Protocol of the Session on February 22, 2006

Dann ist der Wahlgang beendet.

Wir kommen jetzt zur Auszählung der abgegebenen Stimmen.

Ich bitte die Schriftführerin beziehungsweise den Schriftführer, die Auszählung vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag), bis das Ergebnis der Auszählung vorliegt.

(Unterbrechung der Sitzung 10.53 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 11.01 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich gebe Ihnen jetzt das Wahlergebnis bekannt, und zwar in der Form, wie es mir von den Schriftführerinnen beziehungsweise dem Schriftführer vorgelegt wurde.

Wahl eines Mitglieds des Senats: ausgegebene Stimmzettel 79, abgegebene Stimmzettel 79, vernichtete Stimmzettel keiner. Für Herrn Ronald-Mike Neumeyer stimmten mit Ja 62, mit Nein 17, Enthaltungen keine, ungültig keine.

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Herr Ronald-Mike Neumeyer gemäß Artikel 107 Absatz 2 unserer Landesverfassung in den Senat gewählt ist.

Herr Neumeyer, die Bürgerschaft (Landtag) hat Sie soeben in den Senat gewählt.

Ich frage Sie, ob Sie die Wahl annehmen.

(Herr N e u m e y e r : Ja, ich nehme die Wahl an, Herr Präsident!)

Sie haben die Wahl in den Senat angenommen.

Wir kommen zur Vereidigung.

Nach der Landesverfassung haben Sie den Eid vor der Bürgerschaft zu leisten. Ich spreche Ihnen jetzt die Eidesformel vor und bitte Sie, mit den Worten „Das schwöre ich“ oder „Das schwöre ich, so wahr mir Gott helfe“ den Eid zu leisten.

Die Eidesformel lautet: Ich schwöre als Mitglied des Senats, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und die Landesverfassung der Frei

en Hansestadt Bremen halten und schützen zu wollen.

Herr Neumeyer, ich bitte Sie, jetzt den Eid zu leisten!

(Senator N e u m e y e r : Das schwöre ich, so wahr mir Gott helfe!)

Herr Senator Neumeyer, mit dieser Eidesleistung ist Ihr Amtsantritt in den Senat vollzogen. Ich darf Ihnen ganz herzliche Glückwünsche des Hauses übermitteln und wünsche Ihnen für Ihre Amtszeit alles Gute. Sie haben wenig Zeit, aber ich weiß, Sie packen es an. Herzlichen Glückwunsch!

(Senator N e u m e y e r : Vielen Dank! – Beifall)

Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung für eine Viertelstunde.

(Unterbrechung der Sitzung 11.04 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 11.28 Uhr.

Ich eröffne die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Fragestunde

Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen zwölf frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor. Die Anfrage Nummer zwei wurde inzwischen von der Fraktion der SPD zurückgezogen.

Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Außergerichtliche Streitschlichtung“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Knäpper, Perschau und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Kollege Knäpper!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie beurteilt der Senat die Möglichkeit des Paragraphen 15 a Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zulässigkeit bestimmter Klagen bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 750 Euro, bei Nachbarrechtsstreitigkeiten und Ansprüchen wegen Verletzung der persönlichen Ehre von der vorherigen Durchführung eines außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahrens abhängig zu machen?

Zweitens: Welche Erkenntnisse bei den außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahren liegen dem Senat aus den anderen Bundesländern vor, die von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht haben?

Drittens: Wird der Senat die Möglichkeit prüfen, ein solches außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren, wenn dadurch der Haushalt und die Gerichte hier in Bremen entlastet werden können, in Bremen einzuführen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Von der im Jahr 1999 geschaffenen Möglichkeit des Paragraphen 15 a EGZPO haben acht Länder Gebrauch gemacht. Auch in Bremen ist geprüft worden, ob das obligatorische außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren eingeführt werden soll. Mehrere Gründe sprachen aber dagegen: Anders als in einigen der Flächenländer gibt es in Bremen kein bereits eingerichtetes Schiedsamtswesen. Im Gegensatz etwa zu Nordrhein-Westfalen, dessen Gesetz zur Umsetzung des Paragraphen 15 a EGZPO die obligatorische Streitschlichtung durch die dort vorhandenen Schiedsämter vorsieht, müsste Bremen erst eine Struktur von geeigneten Schiedsstellen aufbauen.

Auch der von Bayern und Baden-Württemberg eingeschlagene Weg, die Notare und die Rechtsanwälte nach einer besonderen Zulassung durch die Rechtsanwaltskammern als Schlichtungsstellen vorzusehen, wäre für Bremen nicht ohne Weiteres möglich. Für Parteien, die im gerichtlichen Verfahren Anspruch auf Prozesskostenhilfe hätten, müsste ein entsprechender Anspruch für das außergerichtliche Schlichtungsverfahren in Bremen erst noch geschaffen werden. Anders als die anderen Länder kann Bremen dazu nicht das Verfahren nach dem Beratungshilfegesetz heranziehen, weil in Bremen an die Stelle der Beratungshilfe durch Rechtsanwälte die öffentliche Rechtsberatung tritt. Es müsste deshalb ein für Bremen neues Verfahren eingerichtet werden, in dem wie nach dem Beratungshilfegesetz oder bei Gewährung von Prozesskostenhilfe die Voraussetzungen eines Kostenhilfe- oder Kostenbefreiungsanspruchs besonders zu prüfen wären.

Anders als in den Flächenländern bieten die räumlichen Verhältnisse im Stadtstaat dem Bürger bereits kurze Wege im Streitfall. Auch Hamburg und Berlin haben mit Rücksicht darauf auf die Möglichkeiten des Paragraphen 15 a EGZPO verzichtet. Außerdem ist in Bremen im Ländervergleich schon jetzt die Praxis der Amtsgerichte besonders auf die Vermeidung streitiger Entscheidungen ausgerichtet. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt werden in Bremen amtsgerichtliche Zivilprozesssachen überdurchschnittlich oft ohne

streitige Entscheidung erledigt. Die Amtsgerichte in Bremen haben erkennbar hohe Kompetenzen in der Streitschlichtung entwickelt. Um mit der Einführung einer obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung vergleichbare Effekte erreichen zu können, wären in Bremen besonders hohe qualitative Anforderungen an eine obligatorische vorprozessuale Streitschlichtung zu stellen.

Zu Frage zwei: Die Erfahrungen der Länder, die das obligatorische außergerichtliche Schlichtungsverfahren eingerichtet haben, sind im Auftrag der Justizministerkonferenz von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ausgewertet worden. Die Arbeitsgruppe stellt in einem Zwischenbericht fest, dass der Grundansatz des Paragraphen 15 a EGZPO zwar nach wie vor positiv gesehen werde, die erwartete Nachfrage nach Streitschlichtungsangeboten sei aber bisher ausgeblieben. Die bisherige Fassung von Paragraph 15 a EGZPO müsse deshalb optimiert werden. Die Arbeitsgruppe schlägt dazu vor, die Art der zivilgerichtlichen Verfahren, für die derzeit eine obligatorische außergerichtliche Schlichtung in Betracht kommen kann, neu abzugrenzen. Statt nach der Höhe des Streitwertes solle mehr nach den Gegenständen der Verfahren abgegrenzt werden. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe liegen zurzeit den Gerichten der Länder und den Berufsverbänden der Rechtsanwälte zur Stellungnahme vor.

Zu Frage drei: Die Vorschläge der Arbeitsgruppe werden zurzeit auch in Bremen geprüft. Sollte es zu einer Änderung des geltenden Paragraphen 15 a EGZPO kommen, wird unter Berücksichtigung der zu Frage eins genannten Gründe erneut zu entscheiden sein, ob in Bremen die obligatorische vorprozessuale Streitschlichtung eingeführt werden soll. Ein maßgebliches Kriterium wird dabei auch sein, ob damit eine Entlastung der Gerichte und des Landeshaushalts erreicht werden kann. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine Frage habe ich noch! Herr Bürgermeister, wenn die Arbeitsgruppe derzeit noch prüft, habe ich noch die Frage: Wenn in Bremen noch geprüft werden soll, ist der Senat nicht der Meinung, dass eine außergerichtliche Streitschlichtung und Verständigung viele Vorteile bieten würde? Sie beendet einen Streit im Allgemeinen schneller und kostengünstiger als ein Prozess vor staatlichen Gerichten. Auf dem Verhandlungsweg können oft bessere und die Probleme des Streits dauerhaft beseitigende Lösungen gefunden werden als durch Richterspruch. Eine Entlastung der Gerichte wäre doch für den Haushalt auch hier in Bremen positiv zu werten.

Bitte, Herr Bürgermeister!

Herr Abgeordneter Knäpper, natürlich ist eine außergerichtliche vorprozessuale Streitschlichtung im Interesse aller Beteiligten, auch des Haushalts. Ich habe Ihnen aber eben vorgetragen, dass eine von den Justizministern eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen Katalog der für eine solche Streitschlichtung in Betracht kommenden Sachgebiete entwickelt und dabei auch evaluiert, wie bisher in den Ländern, in denen es eine solche Streitschlichtung bereits gibt, die Erfahrungen sind. Ausgehend davon werden wir dann auch in Bremen auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Bund-LänderArbeitsgruppe erneut und weiter entscheiden.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Grotheer!

Herr Bürgermeister, es gibt im Bereich des Strafrechts die so genannte Privatklage, die nur zulässig ist, wenn ein Schiedsverfahren vorgeschaltet ist. Da sind die Erfahrungen aus der Praxis eher so, dass der Zugang zu den Gerichten dadurch erschwert wird, meine ich. In der Antwort des Senats, die Sie eben vorgetragen haben, wird darauf verwiesen, dass die bremischen Gerichte, insbesondere die Amtsgerichte, sehr erfolgreich bei der gerichtlichen Streitschlichtung sind, also bei dem Abschluss von gerichtlichen Vergleichen. Können Sie dazu konkrete Zahlen nennen?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Dazu kann man eine sehr erfolgreiche bremische Bilanz nennen. Ich kann Ihnen die Zahlen nennen nach den Statistiken, die für alle Länder gelten und die für das Jahr 2003 vorliegen. Bei den Amtsgerichten in Bremen wurden im Jahr 2003 14,5 Prozent der Zivilverfahren durch Vergleich erledigt. Der Bundesdurchschnitt lag bei 12,9 Prozent. Im Ländervergleich liegen die bremischen Amtsgerichte damit auf Rang vier.

Zählt man die anderen Arten unstreitiger Erledigungen hinzu wie etwa Klagerücknahmen oder Anerkenntnisse, die auch oft auf streitschlichtendem Wirken unserer Gerichte beruhen, dann bleiben in Bremen nur 15,7 Prozent der Zivilverfahren, die durch streitiges Urteil erledigt werden. Im Bundesdurchschnitt liegt diese Quote bei 23,9 Prozent, und damit ist in keinem anderen Land dieser Anteil geringer als in Bremen.