eine Verfassungsänderung, wie Sie wissen, eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat braucht. Wenn man eine so grundlegende Reform machen will, dann muss man kompromissfähig sein. Für die Kompromissfähigkeit gibt es natürlich Grenzen, aber man muss kompromissfähig sein. Das habe ich bei Ihnen nicht so richtig herausgehört, dass Sie das sein wollen. Wir wollen es sein.
Bremen ist ein funktionierender, ein lebendiger Teil des deutschen Föderalismus, und weil das so ist, sind wir auf einen funktionierenden Föderalismus angewiesen. Wir wollen konstruktiv dazu beitragen, dass der deutsche Föderalismus eine Zukunft hat, denn das ist unsere Existenzvoraussetzung, dass es den deutschen Föderalismus gibt.
Womit ich überhaupt nicht leben kann, und deswegen habe ich mich noch einmal gemeldet, Frau Linnert, ist, wenn Sie den Eindruck erwecken oder suggerieren, das, was hier auf den Weg gebracht worden ist, sei zum Schaden für Bremen. Man kann das eine oder andere für falsch halten, für nicht akzeptabel halten, aber zum Schaden für Bremen ist das mit Sicherheit nicht. Ich sage, das Gegenteil für Bremen ist richtig, Chancen für Bremen sind darin.
Erstens, das habe ich schon gesagt: die Chance eines funktionierenden Föderalismus! Sie haben ganz am Ende Ihrer ersten Rede gesagt, es gibt auch Licht dabei, und da haben Sie auf den Artikel 84 verwiesen. Ein Anlass für die gesamte Föderalismusreform war, dass wir wegkommen wollen vom Exekutivföderalismus. Darüber habe ich übrigens auch hier an dieser Stelle mehrfach in meiner früheren Funktion als Fraktionsvorsitzender und da, meine ich, im Gleichklang auch mit Ihrem früheren Kollegen Hermann Kuhn diskutiert. Wir hatten einen Exekutivföderalismus, was meinte, wir hatten nicht die Beteiligung der Länderparlamente, sondern wir hatten die Beteiligung der Länder über die Ministerpräsidenten, nämlich über die Schiene des Artikels 84. Wenn ein Gesetz, das klar in die Zuständigkeit des Bundes fiel, Regelungen enthielt, durch die das Verwaltungsverfahren betroffen war, war das das Einfallstor der Zustimmungsbedürftigkeit für die Gesetze. Zwei Drittel sind es am Ende ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
gewesen. Sie haben auch darüber gesprochen. Dass das anders geworden ist, bedeutet eine richtig klare Entflechtung. Das ist – nicht der Schritt, wie Sie eben noch einmal gesagt haben, dass der Exekutivföderalismus der Ministerpräsidenten als Föderalismus da aufrechterhalten wird – das Gegenteil davon.
Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte: Wir haben – übrigens auch wir gemeinsam mit dem Präsidenten auf dem Konvent der deutschen Landtage und der Präsidenten der deutschen Landtage in Lübeck – gemeinsam gefochten für mehr Kompetenzen für die Landesparlamente, und nicht deswegen, weil wir drohten, hier arbeitslos zu werden, sondern weil wir der Überzeugung sind, dass Dinge, die vor Ort zu regeln sind, die nah an den Menschen sind, die vor Ort auch gestaltet werden können, auch vor Ort vom Gesetzgeber geregelt werden sollen. Das war unser gemeinsames Anliegen.