Protocol of the Session on June 22, 2005

besser geschrieben als die an einer Schule – und dann anschließend die Ergebnisse der Abschlussprüfungen der zuständigen Kammern! Wenn das zusammengezogen wird, dann glaube ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und das zeigt auch viel deutlicher, wie sich der junge Mensch in der Berufsausbildung dargestellt hat, eben nicht nur im Betrieb, sondern auf dem ganzen Parkett der Berufsausbildung. Das gibt für mich ein aussagefähiges Zeugnis, und damit sollte er seinen Weg machen für Fort- und Weiterbildung im In- und Ausland.

Meine Damen und Herren, noch ein Punkt ist die Leistungsfähigkeit der Berufsschulen, weil wir daran ja ein Stück mitarbeiten können – das habe ich vorhin gesagt –, weil sie Mitgaranten der Qualität der Ausbildung sind. Das hat Frau Böschen alles ausgeführt, was man dort machen kann. Ich wäre sogar dafür – ich weiß, dass es schwierig ist, aber das fördert ein bisschen die etwas Schwächeren, wenn sie nicht mit Abiturienten zusammensitzen müssen, obwohl ein guter Realschüler mit vielen Abiturienten in einer Klasse sitzen kann –, dass der Berufsschulunterricht nach dem Alter und der Vorbildung von Auszubildenden getrennt werden sollte, wenn es machbar ist. Ich weiß, wie schwierig das ist, aber wenn es zwei große Klassen gibt, wo es viele Auszubildende gibt, dann sollte die Schule versuchen, Abiturienten und Hauptschüler und Realschüler zu trennen, weil die Vorbildung eine andere ist. Das hat etwas mit Fördern und Fordern zu tun, weil ich glaube, so ein Erfolgserlebnis braucht jeder. Ich weiß, ich habe mit Berufsschullehrern gesprochen, dass es nur an großen Berufsschulen möglich ist, aber man sollte es einmal versuchen.

Meine Damen und Herren, jetzt kommt ein wichtiger Punkt, was die Berufsschulen angeht. Frau Schön, ich weiß, dass viele nicht lesen, schreiben und rechnen können, das hatte ich in meiner Eingangsbemerkung gesagt. Ich bin aber der Meinung, das sollten wir dann doch bitte den allgemeinbildenden Schule zuschieben, weil die Betriebe und Berufsschulen nicht der Reparaturbetrieb der vorhergehenden Schulen sind, und den Betrieben können wir es auch nicht anlasten, da noch etwas zu machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich habe es zum Schluss gesagt!)

Wenn wir da übereingehen! Ja, ich weiß, dass es fehlt, und an den Berufsschulen ist sowieso Arbeit genug!

Wie gut unsere Berufsschulen angenommen werden, möchte ich aus einem Papier der Akademie für Arbeit und Politik der Universität Bremen zitieren, dort steht: „Einstellungen zur schulischen Situation: Fast alle befragten Berufsschülerinnen und -schüler bewerten das Klima in der Berufsschule positiv, und dies spricht für eine hohe Akzeptanz der Berufsschule bei den Schülerinnen und Schülern der Befragung.“

Weiter heißt es: „Bezogen auf den Unterricht wünschen sich die Berufsschüler eine stärkere Verbindung von Theorie und Praxis,“ – darum habe ich es vorher auch gefordert – „außerdem erwarten die Berufsschülerinnen und Berufsschüler von den Lehrpersonen eine interessante Unterrichtsgestaltung, in der auch ausreichend auf die Rückfragen zum Inhalt eingegangen wird.“ Daran wollen wir auch weiterarbeiten.

Jetzt kommt der Punkt, bei dem wir vielleicht nicht alle überein sind, meine Damen und Herren: Wir halten die Einführung bundesweit gültiger Qualitätsstandards und eines Qualitätsmanagements sowie externer Evaluierung auch für den Bereich der beruflichen Ausbildung für dringend notwendig, kurzum, es heißt „Pisa für die berufliche Bildung“. Ich glaube, wir sollten dennoch darangehen, um die Qualität prüfen zu lassen.

(Zuruf von Senator L e m k e )

Ja, so ein Ranking und dass die Berufsschulen schlecht abschneiden und wir dann wieder auf den Bildungssenator eindreschen können! Nein, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass in diesem Bereich – davon bin ich fest überzeugt, weil ich doch so hin und wieder in die Berufsschulen gehe und weiß, was da herauskommt, weil Betriebe mir das wiedergeben – unsere Berufsschulen mit ganz oben stehen werden, wenn es zu einem Pisa für Berufsschulen kommt. Ich glaube, dass der Bereich der beruflichen Bildung im Land Bremen wirklich auf einem sehr guten Wege ist und wir eine Menge machen. Wir sollten dies allerdings auch nicht bei den Haushaltsberatungen vergessen. Das gebe ich Ihnen allen noch mit auf den Weg.

Ich möchte zu diesem Punkt Gerald Straka, Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt empirische Lehr- und Lernforschung an der Universität Bremen, zitieren. Er hat in der „Süddeutschen Zeitung“ am 20. März unter dem Titel „Brauchen wir einen Berufsbildungstest?“ geschrieben, ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin:

„Verschiedentlich wird seitens der Betriebe auf Schwächen der Auszubildenden in Grundfertigkeiten wie Lesen, Rechtschreiben und Rechnen aufmerksam gemacht. Mit TIMSS und Pisa wurden diese ‚Eindrücke’ mit empirischen Befunden untermauert. Insofern kann die überraschend hohe Erfolgsquote bei den Lehrabschlussprüfungen, zum Beispiel 85 Prozent“, – so steht es im Berufsbildungsbericht 2003 der Bundesregierung, auf Seite 99 nachzulesen – „Anlass zur Frage sein: Ist dieser erstaunliche Befund auf die Bemühungen der Betriebe, Schulen und der Auszubildenden zurückzuführen oder handelt es sich schlicht und einfach um das Ergebnis von abgehaltenen Prüfungsritualen?“ Da ist etwas daran!

Die „Süddeutsche Zeitung“ fragt weiter: „Wie könnte das berufliche Bildungsniveau verbessert wer

den?“ Professor Straka dazu: „Dazu müsste man wissen, auf welchem Niveau man sich derzeit befindet, und das ist eben der wunde Punkt. Mit der Verabschiedung der Bildungs- und Ausbildungsaufträge und ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist meist Ruh bis zur Neuordnung eines Berufes nach zig Jahren. Ob und in welchem Umfang die Lehr- und Ausbildungsziele erreicht werden, ist bis heute leider nicht bekannt.“ Recht hat er! „So sei heute der Begriff Leistungsmessung verpönt, man sagt heute ‚Kompetenzbeurteilung’ dazu. Heute spreche man bei der Verschiedenartigkeit von ‚Heterogenität’, vor gut 30 Jahren nannte man das ‚Differenzierung’. Früher hieß Ausbildung ‚Qualifizierung’, heute wird sie ,Kompetenzentwicklung’ genannt. Die Bildungspolitik feiert die Auferstehung alter Konzepte mit neuen Bezeichnungen.“ Aus dem Grund ist er dafür, dass wir Pisa für Berufsausbildung machen. Nicht, dass er selbst den Auftrag bekommt, das kann er sowieso nicht machen, aber vielleicht sollten wir uns doch noch einmal hinsetzen und die Initiative ergreifen.

Warum soll das Land Bremen nicht einmal diesen Anstoß geben? Das können wir ja nur in der Kultusministerkonferenz oder im Bundesrat machen, aber warum sollten wir es nicht machen? Warum müssen das immer Bayern, Baden-Württemberg oder andere große Länder machen? Wir sind schließlich auch ein Bundesland und haben auch Stimmen im Bundesrat.

(Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau!)

Meine Damen und Herren, weil es so schön ist, weil wir alle zusammen an diesem Projekt arbeiten –

(Glocke)

jetzt komme ich zum Schluss, Frau Präsidentin, jetzt mache ich wirklich Feierabend! –, aber auch hier möchte ich wieder die Akademie für Arbeit und Politik der Universität zitieren. Sie schreibt in der Anmeldung zur Zukunftswerkstatt – jeder hat es wahrscheinlich in seinem Fach gehabt, und das fand ich sehr gut zu diesem Problem –, ich darf zitieren: „Das System der dualen Berufsausbildung befindet sich in einem permanenten Entwicklungsprozess. Diesen wollen wir mitgestalten, um die Ausbildungssituation zu verbessern. Bei allen an der Berufsausbildung Beteiligten gibt es häufig Unzufriedenheit über die gegenwärtige Situation, die nicht selten in Schuldzuweisungen mündet. Betriebe, Lehrerinnen und Auszubildende formulieren häufig ganz ähnliche Kritik an der Ausbildungssituation.“

Das haben wir heute in der Debatte auch gemacht. Lassen Sie uns gemeinsam daran mitarbeiten, über Parteigrenzen hinweg, über Fraktionsgrenzen hinweg, für die Zukunft unseres Landes!

(Beifall)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich ganz herzlich die elfte Klasse des Schulzentrums Rübekamp begrüßen. – Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat der Abgeordnete Wedler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu einigen wenigen Stichworten, die mir eingefallen sind beziehungsweise die hier in der Debatte genannt worden sind, etwas sagen. Zuvor aber eine Vorbemerkung: Ich finde die Mitteilung des Senats zu der Großen Anfrage wirklich gelungen, das kann ich nur bestätigen. Aus meiner Sicht ist zwar manche Lyrik dabei, zugegeben, aber es gibt auch sehr viele Informationen zu vielen Einzelheiten, die man so genau gar nicht wusste.

Es ist vorhin angesprochen worden, dass die wichtigste Voraussetzung für eine berufliche Bildung eine gute schulische Ausbildung ist. Das kann ich von meiner Seite aus nur unterstreichen. Bei der schulischen Ausbildung ist es ja nicht so, dass wir da nur den berufsbildenden Zweig, sondern auch den allgemeinbildenden Zweig sehen müssen. Gerade – das ist hier vorhin auch schon mehrfach gesagt worden – wegen der Defizite, die einige Auszubildende mitbringen, ist es, glaube ich, auch richtig, das Augenmerk auf den allgemeinbildenden Schulbereich zu legen, weil dort die Grundlagen für das Sprechen, Lesen, Rechnen und so weiter gelegt werden. Wenn wir Defizite feststellen, die beklagt wurden, dann ist der Anspruch in dieser Richtung und nicht so sehr im beruflichen Bereich zu sehen. Insofern sehe ich das ein bisschen anders als Sie, Frau Schön. Ich denke, da ist der allgemeinbildende Schulbereich gefordert.

Der allgemeinbildende Schulbereich fängt ja nicht mit der Grundschule und der ersten Klasse an, sondern es geht ja auch schon davor im Elementarbereich los. Die Grundlage vieler Dinge, die später beklagt werden, wird dort schon gelegt. Wenn ich einmal an das Sprechen und an die sprachliche Kommunikationsfähigkeit denke, dann beginnt das im Grunde genommen dort, und ich meine, dass man das dort dann auch mit ansiedeln sollte. Das ist ein ganz wichtiger Bereich, denn gerade in bestimmten Berufsgruppen muss man auch großen Wert auf die Sprachfähigkeit der Azubis legen. Wenn man im Kranken- und Pflegebereich arbeitet oder wenn man allgemein mit Menschen umgeht, muss man auch kommunizieren können, und da ist es natürlich sehr misslich, wenn sprachliche Defizite bestehen. Da ist es also sehr wichtig, dass dieser Bereich auch angesprochen ist.

Bei dem Elementarbereich kann man weitere Überlegungen anstellen, welche Reformen und zusätzlichen Maßnahmen erforderlich sind. Ich will in dem Zusammenhang nur ein paar Stichworte nennen. Man kann darüber nachdenken, ob der Elementarbereich

separat laufen oder nicht stärker mit dem Schulbereich zusammengefasst werden soll. Wir plädieren für eine stärkere Verzahnung. Man kann auch darüber nachdenken, die Kostenfreiheit, die im allgemeinbildenden Schulbereich besteht, ebenfalls auf diesen unteren Bereich auszudehnen. Da sind also noch einige Dinge möglich, die auch dafür sorgen können, dass bestimmte Defizite, die heute bei den Azubis festgestellt werden, später nicht mehr kompensiert werden müssen.

Die beruflichen Schulen, das ist schon gesagt worden, sind Teil des dualen Systems, und dementsprechend müssen sie sich auch verstehen. Insofern finde ich die Bemühungen, die Aktivitäten und die neuen Regelungen, was die stärkere Verzahnung und Zusammenarbeit dieser beiden Bereiche anbetrifft – des berufsschulischen Bereiches und des betrieblichen Bereiches –, sehr richtig. Dies ist zwingend notwendig, weil das eine gemeinsame Ausbildung ist, die dort stattfindet, und sie soll in ein gemeinsames Abschlussergebnis münden, und deswegen sind sie auch gezwungen, stärker zusammenzuarbeiten. Das finde ich durchaus richtig, und das sollte weiter betrieben und gefördert werden.

Natürlich hat das dann auch Rückwirkungen auf Lehrinhalte, zum Beispiel im berufsschulischen Bereich. Sie müssen sich dann an die beruflichen Bilder anpassen, die entstehen und die auf die Schulwelt zukommen. Natürlich, Berufsbilder entwickeln sich, Berufe verändern sich. Entsprechend muss auch das Schulsystem reagieren und sich anpassen. Da gibt es auch bei uns im Land Bremen – gerade, wenn ich an die Strukturveränderungen im schulischen Bereich denke, in der Sekundarstufe I, in der Bündelung von Realschule und Hauptschule – sehr große Anforderungen, die auf uns zukommen. Ich denke, es gibt viele Kinder, die mehr im berufspraktischen Bereich Interessen und auch Fähigkeiten haben und die dann in einem anderen Bereich nicht so gut gefördert werden würden. Darüber sollte man auch nachdenken.

Die Reform der Ausbildungsordnungen ist vorhin schon genannt worden. Das ist auch ein altes Thema. Ich kenne es seit vielen Jahren meiner politischen Tätigkeit. Das ist immer, wenn man mit Betrieben redet, ein Thema gewesen. Ich kann es durchaus teilen, wenn hier gesagt wird, wir müssen da flexibler werden, und wir müssen möglicherweise auch stärker zu gestuften Systemen kommen. Da kann ich das, was Herr Ravens in dem Zusammenhang gesagt hat, durchaus unterstreichen. Das finde ich auch, das sind nämlich Antworten, die die Ausbildungsbetriebe manchmal geben, wenn danach gefragt wird, welche Veränderungen sie sich vorstellen.

Teilzeitausbildung als Stichwort finde ich auch in Ordnung. Dies, denke ich, sollte man weiter flexibilisieren. Die Ausbildungsordnungen werden ja nicht vom Staat gesetzt, sondern da ist der Bund, soweit ich das richtig weiß, mit den Gewerkschaften und

Tarifpartnern in einem Boot, und ich meine, dass sie schneller agieren und auch sehr viel schneller auf Veränderungen im Arbeitsmarkt und auf die Berufsbilder reagieren müssen. Das ist alles in meinen Augen noch viel zu langsam. Ein ganz entscheidender wichtiger Gesichtspunkt ist noch, weil das Rückwirkungen auf die Zahl der Ausbildungsplätze hat, die wirtschaftliche Entwicklung und die hohe Zahl der Pleiten. Darüber ist hier noch gar nicht geredet worden. Die wirtschaftliche Entwicklung ist nicht nur maßgeblich für die Zahl der Arbeitsplätze, sondern auch für die Zahl der Ausbildungsverträge. Wenn man dann liest, dass es relativ viele Pleiten gibt und dabei auch sehr viele ausbildungsbereite Betriebe sind – kleine und mittlere Betriebe tragen ja die Hauptlast der Ausbildung –, dann ist das vor dem Hintergrund der Zahl der Ausbildungsplätze äußerst betrüblich. Die wirtschaftliche Entwicklung und damit der Versuch, diese in Gang zu bringen und mehr Arbeitsplätze zu schaffen, unterstützt auch die Bemühungen, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Es gibt natürlich auch Überlegungen, was die Nebenkosten anbetrifft, Zusatzkosten, die hier eine Rolle spielen. In Bremen gibt es beispielsweise die Arbeitnehmerabgabe. Auch das ist ein Relikt, denke ich, das die Nebenkosten der Betriebe tangiert. Darüber sollte man ebenfalls nachdenken. Um die wirtschaftliche Entwicklung zu stimulieren, ist nach unserer Auffassung auch sehr viel Wert darauf zu legen, die steuerliche Belastung zu verändern. Die Abschaffung der Gewerbesteuer ist eine uralte FDPForderung, und die spielt hier ebenfalls eine Rolle, weil sie die Betriebe und auch die Ausbildungsbetriebe belastet und die Kosten für diese Betriebe hochtreibt. Es gibt weitere steuerliche Überlegungen, die im Bundesbereich in der Diskussion sind, die Entlastung der Unternehmen, was Körperschafts- und Einkommensbesteuerung anbetrifft. Auch das sind Dinge, die von Bedeutung sind, nämlich die Rückführung der steuerlichen Belastung. Sie wissen, dass die FDP ein Modell hat, das Bedeutung für die Einkommensteuerbelastung und damit konsequenterweise auch für die Körperschaftsteuerbelastung hat. Hier stellen wir uns ein sehr einfaches gestuftes, abgesenktes System, was den Tarif anbetrifft, vor. Das würde auch den Ausbildungsbetrieben massiv helfen können, wenn sie kostenmäßig in diesem Bereich entlastet würden. Ein weiteres Stichwort, das hier noch nicht genannt worden ist, das aber, denke ich, auch Rückwirkungen auf die Einrichtung von Ausbildungsplätzen, aber auch allgemein von Arbeitsplätzen hat, ist die überbordende Bürokratie. Wir klagen allgemein immer über überbordende Bürokratie, aber es gibt bestimmte Restriktionen, die Ausbildungsbetriebe zum Beispiel daran hindern, Ausbildungsplätze einzurichten. Wenn zum Beispiel Handwerksbetriebe argumentieren können – zu Recht, möglicherweise, weil die

Arbeitsstättenverordnung das vorsieht, dass bestimmte geschlechterspezifische Unterscheidungen nicht vorzunehmen sind –, Toiletten sind nicht da oder andere sanitäre Einrichtungen, ist das eine Ausrede für mich. Das könnte man eigentlich nicht als Argument anführen. Wenn es da eine rechtliche Regelung gibt, die das so vorschreibt, dann sollte man über eine solche Regelung nachdenken. Bei Ausbildungsverhältnissen im Bereich der Gastronomie wäre es möglich, ich sage das einmal bewusst so, über Arbeitszeiten, auch Veränderungen von Arbeitszeiten im Lehrlingsbereich nachzudenken. Da ist auch ein bisschen Veränderung möglich. Das könnte man stärker auf die konkreten Abläufe der Betriebe zuschneiden.

Nun gibt es natürlich Weiteres dieser Art aufgrund des Jugendschutzes, der Arbeitsstättenverordnung und anderer Regelungen des Gewerberechts. Man muss einmal darüber nachdenken, welche Bedeutung solche restriktiven Regelungen für die Schaffung von Ausbildungsplätzen haben. Das ist, glaube ich, nicht ganz unwichtig.

Den Ausbildungspakt hier in Bremen und auch im Bundesgebiet möchte ich einmal als Kind der Not bezeichnen, deswegen, weil es zu wenig Ausbildungsplätze gibt. Das hat auch wieder etwas mit der wirtschaftlichen Entwicklung und den Problemen am Arbeitsmarkt zu tun. Deswegen sind alle Initiativen, die dazu geeignet sind, die wirtschaftliche Entwicklung besser in Gang zu bringen – Restriktionen des Wirtschaftsgeschehens abzubauen, steuerliche Entlastungen auch im Nebenkostenbereich herbeizuführen –, alle positiv zu bewerten, weil das den Druck auf die Betriebe mindert und vielleicht auch die Bereitschaft wieder weckt, mehr auszubilden. Dann können am Ende vielleicht, wenn wieder genügend Plätze da sind, solche Ausbildungspakte wie hier in Bremen oder im Bundesgebiet, solche Bündnisse für Arbeit theoretisch dann auch wieder langsam reduzieren.

(Glocke)

Einen letzten Punkt noch! Frau Böschen hat vorhin das duale Fachhochschulausbildungssystem angesprochen. Wir waren ja kürzlich mit der Wissenschaftsdeputation unterwegs, und da haben wir gerade in Karlsruhe so ein schönes Modell gesehen. Ich finde, das ist eine hervorragende Sache, die wir uns hier für Bremen auch einmal überlegen sollten. Ich finde es gut, wenn bei Ihnen in der SPD darüber stärker nachgedacht wird.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wir denken immer nach! – Abg. Frau S c h ö n [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das kann die FDP auch machen!)

Das kann ja eine staatliche und nicht eine private Veranstaltung sein. Wir haben Fachhochschulen in der öffentlichen Trägerschaft, darüber kann man ja

durchaus nachdenken. Die Baden-Württemberger haben das in ihr Fachhochschulgesetz hineingeschrieben und da auch entsprechende Anforderungen formuliert. Ich finde, das ist ein sehr interessanter Vorschlag, und das ist auch für interessierte Jugendliche ganz interessant, denn sie haben dann sowohl ihre berufliche Ausbildung als auch die entsprechende Fachhochschulausbildung. – Damit möchte ich mich bedanken für Ihre Aufmerksamkeit!

Das Wort hat Herr Senator Lemke.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eine sehr fundierte und sachbezogene Debatte erlebt. Dafür danke ich zunächst einmal den sehr engagierten Rednern. Insbesondere bei Herrn Ravens hat man gemerkt, dass das nun wirklich ein Heimspiel für ihn war. Ich kann mich Ihnen in wesentlichen Teilen nahtlos anschließen, möchte dennoch einige aus meiner Sicht ganz wichtige Punkte ansprechen.

Das Erste ist die dauerhafte stabile Beschäftigung. Ich glaube, da zitiere ich Sie jetzt wörtlich, Herr Ravens. Das ist für uns alle das entscheidende Argument, verstärkt darauf zu achten, dass wir in der beruflichen Ausbildung noch besser werden. Wir machen in Bremen ganz viele positive Ansätze. Wir haben hervorragende Berufsschulen und arbeiten in der Regel auch sehr eng mit der Wirtschaft gut zusammen. Das muss ich einmal ganz klar und offen auch angesichts dieser Debatte sagen. Die Berufsschulen, wenn ich mir die anderen Bereiche anschaue, sind die Bereiche, denen ich am meisten zutraue und von denen ich sicher bin, dass sie die Aufgaben und Visionen, die wir haben, auch am besten umsetzen können.

Warum ist das so wichtig? Eine gute schulische Ausbildung – da stimme ich in dem Fall sogar Herrn Wedler zu – fängt natürlich schon in der Vorschule an. Die Übergänge sind das, was wir deutlich verbessern müssen, nicht nur in Bremen, sondern in Deutschland, nämlich die Übergänge vom Kindergarten, von der Erziehung zu Hause in die Grundschule und dann von der Grundschule in die Sekundarstufe I, von der Mittelstufe in die Oberstufe, und hier, an dieser Nahtstelle von der Mittelstufe oder der Oberstufe in die berufliche Ausbildung, müssen wir die Schüler deutlich besser orientieren.

Vor wenigen Monaten war ich in einer Veranstaltung, die die Agentur für Arbeit organisiert hat. Dort wurde uns von Wissenschaftlern nachgewiesen, dass bei all denjenigen Schülerinnen und Schülern, die im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung ein Praktikum gemacht hatten in dem Berufsfeld, in dem sie anschließend dann auch die Ausbildung durchgeführt haben, deutlich, aber signifikant deutlich weniger Abbrüche zu verzeichnen waren als bei denjenigen Schülerinnen und Schülern, die einfach aufgrund einer Lust und Laune einen Ausbildungsplatz gesucht haben.

Dies ist unsere Verantwortung, die Verantwortung der Bildung, der Politik. Das dürfen wir nicht in die Verantwortung der Betriebe schieben. Selbstverständlich haben Sie auch Recht, wenn Sie sagen, dass die Betriebe auch eine Verpflichtung haben, sich in Konflikten um Problemfälle zu kümmern und zu bemühen und nicht gleich zu sagen, da ist die Tür, es ist nichts mit unserem weiteren Ausbildungsverhältnis. Dies ist nicht klar zu begrenzen, sondern hier sind die Differenzierungen sehr nuanciert vorzunehmen.

Meine Damen und Herren, wenn das aber richtig ist, ist das eine unserer Hauptaufgaben, und ich darf mit großer Freude über den regionalen Pakt für Ausbildung berichten, den wir gemeinsam mit der Arbeitssenatorin und den Kammern sehr erfolgreich, wie ich finde, betrieben haben. Wir haben den höchsten Zuwachs an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen von 2003 auf 2004 gehabt, wir haben uns in vielen Feldern, wie ich finde, sehr erfolgreich bewegt, und dennoch ist es nicht ausreichend. Deshalb freue ich mich aber auch so, dass sich die Kammern erneut bereit erklärt haben, mit uns gemeinsam, mit Politik und Wirtschaft, sich zu bemühen, dass wir mehr Ausbildungsplätze für die Jugendlichen, die diese Plätze dringend brauchen, auf die Beine stellen.

An die Wirtschaft, meine Damen und Herren, muss ich natürlich auch ganz klar von hier aus das Signal richten: Es kann nicht angehen, und es darf nicht sein, dass sich die Wirtschaft in Bereichen, in denen sie ausbilden könnte, zurückzieht mit dem Argument, sie habe eine schlechte konjunkturelle Situation, die Globalisierung hindere sie daran, die Kostenfrage sei nicht akzeptabel. Hier muss ich dringend weiter an die Wirtschaft appellieren, diesen Wert der Ausbildung an sich für unsere Gesellschaft auf jeden Fall weiterhin beizubehalten.

(Beifall)