Ein wesentlicher Teil der Mehraufwendungen, die wir zu tätigen haben, sind dem Sozialbereich, dem Wohngeldbereich zuzuordnen, darauf hatte Senator Nußbaum schon hingewiesen. Ich will hier darauf hinweisen, dass die Ursachen auch ein Teil der bundespolitischen Entwicklungen sind. Wenn wir fast drei Jahre Stagnation gehabt haben, wenn die Wirtschaftsentwicklung auf dem letzten Platz in Europa ist, dann macht sich das natürlich auch in Bremen bei der Arbeitsplatzentwicklung und so weiter bemerkbar. Deswegen können wir trotzdem froh sein, wie sich die Entwicklung hier in Bremen vollzogen hat. Ich komme darauf noch zurück.
Ich will in diesem Zusammenhang aber auch ein Stück weit darauf eingehen. Frau Linnert, Sie haben heute eine sehr ruhige, eine sehr sachliche Rede gehalten. Das unterscheidet sich ein Stück weit von dem, was Sie in Ihrem Interview am 27. November gesagt haben, und ich will das schon mit in die Debatte einbeziehen.
Man kann nicht einerseits im Parlament sich staatsmännisch hinstellen und so tun, als habe man mit den Aussagen, die man vor 14 Tagen gemacht hat, nichts mehr zu tun. Ich will diese Diskussion jedoch mit einbeziehen. Sie haben in dem Interview gesagt, bei der Sanierung allein auf Investitionen zu setzen war der falsche Weg. Auch gestern ist ja die Diskussion von Ihrem Fraktionskollegen Köhler angesprochen worden, es sind kritische Bemerkungen zu den Investitionen gemacht worden.
Ich will doch noch einmal darauf hinweisen, dass wir seit den achtziger Jahren, liebe Frau Linnert, ein riesiges Defizit bei den Investitionen gehabt haben, dass die Folge der unterbliebenen Investitionen war, dass wir Mängel in der Infrastruktur zu verzeichnen hatten, dass wir Defizite im Unterhaltungsbereich in vielen Bereichen gehabt haben und so weiter. Dies hat sich eben auch dann ausgedrückt in der Frage der hohen Arbeitslosigkeit, der Sozialhilfeempfänger, der erhöhten Aufwendungen für Sozialhilfe. Deswegen ist es richtig, dass wir versucht haben, diesen Nachholbedarf in Investitionen gegenzusteuern, dass wir erheblich erhöhte Investitionen getätigt haben.
Unser Anteil der Investitionen am Haushalt beträgt 18 bis 19 Prozent. Beim Bund beträgt der Anteil der Investitionen inzwischen nur noch acht bis neun Prozent. Daran können Sie erkennen, dass dort, wo Sie Verantwortung haben, die Investitionen her
untergefahren werden mit der Folge, dass die Arbeitslosigkeit ansteigt und die Aufwendungen für den Sozialhilfebereich steigen. Das Gegenteil ist richtig, wer mehr investiert, sorgt dafür, dass mehr Leute Beschäftigung finden und mehr Leute Steuern zahlen, die wir dann für Ausgaben aufbringen können.
Frau Linnert hat im Interview gesagt, wir müssten mehr Einwohner gewinnen beziehungsweise im Land halten, die Stadt müsse für die Bürger attraktiver sein. Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen doch verschiedene Programme vorgelegt, die Sie immer wieder abgelehnt haben.
Wie häufig haben wir hier in der Bürgerschaft, insbesondere in der Stadtbürgerschaft, diskutiert, dass wir Ihnen Bebauungspläne vorgelegt haben, wo wir hier in Bremen Bürger ansiedeln wollten! Immer wieder haben Sie diese Pläne abgelehnt.
(Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Borgfeld-Ost ist schon einmal nicht die Wahrheit!)
Brokhuchting, Osterholzer Feldmark, ich könnte die verschiedenen Bebauungspläne in Obervieland nennen oder die in anderen Stadtteilen! Immer wieder haben Sie nein gesagt, immer wieder haben wir die Diskussion geführt, dass Sie gesagt haben, diese Baugebiete wollen wir nicht. Dann haben wir festgestellt, dass wir eine positive Einwohnerentwicklung zu verzeichnen haben.
Im Übrigen, im Vergleich zu vielen anderen Städten in der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere, wo Rotgrün regiert, wo Sie mitregieren, Frau Linnert, ist es doch so, dass wir dort Einwohnerverluste zu verzeichnen haben im Gegensatz zu Bremen, wo wir inzwischen einen Einwohnertrend nach oben zu verzeichnen haben.
Genauso haben Sie in Ihrem Interview eine dritte Bemerkung gemacht, die ich hier zitieren möchte, die an der Wirklichkeit dessen, was wir an Haushaltspolitik in der Vergangenheit gehabt haben, vorbeigeht. Sie haben wörtlich gesagt: „Viel zu lange
Das haben Sie wörtlich gesagt! Ich habe mir überlegt, meinten Sie eigentlich die Ampelkoalition, oder meinten Sie die große Koalition,
denn Sie haben ja bewusst nur von der Koalition gesprochen! Wenn Sie die große Koalition gemeint haben, dann müssen Sie irgendetwas nicht mitbekommen haben, wenn ich den Stadtreparaturfonds nehme mit den über 700 Millionen DM, mit dem wir Gelder für Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, für die Reparatur von Straßen, für die Instandsetzung von Museen und so weiter ausgegeben haben, wenn ich das Sondervermögen Immobilien und Technik nehme, das mit vier Millionen Euro ausgestattet worden ist, wenn ich an das PCB-Programm denke und so weiter, wenn ich daran denke, was wir in den letzten neun Jahren an Schulen, Straßen, Kindertagesstätten hier wieder in Ordnung gebracht haben.
Dass noch eine Menge zu tun ist, ist gar keine Frage, aber dass wir eine Menge getan haben, müsste auch bei Ihnen angekommen sein,
außer Sie haben das für Ihre Wirklichkeit genommen! Sie haben zu all diesen Programmen ja immer nein gesagt und haben vielleicht deswegen nicht registriert, was wir beschlossen haben.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Zum Stadtreparaturfonds haben wir ja gesagt! Pflugradts Erzählungen sind das hier wieder!)
Dann beziehen Sie sich auf einen Bericht des Finanzressorts, in dem dargestellt wird, dass wir in diesem Jahr ein Stück weit nicht mehr im obersten Drittel bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts uns befinden, dass wir auch nicht mehr ganz so weit vorn sind bei der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen.
Meine Damen und Herren, wer ausblendet, dass wir uns, was die Frage des Bruttoinlandsprodukts betrifft, seit drei, vier Jahren eigentlich im obersten Drittel in der Bundesrepublik Deutschland befunden haben, dass wir uns seit 1997 von der Arbeitsmarktentwicklung des Bundes positiv abgekoppelt haben, dem nützt es nicht, einen Dreimonatseffekt als Beleg zu nehmen, dass wir uns nicht positiv entwickelt haben. Ich habe die Einwohnerentwicklung
angesprochen, das ist ein Beleg dafür, dass das, was wir an Programmatik aufgelegt haben, die richtige Wegweisung ist. Wenn Sie die eine oder andere Fehlentwicklung als Beleg dafür nehmen, dass die prinzipielle Richtung falsch ist, ist das, glaube ich, eine falsche Schlussfolgerung.
Im Übrigen will ich doch noch eine Schlussbemerkung machen. Die Grünen sind ja Meister des Verdrängens, sie haben mit dem, wo sie selbst Verantwortung haben, eigentlich nichts zu tun. Wenn man sie so reden hört, dann tun sie so, als würden sie die seriöse Haushaltspolitik machen. Wenn ich nur einmal nach Berlin schaue, da tun sie so, als hätten sie in Berlin mit Fragen der Haushalts- und Finanzentwicklung anscheinend nichts zu tun.
Wer im vierten Jahr in Folge die Maastricht-Kriterien nicht einhält, aber beim ersten Mal gesagt hat, aber nach drei, vier Jahren tilgen wir die Schulden, wer inzwischen, meine Damen und Herren, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, Verbindlichkeiten der Republik Russland verscherbelt, um dadurch Haushaltslöcher zu stopfen, der soll hier nicht ankommen und so dicke Backen machen, dass nur sie seriöse Haushaltspolitik betreiben würden!
Ich finde, das muss in diesem Zusammenhang auch gesagt werden, man kann nicht so tun, als habe man mit dem, was in Berlin getan wird, nichts zu tun.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, will ich an Sie, Herrn Dr. Nußbaum, doch noch einmal zwei Fragen richten. Sie haben hier in Ihrer Einbringung dieses Nachtragshaushalts zwei Bemerkungen gemacht, und ich finde, dass es schon Ihre Aufgabe ist, das auch noch einmal deutlicher zu machen, vielleicht nicht hier, aber nicht nur so allgemeine Bemerkungen zu machen, sondern das auch ein Stück weit mit Fakten zu hinterlegen, wie Sie das denn meinen und wo da besondere Dinge zu tun sind.
Sie haben erstens gesagt, Sie wollen, dass in allen Konzernteilen die Sanierungsstrategie umgesetzt wird, und Sie haben da auf die Gesellschaften angespielt. Ich finde, dass Sie „Butter bei die Fische“ tun und sagen sollten, wo das denn nicht der Fall ist. Das gehört in den Haushaltsausschuss, das gehört in die jeweiligen Gremien, und nicht nur solche allgemeine Bemerkungen und allgemeine Verdächtigungen machen! Es tut mir Leid, aber das ist
auch dann Ihre Aufgabe, „Butter bei die Fische“ zu tun, und „Butter bei die Fische“ zu tun, davon verstehen Sie ja etwas.
Das Zweite ist, ich möchte das auch so allgemein ansprechen, ich könnte das ja auch ein bisschen konkretisieren, will es aber gar nicht tun, der Bericht ist ja angesprochen worden: Sie haben von mangelnder Haushaltsdisziplin und von Vollzugsproblemen gesprochen. Ich gehe sicher davon aus, dass Sie den Bericht meinen, den einige als Nicht-Bericht bezeichnen, in dem es dann zum Beispiel heißt, „eine Steuerung der Sozialleistungen mit einem Budgetvolumen von über 500 Millionen Euro kann mangels Daten klarer Controllingstrukturen nicht funktionieren“. Das haben Sie ja wohl damit gemeint, aber dann finde ich, Sie sollten das hier nicht nur so allgemein andeuten und alle Ressorts da in so einen bestimmten Verdacht bringen, sondern schon konkret sagen, welche Ressorts Sie meinen und wie Sie denn die jeweiligen Ressorts dazu bringen wollen, entsprechende Haushaltsdisziplin einzuhalten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Haushaltsdebatte Ende Juni hier in der Bürgerschaft habe ich in Bezug auf den Doppelhaushalt 2004 und 2005 erklärt, dass das Ergebnis der Haushaltsberatungen ein mit heißer Nadel gestrickter Doppelhaushalt sei, der im Grunde schon heute, also damals, Ende Juni, Makulatur sei. Genau das tritt jetzt ein.
Für 2004 müssen wir jetzt bereits nach noch nicht einmal fünf Monaten einen Nachtragshaushalt beschließen, das ist für mich ein beschämendes Ergebnis der großkoalitionären Haushaltspolitik. Auch für 2005 ist ein Nachtragshaushalt nicht nur notwendig, sondern sogar schon angekündigt, das ist ein einziges finanzpolitischen Trauerspiel der großen Koalition. Wir haben deshalb nach meiner Einschätzung, Herr Dr. Nußbaum, nicht nur ein Vollzugsproblem, sondern wir haben auch ein erheblich großes Planungsproblem. Wenn man schon nach fünf Monaten wieder hier zusammenkommen muss, um Nachtragshaushalte zu diskutieren, dann ist das ein großes Trauerspiel.
Oberstes Ziel der bremischen Haushalts- und Finanzpolitik muss die Rückkehr zu verfassungskonformen Haushalten sein. Das war Ziel der Sanierungsstrategie, das wurde von uns auch stets mitgetragen. Von diesem Ziel ist der Senat und ist die
Koalition jedoch meilenweit entfernt. Dies wurde schon mehrfach und auch bereits von mir in diesem Hause gesagt.
Trotz der letzten Sanierungsrate in diesem Jahr hat der Senat es nicht geschafft, die konsumtiven Ausgaben weiter nennenswert, wie er es eigentlich vorhatte, zu drücken, sie sind weiter gestiegen. Eine ganze Reihe von beschlossenen Vorgaben wurde nicht eingehalten. Zum Beispiel wurden die vorgesehenen Minderausgaben nicht realisiert, es gibt bis heute keinen Solidarpakt mit den Gewerkschaften zur Eindämmung der Personalausgaben im Arbeitnehmerbereich, es müssen Mehrausgaben in fast allen Ressortbereichen aufgefangen werden. Zwar ist die Steigerungsrate bei den Zinsen etwas niedriger ausgefallen als ursprünglich geplant, gleichwohl war schon im Planungsansatz eine Steigerung enthalten. Insofern kann ich das auch nicht als Erfolg verbuchen, dass wir hier weniger als geplant haben. Feststellen müssen wir, dass wir im Haushalt insgesamt steigende Zinsausgaben haben.