Wir sind uns politisch darin einig, dass die Kinderarmut eines unserer zentralen sozialen Probleme ist, dass die Kinderarmut wächst, dass sich auch die soziale Gewichtung zwischen Kinderarmut und Altersarmut in den letzten Jahrzehnten verändert hat und dass wir in Deutschland ein spezielles Problem dadurch haben, dass sich soziale Koppelung, so nennen es die Fachleute, nämlich der Zusammenhang zwischen den sozialen Hintergründen, aus denen unsere Kinder und Jugendlichen kommen, und ihren Bildungschancen, in Deutschland leider Gottes so entwickelt hat, dass sie nir-gendwo anders so eng zusammenhängt und in keinem anderen europäischen Land so viel damit zu tun hat, welche Erfolgschancen man im Bildungssystem hat, aus welchem Elternhaus man kommt. Allein aus diesem Grund, um Bildungschancen herzustellen und jungen Menschen die besten Mittel mit auf den Weg zu geben für ihr späteres Leben, müssen wir das Problem der Kinderarmut angehen. Natürlich ist an jedem Montag, wenn man mit Kindergärtnerinnen spricht, in einem KTH die Menge an Essen, die verteilt wird, ein Drittel größer als die, die an den übrigen Wochentagen ausgegeben wird, was allein damit etwas zu tun hat, und man kann Rückschlüsse ziehen, die anders schwierig wären, dass diese Kinder am Wochenende offenbar nicht genug zu essen bekommen haben. Das sind alles reale Probleme, das wissen wir, und wir schauen, wie wir die Situation verbessern können. Das ist doch die Diskussion.
Ich glaube, wenn man das in ein, zwei Sätzen versucht zusammenzufassen, über welche Instrumente wir uns fachpolitisch streiten, dann ist es die Frage: Kommen wir wirklich mit Steuererleichterungen noch weiter? Das war lange Zeit das deutsche Modell von Familienförderung, dass wir gesagt haben, wir geben denen, die die Last der Kinder
tragen, die deshalb mehr Einkommen brauchen, Steuererleichterungen und versuchen auf die Weise, sie zu stützen. Mittlerweile, glaube ich, sind wir in einen Paradigmenwechsel gekommen, dass wir sagen, das allein kann es nicht sein, sondern wir müssen gerade auch die soziale Infrastruktur uns ansehen, sprich Kindergärten, Kinderversorgung. Wir müssen schauen, dass wir mehr in diese Infrastruktur und weniger in Steuererleichterungen, die immer nur dann für einen gewissen Teil der Eltern wirklich wirksam sind, investieren. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir uns auch die Transferleistungen anschauen müssen, also auch anschauen müssen, was kommt von dem Geld, das wir beispielsweise jetzt den Arbeitslosengeld-IIEmpfängern als Staat geben, bei den Kindern an, und die Problematik des Kindergeldes ist in diesem Zusammenhang auch nicht ausdiskutiert. Dass das auf die Hartz-IV-Bezüge angerechnet wird, ist ein Zustand, der sehr diskussionswürdig ist.
Das ist der Rahmen, in dem wir diskutieren und auch weiter diskutieren müssen, wobei wir natürlich auch ganz konkret den Diskussionen dann Maßnahmen folgen lassen müssen. In Bremen ha-ben wir vor einigen Monaten die Familiencard beschlossen. Das war ein Tropfen auf dem heißen Stein. Herr Oppermann, Sie haben das damals an-gestoßen, das Ganze hätten Sie sich auch noch ein bisschen erfolgreicher gewünscht. Sie nicken. Ich glaube, das ist ein kleiner Schritt, aber es müssen ganz andere noch folgen. Ich möchte zum Schluss noch einen Satz sagen zur Nacht der Jugend, die vor vier Wochen stattgefunden hat und wo eine Schülergruppe sich sehr intensiv damit beschäftigt hat herauszufinden, zunächst einmal auszurechnen, was einem Kind an täglichen Lebenshaltungskosten zusteht, wenn es aus einer Familie kommt, die Arbeitslosengeld II bezieht, und nachdem sie das ausgerechnet hatte, einmal zu schauen, wie weit man denn damit kommt. Ich glaube, was dort an Erfahrung gemacht wurde, sollte sich jeder Politiker noch einmal ganz genau ansehen. Das rückt dann auch den Fokus noch einmal ins rechte Licht. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Crueger, ich weiß nicht, ob Sie mir eben nicht richtig zugehört haben oder ob Sie mir nicht richtig zuhören wollten. Erstens: Ich habe schon etliche Redebeiträge geleistet und auch
Anträge gegen Hartz IV gestellt, die Sie abgelehnt haben. Das ist auch ein Teil, wie Sie es eben erwähnt haben, eine Grundlage für Kinderarmut und unsoziale Hartz-IV-Gesetze. Ich weiß nicht, ob Sie mir nicht richtig zuhören wollten, weil ich Ihnen eben die ungeschminkte Wahrheit wieder einmal ins Gesicht gesagt habe.
Ob Ihnen das peinlich ist, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich denke aber, das wird Ihnen wohl peinlich sein, weil das die Wahrheit ist, die ich Ihnen gesagt habe. Sie können aber diese großen Probleme nicht lösen, indem Sie die Tatsachen, die Wahrheiten nicht hören wollen, die Augen davor verschließen oder wie so oft auch einfach hinauslaufen. Dafür sollte gerade auch das Thema Kinderarmut zu wichtig sein, als dass sie hinauslaufen. Der Plenarsaal ist nämlich nicht voll besetzt hier.
Ich weiß nicht, ob Sie das nicht hören wollen, aber es ist so. Die ansteigende Kinderarmut besonders in Bremen und Bremerhaven ist eine tickende Zeitbombe, nur, Sie wollen die Kinderarmut nicht wahrhaben. Diese nachweislichen Zahlen und Fak-ten sind nämlich deutlich und ein Beweis für Ihre gescheiterte Sozial- und Familienpolitik Ihrer rotgrünen ehemaligen Chaosregierung. Zirka 40 Prozent Kinderarmut in Bremen und Bremerhaven sind das eindeutige Ergebnis Ihrer gescheiterten Politik. Das sind Ihre Zahlen, das ist Ihre große politische Schande und sonst nichts. Diese Zahlen, diese nackten Tatsachen sprechen eine eindeutige, schonungslose, deutliche Sprache.
Meine Damen und Herren, die Politik hat schon meines Wissens im März über Kinderarmut diskutiert. Bis Mai sollte ein effektives Konzept erarbeitet sein. Nun frage ich Sie namens der Deutschen Volksunion: Wo ist dieses Konzept, wo sind Ihre effektiven Vorschläge? Es wurden unzählige Arbeitsgruppen gebildet. Wo sind die Ergebnisse, wo ist der versprochene Förderungskatalog und so weiter? Ich habe keinen!
Wie Sie sehen, ist außer großartigen, vollmundigen Alibi-Scheindiskussionen wie so oft wieder einmal nichts dabei herausgekommen! Es wurde wieder einmal ohne effektive Ergebnisse und ohne großartig zu handeln unendlich lange nur diskutiert, viel gelabert und dabei sehr viel zerredet, wobei doch jeder von Ihnen weiß, dass einer der Hauptgründe für den dramatischen Anstieg einer verfestigten Kinderarmut die unsozialen, unsäglichen Hartz-IV-Gesetze sind. Sie erinnern sich, Peter Hartz ist derjenige schreckliche Typ, der von den Bürgern unsoziale Einschnitte verlangt, aber selbst Stammgast in unzähligen weltweiten Luxusbordellen gewesen ist oder noch ist, das weiß ich nicht.
Meine Damen und Herren, denken Sie immer daran, was heute Millionen kostet, spart morgen Milliarden! Darum fordere ich Sie namens der Deutschen Volksunion dazu auf, unverzüglich weniger zu diskutieren, sondern effektiv zu handeln, denn es
ist für die Deutsche Volksunion unerträglich, wenn sich heutzutage in einem so genannten Sozialstaat viele Kinder in Deutschland schon über etwas Selbstverständliches wie zum Beispiel Liebe, Zuwendung und ein warmes Essen freuen können! Das ist ein Skandal, das ist eine Schande für Deutschland! Sie sehen, es muss sofort etwas gegen die zunehmende Kinderarmut in Deutschland getan werden. Durch die überparteiliche Zustimmung des vorliegenden DVU-Antrags haben Sie die Möglichkeit.
Meine Damen und Herren, es geht um die Zukunft unserer Kinder, es geht um die Zukunft unseres Landes, darum ist es ein Gebot der Stunde, dass Sie heute diesem Antrag der Deutschen Volksunion zustimmen. Wenn Ihnen aber Kinderarmut in Deutschland völlig egal ist, wenn Ihnen das Schicksal der Kinder egal ist, dann brauchen Sie selbstverständlich diesem Antrag der Deutschen Volksunion nicht zuzustimmen. – Ich danke Ihnen!
Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann, DVU, mit der Drucksachen-Nummer 16/785 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ravens hat schon Ihr Einverständnis eingeholt, dass wir jetzt alle die Tagesordnungspunkte behandeln, die ohne Debatte sind.
Gesetz zur Änderung der Aufgaben des Eigenbetriebs Performa Nord – Personal, Finanzen, Organisation, Management – Eigenbetrieb des Landes Bremen und zur Überleitung von Personal
Finanzausschuss in seiner Sitzung am 9. Dezember 2005 der Verlagerung der Kassenaufgaben vom Eigenbetrieb Performa Nord in die zu gründende Dienststelle Landeshauptkasse einstimmig zugestimmt hat.
Wer das Gesetz zur Änderung der Aufgaben des Eigenbetriebs Performa Nord – Personal, Finanzen, Organisation, Management – in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Meine Damen und Herren, da der Senat um Behandlung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung gebeten hat und die Fraktionen der SPD und der CDU dies als Antrag übernommen haben, lasse ich darüber abstimmen, ob wir jetzt in die zweite Lesung eintreten wollen.
Wer das Gesetz zur Änderung der Aufgaben des Eigenbetriebs Performa Nord – Personal, Finanzen, Organisation, Management – in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!