Diese friedliche Zurückhaltung rechter jugendlicher Demonstranten wird dann anschließend unverantwortlich von den Medien auch noch hetzerisch als Feigheit dargestellt.
Meine Damen und Herren, man kann über den Sinn und Zweck einiger Demonstrationen durchaus verschiedener Meinung sein. Darum geht es hier aber nicht. Es geht hier um Gerechtigkeit. Bevor Sie über eine Verschärfung des Versammlungsrechts diskutieren und nachdenken, sollten Sie lieber schnellstens dafür sorgen, dass überhaupt erst einmal das bestehende Versammlungsrecht für alle, ich betone für alle, und nicht nur für die linksfaschistischen, selbsternannten Gutmenschen durchgesetzt und geschützt wird. Das wäre wichtiger. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich kurz fassen, aber ich muss daran erinnern, dass wir über den Rechtsextremismus reden vor dem Hintergrund der Ereignisse, die wir vielleicht alle noch vor Augen haben, weil sie noch nicht so lange zurückliegen, sondern sich in den letzten zehn, 15 Jahren abgespielt haben.
In Hoyerswerda, in Mölln, in vielen anderen Orten: Wir lesen in den Zeitungen über die Überfälle von rechtsextremistischen Skinheads, die Ausländer überfallen, die sie verprügeln, die sie erschlagen, schlimme Dinge, die wir in Deutschland nicht haben wollen. Deshalb müssen wir auf allen Ebenen gegen den Rechtsextremismus angehen!
Ihre Plattitüden, Herr Tittmann, mit denen Sie versuchen, die SPD mit der PDS in Verbindung zu bringen, können Sie sich sparen! Wir sind hier nicht
irgendwo, wir sind hier in Bremen. Wir haben in Bremen eine Debatte, in der es unter anderem um Sie geht, um Ihre Auftritte hier, um das, was Ihre Gesinnungsgenossen hier und im Umland anrichten. Darum geht es!
(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])
Ich bekenne ganz offen – Ihre Schreierei können Sie sich schenken! –, dass ich früher auch zu denen gehört habe, die der Arbeit des Verfassungsschutzes durchaus nicht immer ganz aufgeschlossen gegenübergestanden haben. Wir haben nicht genau gewusst, was da eigentlich passiert. Mittlerweile sehe ich das anders, das gebe ich zu. Ich weiß, dass dort eine sinnvolle Arbeit geleistet wird, und ich bin froh darüber, dass diese Behörde Leute wie Sie im Visier hat, dass die Aktivitäten überwacht werden, dass darüber berichtet wird, dass dies Gegenstand der Berichterstattung in den Zeitungen und in den anderen Medien ist.
Ich sage Ihnen, Herr Tittmann: Ich kann mir vorstellen, dass Sie es nicht gut finden, wenn Sie hier vom Verfassungsschutz in Verbindung gebracht werden mit der NPD, dass all das, was dort passiert, Ihnen auch angerechnet werden kann. Wenn Sie meinen, dass das falsch ist, wenn Sie meinen, dass falsch berichtet wird, dass dieser Bericht nicht stimmt – ich habe deshalb auch hier zitiert, – wenn Sie der Meinung sind, dass das nicht in Ordnung ist, dann gehen Sie dagegen vor! Dann verklagen Sie den Verfassungsschutz auf Widerruf, auf Unterlassung solcher Behauptungen! Aber das trauen Sie sich nicht, weil das alles Wort für Wort so richtig ist!
Wir müssen dafür sorgen, dass solche Äußerungen, wie wir sie hier leider viel zu häufig hören, nicht gesellschaftsfähig werden. Es besteht ja leider die Gefahr, dass, je häufiger solche Sätze fallen, wie wir sie hier zur Kenntnis nehmen müssen, sich das auch verbreitet. Es darf nicht passieren, dass Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit salonfähig werden, und dagegen werden wir etwas tun, und das machen wir auch!
Ich möchte noch etwas zur Frage der generalpräventiven Wirkung von strafrechtlichen Regelungen sagen. Es gibt ja manchen, der sich fragt: Was bringt denn das, wenn im Strafgesetzbuch der Paragraph 130 StGB, also Stichwort Volksverhetzung, verschärft wird? Dazu kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung berichten. Mit dem Paragraphen 130 StGB hat sich Deutschland schwer getan, diese Tatbestände zu erfassen. Es gibt aber eine Entwicklung, die in die richtige Richtung geht.
Es war zunächst lediglich das Leugnen des Holocaust strafbar, nicht das Verharmlosen. Das führte dazu, dass in rechtsextremistischer Literatur nicht mehr davon gesprochen wurde, dass der Holocaust nicht stattgefunden hat, sondern dass er nicht so stattgefunden hat, wie wir es alle wissen. Die Opferzahlen wurden klein gerechnet, es waren nicht mehr sechs, sieben Millionen, sondern es waren dann noch 800 000 oder 700 000 Menschen, die dort zu Tode gebracht worden sind. So die Autoren dieser Bücher!
Dann wurde in den neunziger Jahren das StGB geändert. SPD, CDU, die demokratischen Parteien waren sich einig, es wurde auch das Verharmlosen des Holocaust unter Strafe gestellt. Das führte dazu, dass in den verschiedenen Auflagen dieser Bücher die Texte entsprechend angepasst wurden. Das heißt, es wurden die Passagen, in denen bis dahin nur von der Verharmlosung die Rede war, herausgenommen. In der rechtsextremen Szene wird das genau verfolgt, das wird gelesen, man versucht, dort nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, wo es beweisbar ist. Wenn etwas aufgeschrieben ist, dann ist es beweisbar.
Deshalb ist es gut, an diesem Beispiel kann man es nachweisen, dass das Strafgesetzbuch geändert worden ist und dass jetzt nicht nur die Verharmlosung, das Leugnen sowieso, sondern auch die Billigung und Rechtfertigung des NS-Gewalt-und-Willkürregimes unter Strafe gestellt worden ist. Ich finde, das ist nicht nur ein rechtspolitischer Fortschritt, sondern auch ein politischer Fortschritt insgesamt. Ich würde mir auf manchen anderen Gebieten auch wünschen, dass im Bundestag nicht nur lange Jahre um die Frage des richtigen Wegs gestritten wird, sondern dass man sich auf das einigt, was machbar ist und was die Bundesrepublik voranbringt. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir haben einen Grund, uns mit rechtsradikaler, strafrechtlicher und krimineller Handlung auseinander zu setzen. Herr Tittmann, ich habe Ihnen eben sehr genau zugehört. Mich entsetzt wirklich, dass Sie kein Wort zu diesem Thema sagen. Sie sind nicht in der Lage wahrzunehmen, dass in Ihrem eigenen Umfeld täglich Straftaten begangen werden und wir ständig kriminelles, wirklich bedrohliches und rechtswidriges Verhalten haben.
entweder können Sie das nicht, oder Sie dürfen das nicht – ich unterstelle bei Ihnen, dass Ihnen das der Verein nicht erlaubt –, oder Sie wollen das nicht, jedenfalls sind Sie nicht in der Lage!
Wir haben hier aufgelistet, was in den letzten zehn Jahren bei uns im Land Bremen nach den Anfragen an strafrechtlichen Verfahren gegen rechtsextreme Täter eingeleitet worden ist. Sie sagen nichts dazu, sondern Sie versuchen, andere anzugreifen, und Sie wollen natürlich von genau diesem Tatbestand ablenken, dass wir es hier in Ihrem Schutz, in Ihrem Umfeld, täglich mit strafrechtlichen Tätern zu tun haben, die die Polizei belasten, die die Staatsanwaltschaft belasten, die die Strafgerichte belasten, die uns Last machen. Das beweist, dass Sie Teil dieses Systems, dieses rechtsradikalen, kriminellen Systems sind.
Das macht mir auch klar, obwohl ich gern sagen möchte, wir sind nicht der Brennpunkt rechtsradikaler Kriminalität im Lande, dass wir hier aufmerksam und wachsam sein müssen und dass wir uns nicht bequem einrichten dürfen und sagen, ach, die sind alle so wie er, auf den hört sowieso keiner.
Nein, wir müssen richtig wachsam sein! Wir sind in unserem Land, in Bremerhaven und in Bremen, von kriminellen, gewaltbereiten, rechtsextremistischen Straftätern bedroht, und wir müssen unsere Institutionen, unsere Polizei, wir müssen unsere Staatsanwaltschaft und unsere Strafgerichtsbarkeit in die Lage versetzen, dass sie bitte sehr mit natürlich rechtlich zulässigen Methoden und Mitteln, und alles im Rahmen der Gesetze, aber bitte sehr konsequent dagegen vorgehen. Wer meint, gegen andere mit Vorwürfen vorzugehen, der muss spüren, dass wir ihm nichts durchgehen lassen. Das ist meine Bitte!
Ich finde gut, dass viele gesagt haben, die Auseinandersetzung kann nicht allein auf Strafverfolgung hinauslaufen, sondern wir müssen viel mehr darüber hinaus tun, das ist richtig. Es ist zwar nicht Gegenstand dieser Anfrage, aber das nehme ich gern auf. Ich kann darum auch nicht, weil das nicht Gegenstand dieser Anfrage ist, Herr Güldner, jetzt aus dem Stand sagen, wie dieses Aussteigerprogramm in Zah
len sich ausgewirkt hat. Ich weiß, dass da viel gelaufen ist, ich habe an mehreren Veranstaltungen teilgenommen, wo richtig auf Jugendliche gemünzt, benannt worden ist, wie man eigentlich in diese Szene kommt, was eigentlich Jugendliche dazu treibt, und wie man wieder hinauskommt. Da gibt es inzwischen gute Hilfen, aber ich bin natürlich neugierig, ob das Erfolg hat.
Ich will das gern nachliefern. Ich kann das nicht ohne Vorbereitung, ohne Rückfragen mit den Schulen, mit den Jugendverbänden oder überhaupt mit denen, die mit Jugendlichen arbeiten. Ich weiß nur, dass es da inzwischen eine sehr ehrgeizige und auch, wie ich finde, selbstkritische Arbeit gibt, die ich sehr unterstütze, die übrigens auch sehr nah an den jungen Leuten ist. Die gehen ja Gott sei Dank nicht nur zu ihm in seine Parteizentrale in Bremerhaven, sondern die kann man ja auch wirklich anderswo erreichen. Man kann mit denen reden, und man kann ganz vertraut und nah mit ihnen reden und versuchen zu verstehen, was die eigentlich treibt, warum die dieses Angebot von Voodoopolitik anzieht. Wenn man das dann versteht, wenn man dann nicht arrogant ist, nicht hochnäsig ist, sondern wenn man sie ernst nimmt und ihnen Angebote zum Mitmachen anbietet, dann gelingt es.
Es gelingt, sie zu gewinnen. Beim Fußball erlebe ich das jedes Mal, wenn ich bei Werder bin. Ich weiß nicht, ob Sie das genauso gern machen wie ich! Ich gehe immer nur in die Fankurve und schaue an, wie die da miteinander umgehen. Die Fans gehen damit vital um, die sind richtig auf unserer Seite und wollen Fußball freihalten von rechtsradikaler Inanspruchnahme. Die sind richtig gut, die sind vital. Die haben eine Möglichkeit, mit den Jugendlichen selbst authentisch, glaubwürdig und überzeugend zu reden, und sie bieten ihnen dann noch etwas an. Ich bin zuversichtlich, dass die da auf der richtigen Ebene, mit der richtigen Sprache und Ansprache arbeiten.
Trotzdem gibt es keinen Grund, sich zurückzulehnen und zu sagen, das ist alles in Ordnung. Wir müssen wachsam sein. Wir müssen aufpassen, und wir dürfen uns nicht täuschen. Das ist eine gefährliche Bedrohung unserer demokratischen Entwicklung.
Nun muss ich noch, bevor ich mich hinsetze, meinen Kollegen Herrn Röwekamp in Schutz nehmen. Herr Güldner, Sie haben gesagt, er redet als CDUMann anders als als Senator. Ich will nicht seine CDUTexte kommentieren, aber seinen Senator-Text, den will ich doch einmal vorlesen, den hat mir Rolf Herderhorst eben gegeben. Er hat er geschrieben:
„Daneben fordert auch die jüngste Entwicklung des Rechtsextremismus unsere volle Aufmerksamkeit. Nach den Wahlerfolgen von DFU“
Entschuldigung! – „DVU und NPD in Brandenburg und Sachsen sehen sich viele Neonazis im Aufwind, und die braunen Aktivitäten auf dem niedersächsischen Heisenhof bei Dörverden zeigen, dass auch Rechtsextremisten keine Ländergrenzen kennen. Das Bremer Landesamt für Verfassungsschutz wird die Gefahren des Rechtsextremismus auch künftig weder verharmlosen noch überbewerten, sondern bewahrt einen realistischen Blick. Bislang erlangten Neonazis im Lande Bremen eine kaum nennenswerte Bedeutung. Damit dies so bleibt, gilt es, wachsam zu sein, zum Beispiel dann, wenn rechtsextremistische Gruppen versuchen, ausländerfeindliche und antisemitische Propaganda zu verbreiten. Insbesondere müssen wir unsere Kinder und Jugendlichen vor den Einflüssen so genannter Skinhead- und Rechtsrockmusik schützen.“
Das kann ich eigentlich genauso sagen, wie er das sagt, da finde ich kein Einknicken vor dieser Aufgabe, sondern ich spüre, das machen wir gemeinsam, und das müssen wir auch gemeinsam machen!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/644 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!