Protocol of the Session on September 8, 2004

Etwas bedauerlich ist, auch das ist in der Antwort des Senats ausgeführt, dass aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Gebührenstruktur verändert werden muss. Bisher, sagte man, wurden in diesem Bereich schwarze Zahlen geschrieben, jetzt muss auf eine aufwandsbezogene Gebühr umgestellt werden. Das wird möglicherweise zu Mindereinnahmen führen, die ausgeglichen werden müssen. Das wird eine schwierige Aufgabe für die Justiz, die ja ohnehin, wie alle anderen Bereiche auch, nicht auf Rosen gebettet ist.

Ein letzter Gesichtspunkt, der für Bremen, glaube ich, auch ganz wichtig ist: Zum 1. Januar 2007 wird die Umstellung der Handelsregister auf elektronische Datenverarbeitung erfolgen. Zugleich werden damit die Anforderungen erfüllt, die eine neue EU-Richtlinie, die so genannte Slim-IV-Richtlinie, stellt. Danach soll es nämlich möglich sein, dass ab diesem Zeitpunkt eine Eintragung zum Handelsregister durch den Notar elektronisch erfolgen soll.

Wir sind da also auf der Höhe der Zeit, und wir lesen auch in der Antwort des Senats, dass das Land Bremen hier nicht für sich vor sich hinwerkelt, sondern dass eine produktive Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern stattfindet, hier mit Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Da sind wir auf einem guten Weg.

Nun bleibt noch die Frage: Wie beurteilen wir es eigentlich, dass die Übertragung des Handelsregisters auf die Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft diskutiert wurde, sprich auf die Industrieund Handelskammern oder in Bremen auf die Handelskammer? Das ist ja bekanntermaßen lange diskutiert worden und war wohl auch für die Handelskammern lange Zeit deshalb von einem gewissen Interesse, weil in diesem Bereich Überschüsse erwirtschaftet worden sind. Das wird künftig nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr der Fall sein.

Man kann sich fast denken, wie die Diskussion weitergegangen ist. Der Senat hatte zunächst diese Privatisierung des Handelsregisters unterstützt. Ich persönlich bin da immer etwas skeptisch gewesen, weil die Botschaften, die bis zu mir gedrungen waren, so lauteten, dass die Register gut arbeiten. Privatisierungen um der Privatisierung willen machen eigentlich keinen Sinn, deshalb bin ich nicht unglücklich darüber, dass dieses Vorhaben zu den Akten gelegt worden ist. Das hat mit der europäischen Entwicklung zu tun, das hat mit der Technik zu tun, und deshalb bleibt in diesem Bereich die bisherige Zuordnung bestehen. Das ist so in Ordnung.

Als Fazit kann man ziehen: Die Justiz hat in vielen anderen Bereichen, auch in Bremen, eine schwierige Debatte, wenn wir die Auseinandersetzungen etwa um den Strafvollzug, um den Jugendstrafvollzug betrachten. Deshalb finde ich es umso erfreulicher, dass wir in Bezug auf die Handelsregister hier eine ausgesprochen positive Bilanz ziehen können. Ich meine auch, dass diese positive Bilanz ein Beweis dafür ist, dass moderne Dienstleistungen mit Einsatz moderner Datenverarbeitungstechnik auch in Behördenstrukturen möglich sind. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist interessant, dass Herr Grotheer als justizpolitischer Sprecher dazu redet, ich rede als wirtschaftspolitischer Sprecher dazu. Da fällt auf, dass man von beiden Seiten großes Interesse an dieser Frage hat.

Aus ökonomischer Sicht ist deutlich: Wir wollen präzise, schnell, leistungsfähig, transparent sein, all diese Merkmale, die Sie aufgezählt haben. Wir gehen davon aus, das ist im Moment gegeben. Die Antwort des Senats weist aus, dass es sozusagen auf einem guten Weg ist, was nicht heißen soll, dass man sich darauf ausruhen soll, sondern dass immer auch noch Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind.

Die Feststellung des Europäischen Gerichtshofs, die Gebühren tatsächlich nach dem Aufwand zu richten, halte ich aus ökonomischer Sicht für Existenzgründer ehrlich gesagt, Herr Grotheer, eher für vorteilhaft. Das mögen Sie aus Einnahmesicht der Gerichte anders bewerten. Ich glaube, an dieser Stelle ist es in Ordnung so, dass das so vom Europäischen Gerichtshof beschlossen worden ist, wie ja auch die elektronische Verarbeitung Beschlusslage ist und, ich glaube, 2007 kommen wird. Wir begrüßen das rundherum, was ja im Grunde genommen in diesem Hause selten der Fall ist. Im Übrigen ist es auch zu so später Stunde nicht nötig, die Debatte in die Länge zu ziehen.

Ich möchte aber noch ein paar Gesichtspunkte einwerfen! Weil es an diesen Fragen der Bürokratie aus ökonomischem Interesse natürlich immer auch eine Frage der Möglichkeiten von Bürokratieabbau ist, will ich Ihnen nur einmal kurz Vergleichszahlen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln vorlesen, nämlich „Gründungsbarrieren und Kosten für Existenzgründer“. Wir haben in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern, im Durchschnitt 45 Tage Zeit, wir haben neun Vorgänge, und, ich sage einmal, ein Land wie Australien hat zwei Tage und zwei Vorgänge, während ein Land wie Spanien 115 Tage und elf Vorgänge hat. Wir liegen bei der Frage der Vorgänge für eine Existenzgründung in einem relativ hohen Bereich.

Es ist ja nicht nur das Handelsregister, das bemüht werden muss, meistens muss man eine Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt machen, dann muss man einen Eintrag in das Handelsregister machen, dann muss es beglaubigt werden, dann muss man eine Anmeldung bei der Handelskammer oder gegebenenfalls bei der Handwerkskammer machen, dann muss man sich bei der Berufsgenossenschaft melden, dann muss man sich beim Finanzamt melden. Wenn man das dann alles abgearbeitet hat, muss man möglicherweise sogar noch ein Gesundheitszeugnis vorlegen, was oftmals nicht unbedingt im Interesse von Existenzgründern ist. Ich meine vor allen Dingen Existenzgründer im Sinne von – wie ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

heißt es jetzt immer so schön? – Ich-AG’s oder Kleinstbetrieben. Für die ist es dann eine relativ hohe Hürde, und ich wäre froh, wenn wir insgesamt an der Frage auch dazu kämen, einen kleinen Schritt in Richtung Bürokratieabbau hinzubekommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ansonsten kann ich noch einmal wiederholen: Herzlichen Glückwunsch, das haben Sie bisher alles richtig gemacht! Bremen ist in dieser Frage vornweg. So gesehen kann ich jetzt beruhigt auf meinen Platz gehen, und ich freue mich, dass Sie mir zugehört haben. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hannken.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich will es kurz machen, weil wir uns in der Sache, glaube ich, alle einig sind! Die Handelsregister im Land Bremen funktionieren sehr gut, in Bremen und auch insbesondere in Bremerhaven. Also, auch ein hohes Lob an die Mitarbeiter, die dort tätig sind! Ich glaube, das kann man hier auch einmal sagen, es funktioniert sehr gut und ist ein guter Standortfaktor für das Land Bremen, und daher wie gesagt Lob und Anerkennung für die Arbeit, die dort gemacht wird!

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sicherlich sind allerdings auch Handelsregister nicht der einzige Standortfaktor, mit dem sich Bremen bewerben kann. Wir sind auch in anderen Bereichen sehr gut. Ich glaube aber, dass es auch noch viel Verbesserungsbedarf in anderen Bereichen gibt. Im Bereich der Handelsregister läuft es aber gut. Die Bearbeitungsdauer ist sehr gut, auch im Vergleich zu anderen Ländern haben wir positive Zahlen, was dieses Ganze angeht. Es gibt jetzt einige Veränderungen aufgrund von europäischen Richtlinien, die eben in nationales Recht umgesetzt werden müssen und hier Auswirkungen haben. Angesprochen worden sind von meinen beiden Vorrednern schon die Bereiche Gebühren und das elektronische Handelsregister.

Zu dem Bereich Gebühren gebe ich Ihnen zwar Recht, Herr Möhle, was Sie gesagt haben, dass ich es im Prinzip auch richtig finde, dass man es eben auch aufwandsbezogen dann erheben soll. Allerdings hat das nicht so viel mit den Existenzgründern zu tun beziehungsweise können die meistens nicht ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

so sehr davon profitieren, da es dort oft sehr geringe Summen sind und es bisher nach dem Gegenstandswert ging. Bei Existenzgründern ist der Gegenstandswert meistens nicht so hoch, sondern das betrifft eher andere Gründungen, die jetzt eher davon profitieren. Insofern ist es natürlich insgesamt für die Existenzgründer auch positiv, wenn man kurze Bearbeitungszeiten hat, wenn das Ganze auch nach Aufwand vermessen wird, aber sie sind nicht die Einzigen, die davon profitieren werden.

Das Negative sollte man vielleicht auch noch einmal erwähnen, Herr Grotheer hat es kurz gesagt: Wenn wir diese aufwandsbezogenen Gebühren haben, werden wir hier bei den Handelsregistern auch Mindereinnahmen haben, was sich auch im Justizhaushalt auswirken wird. Das heißt, dass man in anderen Bereichen mehr sparen muss. Wir wissen, dass es im Justizbereich sowieso schon sehr schwierig ist. Hier ist auch die Kreativität des Justizressorts gefragt, wie es dieses Ganze dann auffangen will. Dazu haben wir bisher noch keine Antwort.

Das elektronische Handelsregister muss zum 1. Januar 2007 umgesetzt werden. Die Vorbereitungsarbeiten laufen hier. Auch diese sind mit Kosten verbunden, die derzeit noch nicht genau beziffert werden können, wahrscheinlich aber 100 000 Euro übersteigen werden. Ich glaube aber, dass es ein großer Vorteil sein wird für diejenigen, die damit zu tun haben, die Handelsregisterauszüge anfordern, die damit arbeiten müssen, dass sie einen unmittelbaren und schnellen Zugang haben und das Ganze eben auch den Unternehmen vor Ort dienen wird, weil sie einen besseren Service bekommen.

Streitig war in der Diskussion die Öffnungsklausel, dies ist von Herrn Grotheer auch angesprochen worden, ob es eine Öffnungsklausel gibt und die Handelsregister auf die Handelskammern übertragen werden sollen. Diese wird es jetzt wahrscheinlich auf Bundesebene nicht geben, so ist der Antwort des Senats zu entnehmen. Sicherlich muss man die Vorteile sehen, die mit einer Übertragung verbunden worden wären, dass eben auch die Gerichte entlastet werden.

Gleichzeitig möchte ich aber auch als Nachteil nennen, dass ich glaube, dass bei den Handelsregistern, bei den Mitarbeitern dort sehr viel Wissen vorhanden ist, dass sie sehr schnell und sehr flexibel und mit genügend Grundkenntnissen mit den Sachen umgehen können und auch schwierigere Fälle bearbeiten können. Es müssen neue Leute eingearbeitet werden. Dann wird es sicherlich eine Zeit dauern, bis sie ebenfalls in die Sachverhalte so eingearbeitet sind. Ich denke, man sollte da schon auf Know-how zurückgreifen, das man hat.

Für Bremen stellt sich aber diese Frage der Übertragung nicht, da eben insbesondere vor dem Zeitdruck 1. Januar 2007 wir jetzt die Arbeiten beginnen müssen, um die EDV anzuschaffen und die entsprechende Vernetzung durchzuführen. Dies wird wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern passieren, auch wahrscheinlich vor dem Hintergrund, dass Kosten gesenkt werden können.

Insofern sehen wir uns in guten Schuhen für die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen. Bisher funktionierte es schon gut. Wir hoffen, dass es noch besser funktionieren wird im Sinne der Unternehmen hier vor Ort und im Sinne derjenigen, die mit dem Handelsregister zu tun haben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/367, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU Kenntnis.

Meine Damen und Herren, hiermit schließe ich die heutige Sitzung und wünsche Ihnen einen guten Heimweg.

(Schluss der Sitzung 17.31 Uhr)