Es gibt ein sehr ermutigendes Zeichen. Es wurde eine Studie unter jungen muslimischen Mädchen und Frauen durchgeführt, wo es eine, wie ich finde, sehr tolle Quote von 87 Prozent der dort befragten Mädchen und Frauen gab, die sich ganz klar gegen jede
Art von Zwangsverheiratung ausgesprochen haben. Man sieht also, das Bewusstsein bei den Frauen selbst ist schon sehr weit entwickelt. Man hat in dieser Studie die Männer nicht gefragt, da wäre wahrscheinlich das Ergebnis anders gewesen. Man sieht also, wer im Grunde genommen auch die Zielgruppe der Aufklärungsarbeit ist.
Wir müssen hier auch mit der Migrantencommunity, mit den einzelnen Menschen reden, dort, wo es noch diese Einstellungen gibt, die ja nicht nur überholt oder veraltet, sondern eben auch strafrechtlich zu verurteilen sind, damit wir nach und nach und möglichst schnell diese Verhaltensweisen aus der Welt schaffen. Frau Hannken hatte vorhin von Integration gesprochen. Ich glaube, man kann erst dann wirklich davon reden, hier auch angekommen zu sein, denn in dieser Gesellschaft angekommen zu sein, heißt auch, dies gerade in diesem Punkt nicht zu akzeptieren, erst dann kann man wirklich von einer gelungenen Integration sprechen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es hat sich, denke ich, viel an öffentlicher Diskussion in den letzten Monaten und auch Jahren beim Thema Zwangsverheiratung getan, einem Thema, das lange Zeit tabuisiert worden ist, das lange Zeit in unserer Gesellschaft nicht Thema war. Insofern bin ich auch froh, dass die Bürgerschaft dieses Thema hier heute noch einmal in die Debatte eingeführt hat, weil jede Berichterstattung, jede Auseinandersetzung mit dem Thema Zwangsverheiratung auch ein Stück Öffentlichkeit schafft und auch ein Stück Ermutigung für betroffene Frauen.
Wir sollen uns da nichts vormachen, das ist hier ja auch mehrfach gesagt worden, Einzelschicksale von Zwangsverheiratungen sind eben nicht weit weg in fernen Ländern zu beobachten, sondern das sind dramatische Frauenschicksale unter uns. Der Berliner Fall ist heute sehr ausführlich von Frau Garling geschildert worden. Es hat Anfang der Woche, am Montag auch einen dramatischen Fall im Kreis Holzminden gegeben, wo eine junge Frau, die zwangsverheiratet werden sollte, mit ihrem Freund geflohen ist, was dann zu einer dramatischen Auseinandersetzung beider Familien, der des Bräutigams und der der Braut, geführt hat, was mit Gewalttaten und einer blutigen Fehde geendet hat. Also ganz schwierige Konflikte, bis hin zu brutaler Gewalt, die solche Zwangsheiraten auslösen können! Gott sei Dank ist das nicht die Regel, aber sie kommen immer wieder vor.
Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir als Gesellschaft dieses Thema offensiv aufgreifen, dass wir die
Frauen, die Mädchen, es sind ja zum Teil auch wirklich noch junge Mädchen, unterstützen, dass wir ihnen auch Mut machen, aber dass wir auch die Täter bestrafen. Das ist ja mehrfach auch heute gesagt worden, es ist mit der gesetzlichen Verschärfung des Strafgesetzbuches, wo Zwangsheirat oder der Versuch, eine Zwangsheirat herbeizuführen, als besonders schwerer Fall der Nötigung geahndet werden kann, möglich.
Herr Dr. Güldner hat Recht: Wir müssen uns auch noch um die Lücke kümmern, die für Frauen auftritt, junge Frauen, die gegen ihren Willen oder manchmal gegen ihr Wissen ins Ausland gelockt werden, wenn die Familie dort im Heimatland Urlaub macht, und dann einer Zwangsheirat zugeführt werden. Das sind ebenfalls sehr dramatische Fälle. Sie können auch Berichterstattungen lesen, wie es diesen Frauen geht, die dann unter ganz schwierigen Umständen versuchen, aus der Situation wieder herauszukommen und zu fliehen. Inwieweit die strafrechtliche Verschärfung tatsächlich eine abschreckende Wirkung dann auch haben wird und inwieweit das zieht, müssen wir abwarten, aber auf jeden Fall war es ein ganz wichtiger Schritt.
Sie haben in der Antwort auf die Große Anfrage nachlesen können, das ist ja hier auch schon mehrfach ausgeführt worden, dass wir in Bremen und Bremerhaven, wie ich finde, auch ein sehr differenziertes Netz an Beratungsinstitutionen haben, eine gut ausgebaute Migrantenberatungsszene, wo tatsächlich auch viele Kontaktadressen da sind, wo junge Frauen und Familien sich Unterstützung holen können.
Frau Hannken, Sie haben mich nach Projekten in Bremerhaven gefragt. Frau Marken hat mir gerade gesagt, dass sie dieses Projekt, das Sie angesprochen haben, sehr gut kennt und dass es sehr gut funktioniert. Es geht dabei um eine offene Wohnung im Stadtteil, die zugänglich für Migrantinnen und Migranten ist, wo unterschiedliche Hilfestellungen und Beratungsangebote funktionieren, die auch keine Barriere aufbauen und sehr gut angenommen werden, weil sich die Menschen, die dort Hilfe holen wollen, aufgehoben fühlen und die eben auch gerade auf die jungen Frauen, Mädchen und Familien hin orientiert ist, die das Problem der Zwangsheirat haben. Am besten ist es, das weiß ich aus eigener Erfahrung, sich immer wieder einmal ein wenig Zeit zu nehmen und Institutionen und Einrichtungen zu besuchen, um sich ein Bild davon zu machen. Es gibt viele sehr gute Einrichtungen hier in Bremen und Bremerhaven, die ich auch noch nicht alle persönlich kenne, die sich dieses Themas annehmen.
Die Beratungsstellen versuchen ja im Vorfeld, wenn sich etwas abzeichnet, zu schlichten, zu überzeugen, dass es ein nicht akzeptables Vergehen ist, und mög
lichst einvernehmlich in der Familie eine Lösung herbeizuführen. Das gelingt leider nicht immer, und in besonders schwierigen und komplizierten Fällen, wenn Gewalt angedroht oder vollzogen wird, gibt es dann auch noch die Möglichkeit, Frauen eine Zuflucht in Frauenhäusern zu verschaffen, die extra Unterbringungsmöglichkeiten vorhalten. Wenn es dann wirklich sehr schwierig wird und Gewaltanwendung im Spiel ist, müssen Justiz und Polizei eingeschaltet werden.
Unsere zentrale Aufgabe an jeder Stelle, ob an der Schule, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, im Familien- oder im Freundeskreis, ist es, die jungen Frauen, die von Zwangsheirat bedroht sind, tatsächlich zu unterstützen und ihnen Mut zu machen, dass sie es nicht tun müssen, und in der Familie klar zu machen, dass es ein Straftatbestand ist. Deswegen ist aus meiner Sicht auch sehr wichtig, was an Fortbildungen stattfindet, denn eine solch komplizierte Situation als Lehrerin oder als Sozialarbeiter zu managen, ist unheimlich schwierig. Deswegen ist so eine Fortbildung notwendig, in der man sozusagen Situationen und Auseinandersetzungen erfassen und lernen kann, wie man mit dieser Familie und zum Beispiel auch mit der komplizierten Rolle der Mutter in dieser Familie umgeht, die ja oft zwischen zwei Erwartungen, der Erwartung der Tochter und der Erwartung der Familie steht und eine ganz schwierige Position hat, die auch Mütter oft an den Rand der Verzweiflung oder in die Verzweiflung treibt.
Wir haben, das ist auch schon gesagt worden, diverse Fortbildungsveranstaltungen, auch gerade für die Polizei. Es ist wichtig, dass gerade Kontaktpolizisten, die auch sehr gut in den Stadtteilen verankert sind, wissen, wie sie mit Zwangsheirat umgehen sollen und vor Ort tatsächlich auch schon agieren können.
Aus meiner Sicht sehr wichtig ist das, was wir hinsichtlich des Informationsaustausches mit den muslimischen Gemeinden vorhaben. Wenn wir es schaffen, dort die nötige Rückendeckung zu erlangen, die Rückendeckung der Gemeinden, die sich ebenfalls dafür einsetzen, Zwangsheirat zu ächten, haben wir einen ganz wichtigen Schritt geschafft. Wenn die Migrantinnen und Migranten es selbst zu ihrer Sache machen, das nicht zu dulden – darauf setze ich –, dann, glaube ich, sind wir doch ein deutliches Stück weiter. Deswegen sind die Gespräche und die Runden, die mit diesen Moscheen vereinbart sind, in den Stadtteilen so wichtig. Wenn sich der Hodscha an die Spitze der Bewegung stellt, wäre das, glaube ich, das Beste, das wir schaffen könnten,
haben: Wir müssen uns selbst zur Aufgabe stellen, nicht wegzuschauen! Wir haben die verdammte Pflicht, jeder Frau und jedem jungen Mädchen zu helfen, die in einer solchen Situation stecken! Wir müssen uns darum kümmern! Wir haben die Möglichkeiten, und wir sollten uns dann auch wirklich vornehmen zu handeln, auch wenn es unangenehm wird und es Konflikte gibt, und auf jeden Fall das Schicksal der jungen Frau in den Mittelpunkt zu stellen, ihr zu helfen und sie zu ermutigen. Es lohnt sich für jede Frau und für jedes junge Mädchen. Das, denke ich, ist auch ein Ergebnis unserer heutigen Debatte. – Danke schön!
Ausbau der Schleusen Dörverden und Minden sowie Anpassung der Mittelweser an den Verkehr von Großmotorgüterschiffen (GMS)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Welch ein Bruch in der Reihenfolge der Themen! Nach dem sensiblen Thema von vorhin rede ich über Schiffe, Kisten und Container. Das fällt mir doch ein bisschen schwer nach dem, was man eben so gehört hat.
Nichtsdestoweniger, es geht um Bremen, Bremerhaven und um die Weserregion. Wir reden heute zum fünften Mal in diesem Haus über das Thema „Ausbau der Mittelweser“. Wenn wir über den Ausbau der Mittelweser reden, müssen wir uns auch vergegenwärtigen, dass unmittelbar daran ja auch der Mittellandkanal anschließt, eine der wichtigen OstWest-Achsen in dem Wasserschifffahrtswegekalender. Der Mittellandkanal steht also nicht nur für die Entwicklung einer der wichtigen Ost-West-Wasserstraßen, sondern auch für die fast hundertjährige Geschichte der Verkehrsanbindung der Seehäfen an der Weser an das Netz der deutschen Wasserstraßen.
Mit der im Jahr 1915 in Betrieb genommenen Schachtschleuse in Minden, die den Übergang von der Mittelweser in den Mittellandkanal ermöglicht,
erhielt man einen unmittelbaren Zugang zum Weltseeverkehr, wenngleich auch zu jener Zeit die Bedeutung dieser Verkehrsverbindung allenfalls zweitrangig erschien. Den größten Impuls brachten dabei die deutsche Wiedervereinigung und der damit erwartete Anstieg der Güterverkehre in Ost-West-Richtung. Das in Milliardenhöhe dotierte Ausbauprogramm für den Kanal, die neue Brücke über die Elbe und der Anschluss an das Netz der Wasserstraße in die Wirtschaftsregion Berlin waren Ergebnisse politischer Prioritäten, die mit hohen verkehrspolitischen Erwartungen verknüpft und mit immensem Mittelaufwand verbunden sind.
Die bisherigen Verkehrsbeziehungen der niedersächsischen und bremischen Unterweserhäfen Bremerhaven, Nordenham, Brake und Bremen zum Mittellandkanal sind überwiegend von den theoretischen Möglichkeiten geprägt, weniger von deren Umsetzung. Dabei ließe sich der Verkehrswert der Wasserstraße Mittellandkanal und damit die vom Bund und von den bei der Finanzierung beteiligten Ländern Niedersachsen, NRW und Bremen eingesetzten Investitionsmittel in Milliardenhöhe beträchtlich steigern, wenn ein leistungsfähiger Anschluss an die Seehäfen an der Weser über einen Binnenschifffahrtsweg Mittelweser zur Verfügung stehen würde, der den Anforderungen an einen kostengünstigen Transport auf dem Wasser entspricht. Trotz aller politischen Absichtserklärungen der vorherigen Bundesregierung ist dies in den letzten 20 Jahren leider nicht gelungen.
Da die Weserhäfen mit zirka 30 Prozent am Gesamtumschlag aller deutschen Nordseehäfen beteiligt sind und damit ein bedeutendes Zentrum des deutschen Außenhandels darstellen, könnte die ökonomische Bedeutung des Mittellandkanals durch eine leistungsfähige Verbindung zu den Weserhäfen nachhaltig gesteigert werden. Bereits 1988 vereinbarten daher der Bund und das Land Bremen, die Mittelweser als Verbindung zwischen dem Mittellandkanal und den Weserhäfen für einen uneingeschränkten Verkehr von Europaschiffen mit einer Länge von 85 Metern auszubauen. Die Fertigstellung der Mittelweser sollte mit dem Anschluss der Ausbaumaßnahmen an der Weststrecke des Mittellandkanals erfolgen. Die Häfen an der Weser und die verladende Wirtschaft gingen vom Jahr 1992 aus. Die Weststrecke wurde bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend fertiggestellt. Allerdings ist die Mittelweser bis heute noch nicht komplett ausgebaut.
Vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung erfolgte 1997 eine Vertragsergänzung zwischen dem Bund und Bremen zusätzlich zum uneingeschränkten Begegnungsverkehr von Europaschiffen, dass der Ausbau der Mittelweser auch für den Verkehr von Großmotorgüterschiffen mit einer Länge von rund 110 Metern ermöglicht werden sollte. Allerdings würden für diesen Verkehr mit diesen so genannten GMSSchiffen an einigen Stellen im Fluss verkehrsregelnde Maßnahmen erforderlich werden. Da bis auf die Schleu
sen in Dörverden und in Minden alle anderen Weserschleusen eine nutzbare Länge von über 200 Metern aufweisen, sind nur die zwei genannten Schleusen, die sich nur von Schiffen von maximal 85 Metern Länge passieren lassen, neu zu bauen. Beide Schleusen sind zudem ohnehin bauwerksbedingt in nächster Zukunft zu ersetzen.
Nach intensiver Diskussion mit Verwaltung und Politik – und die, die hier in der Hafenpolitik tätig sind, können sich daran erinnern, wie wir in den vergangenen Jahren darum gekämpft haben – ist es uns gelungen, die Schleusen in Dörverden und Minden mit einer nutzbaren Schleusenkammerlänge von 139 Metern errichten zu wollen, um sowohl verlängerte Großgüterschiffe als auch Schubverbände mit einer Länge von knapp 140 Metern abzufertigen. Den bereits vorliegenden Zusagen zum Ausbau der Mittelweser folgte im Rahmen der maritimen Konferenz der Bundesregierung im Jahr 2003 eine weitere. Die Mittelweser wurde in das gemeinsame Prioritätenkonzept Seehafenanbindung der Bundesregierung und der norddeutschen Küstenländer aufgenommen. Die politische Zusage dieser Konzeption ist eindeutig: Bis zum Jahr 2010 sollen die prioritären Projekte verwirklicht sein, wobei die Realisierung auf die Zeitschiene bis 2010 möglichst weit nach vorn gezogen werden sollte. Auf der vierten maritimen Konferenz Ende Januar 2005 in Bremen wurde diese Aussage abermals bekräftigt.
Das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der Flussstrecken und der Schleusenkanäle an der Mittelweser ist durch entsprechenden Beschluss, wenn auch nicht in allen Abschnitten rechtsverbindlich, abgeschlossen. Der erste Bauabschnitt zwischen Minden und Landesbergen ist weitestgehend hergestellt, und der Realisierungszeitraum für den zweiten Bauabschnitt zwischen Landesbergen und Bremen ist abhängig vom Verlauf anhängiger Klageverfahren. Die Planungen für den Bau der Schleusen in Minden und Dörverden mit einer Schleusenkammerlänge von 139 Metern kommen langsam voran. Auf den ersten Blick scheint es mit zügigen Schritten voranzugehen.
Bei der Frage, wann die erforderlichen Finanzmittel, und davon hängt natürlich vieles ab, für die Mittelweser bereitgestellt werden, offenbarte sich hingegen eine Situation, die befürchten ließ, dass die Verkehrspotentiale des Mittellandkanals in Richtung Norden noch längere Zeit nicht umgesetzt werden. Nach den Haushaltsplanungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen standen für den Bau der Schleusen bis mindestens 2010 keine Mittel zur Verfügung.
Binnenschifffahrt auf der Mittelweser ist bisher traditionell Massengutverkehr. In besten Zeiten lag das Transportaufkommen bei um zwölf Millionen Tonnen. In den letzten Jahren bewegte sich das Aufkommen zwischen sechs und sieben Millionen Tonnen, in der Güterstruktur dominierten Sand- und Kiestransporte, Kohle, Getreide und auch Futtermittel. Der Rück
gang des Transportaufkommens ist ein Beleg für die mangelnde Leistungsfähigkeit der Mittelweser im gegenwärtigen Ausbauzustand.
Dass sich erhebliche Zunahmen im Massengutverkehr auf einer ausgebauten Mittelweser einstellen würden, haben vorliegende Kosten-Nutzen-Analysen ermittelt. Aus diesen Untersuchungen haben sich zudem auch äußerst positive Entwicklungsmöglichkeiten gerade beim Containertransport aus und zu den Weserhäfen über Mittelweser und Mittellandkanal ergeben. Allein bis 2015 wäre mit einem Transportaufkommen von rund 150 000 Containern per annum zu rechnen. Für den Mittellandkanal würde sich auch aus dem steigenden Binnenschiffsverkehr auf der Mittelweser ein annähernd gleich großer Verkehrszuwachs ergeben, da der zusätzliche Schiffsverkehr auf der Weser die Fahrt auf dem Kanal fortsetzen würde.
Für die Seehäfen an der Weser bieten sich wirtschaftlich lukrative Perspektiven, wenn es gelingt, den Ausbau des Binnenschifffahrtweges Mittelweser nach mittlerweile fast 20 Jahren Planung gemäß den bestehenden Verträgen bis zum Jahr 2010 fertig zu stellen. Es ist hinlänglich bekannt, dass die deutsche Volkswirtschaft in starkem Maße vom Imund Export abhängig ist und dass zirka 80 Prozent der deutschen Exporte per Seeschiff verladen über die deutschen Seehäfen abgewickelt werden. Deutsche Seehäfen sichern den Außenhandelsstandort Deutschland. Die Wettbewerbshäfen im Westen sind bereits an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen. Die Zu- und Ablaufwege sind völlig überlastet.
In dieser Situation ist es umso dringlicher, mit den deutschen Nordseehäfen über leistungsfähige Schnittstellen für Ex- und Importwarenströme zu verfügen. Da die internationale Arbeitsteilung im Rahmen der weiter zunehmenden Globalisierung fortschreiten wird und die wirtschaftliche Integration Osteuropas in die EU mit einem erheblichen Anstieg des Güterverkehrs zu Lande verbunden sein wird, ist es umso notwendiger, dass die Kapazitäten der Wasserstraßen für den Transport von Außenhandelsgütern zu den deutschen Nordseehäfen stärker zu nutzen sind.
Die Potentiale der Mittelweser sind noch weitgehend ungenutzt. Die Infrastrukturpolitik hat in der Vergangenheit auf die Notwendigkeit der verstärkten Nutzung der Binnenwasserwege zu den Seehäfen an der Weser noch keine adäquate Antwort gefunden, stattdessen wurde einseitig der Anschluss des Mittellandkanals an die Wettbewerbshäfen in den Westen forciert. Damit es keine Missverständnisse gibt: Ein leistungsfähiges Wasserstraßennetz, und damit auch der Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals, ist zu begrüßen. Allerdings stellt die Tatsache, dass sich die Infrastrukturpolitik bislang nicht hafenneutral verhalten hat, eine Diskriminierung der deutschen Seehäfen dar, die den ausländischen Wettbewerbshäfen Vorteile verschafft, die weder durch die Leistungsfähigkeit der Standorte noch durch verkehrs
geographische Vorteile bedingt sind. Im Gegenteil, den Seehäfen an der Weser wurde bislang eine zeitgleiche und vom Ausbaustandard vergleichbare Anbindung an den Mittellandkanal vorenthalten mit der Konsequenz, dass die geographischen Wettbewerbsverhältnisse auf den Kopf gestellt werden.
So ist es so, dass es zukünftig kostengünstiger sein wird, von den Westhäfen in Richtung Magdeburg 670 Kilometer entfernt zu fahren als von den deutschen Seehäfen an der Weser, wo es nur 370 Kilometer sind. Dies wird ausschließlich dadurch begründet, dass für den Anschluss des Mittellandkanals an die Weserhäfen nur eine Mittelweser zur Verfügung steht, die den heutigen Wettbewerbsansprüchen nicht genügt.