Protocol of the Session on January 26, 2006

ja im Hinterkopf behalten, wenn man sich damit befasst, warum wir eigentlich einen biblischen Geschichtsunterricht auf allgemein christlicher Grundlage haben. Kein anderes Bundesland hat so etwas, meine Damen und Herren. Bis auf eine kurze Pause – 1919 wurde Biblische Geschichte durch den Arbeiter- und Soldatenrat kurzzeitig abgeschafft – gibt es dieses Unterrichtsfach seit 1823 in Bremen.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen geschaffen wurde, gab es natürlich in Bremen auch wieder erbitterte Konflikte: Wie hält man es mit Religionsunterricht, wie hält man es mit Biblischer Geschichte? Es war letztendlich ein Kompromiss, der zu der Formulierung in Artikel 32 der Landesverfassung geführt hat, und dieser Kompromiss, meine Damen und Herren, ist nach Auffassung der CDU-Fraktion ein guter Kompromiss, weil er eben zwischenzeitlich auch die katholische Kirche einbezogen hat. Aus dem ehemals innerprotestantischen Streitthema wurde dann ein überkonfessioneller Unterricht auf allgemein christlicher Grundlage, das gilt bis heute. Es gibt auch eine entsprechende Entscheidung durch den Staatsgerichtshof von 1965, die dies alles bestätigt hat.

Wir haben in Bremen nach unserer Auffassung eine von der Verfassung und den Normen her gute Grundlage, dieses Unterrichtsfach auch in der Zukunft so auszugestalten. Das Problem ist die Ausgestaltung. Wir haben einmal nach den Zahlen gefragt, meine Damen und Herren. Neben der Tatsache, dass es eine Differenz zwischen dieser Antwort und der Antwort des Magistrats der Seestadt Bremerhaven gibt auf eine Anfrage der dortigen CDU-Stadtverordnetenfraktion, Antwort vom 30. November, in der die Zahlen der Schulen irgendwo doch stark differieren – das müsste dann irgendwann einmal geklärt werden, Herr Senator –, finde ich, hier wird jeden Tag ein Verfassungsverstoß begangen.

Auch habe ich gesagt, das Fach ist in der Verfassung abgesichert, und ich kann feststellen, es gibt Schulen in Bremen, die bieten Biblische Geschichte nur als Ersatzfach an, da ist auch die Frage, wie dieses Ersatzfach eigentlich definiert ist. Das Einzige, was man als Alternativfach anbieten dürfte, wäre Philosophie, dafür gibt es als Einziges einen Lehrplan. Wir wissen von vielen Schulen, die biblische Geschichtsstunde wird dem Klassenlehrer gegeben, und der macht dann irgendetwas.

Meine Damen und Herren, wir haben hier also ein Problem: Wir haben Schulen, die nur ein Alternativersatzfach anbieten, wir haben aber auch Schulen, die kommen völlig ohne aus. Neben der Tatsache, dass diese Schulen trotzdem nach Stundentafeln zugewiesen bekommen, ist dieses Fach in der Landesverfassung vorgesehen. Herr Senator, das Lob bezog sich darauf, dass es nicht mehr so schlimm ist wie früher, aber das heißt noch nicht, dass hier nicht weitere Verbesserungen notwendig sind. Dies ist ein ganz konkreter Punkt. Wir als CDU-Fraktion erwar

ten, dass Biblische Geschichte an allen Schulen unterrichtet wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesverfassung sieht die Freiwilligkeit vor. Die Freiwilligkeit bedeutet, die Schüler können ein Ersatzfach wählen. Dieses Ersatzfach muss dann vorgehalten werden, aber das heißt nicht, dass man auf Biblische Geschichte verzichten darf, Herr Senator Lemke. Dies als Aufforderung für den Zeitraum, bis wir uns das nächste Mal mit diesem Thema beschäftigen!

Die große Differenz der Schülerinnen und Schüler, wenn man sich das in der Anlage ansieht, zwischen der Teilnahme am biblischen Geschichtsunterricht, der Abmeldung vom biblischen Geschichtsunterricht, Teilnahme am Ersatzfach belegt, dass wir noch einiges tun müssen, um dieses Fach attraktiver zu machen. Wir haben gemeinsam beschlossen, dass die Biblische Geschichte wieder benotet wird, dass sie nicht mehr in die Randstunden kommt, da gibt es auch entsprechende Punkte.

Es bedeutet aber auch, dass man sich noch einmal intensiver um die Lehrerinnen und Lehrer kümmern muss, die dieses Fach unterrichten. Wir haben ja gefragt, wie viele Lehrer mit Fakultas das Fach unterrichten –

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Mit was?)

mit der entsprechenden Ausbildung, Frau Busch,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ach so! Danke schön!)

bitte –, wie viele Lehrerinnen und Lehrer sonst. Es ist schon deprimierend, wenn man sich ansieht, dass wir selbst Lehrerinnen und Lehrer mit Fakultas Biblische Geschichte haben, die das Fach aber nicht unterrichten. Auch das liegt wieder an der Landesverfassung, auch da ist wie bei den Schülerinnen und Schülern bei den Lehrern eine Freiwilligkeit vorgesehen. Das Fach muss natürlich auch so attraktiv sein, damit müssten wir uns noch einmal auf Deputationsebene beschäftigen, dass auch die Lehrerinnen und Lehrer, die die Fakultas haben, dieses Fach auch unterrichten.

Meine Damen und Herren, Thema ist auch: Wer darf dieses Fach unterrichten? Frau Kollegin Stahmann, die gleich bestimmt sagen wird, wir hätten im Bildungsbereich wichtigere Probleme als dieses, wie sie es so oft tut,

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nein, das sage ich nicht!)

hat ausweislich der „taz“ vom 16. Januar 2006, „Religion auch von Nichtchristen“, mitgeteilt, ich darf zitieren mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Bremer Grünen setzen sich dafür ein, dass auch der Religion in Bremen unterrichten darf, der keiner christlichen Kirche angehört. Entscheidend ist die Qualität des Unterrichts und eine gute Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer“, sagte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Anja Stahmann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren von den Grünen, die gute Ausbildung setzen wir natürlich voraus.

Wir kommen jetzt aber zu einem Kernpunkt, der ausgestaltet ist von Biblischer Geschichte. Für uns als CDU-Fraktion ist völlig klar, dass nur derjenige Biblische Geschichte unterrichten kann, der auch einer der christlichen Kirchen angehört. Meine Damen und Herren, es gibt klare Entscheidungen, es handelt sich hier nicht um ein durchgemixtes, überkonfessionelles, leicht esoterisch angehauchtes spirituelles Fach, wie es mancher vielleicht gern haben möchte, auch in Bremen, sondern es gibt klare Entscheidungen, es handelt sich hier um einen Religionsunterricht auf allgemein christlicher Grundlage.

(Beifall bei der CDU)

Den christlichen Glauben erklären kann doch nur, wer dem christlichen Glauben angehört! Liebe Frau Kollegin Stahmann, ich habe keine Kritik gehört, als es um Islamkunde ging, ich habe die Zitate alle dabei für den Fall, dass Sie nachlesen wollen oder ich sie Ihnen vorlesen soll.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie haben ja nur zehn Minuten!)

Als es um Islamkunde ging, war völlig klar und es gab lauten Beifall der Grünen, dass der Islamkundeunterricht, der Modellversuch, doch von Lehrern muslimischen Glaubens unterrichtet werden soll. Es wäre ja den Kindern nicht zuzumuten, wenn da ein Lehrer nicht muslimischen Glaubens das Fach Islamkunde unterrichten würde. Man muss auch, wenn man die Religionen betrachtet, die Religionen gleich behandeln, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Was für Islamkunde gilt, muss erst recht im Lande Bremen für Biblische Geschichte gelten.

Ich will Ihnen aber deutlich sagen, für den Fall, dass Sie da falsche Vorstellungen haben, es handelt sich natürlich nicht um einen missionarischen Unterricht. Wer das entsprechend glaubt oder behauptet, der geht völlig in die Irre. Es handelt sich hier um einen Un

terricht, bei dem der Glaube dargestellt wird, bei dem auch die anderen Weltreligionen dargestellt werden. Es ist ein sehr offener Unterricht, aber dieser Unterricht ist eben wichtig in einer Zeit, in der Werte und Normen den Kindern und Jugendlichen fehlen und man sich in Sonntagsreden darüber beklagt. Dann hat man auch die verdammte Pflicht, dass man dieses Fach, das man im Unterricht tatsächlich dafür vorhält, für das der Bildungssenator Stunden in die Schulen gibt, auch ausgestaltet. Dann muss man es aber auch so ausgestalten, wie es die Väter und Mütter der Bremer Landesverfassung entsprechend vorgesehen haben, wie es die Gerichte bestätigt haben.

Ich will nur noch einmal als Abschluss deutlich sagen,

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das geht jetzt aber ein bisschen zu weit!)

der damalige Abgeordnete Heuss im Parlamentarischen Rat hat, bevor er Bundespräsident wurde, gesagt – als es nämlich darum ging, dass die Bremer auf einmal sagten, wir wollen hier keinen Religionsunterricht wie in den anderen Bundesländern, und das Bremer Modell vorgestellt haben, was zur Bremer Klausel führte –, das sei geistesgeschichtlich sehr interessant und eine für sich geschaffene Tradition. Der damalige SPD-Abgeordnete Ehlers hat gesagt, wir wollen nach der Fasson unserer Urgroßväter selig werden, denn so seien sie auch selig geworden. Das sind vielleicht heutzutage gestelzte Worte, aber, meine Damen und Herren, wir haben hier eine Tradition, und wenn eine Tradition gut ist, dann soll man sich auch an sie halten. – Ich bedanke mich zunächst für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mir ist eben nicht ganz klar geworden, Kollege Rohmeyer, was Sie wollen. Wollen Sie die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ändern, denn das müssten Sie tun, wenn Sie Ihrer Auslegung hier die rechtliche Grundlage verschaffen wollten?

Meine Damen und Herren, in guter hanseatischer Tradition haben unsere politischen Vorgängerinnen und Vorgänger dafür gesorgt, dass mit der Bremer Klausel im Grundgesetz der Religionsunterricht konfessionell ungebunden auf allgemein christlicher Grundlage erteilt wird. In den bremischen Schulen werden die Kinder nicht nach Konfessionen und Religionen getrennt. Bewusst hat sich das Land für ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

diesen Weg im Religionsunterricht entschieden, und das soll aus Sicht der SPD-Fraktion auch so bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Die Antwort des Senats weist aus, dass sich in den letzten zehn Jahren immer mehr Schülerinnen und Schüler freiwillig entschlossen haben, am biblischen Geschichtsunterricht teilzunehmen. Von gut 32 000 Schülerinnen und Schülern von Klasse eins bis zehn besuchen 21 000, also zirka zwei Drittel, Biblische Geschichte. Diese Tendenz begrüße ich sehr, denn eine engagierte Auseinandersetzung mit Werten und Normen ist für die Entwicklung unserer Gesellschaft nicht nur wichtig, sondern auch notwendig. Etwa die Hälfte derer, die sich da befreien lassen, nimmt übrigens am Philosophieunterricht teil oder an ausgewählten Schulen an Islamkunde.

In den letzten Jahren ist es gelungen, das Fach spürbar aufzuwerten, und das liegt übrigens nicht, wie Herr Rohmeyer behauptet, maßgeblich an der CDU. Vielleicht darf ich daran erinnern, dass zu Zeiten des Fraktionsvorsitzenden Christian Weber, bekanntlich Sozialdemokrat, bereits Maßnahmen eingeleitet worden sind, um Biblische Geschichte aus einer, man kann schon fast sagen, Randstellung aus den Schulen herauszuholen. Senator Lemke hat diesen Weg übrigens in sehr enger Abstimmung mit der evangelischen und katholischen Kirche weiterverfolgt. Biblische Geschichte ist bekenntnismäßig nicht gebunden und wird auf allgemein christlicher Grundlage erteilt. So regelt es die Verfassung! Eine Abfrage der Religionszugehörigkeit erfolgt in Bremen weder bei Lehrkräften noch bei Schülern.

Für die Erteilung des Faches ist die fachliche Qualifikation ausschlaggebend. Alle, die dieses Fach unterrichten, meine Damen und Herren, haben sich persönlich positiv dazu bekannt und dafür entschieden, denn unsere Landesverfassung sieht in Artikel 32 Absatz 2 eindeutig vor: Unterricht in diesem Fach wird nur von Lehrern erteilt, die sich dazu bereit erklärt haben. Die Lehrerinnen und Lehrer sind den Lehrplänen und den Vorgaben aus der Verfassung verpflichtet, und sie müssen bereit und auch fähig sein, den Unterricht auf allgemein christlicher Grundlage zu erteilen. Ich begrüße es, wenn die Lehrkräfte dieses Faches auch selbst eine persönliche Orientierung in ihrer Religion finden. Einen konfessionsgebundenen Religionsunterricht in Bremer Schulen lehnt die Bremer SPD-Fraktion allerdings klar ab.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Antwort des Senats weist aus, dass mit dem Fach Biblische Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage in Bremen ebenso sorgsam umgegangen wird wie mit anderen Fächern. Die Kommunikation mit den Kirchen wird intensiv geführt. Ich bin davon überzeugt, dass die

Fragen der religiösen und ethischen Orientierung einen angemessenen Stellenwert in der Alltagsarbeit der Schulen haben. Das Fach wird in den Schulen nicht, wie die CDU gern suggeriert, stiefmütterlich behandelt. Es ist aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und wird durch das sozialdemokratisch geführte Ressort weiter gut vorangebracht. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wie immer, die Wahrheit liegt irgendwie in der Mitte zwischen den beiden Aussagen, die wir von CDU und SPD gehört haben, Frau Kollegin Hövelmann!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das kommt jetzt von den Grünen!)

Dass das Fach nun aus dem Dornröschenschlaf erwacht sei, das vermag ich nicht so recht zu glauben, auch wenn man mit den Vertretern des Studiengangs an der Universität spricht. Ich finde, auch beim Fach Biblische Geschichte ist noch einiges zu tun, damit es in seiner Wichtigkeit gestärkt wird, aber ich glaube auch, das Fach muss ganz deutlich modernisiert werden.

Traditionellerweise, Herr Rohmeyer hat es ausgeführt, erteilen die alten Bundesländer evangelischen oder katholischen Religionsunterricht, und Bremen schert seit langen Jahren aus dieser Reihe aus und sieht einen Unterricht vor, der Biblische Geschichte heißt, der auf allgemein christlicher Grundlage erteilt wird und bekenntnismäßig nicht gebunden ist. Das macht außer dem Land Bremen nur noch die Schweiz, die jetzt ihr Fach umbenennt von Biblische Geschichte in Religion und Kultur. In der Schweiz gibt es eine ganz spannende Diskussion über die Modernisierung dieses Faches, um eine gewachsene Pluralität in der Gesellschaft und auch die kulturelle Verwurzelung dieses Faches, das haben Sie schön ausgeführt, in das Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu holen.

Herr Rohmeyer, mir ist nicht klar, worauf Sie hinauswollen. Wollen Sie jetzt eben einen Unterricht in Biblischer Geschichte, der die Schülerinnen und Schüler einschließt, auf evangelischer und katholischer Basis oder einen flächendeckenden Islamkundeunterricht, so wie es Ministerpräsident Wulff in Niedersachsen fordert? Da würde ich aber das bezweifeln, was bei der Debatte in den letzten beiden Tagen aufgekommen ist. Da haben Sie auch gefordert, dass man Parallelgesellschaften entgegentreten muss, dass man sich für Integration einsetzen muss, dass man sich eigentlich sehr viel mehr anstrengen muss, Integra––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

tion auch vorzuleben und auch den Kindern im Unterricht zu zeigen, es gibt die eine Sicht und die andere Sicht, aber alles macht auch eine Gesellschaft aus. Das ist eben auch ein Beitrag, den das Fach Biblische Geschichte leistet. Ich glaube, wenn man an dieser Stelle das Fass aufmacht und sagt, wir wollen jetzt konfessionell getrennten Religionsunterricht im Land Bremen, dann ist das aus Sicht unserer Fraktion der falsche Weg.