Protocol of the Session on June 23, 2005

um Ihre vereinfachten, nicht vorhandenen politischen Ziele voranzubringen.

Einige Aspekte der Vorteile für Bremen und Bremerhaven sind hier schon angesprochen worden. Ich glaube, wenn Sie anfangen, den bedauerlichen Abbau von Arbeitsplätzen im Nahrungs- und Genussmittelbereich in Bremerhaven anzusprechen, muss ich sagen, ist das schon ziemlich dreist, was Sie hier produzieren.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Das ist Tatsache!)

Es ist dreist, weil Sie, wie gesagt, auch da von der Sache überhaupt keine Ahnung haben.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Das ist Tatsache!)

Fakt ist, dass wir uns in einem globalen Wettbewerb befinden und dass sich alle Produktionsstandorte, ob wir es nun wollen oder nicht, mit oder ohne EU, das einmal auch in Ihre Richtung klargestellt, hier auf dem Markt im Wettbewerb befinden und dass es immer wieder Situationen und Entwicklungen, so bedauernswert es auch ist, das muss man zur Kenntnis nehmen, gegeben hat, dass Arbeitsplätze in Deutschland nicht mehr gehalten werden konnten. Das war in den vergangenen 40 Jahren so, und ich sage Ihnen, das wird auch in den nächsten 40 Jahren so sein.

Fakt ist aber auch, dass durch die Verlagerung von Produktionsstätten deutscher, aber auch bremischer mittelständischer Unternehmen, Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven gesichert werden können. Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen. Viele mittelständische Unternehmen haben, um im weltweiten Markt weiter leistungsfähig anbieten zu können, Produktionsstätten nach Polen verlegt, haben damit aber hier in Deutschland Arbeitsplätze gesichert.

Die Zahl, die wir in unserer Antwort auch dargelegt haben, dass im Saldo, rein statistisch gesehen, 300 000 Arbeitsplätze von dem Handel mit Osteuropa profitieren und dadurch nur 150 000 in der Produktion weggefallen sind, macht deutlich, dass wir unter dem Strich davon profitieren, dass wir eine Europäische Gemeinschaft haben, dass wir einen prosperierenden Handel mit Osteuropa haben. Ich glaube, das zeigt gerade an dem Außenhandelsstandort, dem Hafenstandort Bremen und Bremerhaven sehr deutlich, dass wir an dieser Stelle davon profitieren und keine Nachteile von der EU-Osterweiterung haben.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sicherlich ist die Diskussion notwendig, weil die letzten Wochen auch gezeigt haben, dass die Entwicklung in Brüssel, in der Kommission, im Rat, sehr viel weiter ist als die Menschen, die es letztendlich tragen müssen. Dieser Prozess muss nachgeholt werden. Das ist auch Ausdruck der Unsicherheit – so habe ich es zumindest verstanden und interpretiert – und der negativen Abstimmungsvoten in Frankreich. Deswegen ist es eine besondere Herausforderung, deswegen finde ich auch den Gedanken richtig, an dieser Stelle innezuhalten, nicht den Prozess abzubrechen, sondern einen Prozess zu organisieren, die Menschen mitzunehmen, weil die Europäische Gemeinschaft nur mit den Menschen funktionieren kann und nur getragen werden kann, wenn die Menschen sie auch als richtig und alternativlos erkennen. Ich glaube, dass wir vom Grundsatz her auf dem richtigen Weg sind,

und deswegen glaube ich auch, dass die heutige Diskussion hier besonders wichtig ist.

Ich möchte im Folgenden kurz auf die Fragen eingehen, die durch die Große Anfrage der CDU und der SPD gestellt worden sind. Ich möchte damit verbunden darlegen, dass die Osterweiterung nicht etwa ein Problem, sondern vielmehr Teil einer Lösung zur Bewältigung des vielschichtigen wirtschaftlichen Handelns ist, den wir unter dem Begriff der Globalisierung fassen.

Von den Fraktionen der CDU und der SPD wurde der Senat gefragt, wie sich der bisherige bremische Außenhandel mit dem Beitrittsländern entwickelt hat. Generell ist für Bremen und Deutschland die EU 25 mit Abstand der wichtigste Handelspartner. In der Bundesrepublik Deutschland werden über 60 Prozent des Handelsvolumens mit der EU 25 abgewickelt. In Bremen sind es über 50 Prozent. Das macht schon einen wesentlichen Unterschied deutlich. Der bremische Außenhandel ist, gemessen an der Zusammensetzung der Handelsanteile, vergleichsweise stark auf den amerikanischen und den asiatischen Markt ausgerichtet.

Innerhalb der EU konzentriert sich der bremische Handel klar auf die EU 15. Bremen wickelt über 95 Prozent des Handelsvolumens innerhalb der EU 15 ab. Bundesseitig beträgt dieser Wert nur 86 Prozent. Bezogen auf die neuen Mitgliedsstaaten ist allerdings eine starke Dynamik in den Handelsbeziehungen zu verzeichnen. Das Handelsvolumen zwischen Bremen und Bremerhaven und den neuen Mitgliedsstaaten hat sich zwischen 2000 und 2004 um zwölf Prozent gesteigert. Dabei scheint mir die letzte Zahl besonders interessant. Der Export von Bremen in die neuen Mitgliedsstaaten hat sich in den vergangenen vier Jahren um mehr als 40 Prozent steigern können.

Meine Damen und Herren, wenn die letzte Zahl schon verdeutlicht, dass bremische Unternehmen die mit der Erweiterung einhergehenden Chancen zu nutzen verstehen und dass sie sich neue Märkte erschließen, dann wird der Nutzen für das Land Bremen noch deutlicher, wenn Sie sich die mengenmäßige Entwicklung des bremischen Seeverkehrs vor Augen führen.

Bezüglich des Handelsvolumens ist zwischen 2000 und 2004 generell eine Steigerung von 16 Prozent zu verzeichnen. Der Handelsverkehr mit den mittel- und osteuropäischen Ländern stieg hingegen um 37 Prozent. Das erhöhte Frachtaufkommen ist auch mit einer Sicherung beziehungsweise Neuschaffung von zahlreichen Arbeitsplätzen in Bremerhaven verbunden. Die BLG führt beispielsweise gerade in Kooperation mit dem Arbeitsamt eine Qualifizierungsmaßnahme für mehr als 200 Personen durch, die zukünftig im Hafenbereich in der Abfertigung von Gütern beschäftigt werden sollen. Die steigenden Umschlagszahlen im Containerverkehr erfordern auch neue Liegeplätze und zusätzliche Hafenflächen. Wir haben

hier an verschiedenen Stellen schon über den Ausbau der Hafeninfrastruktur gesprochen.

Damit bin ich bei der Beantwortung der zweiten Frage. Die Unternehmensberatung Ernst und Young hat im Frühjahr dieses Jahres bundesweit 3000 kleine und mittelständische Unternehmen unter anderem zu den Folgen der EU-Osterweiterung befragt. Für die Branchen Handel, Dienstleistung und Industrie gilt, dass ein knappes Drittel aussagt, die Erweiterung wäre für sie mit positiven Effekten verbunden, zum Beispiel durch die Erschließung neuer Märkte, den Wegfall von Zöllen, verbesserte Möglichkeiten, Waren und Dienstleistungen aus den europäischen Ländern zu beziehen. Für knapp zwei Drittel waren mit der Erweiterung keine Folgen verbunden, und nur für verbleibende fünf beziehungsweise sieben Prozent sind negative Folgen zu verzeichnen, also ein eindeutig positiver Saldo.

Eine spezifische Auswertung für Bremen ergab, dass für 60 Prozent aller in Bremen befragten Unternehmen die EU-Osterweiterung keine Folgen hat. 25 Prozent sagten aus, die Erweiterung wäre für sie mit positiven Effekten verbunden, 14 Prozent sahen die Erweiterung, auch das muss man sagen, eher kritisch. Wir können und müssen wohl daher davon ausgehen, dass Firmen generell Maßnahmen ergreifen, um global wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Davon betroffen sind hierzulande vor allem arbeits- und lohnintensive Produktionsprozesse, die in andere Länder verlagert werden. Ich denke dabei insbesondere auch an Arbeitsplätze, ich hatte es eben gerade schon angedeutet, in der lebensmittelverarbeitenden Industrie.

Ich möchte daher an dieser Stelle auch darauf hinweisen, wie wichtig es für Bremen und Bremerhaven ist, dass wir uns dem Strukturwandel, der sich in diesen und ähnlichen Verlagerungsprozessen im Rahmen einer globalisierten Weltwirtschaft ausdrückt, nicht verschließen. Wir wollen ihn vielmehr positiv gestalten, indem wir beispielsweise unsere Förderprogramme klar auf die Prioritäten einer wissensbasierten Gesellschaft ausrichten und die bei uns angesiedelten Unternehmen auf diese Weise unterstützen, sich dem härter werdenden Wettbewerb zu stellen.

Um im Wettbewerb zu bestehen, bedarf es neben einer eigenen Leistungsbereitschaft und Innovationsfähigkeit oft auch starker Partner. Aus diesem Grunde beteiligen wir uns an zahlreichen europäischen Netzwerken, zum Beispiel mit Partnern unter anderem aus den Ländern Lettland, Litauen und Polen. Diese Projekte sind Projekte auf Gegenseitigkeit, bremische Unternehmen erhalten dadurch zusätzliche Kenntnisse von der Situation vor Ort, die sich bei der Erschließung neuer Märkte von Vorteil erweisen. Zahlreiche Initiativen im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich tragen zur Vernetzung und zur Integration der Länder in einem europäischen Binnenmarkt

bei. Ich denke, dass unsere Antwort in diesen vorliegenden Seiten auch dies anschaulich illustriert.

Herr Wedler, eines habe ich nun wirklich nicht verstanden: Ich vernehme zwischenzeitlich bei Ihnen so eine gewisse Leier, die Sie herunterspulen. Egal und unabhängig davon, was in irgendwelchen Antworten steht, sagen Sie erst einmal, Bremerhaven ist unbefriedigend berücksichtigt, und es muss nachgearbeitet werden. Da ich mir als Senator nicht erlauben darf, irgendwelche Noten für parlamentarisches Handeln zu verteilen, werde ich dies natürlich auch nicht tun. Wenn Sie sich aber diese Vorlage einmal intensiv durchlesen, werden Sie in allen Fragen einen deutlichen Bezug zu Bremerhaven feststellen.

Sie müssen natürlich auch die Zusammenhänge zur Kenntnis nehmen, etwa bei der Frage eins, die ganz stark auf den Hafenwirtschaftsplatz Bremerhaven eingeht. Es ist Bremerhaven, vielleicht haben Sie es noch nicht mitbekommen, es ist aber so! Auch die Frage zwei bezieht sich auf den Hafenstandort Bremerhaven. In Frage drei werden die Beziehungen zwischen Bremerhaven und Kaliningrad angesprochen. In der Frage vier wird auf die Aktivitäten der Bremerhavener Gesellschaft für Investitions- und Stadtentwicklung, kurz BIS genannt, eingegangen. In der Antwort auf die Frage fünf wird die Hochschule Bremerhaven gesondert bewertet, in eigenen Absätzen das Alfred-Wegener-Institut. Alles Institutionen und Einrichtungen in Bremerhaven! Ich kann Ihnen diese Stellen nachher gern noch einmal zeigen, falls Sie sie beim Durchlesen nicht entdeckt haben mögen.

So möchte ich abschließend zu diesem Bereich anmerken, dass nicht zuletzt unsere historisch gewachsenen Verbindungen in den Ostseeraum und unsere Städtepartnerschaften die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit im Rahmen gemeinsamer EUFördermittelanträge bilden. Daher wird sich Bremen auch weiterhin im europäischen Kontext für eine Verstetigung dieser Partnerschaften einsetzen.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf die Frage nach Maßnahmen eingehen, die nach Auffassung des bremischen Senats notwendig sind, um hiesige Unternehmen in ihrem Streben nach Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Ich denke und hoffe, dass dies auch in meinen bisherigen Ausführungen deutlich wurde, dass wir gut beraten sind, nicht in der Erweiterung der Europäischen Union die eigentliche Herausforderung zu sehen, sondern in der Aufgabe, unsere Unternehmen für den globalen Wettbewerb fit zu machen. Dazu gehört, die Erweiterung als Baustein einer Strategie zu sehen, Europa als wahrnehmbaren Player einer globalisierten Weltwirtschaft zu positionieren.

Ich sehe unsere Aufgabe als Politiker daher darin, den Standort Bremen für Unternehmen attraktiv zu halten. Dazu gehört, dass wir den durch die Globalisierung erfolgenden schnellen Strukturwandel aktiv

gestalten und Maßnahmen ergreifen, um den Standort Bremen, also auch Bremerhaven, als Innovationsstandort besser in der Wahrnehmung der Akteure zu verankern. Mit der Auszeichnung „Bremen 2005, Stadt der Wissenschaft“ verfügen wir beispielsweise hier über ein wichtiges Instrument. – Ich darf mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit bedanken!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Gesetz zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes und des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes

Mitteilung des Senats vom 10. Mai 2005 (Drucksache 16/608) 2. Lesung

D a z u

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 21. Juni 2005

(Drucksache 16/662)

u n d

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 21. Juni 2005

(Drucksache 16/663)

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung des Bremischen Beamtengesetzes

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 21. Juni 2005 (Drucksache 16/664) 1. Lesung 2. Lesung

Grundsatz der Duldsamkeit an Bremer Schulen gewährleisten

Antrag des Abgeordneten Wedler (FDP) vom 21. Juni 2005 (Drucksache 16/667)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft (Land- tag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 40. Sitzung am 25. Mai 2005 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur ersten Lesung des Gesetzantrages zur Änderung des Bremischen Beamtengesetzes und gleichzeitig zur zweiten Lesung des Gesetzantrages zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes und des Bremischen Schulverwaltungsgesetzes.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktionen der SPD und der CDU legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bremischen Schulgesetzes vor, mit dem die religiöse und weltanschauliche Neutralität der öffentlichen Schulen im Lande Bremen geschützt wird.