Bevor ich nun den Tagesordnungspunkt elf aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gewoba und Vertrauensleute des Bürgerantrags! Herzlich willkommen im Haus!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der Stadtbürgerschaft im Oktober ausführlich über den Bürgerantrag gegen einen Verkauf der Gewoba ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
debattiert und den Antrag an die Baudeputation überwiesen. Ich will für die grüne Bürgerschaftsfraktion auch heute im Landtag noch einmal bekräftigen, wir lehnen einen Verkauf, auch einen Teilverkauf der Gewoba strikt ab.
Ein Verkauf, etwa an Kapitalfonds, löst die finanziellen Probleme des Landes nicht, würde aber in Bremen und Bremerhaven notwendige Einflussmöglichkeiten auf sozialen Wohnungsbau und stadtentwicklungspolitische Entscheidungen drastisch einschränken. Deshalb haben wir bereits im Juli dieses Jahres einen Antrag vorgelegt, der sich gegen einen Verkauf wendet und den Senat gleichzeitig auffordert, das finanzielle Problem zu lösen, das durch das Pensionsgeschäft mit der BIG entstanden ist, und über diesen Antrag debattieren wir heute.
Inzwischen hat der Koalitionsausschuss beschlossen, dass die Gewoba mehrheitlich nicht verkauft werden soll und die bisher von der BIG gehaltenen Anteile auf die Hawobeg übertragen werden sollen. Seit gestern liegt uns nun auch ein Antrag von SPD und CDU mit gleichlautendem Inhalt vor, mit dem Titel „Gewoba als kommunales Wohnungsunternehmen erhalten“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das lässt uns erst einmal hoffen. Bevor ich aber zu unserem Antrag „Gewoba im Eigentum Bremens absichern“ komme, möchte ich ein paar Worte zu Herrn Wedler sagen. Herr Wedler, mit Ihrem Antrag, die bremischen Anteile an der Gewoba zu veräußern, stehen Sie hier zu Recht allein auf weiter Flur.
Dass ausgerechnet ein Bremerhavener Abgeordneter sich für den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ausspricht, ist schon skandalös, skandalös angesichts der Herausforderungen im Stadtumbau, die gerade Bremerhaven zu bewältigen hat und die aus unserer Sicht nur gemeistert werden können, wenn sich die Stadt und die Gewoba gemeinsam dieser Aufgabe stellen.
Ihr Antrag, Herr Wedler, schadet Bremerhaven, das möchte ich einmal ganz deutlich sagen. Dennoch, die Gewoba nicht zu verkaufen ist das eine. Gleichwohl müssen die Finanzprobleme, die ja nicht vom Tisch zu wischen sind, gelöst werden, und darauf bezieht sich unser Antrag. Die Übertragung von fast 25 Prozent der Gewoba-Anteile an die BIG und deren Kreditaufnahme von mittlerweile 175,8 Millionen Euro inklusive Zinsen stellen eine außerordentliche Belas
tung für den Bremer Haushalt dar. Es muss also eine Lösung gefunden werden, die der Gewoba einerseits auch zukünftig eine unternehmerische Perspektive ermöglicht und die andererseits langfristig eine Abfinanzierung der Kredite für die Gewoba-Anteile sicherstellt.
Für uns beinhaltet eine solche Lösung allerdings eine Dividende, die verantwortbar ist, das möchten wir hier an dieser Stelle ganz deutlich sagen.
Wir wollen weder die Eigenkapitalbasis der Gewoba gefährden, noch wollen wir, dass durch überhöhte Dividendenausschüttung die Gewoba keine Spielräume mehr hat, um zum Beispiel in ihren Wohnungsbestand zu investieren.
Ich will an dieser Stelle aber auch noch einmal auf die Verantwortung für diese jetzige finanzielle Situation verweisen. Sie waren es, meine Damen und Herren der großen Koalition, die 1997 das Pensionsgeschäft mit der BIG eingefädelt haben, um mit dem Geld, das die BIG aufgenommen hat, Haushaltslöcher zu stopfen. 112 Millionen Euro sind inzwischen verfrühstückt, die finanziellen Probleme sind größer und nicht kleiner geworden. Die Gewoba darf nicht ein zweites Mal für die Lösung von Problemen herangezogen werden, für die sie nichts kann. Ein Loch mit dem nächsten zu stopfen funktioniert eben nicht.
Wir erwarten vom Senat, dass er eine Lösung findet, die es der Gewoba ermöglicht, auch in Zukunft als bremisches Unternehmen tätig zu sein. In unserem Antrag fordern wir daher den Senat auf, der Bürgerschaft einen Vorschlag zu unterbreiten, wie auf der Basis einer verantwortbar zu erzielenden Dividende der Gewoba langfristig eine Abfinanzierung der Kredite für die Gewoba erfolgen kann. Wir gehen davon aus, dass Sie im Interesse der Gewoba unserem Antrag zustimmen.
Noch ein paar Worte zu Ihrem Antrag, liebe Kollegen von der SPD und der CDU! Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, auch wenn ich für meine Fraktion noch einmal ausdrücklich betone, dass wir auch einen Teilverkauf der Gewoba ablehnen. Punkt eins Ihres Antrags lässt hier eine deutliche Hintertür offen, und wir fordern Sie auf, hier zu dieser Hintertür, nämlich „mehrheitlich“, Stellung zu beziehen. Das ist für uns der eigentlich interessante Punkt in Ihrem Antrag. Sie wollen weitere Gestaltungsmöglichkeiten für die strategische Aufstellung und Wettbewerbsfähigkeit der Gewoba prüfen. Das finde ich richtig. Wir Grünen fordern Sie auf, bei Ihrer Prüfung die Übertragung des Liegenschaftswesens von der GBI auf die Gewoba einzubeziehen.
Ich sage deutlich dazu, wir haben zu diesem Punkt noch keine abschließende Meinung, wir glauben aber, dass es großen Sinn macht, diese Frage ernsthaft zu prüfen.
Zum Schluss, Herr Kollege Sieling: Sie hatten ja einmal einen schönen Antrag vorbereitet, der hat leider das Licht der Welt nicht erblickt. Mehrheit und Mehrheit ist für uns Grünen etwas Unterschiedliches. Es ist aus unserer Sicht ein deutlicher Unterschied, ob die öffentliche Hand 74 Prozent der GewobaAnteile behält oder etwa nur 50,1 Prozent. Daran machen wir jetzt die Debatte fest. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Krusche, ich stehe hier nicht allein, was diese Thematik betrifft.
Wenn Sie einmal in Richtung CDU schauen, dann werden Sie feststellen, dass die Denkweise dort genauso ist und dass sie nur durch ihre Koalitionsräson daran gehindert wird, anders zu denken.
Wenn Sie in Richtung Regierungsbank schauen, den Finanzsenator dort sitzen sehen, dann werden Sie Ähnliches feststellen, die Denkweise dort ist genauso. Wenn Sie in die bremische Wirtschaft schauen, die wird ähnlich denken. Insofern stehe ich hier mit meiner Partei in dieser Frage bestimmt nicht allein. Deswegen ist es auch durchaus legitim, eine solche Auffassung zu äußern. Im Übrigen ist das nicht skandalös,
Das Letzte, was ich noch sagen wollte: Die Behauptung, es schade Bremerhaven, wenn ich so etwas hier sage, ist auch unsinnig, Sie wissen genau, dass die Bremerhaven-Anteile bereits hier nach Bremen „verkauft“ sind und dass es zwar Wohnungen in Bremer
haven gibt, zugegeben, aber ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie die Diskussionslage war bei einer Podiumsdiskussion vor der Bundestagswahl in Bremerhaven, wo auch die Grünen dabei waren, wo die SPD und andere dabei waren, dass dort sehr heterogen diskutiert wurde. Ich denke, dass ich da nicht allein stehe.
Das Thema Gewoba-Verkauf, das können Sie an diesen Äußerungen schon erkennen, eignet sich nämlich vorzüglich, Emotionen zu wecken und nüchternes wirtschaftliches Denken in den Hintergrund zu drängen. Mich begleitet im Übrigen diese Thematik schon seit Jahren. Als ich Stadtverordneter in Bremerhaven war, ging es um den Verkauf der Stäwog, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft in Bremerhaven, und um den Verkauf der Gewoba-Anteile Bremerhavens an Bremen. Damals gab es im Zusammenhang mit dem Verkaufsbeschluss der Stäwog im Stadtparlament in Bremerhaven die gleichen Emotionalisierungen wie derzeit im Zusammenhang mit den Gewoba-Verkaufsüberlegungen, und schon damals gab es für derartige Überlegungen meines Erachtens die gleichen Begründungen, wie es auch jetzt wieder der Fall ist.
Eine staatliche Aufgabe, Wohnungsnot zu lindern und den Menschen zu einer Wohnung zu verhelfen, besteht heute, 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, nicht mehr. Das Betreiben eines Wohnungsunternehmens, das Wohnungsbau als wesentlichen Geschäftszweck hat, ist heute längst keine staatliche Aufgabe mehr. Heute gibt es keine allgemeine Wohnungsnot mehr, im Gegenteil, es gibt bis auf wenige großstädtische Ballungsgebiete, zu denen Bremen und Bremerhaven nicht zählen, inzwischen ein Überangebot an Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt mit entsprechenden Wirkungen auf das Mietpreisniveau. In Bremen und Bremerhaven werden inzwischen überzählige, schlecht vermietbare Wohnungen, meist Sozialwohnungen, abgerissen oder, wie man auch formulieren kann, vom Markt genommen. Eine Entwicklung übrigens, die im Ausland zu großem Erstaunen führt und angesichts der öffentlichen Mittel, die bei ihrem Bau damals und auch jetzt wieder beim Abriss in die Hand genommen werden, doch schon sehr merkwürdig, um nicht zu sagen paradox ist!
Wenn früher in Zeiten großer Wohnungsnot private und städtische, staatlich dominierte oder gemeinnützige Wohnungsunternehmen auftraten, haben sie sich bei der Bereitstellung von Mietwohnungen eher ergänzt. Heute ist dies keine Ergänzung mehr, sondern verzerrte Konkurrenz. Das ist für alle – für die Mieter genauso wie für die Vermieter und auch für den Staat, wenn er Inhaber solcher Beteiligungen ist – schlecht, weil es zu falscher Preisbildung auf dem Markt führt und zu falschen unternehmerischen Entscheidungen.
Von der staatlichen Förderung des Wohnungsbaus durch Subventionen und steuerliche Vergünstigungen will ich hier gar nicht reden. Sie verzerren ebenfalls den Wettbewerb, und darüber diskutiert man