Mit dieser klareren Trennung der Kompetenzen ist die Erwartung verbunden, dass auch eine größere gesellschaftliche Transparenz der Entscheidungsverfahren erzielt wird. Die Bürgerinnen und Bürger sollen wieder nachvollziehen können, wer für welche Aufgabe zuständig und politisch verantwortlich ist.
Meine Damen und Herren, der dritte wesentliche Punkt schließlich ist eine klarere Zuordnung der Finanzverantwortung. Das soll vor allem durch die Einschränkung der Mischfinanzierungen und Finanzhilfen und die Stärkung der regionalen Steuerautonomie erreicht werden. Gleichzeitig wird ein nationaler Stabilitätspakt im Grundgesetz verankert und geregelt, wie die Lasten verteilt werden, wenn supranationale und völkerrechtliche Verpflichtungen verletzt werden sollten. Eine Übergangsvorschrift regelt die Kompensation der bei den Ländern dadurch ab 2007 ausfallenden Mittel bis zum Jahr 2019.
Hochschulbauförderung, Gemeindeverkehrsfinanzierung und die Wohnraumförderung gehen auf die Länder über, und – sehr wichtig für die Länder – den Aufgaben folgen die Ausgaben. Bis 2019 werden die ausfallenden Mittel ersetzt, wobei der Zusammenhang zum Aufgabenbereich bestehen bleibt und eine investive Zweckbindung vorgesehen ist. Allerdings gilt die Verabredung, diese Regelung im Jahr 2013 nochmals im Blick auf die Höhe zu überprüfen.
Das wirtschaftspolitische Instrument der Finanzhilfen des Bundes für Investitionen der Länder und Gemeinden nach dem bisherigen Artikel 104 a Absatz 4 Grundgesetz bleibt erhalten, wird aber eingeschränkt. Es wird in Zukunft befristet werden, degressiv verlaufen und mit einer Berichtspflicht verbunden sein. Für Aufgaben, die unter die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen, sollen Finanzhilfen ausgeschlossen werden. Die Hafenlasten wurden in diesem Kontext bis 2019 gesichert.
Europäischen Stabilitätspakts an der Gesamthaftung von Bund und Ländern beteiligen müssen und werden mit zur Kasse gebeten werden, egal, ob sie es mitverursacht haben oder nicht. Der Haftungsanteil der Länder wird sich dabei auf 35 Prozent belaufen. Diese Zahlungen würden einem Land im Fall einer vom Bundesverfassungsgericht anerkannten extremen Haushaltsnotlage gestundet werden.
Für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht soll nicht mehr generell der Bund einstehen, sondern die Körperschaft, in deren Verantwortungsbereich die Pflichtverletzung fällt. Bei länderübergreifenden Finanzkorrekturen wird eine gemeinsame Haftung von Bund und Ländern eingeführt. Der Bund trägt 15 Prozent der Lasten, die Länder tragen 85 Prozent, davon 35 Prozent gemeinsam und „solidarisch“ und 50 Prozent diejenigen Länder, die die Sanktionen verursacht haben.
Die Länder haften jetzt zwar mit für durch die EU ausgelöste Pflichten und Lasten. Auf der anderen Seite bestimmen sie aber auf der europäischen Ebene auch mit: Für die Gebiete, auf denen die Kompetenzen bei den Ländern liegen – also schulische Bildung, Kultur und Rundfunk –, liegt die Verhandlungsführung in Brüssel künftig bei ihnen.
Meine Damen und Herren, es wird oft die Frage gestellt, ob kleine Länder – und dazu zählt Bremen zweifellos – überhaupt in der Lage sind, von den gewonnenen Kompetenzen Gebrauch zu machen. Die Antwort des Bremer Senats darauf ist: Bremen hat sich zu Recht immer viel darauf zugute gehalten, neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen zu sein und als Stadtstaat Modellversuche und Reformvorhaben schneller und flexibler umsetzen zu können als manches große Flächenland. In dieser Tradition kann es nur von Vorteil sein, wenn das Land mehr Handlungsspielräume gewinnt. Bremen ist zum Beispiel nicht Stadt der Wissenschaft geworden, weil es „am Tropf des Bundes“ hing, sondern weil es eigene unbürokratische und kurze Wege gegangen ist. Im Übrigen, die neuen Abweichungsrechte können, sie müssen aber nicht wahrgenommen werden.
Eine rechtliche Besserstellung der Länder durch mehr Kompetenzen und neue Abweichungsrechte vom Bundesrecht hat noch einen weiteren positiven Aspekt: In der Begründung der Verfassungsreform wird ausdrücklich ausgeführt werden, dass „Solidarität und Kooperation“ gestärkt werden. Damit wird einem reinen Wettbewerbsföderalismus, das heißt ohne Berücksichtigung ungleicher Startchancen und Wettbewerbsbedingungen der Länder, eine klare Absage erteilt. Vielmehr werden die Prinzipien des kooperativen Föderalismus im Grundsatz bestätigt. Das ist ein gutes Signal, denn es bestärkt Bremens Existenzrecht als eigenes Bundesland.
Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, eine Verfassungsreform mit dem Ziel der Stärkung der Länder verbietet es, zugleich einzelne Länder mit dem
Nicht alle neuen Herausforderungen wird Bremen allein schultern müssen: Der Zugewinn an Kompetenzen für die Länder kann auch in gemeinsamer Verantwortung wahrgenommen werden. Die Kooperation mit anderen Ländern, auch die so genannte dritte Ebene, die gemeinsame Koordinierung von Länderpolitik, wird auf der Basis des neuen Rechts weiterentwickelt werden. Die durch die Konferenz norddeutscher Länder beschlossene Koordination beim Bürokratieabbau, besonders aber die gegenwärtige Modernisierung der KMK, sind unterschiedliche Beispiele dafür.
Meine Damen und Herren, trotzdem, eine grundsätzlich positive Herangehensweise darf nicht dazu führen, dass wir die Augen vor den Problemen verschließen. Wie bei jedem Kompromiss, so stecken auch in dieser Reform – jenseits der grundsätzlichen Betrachtung – Vor- und Nachteile. Ich möchte auf einige Schwerpunkte der Reform eingehen, die in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert werden.
Besonders umstritten ist die Länderkompetenz für das Bildungswesen. Die Länder hatten sich zum Ziel der Reform gesteckt, diese ihnen zustehende Kompetenz so auszubauen, dass sie in die Lage versetzt werden, Bildungspolitik aus einem Guss zu entwickeln, vom Kindergarten bis zum Universitätsabschluss. Jetzt sehen sich die Länder dem Vorwurf des Rückfalls in die „Kleinstaaterei“ ausgesetzt.
In der Tat, der Reformbedarf im Bildungswesen ist groß. Aber müssen Probleme immer von oben, zentralstaatlich gelöst werden, oder ist nicht auch die Dezentralisierung und Entbürokratisierung der Schulpolitik ein Weg? Mit der Entflechtung von Zuständigkeiten wird eine Neujustierung der bisherigen Gremienstrukturen einhergehen. Die zahlreichen Formen der Zusammenarbeit der Länder werden parallel ebenfalls einer Modernisierung unterzogen, bestehende Institutionen geraten unter Reformdruck, und ich bin sicher, dass die Länder nicht gegen-, sondern miteinander in einen konstruktiven Wettstreit um die besseren und besten Konzepte gehen werden. Für die Qualitätssicherung im Hochschulbereich haben die Länder bereits spezielle Einrichtungen geschaffen, etwa den Akkreditierungsrat, wie es die Regelungen des Hochschulrahmengesetzes vorsehen.
Auch der Bund bleibt in der Bildungs- und Forschungspolitik auf internationaler Ebene präsent. Es sind zudem die Elemente der gemeinsamen Qualitätssicherung im Bildungswesen – eine Bildungsberichterstattung und internationale Leistungsvergleichsuntersuchungen – erweitert worden. Mit der Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wird dieser Bereich den Ländern übertragen; sie erhalten den überwiegenden Teil der damit verbundenen bisherigen Finanzmittel, nämlich 70 Prozent. Das komplizierte und hoch bürokratisierte Verfahren der Rah
Ob es Bremen gelingen wird, an dem anderen Teil der bisherigen Bundesmittel weiterhin zu partizipieren, muss sich dagegen erst bestätigen, denn diese werden für Forschungsbauten und so genannte Großgeräte im Rahmen der Forschungsförderung gezahlt. Davon gibt es naturgemäß nur eine begrenzte Zahl. Hier sieht der Senat für die Länder insgesamt das Problem, in angemessener Zeit geeignete Projekte zu entwickeln und für einen Anlaufzeitraum gemeinsam mit dem Bund sicherzustellen, dass die zunächst im Rahmen der 30 Prozent frei bleibenden Mittel im Rahmen einer Überbrückungslösung dem Hochschulbau zur Verfügung gestellt bleiben.
Ein anderer, ganz zentraler Punkt ist auch der Übergang der Kompetenz für die eigenen Landesund Kommunalbeamten im Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht an die Länder und die Modernisierung des Beamtenrechts. Darum gab es schon in der Verfassungskommission viel Streit; dabei gingen die Erwartungen weit auseinander. In den finanzschwächeren Ländern fürchtet man einen Qualitätsverlust durch ein Abwerben seitens der finanzkräftigeren Länder und einen Anstieg des Verwaltungsaufwands für die Administration dieser komplizierten Rechtsmaterie. Aber auch hier gilt: Wir müssen die zusätzlichen Möglichkeiten aktiv nutzen. Der Senat wird nicht isoliert vorgehen, sondern versuchen, diese Möglichkeiten nach sorgfältiger Prüfung in Abstimmung mit anderen Ländern umzusetzen.
Ein Problem für alle Länder, gerade auch für Bremen, das in einer extremen Haushaltsnotlage steckt, ist die Einbeziehung der Länder in die europäischen Pflichten im Rahmen des Nationalen Stabilitätspakts und der Anlastungen. Das ist für kein Land eine Pflicht, der man sich gern stellt, aber es ist eine Verantwortung, der man sich auch nicht verweigern kann. Die Pflichten und Rechte des Föderalstaats im vereinigten Europa müssen genau abgesteckt werden. Dazu gehört allerdings auch, dass finanzschwache Länder nicht überfordert werden. Darauf ist aus unserer Sicht, trotz der Unterstützung durch die anderen Länder, nur unzureichend Rücksicht genommen worden.
Nicht unkritisch sehe ich – auch in meiner Aufgabe als Senator für Justiz und Verfassung – die veränderte Zuständigkeit für den Strafvollzug, für den die Kompetenz nun an die Länder gehen soll. Gerade hier waren und sind bundeseinheitliche Standards rechtsund sozialpolitisch durchaus sinnvoll. Die Bremer Politik möchte nur ungern von der bundespolitischen Einheitlichkeit des Strafvollzugs Abstand nehmen und sicher keine bremischen „Insellösungen“ anstreben. Deshalb wird Bremen von dem neuen Gestaltungsspielraum im Bereich des Strafvollzugs nur sehr behutsam und mit Augenmaß Gebrauch machen.
Ähnlich kritisch sehe ich den geplanten Wechsel der Rechtsetzungskompetenz für das Heimrecht. Eine Übertragung auf die Länder kann zu unterschiedlichen Standards in den Ländern führen. Die daraus entstehende Unübersichtlichkeit und Bürokratie würde den Interessen der älteren Menschen in den Heimen nach Qualität und Transparenz entgegenstehen.
Meine Damen und Herren, die Bilanz dieser großen Reform hat viel Licht, es gibt aus bremischer Sicht aber auch Schatten.
Insgesamt sind die Reformvorschläge Ergebnis eines langen und mühevollen Weges – auch in diesem Haus ist schon mehrfach berichtet worden –, der nicht nur mit guten Vorsätzen, sondern auch mit vielen Kompromissen gepflastert ist. Wer einen einzelnen Punkt angreift, gerät schnell in Gefahr, die gesamte Reform, die staatspolitisch sinnvoll ist, in Frage zu stellen. Deshalb haben die Ministerpräsidenten beschlossen, wenn, dann nur einmütig und einvernehmlich auf Änderungen zu drängen. Ich halte mich an diesen Beschluss. Natürlich werde ich mir nicht das Recht nehmen lassen, im Kreis der Ministerpräsidenten auch die Risiken der Reform zur Sprache zu bringen, aber ich werde dabei im Auge behalten, dass diese Reform inzwischen, auch durch die langen Verhandlungen seit 1999, zum Symbol für die Reformfähigkeit des deutschen Föderalismus geworden ist.
Für mich ist aber vor allem eines ausschlaggebend: der Umstand, dass wir mit der Zustimmung zur Föderalismusreform I die Möglichkeit erhalten, auch über die bundesstaatliche Finanzverteilung, den Länderfinanzausgleich und die Finanzverfassung zu verhandeln.
Meine Damen und Herren, in der Vereinbarung über die Koalition von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene ist auch geregelt und durch die Ministerpräsidenten ihrerseits bekräftigt worden, dass – ich zitiere – „in einem weiteren Reformschritt in der 16. Wahlperiode die Bund-Länder-Finanzbeziehungen den veränderten Rahmenbedingungen inner- und außerhalb Deutschlands, insbesondere für Wachstums- und Beschäftigungspolitik, angepasst werden. Der Bund bietet den Ländern an, dazu 2006 die Voraussetzungen und Lösungswege zu klären, das Grundgesetz so zu ändern, dass die Eigenverantwortung der Gebietskörperschaften und ihre aufgabenadäquate Finanzausstattung gestärkt werden kann.“ Soweit der Text des Koalitionsvertrags!
Meine Damen und Herren, der Bremer Senat hält diese Reform der Finanzbeziehungen für dringend geboten. Gerade für Bremen ist diese zweite Stufe der Föderalismusreform eine Chance, seine berechtigten Ansprüche gegenüber dem Bund einzubringen und mit guten Argumenten für eine nachhalti
ge Verbesserung unserer Finanzausstattung einzutreten. Das Ziel ist in der Koalitionsvereinbarung treffend beschrieben: Es geht um eine „aufgabenadäquate Finanzausstattung“. Als Stadtstaat leidet Bremen seit Jahren strukturell daran, dass unsere Finanzausstattung gerade nicht aufgabengerecht ist. Der Senat wird daher die vereinbarten Verhandlungen über die zweite Stufe der Föderalismusreform insbesondere nutzen, um seine spezifischen Forderungen an eine Reform des Länderfinanzausgleichs und die Steuerverteilung zugunsten der Stadtstaaten einzubringen.
Dazu zählen: ganz generell der Gesichtspunkt, dass die Finanzausstattung des Landes der besonderen Aufgabenstruktur eines Stadtstaates gerecht werden muss. Die gegenwärtige Einwohnerwertung im Finanzausgleichsgesetz in Höhe von 135 Prozent trägt aus unserer Sicht den verfassungsrechtlich anerkannten Besonderheiten der Stadtstaaten nicht ausreichend Rechnung. Eine Überprüfung der Einwohnerwertung der Höhe nach ist deshalb dringend geboten.
Wir werden weiter eine Analyse des Länderfinanzausgleichs – vor allem der Lohnsteuerzerlegung und des Umsatzsteuervorwegausgleichs – unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses von Steuerverteilung und Wirtschaftskraft einbringen.
Ganz unzeitgemäß lässt der Länderfinanzausgleich jegliche ökonomische Anreizfunktion vermissen. Wer investiert, hat nur Ausgaben, die zusätzlichen Einnahmen fließen in den allgemeinen Topf. Bremen erscheint daher als Empfängerland und Bittsteller im Finanzausgleich, obwohl ihm dort im Wesentlichen nur die Mittel zurückfließen, die es selbst erwirtschaftet hat, die aber in den Vorstufen des Länderfinanzausgleichs abgeschöpft wurden. Durch eine Revision, die sicherstellt, dass Steuereinnahmen dort anfallen und verbleiben, wo die entsprechende wirtschaftliche Leistung erfolgt, erhielte der Stadtstaat zwar kaum mehr Geld, aber es würde deutlicher, dass Bremen als wirtschaftsstarkes Land aus sich heraus lebensfähig ist.
Unsere weiteren Forderungen: die bevorzugte Behandlung Bremens als Haushaltsnotlageland im Blick auf Finanztransfers des Bundes zur Investitionsförderung, schließlich, auch im Sinne anderer Länder mit Strukturproblemen, eine Reform der bundesstaatlichen Lastenverteilung und, in Abstimmung mit den anderen Küstenländern, angemessene Gegenleistungen für die Übernahme nationaler Aufgaben durch Bremen im Zusammenhang mit den Seehäfen! Die gegenwärtige Abgeltung der Hafenlasten entspricht
nicht der wirtschaftlichen Bedeutung der Seehäfen von Bremen und Bremerhaven für die Bundesrepublik. Der Bund und die anderen Länder müssten ihre Beteiligung an den Hafeninvestitionen der Küstenländer deutlich erhöhen.
Eine Reform des bundesstaatlichen Finanzsystems kann sich allerdings nicht aus einer Addition von häufig gegensätzlichen Einzelforderungen der jeweiligen Länder und des Bundes ergeben. Auch eine Stärkung der Eigenverantwortung der Länder ist durch die Ministerpräsidentenkonferenz auf die Agenda der Föderalismusreform II gesetzt worden. Von allen Beteiligten wird die Bereitschaft gefordert sein, Strukturen zu entwickeln, die die Leistungsfähigkeit des Systems insgesamt erhöhen. Bremen erklärt seine Bereitschaft, in diesem Sinne und über die unmittelbaren Einzelinteressen hinausgehend an einem derartigen Reformprozess mitzuwirken und ihn aktiv mitzugestalten.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss noch einige Informationen zum gegenwärtigen Stand der Reform und zum weiteren Verfahren geben. Eine Redaktionsgruppe unter Führung der Bundestagsfraktionen hat Gesetzestexte, Begründungen, einfachrechtliche Begleitgesetze und eine Entschließung des Bundestags und des Bundesrats vorbereitet. An dieser Gruppe haben auch die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen auf der B-Seite und Berlin und Bremen auf der A-Seite teilgenommen und die Ergebnisse mit einer länderoffenen CdS-Arbeitsgruppe, also Chefs der Staats- und Senatskanzleien, rückgekoppelt. Nach einem politischen Beschluss, der unter Mitwirken der Spitzen der Regierungsfraktionen, der Fachminister und der Ministerpräsidenten der vier Länder zustande gekommen ist, werden die Arbeiten in der kommenden Woche abgeschlossen. Am 6. März werden voraussichtlich die Ministerpräsidenten der Länder zu einer Sondersitzung zusammentreffen, um das Ergebnis der Verhandlungen abschließend zu beraten, zeitgleich mit dem Bundeskabinett. Am 10. März soll die Reform in einem gemeinsamen Antrag aller Länder im Bundesrat und parallel im Bundestag durch die Regierungsfraktionen eingebracht werden. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll das Gesetzesvorhaben beendet sein.
Nach der mühevollen Vorgeschichte und den wiederholten Anläufen zu einer Einigung stehen wir jetzt unmittelbar vor einer Verständigung. Meine Damen und Herren, aus heutigem Verständnis sage ich: Der Bremer Senat wird seine Bedenken, die ich eben vorgetragen habe, im Detail zurückstellen und dem endlich erzielten Kompromisspaket zustimmen. Er betrachtet die Reform als einen Prüfstein für die Reform
fähigkeit des deutschen Föderalismus und als ersten Schritt einer umfassenden Föderalismusreform, die auch die Finanzbeziehungen einschließt. Er erwartet aber auch, dass parallel ein Rahmen für das Beratungsverfahren der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in einer zweiten Stufe der Föderalismusreform geschaffen wird und Koalitionsvereinbarung und Erklärung der Bundeskanzlerin im Bundesrat auch in diesem Punkt umgesetzt werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich im Namen vom Bündnis 90/Die Grünen beim Senat für diese Regierungserklärung bedanken, die offensichtlich auch wirklich eine ist, weil der Senat sie beschlossen hat. Sie gibt uns hier die Möglichkeit, über das Agieren Bremens und die Sichtweise des Senats zu beraten, bevor der Senat im Bundesrat die Bremer Stimmen abgegeben hat.
Zur Vorgeschichte möchte ich hier nur kurz sagen, dass es sich, wie Bürgermeister Böhrnsen das dargestellt hat, um einen sehr langen Reformprozess handelt, der wellenförmig immer wieder auch von Länderneugliederungsphantasien und dem, was all die Facetten des Wettbewerbsföderalismus sind, begleitet wurde. 1999 wurde auf der Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten beschlossen, das Reformvorhaben „Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ anzugehen. Die Federführung wurde an das Bundesland Bayern und – raten Sie einmal, an welches Bundesland noch! – an das Bundesland Bremen zur Gestaltung dieses Prozesses übertragen.
Die Problemanalyse ist in all den Jahren gleich geblieben mit einigen Abstrichen, aber Bürgermeister Böhrnsen hat die Kritik schon dargestellt, dass der Bundesrat als Blockadeinstrument eingesetzt wird, dass es keine klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten gibt, dass die Bevölkerung nicht durchschauen kann, welche Ebene wofür verantwortlich ist, dass es wirre und nicht durchschaubare Finanztransfers gibt, dass sich der Bund in die Angelegenheiten der Länder und Kommunen über Gebühr einmischt, indem er Gesetze verabschiedet, wo bis ins Kleinste Verfahrensregelungen für die Länder getroffen werden, während andererseits die Länder den Bundesrat benutzen, um auch bei minimalen Zustimmungssachverhalten gleich ganze Gesetzesvorhaben im Rahmen eines politischen Deals zu Fall zu bringen.
Ursprünglich war die Föderalismusreform, das habe ich damals so gesehen und würde es auch heute noch so sehen, von den reichen, südlichen Bundesländern vor allen Dingen als Auftakt gedacht in ihrem politi
schen Bestreben, den Wettbewerbsföderalismus in Deutschland stärker auszubauen, als Schritt, dem näher zu treten. Im Jahr 2002 folgte dann die Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage und 2003 der Konvent in Lübeck, in dem die Forderung der Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage erhoben wurde, die Bedeutung der Landtage im Föderalismus zu erhöhen. Problemanalyse war, dass ein so großer Teil von Gesetzen, die in den Landtagen verabschiedet werden, letztendlich EURecht nachvollzieht und dass fast der ganze Rest im Bundesrat über die Ministerpräsidenten geregelt wird und es auf diese Art und Weise zu einer Entmachtung der Landtage kommt, die auch, das sehe ich selbst heute noch so, verfassungswidrige Ausmaße annimmt.