Protocol of the Session on January 26, 2006

(Beifall bei der CDU)

Wie schon beim Verfassungsschutzgesetzentwurf galt es, auch bei diesem Änderungsentwurf Urteile vom Bundesverfassungsgericht oder auch vom Verwaltungsgericht, Regelungen anderer Bundesländer, insbesondere im niedersächsischen Polizeirecht, datenschutzrechtliche Rahmen sowie Neuerungen im Einsatzmittelbereich entsprechend in diesem Entwurf zu regeln. Stichwortartig neu geregelt sind die verdachtsunabhängigen Anhalte- und Befragungskontrollen, automatische Kennzeichenlesesysteme, Einschränkung der Wohnraumüberwachung, DistanzElektroimpulsgeräte sowie weitere Regelungen, auf die ich nicht weiter eingehen will. Meine Damen und Herren, das sind überwiegend Regelungen, die von uns nicht nur begrüßt werden, sondern die auch das präventiv-polizeiliche Instrumentarium so erweitern, wie es der nationalen und internationalen Sicherheitslage entspricht.

Einen Punkt will ich herausgreifen: die akustische Wohnraumüberwachung, die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegenüber vorheriger Regelung eingeschränkt wurde. Ich will hier keine Richterschelte betreiben. Ich befinde mich aber in Übereinstimmung mit den Polizeipraktikern, wenn ich sage, solche Urteile und die daraus folgenden Rechtsänderungen, wie im Fall der Wohnraumüberwachung, werden der präventiven und repressiven Begegnung des internationalen Terrorismus sowie der organisierten Kriminalität nicht gerecht. Die Realität der Sicherheitslage in Deutschland steht den theoretischen juristischen Betrachtungen gegenüber.

Ein immer schwieriger werdender rechtlicher Handlungsrahmen behindert die Verfolgungsbehörden bei ihrer ohnehin schwierigen Aufgabe, die innere Sicherheit zu erhalten zum Schutz der Bevölkerung. Terrorismus und organisierte Kriminalität sind längst im Lande. Dies müssen wir zur Kenntnis nehmen. Befürchtungen wie Schlafzimmerüberwachungen und Ähnliches halte ich in diesem Zusammenhang für absurd und den Verfolgungsbehörden gegenüber für diffamierend. Auch verdachtsunabhängige Kontrollen bilden eine sinnvolle Grundlage, gerade im Bereich Terrorismus und organisierte Kriminalität, auch vorbeugend kontrollieren zu können. Es reicht nicht unbedingt aus, wenn wir wie bisher vom Polizeipräsidenten Gefahrenorte auswählen lassen, die dann kurzfristig festgelegt werden wie zum Beispiel jetzt an der Diskomeile oder Ähnliches, sondern wir brauchen eine Grundlage, die so umfassend ist, dass sie jederzeit auch in der Auswirkung handhabbar ist.

Es ist auch nicht wünschenswert, schon aus Eigensicherungsgründen nicht, wenn Polizeibeamte den

Umweg gehen müssen, die Warndreiecke zu kontrollieren und damit die Öffnung des Kofferraumes zu verlangen, um dort dann noch nach anderen Dingen zu suchen. Das kann es nicht sein, sondern wir brauchen da, an dieser Stelle, sicherlich eine vernünftige Rechtsgrundlage. Das wäre hier in dem Fall die, die wir hier vorschlagen.

(Beifall bei der CDU)

Zum Kennzeichenlesesystem! Das ist eine polizeiliche Einrichtung, die es noch nicht allzu lange gibt und die in einigen Bundesländern eingerichtet worden ist. Sie ist insofern sehr wirksam, als sie tatsächlich zur Fahndung ausgeschriebene Fahrzeuge in Zehntelsekundenschnelle ausmachen und damit den Zugriff jeweils sicherstellen kann. Das bedeutet, dass wir damit sicherlich nicht nur eine Reihe von KfzDiebstählen aufklären können, sondern dass wir darüber hinaus auch Straftäter, die sich in solchen Fahrzeugen befinden und zur Fahndung ausgeschrieben sind, dann zur Festnahme bringen können.

Die Distanz-Elektroimpulsgeräte, die ebenfalls hier nun in diesem neuen Polizeigesetz verankert sind, sind möglicherweise erst einmal zu erproben, so wie es auch vorgesehen ist, dass zunächst die Sondereinheiten der Polizei damit ausgerüstet werden, um die Wirkung und die Auswirkungen entsprechend anschließend beurteilen zu können. Ich glaube aber, und das muss man dabei berücksichtigen, dass dies eine Möglichkeit ist, unterhalb des Schusswaffengebrauchs diese Waffe sehr gezielt und wirksam einzusetzen, um den Störer dann jeweils – so sagt man im Polizeideutsch – tatsächlich sofort handlungsunfähig zu machen. Ich will jetzt auf die weiteren Einzelheiten der Wirkungsweise et cetera nicht eingehen, ich will aber darauf hinweisen, dass seinerzeit Gummigeschosse, die damit nicht ganz vergleichbar sind, als nicht wirksam festgestellt worden sind und Reizgas auch nicht unproblematisch ist, insbesondere bei gesundheitlich geschädigten Personen, die damit getroffen werden. Insofern wird hier also möglicherweise durch diese neue Waffe eine Möglichkeit geschaffen, unterhalb anderer Regelungen eine Wirksamkeit zu erzielen.

Ferner ist die Videoüberwachung zur Eigensicherung vorgesehen. Dazu brauche ich, glaube ich, keine weiteren Ausführungen zu machen. Es ist alles richtig, was den Beamtinnen oder den Beamten im Einsatz Schutz gewährt, und dazu gehört auch unter Umständen im Einzelfall diese Videoüberwachung zur Eigensicherung.

Meine Damen und Herren, nun zur Videoüberwachung auf dem Bahnhofsvorplatz selbst: Vor nicht ganz einem Jahr haben wir hier im Hause einen Antrag beraten, der zunächst die Fortführung der Videoüberwachung am Bahnhofsplatz zur Folge hatte. Der Modellversuch vom 4. Oktober 2002 wurde durch den Erfahrungsbericht vom November 2004 positiv dar

gestellt. Der zweite Erfahrungsbericht vom Dezember 2005 ist nun Grundlage unserer heutigen Debatte. Erneut komme ich zu einer positiven Bewertung dieses Probelaufs, der in der Bürgerschaft vereinbart wurde. Ich könnte deshalb meinen Debattenbeitrag vom Februar 2005 exakt genauso abliefern. Das will ich aber nicht tun, sondern mich auf einige grundsätzliche Betrachtungen beschränken.

Erstens: Videoüberwachung ist eine offene, erkennbare videographische Beobachtung von Plätzen und Straßen zum angemessenen und rechtlich verhältnismäßigen Schutz von Personen und Sachen im öffentlichen Raum und nicht gezielte Überwachung von Einzelpersonen. Zweitens: Videoüberwachung ergänzt Kriminalitätsbekämpfung, ersetzt keine Polizeibeamtinnen und -beamte und kann präventiv und repressiv wirken.

Anmerkung dazu: Der Bundesgrenzschutz

(Abg. K l e e n [SPD]: Die Bundespolizei, Herr Kollege!)

hat gefordert, die Aufbewahrungsfrist auf über 48 Stunden hinaus auszudehnen, weil er festgestellt hat, dass manche Anzeige erst nach drei oder vier Tagen, bei Reisenden insbesondere, gestellt wird und von daher dann kein Rückgriff mehr auf diese Videoaufzeichnungen möglich ist.

Drittens: Ich stelle ausdrücklich fest, niemand hier in diesem Hause will den flächendeckenden Einsatz von Videoüberwachung, sondern an Brennpunkten soll Video ergänzend zu vollzugsdienstlichen Maßnahmen eingesetzt werden. Viertens: Verdrängung von Kriminalität kann dadurch verhindert werden, dass Polizeivollzugsbeamte in diesen Nebenbereichen von Brennpunkten gezielt vorgehen. Fünftens: Statistik ist die eine Seite von Erfahrungsberichten, die insgesamt auch positiv ausgefallen ist, wie der Bericht hergibt.

Darüber hinaus ist das subjektive Sicherheitsgefühl in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Einen Wertmesser dafür gibt es nur, wenn Bürgerinnen und Bürger dazu befragt werden. In Stuttgart hat man dies, laut Bericht, getan. 79 Prozent der Befragten fühlten sich sicherer, und 89 Prozent sprachen sich für eine Beibehaltung der Videoüberwachung und die Ausweitung aus. Ich habe eingangs von dem Bericht in der Bremer Zeitung gesprochen, Stichwort Sicherheitspaket, auf der gleichen Seite titelte ein weiterer Bericht: Totalitäre Überwachung kontra 100 Prozent sicher. Dazu wurden auch Bürgerinnen und Bürger befragt. Bis auf einen Bürger fiel das Urteil positiv für Videoüberwachung und damit für die innere Sicherheit aus.

Sechstens: Die Videoüberwachung macht zusätzliches Personal nicht erforderlich, sagt der vorliegende Bericht. Das trifft auch zu. Aber, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang

grundsätzlich anzumerken: Innere Sicherheit und Sicherheit für die Bürger sind nicht zum Nulltarif zu haben.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist sicherlich auch ein Ausspruch der Gewerkschaft, den ich aber trotzdem sehr unterstreichen kann. Wir tragen Verantwortung dafür, dass der Kriminalitätsentwicklung, egal ob im Terrorismus, in der organisierten Kriminalität oder in den vielen anderen Straftaten, in angemessener Form begegnet werden kann. Sinkende Personalstände bei den Verfolgungsbehörden gegenüber anwachsenden Aufgabenstellungen können auf Dauer weder durch intensiveren Dienst, durch Umstrukturierungen noch durch Technik aufgefangen werden. Jede Rechtsänderung ist nur so gut, wie sie ausgeführt, überwacht oder geahndet werden kann. Insoweit, denke ich, muss man darüber noch einmal nachdenken.

Ich verweise im Übrigen auch auf den Städte-Länder-Vergleich, Benchmarking-Bericht 2005, der feststellt, dass Bremen hinter Köln an letzter Stelle steht, was das Verhältnis Bürger/Polizei angeht. Auch darin sehe ich ein Indiz, das diese These unterstützt, dass wir im Bereich der Verfolgungsbehörden – und möglicherweise trifft es auch in Teilbereichen der Justiz zu, das lasse ich hier einmal weg, weil wir über das Polizeigesetz reden – darüber noch einmal reden müssen.

Abschließend möchte ich zu dem Teil Videoüberwachung nur noch anmerken, dass wir im Gegensatz zu den anderen vorliegenden Entwürfen es hier nicht mit einem Gesetzentwurf zu tun haben, sondern dieses Gesetz ist in dem Punkt bereits geändert. In Paragraph 29 des Polizeigesetzes ist deutlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen und an welchen Stellen so etwas stattfinden könnte, wenn man es dann will, weil man der Meinung ist, dies ist ein Brennpunkt in der Stadt, und da wäre so etwas dienlich, aber, ich sage es noch einmal ausdrücklich, natürlich immer in Ergänzung der gesamtpolizeilichen und vollzugspolizeilichen Maßnahmen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auch auf die zu diesem Paket gehörende Härtefallkommission eingehen! Ich will die Debatte nicht hervorheben, wer sich aber erinnert, wir haben uns damals in der Polizeigesetzdebatte zu diesem Thema gesprächsbereit gezeigt. Nach intensiven Beratungen haben wir uns auf die vom Senat beschlossene Verordnung über die Härtefallkommission geeinigt. Ich denke, dass dies eine gute Grundlage bildet, unter bestimmten Voraussetzungen Einzelfälle zu prüfen, um unter Umständen ein Bleiberecht des jeweiligen Ausländers zu veranlassen. Ich weise auch ausdrücklich darauf hin, dass der Weg über den Petitionsausschuss dieses Hauses weiterhin offen stehen wird und auch muss. Insofern ist dem Anliegen Betroffener Rechnung getragen worden.

Abschließend, meine Damen und Herren: Wir machen einen weiteren positiven Schritt in Richtung Optimierung der inneren Sicherheit und geben den Verfolgungsbehörden weitere Instrumentarien an die Hand, ihre schweren Aufgaben meistern zu können, wenn wir dieses Sicherheitspaket in erster Lesung beziehungsweise in Teilen auch in zweiter Lesung beschließen. – Soweit zunächst von mir!

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass interfraktionell vereinbart wurde, dass dem jeweils ersten Redner der in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen eine Redezeit von bis zu 30 Minuten zugestanden wird.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Kleen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat legt heute für die große Koalition eine Art Sicherheitspaket vor. Die Klammer, die die Themen Verfassungsschutzgesetz, Polizeigesetz, Videoüberwachung und Ortsgesetz über die öffentliche Ordnung verbindet, lässt sich ganz simpel beschreiben, wir wollen die innere Sicherheit in Bremen weiter erhöhen. Allerdings ist es etwas vollmundig, von einem Paket zu sprechen, Herr Herderhorst hat es zum Teil angesprochen. Für ein Paket gibt es meistens einen Anlass, der Inhalt ist aufeinander abgestimmt, das Ganze wird schön verpackt und ordentlich verschnürt und dann in einem verschickt. So ist es heute nicht. Der Anlass ist keineswegs, dass wir Bremen für die Fußballweltmeisterschaft noch sicherer machen wollen, wie wir zu diesem Sicherheitspaket schon einmal in einem Zeitungsbericht lesen können. Das ist höchstens ein sehr schöner Nebeneffekt.

Wahr ist, Herr Herderhorst ist darauf schon leicht eingegangen, dass am Anfang des Paketpackens eine Rede der CDU hier im Hause gestanden hat bei der damals noch naturgemäßen Ablehnung eines Antrags auf Einrichtung einer Härtefallkommission. In dieser Rede deutete sich plötzlich an, dass unser Koalitionspartner mit etwas Geduld im Hinblick auf die Einrichtung einer Härtefallkommission vielleicht doch beweglicher sein könnte, als wir bis zu diesem Zeitpunkt mit Recht annehmen mussten. So sind wir als Koalitionäre aufeinander zugegangen, in Ruhe die Themen der inneren Sicherheit zu besprechen, die zum Teil ein bisschen im Verborgenen geschlummert haben. Wir haben nach und nach dieses Paket zusammengepackt, haben es zwischendurch noch einmal wieder eingelagert, um gegeneinander Bundestagswahl führen zu können, haben uns beim Weiterpacken dann tüchtig verhakt, wieder bei der Härtefallkommission, aber jetzt haben wir die Verordnung doch vorliegen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Jetzt diskutieren wir das Paket hier, und unser Lieblingsthema, das Lieblingsthema der SPD, die Härtefallkommission, ist nicht dabei. Aber das liegt schlicht daran, wie Rolf Herderhorst angedeutet hat, dass der Senat den Beschluss schon gefasst hat, dass er auch schon verkündet ist und die Härtefallkommission jetzt an die Arbeit geschickt werden kann. Das ist ein riesiger Fortschritt und der Lohn auch unserer Hartnäckigkeit. Vor vielen Jahren hat der damalige innenpolitische Sprecher Jens Böhrnsen mit Nachdruck diese Härtefallkommission gefordert, jetzt haben wir sie.

(Beifall bei der SPD)

Mit dieser Kommission bekommen wir, das heißt speziell der Innensenator als oberste Landesbehörde, auch in Bremen und Bremerhaven die Möglichkeit, nach negativem Abschluss aller rechtlichen Verfahren ein landeseigenes Bleiberecht für Migrantinnen und Migranten auszusprechen. Ein Stück Menschlichkeit kann damit einziehen in ein oft unmenschliches Verfahren, denn es ist bei allem Fortschritt des rotgrünen Aufenthaltsgesetzes im Einzelfall nicht auszuschließen, dass es im Namen von Gerechtigkeit und Menschlichkeit nicht zu verantworten wäre, betroffene Ausländer auszuweisen oder abzuschieben. Bisher war auch bei allem guten Willen Hilfe in diesen Fällen unmöglich. Mit der Richtlinie ist jetzt der Einstieg in Lösungen erreicht.

Alle Hoffnungen, meine Damen und Herren, werden wir sicher nicht erfüllen können. Das liegt zu einem großen Teil an den bundesrechtlichen Vorgaben, die für uns bindend sind. Die Kommission kann nur empfehlen, sie kann nicht von außen verpflichtet werden, sich mit einem Fall zu beschäftigen. Die Empfehlungen der Kommission können vor Gericht nicht nachgeprüft werden. Aber Härtefälle haben künftig wenigstens eine Chance. Der Innensenator muss jetzt die Besetzung organisieren, muss die Geschäftsstelle einrichten, muss die Verfahren vorantreiben. Darauf warten wir ein bisschen. Mit diesen übrigen Gesetzesinitiativen, die wir jetzt hier weiterbringen, wird das sicher auch schneller weitergehen.

Am Ende, so ist es im Gesetz der früheren rotgrünen Bundesregierung vorgesehen, kann der Senator das Ersuchen der Härtefallkommission annehmen, er muss es nicht. Ich weise deshalb darauf hin, dass wir bei künftigen Besetzungen des Senatorenamtes darauf achten müssen, dass die gute Absicht des Aufenthaltsgesetzes hier nicht unterlaufen wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, einen aktuellen Anlass für die Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes gibt es eigentlich auch nicht, sondern Sie alle haben in der Vorlage des Senats gelesen, dass unser Gesetz aus dem Jahr 1981 stammt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur informationellen

Selbstbestimmung hätte es eigentlich schon 1987/88 geändert werden müssen und spätestens wieder, als in den neunziger Jahren Bundesinnenminister Schily seine Version der Otto-Kataloge vorgelegt hat. Auch da wäre es eigentlich notwendig gewesen, unser veraltetes Gesetz anzupassen.

Die Ampel hat sich nicht daran gemacht, obwohl es schon damals ein Unding war, einen solch hochsensiblen Bereich staatlichen Eindringens in die privaten Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger praktisch ungeregelt zu lassen. Die große Koalition hatte sich bereits in der Koalitionsvereinbarung 1995 Änderungen vorgenommen. Es hat, wie Sie sehen, einige Zeit gedauert, die Pflöcke aus den jeweiligen ideologischen Vorgärten der Koalitionsfraktionen herauszuziehen, um zu einem tragbaren Kompromiss zu kommen.

Das ist uns jetzt gelungen. Ich sage ganz offen, auf der Strecke geblieben ist dabei manchmal eine sprachliche Bündigkeit. Wer das Gesetz liest, der wird im Vergleich zum Bürgerlichen Gesetzbuch denken, Mensch, muss das denn alles so kompliziert geschrieben sein! Aber inhaltlich erreichen wir mit dem Gesetz die richtige Balance zwischen dem Schutz der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger und der Möglichkeit für das Landesamt, auf sicherer rechtlicher Basis effektiv zu arbeiten. Dass diese Arbeit nötig ist, das zeigen doch weiterhin gefährliche rechtsextremistische Umtriebe oder Bedrohungen durch den internationalen, oft religiös motivierten Extremismus bis hin zum Terrorismus.

Wir vermeiden mit unserem neuen Gesetz eine für mich unnötige und kontraproduktive Erweiterung der Befugnisse des Landesamtes auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendienst wird durch das neue Gesetz gewahrt, die datenschutzrechtlichen Standards werden modernisiert, die Aufgaben konkret und einschränkend beschrieben, die Kontrolle durch unsere Parlamentarische Kontrollkommission wird ausgeweitet, und das Amt darf künftig technische Möglichkeiten einsetzen, sollten wir sie denn bezahlen können. Wir dürfen also mit diesem Gesetz durchaus zufrieden sein.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Themen der inneren Sicherheit schaffen es in der Regel nicht durch intellektuellen Diskurs auf die politische Tagesordnung, sondern durch Gewalt und Pulverdampf. Das haben wir nach den Anschlägen von New York, Madrid oder London erfahren. In den letzten Monaten und Wochen in Bremen haben wir das erlebt, dass Innenpolitik die Schlagzeilen mitbestimmt hat durch die Brandschatzung in Huchting oder auch die Ballerei auf der Diskomeile. Wir machen hier Gesetze, um die Eingriffe in die Rechte der unbescholtenen Bürgerinnen

und Bürger auf das nötige Maß zu beschränken und um die Arbeit der Sicherheitsorgane zu unterstützen.

Aber richtig ist, dass innere Sicherheit nicht durch Gesetze, sondern durch Menschen gewährleistet wird, durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner, durch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gefahrenabwehrbehörde, hier, ich denke an die Diskomeile, vor allen Dingen auch des Stadtamtes. Ich habe großen Respekt, wie diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die jüngsten Ereignisse reagiert haben. Nächtelang haben sich in Huchting blutjunge Polizisten auf die Lauer gelegt, um die Brandstifter zu fassen, und es soll auch keiner glauben, dass es für die Einsatzkräfte auf der Meile genauso vergnüglich ist, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, wie für die hoffentlich bald wieder Tausende von fröhlichen Diskogästen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weil Führungskräfte mit Polizeipräsident Mordhorst an der Spitze sich kompetent ihrer Verantwortung gestellt haben und junge Beamtinnen und Beamte hohe Einsatzbereitschaft gezeigt haben, sind die Vorgänge meines Erachtens nicht weiter eskaliert. Ich will auf diesem Weg dafür herzlichen Dank an die Polizei sagen!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will an uns selbst gerichtet auch sagen, ich hoffe sehr, dass wir uns als Politik auch als genauso verlässliche Partner zeigen können, wenn es um die persönlichen Belange der Beschäftigten geht.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)