Protocol of the Session on July 4, 2003

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Linnert, diese erste Oppositionsrede – ich war sehr gespannt darauf – war alles andere als eine Meisterleistung, das war zum Teil unterste Schublade.

(Beifall bei der SPD)

Wir können nur im Interesse des bremischen Parlamentarismus hoffen, dass das besser wird.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Frau Linnert hat ihre Rede begonnen mit dem Hinweis auf die Minderheitenrechte, die wir im Koalitionsvertrag den Grünen zugesagt haben. Frau Linnert, richtig! Wir haben uns in dieser Legislaturperiode, wie wir das auch in der letzten Legislaturperiode getan haben, vorgenommen, der Opposition die Rechte einzuräumen, die ihr eigentlich erst dann zustehen, wenn sie 25 Prozent der Stimmen hat. Das tun wir. Dafür wollen wir keine Dankbarkeit, Frau Linnert! Das tragen wir auch nicht wie eine Monstranz vor uns her. Das ist für uns eine selbstverständliche parlamentarische, demokratische Pflicht, die wir hier erfüllen wollen. Ich kann nur sagen, darauf haben Sie auch abgestellt: Machen Sie von den Minderheitenrechten politisch intelligenter Gebrauch, als Sie es in der vergangenen Legislaturperiode getan haben!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Machen Sie jetzt auch Oppositionsarbeit?) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Frau Linnert, Sie haben vorhin in einem Satz am Anfang Ihrer Rede den Begriff von der gequälten SPD (Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ist es auch!)

gebraucht. Ist Ihnen eigentlich entgangen, dass wir am 25. Mai einen großen Wahlsieg errungen haben, und ist Ihnen eigentlich klar – ich hoffe, wir können es Ihnen noch klar machen –, dass wir gestützt auf diesen großen Wahlerfolg hier als SPD-Fraktion eine kraftvolle Politik in dieser Bürgerschaft machen werden? Das verspreche ich Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Frau Linnert, wenn Sie von gequält gesprochen haben, habe ich bei Ihnen den Eindruck gehabt, nicht nur gequält, sondern auch ein Stück beleidigt darüber, dass Ihre Blütenträume nicht in Erfüllung gegangen sind!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wie Sie alle wissen, das ist keine Überraschung, schlägt die SPD für den neuen Senat Dr. Henning Scherf, Karin Röpke, Willi Lemke und Dr. Ulrich Nußbaum vor. Wir sind sicher, dass die von uns vorgeschlagenen Senatsmitglieder gemeinsam mit den von der CDU vorgeschlagenen ein starkes, ein überzeugendes Team bilden, das die großen und schwierigen Aufgaben der nächsten Jahre meistern wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Ressortverteilung, die im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, führt dazu, dass Tine Wischer nach acht Jahren im Senat die Landesregierung verlässt und als Abgeordnete in die Reihen der SPD-Fraktion zurückkehrt. Ich denke, Tine Wischers Amtsausübung, die immer auf Konsens gesetzt hat, die sich an der Sache orientiert hat, hat Maßstäbe gesetzt, Herr Kollege Eckhoff, ich glaube, auch für den Nachfolger. Ich möchte mich bei Tine Wischer an dieser Stelle ganz herzlich für die geleistete Arbeit bedanken.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, den Senatoren Dr. Böse und Hattig zu danken. In den Fragen der inneren Sicherheit hat die große Koalition mit Senator Dr. Böse genau die Kompromisse gefunden, die uns einerseits den Vorwurf erspart haben, wir setzten zu sehr auf Repression, die uns andererseits aber auch nicht dem Ruf ausgesetzt haben, wir vernachlässigten die innere Sicherheit, die Sicherheit der Bürgerinnen und

Bürger. Ich glaube, es war eine gute und ordentliche Zusammenarbeit, die wir mit Herrn Dr. Böse gehabt haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Zu Herrn Senator Hattig darf man sicher feststellen, dass durch seine Tätigkeit die Senatspolitik gewonnen hat. Der Kollege Kastendiek hat es schon angesprochen: Viele seiner Reden hier im Parlament waren ein Feuerwerk der Rhetorik, kurzweilig, aber auch inhalts- und kenntnisreich. Diese Auftritte werden uns sicherlich fehlen. Er hat uns gestern in einem Interview im „Weser-Kurier“ noch ein paar Dinge mit auf den Weg gegeben, auch vieles zum Nachdenken. Ich werde meine Ferien darauf verwenden zu begreifen, was er uns sagen wollte: Er hätte es geschafft, die Eigengesetzlichkeit der Politik zu verdeutlichen. Das ist fast philosophisch, darüber müssen wir noch nachdenken. Er wird uns fehlen mit solchen Worten.

Meine Damen und Herren, zur vorgeschlagenen Wiederwahl von Dr. Henning Scherf, Karin Röpke und Willi Lemke muss ich an dieser Stelle nichts sagen. Ihnen wie auch den von der CDU vorgeschlagenen Senatsmitgliedern sage ich für die SPD-Fraktion eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu.

Ich möchte aber ein paar Worte zu dem designierten Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum sagen, den Sie auch angesprochen haben, Frau Linnert. Es stimmt, es ist richtig, wir werden in der kommenden Woche bei der Debatte um die Regierungserklärung sicher ausgiebig darüber zu sprechen haben: Wir befinden uns in der entscheidenden Phase unserer Sanierungspolitik. Alle wissen, dass in dieser Legislaturperiode entscheidende Schritte getan werden müssen, um eine gesicherte finanzpolitische Perspektive für Bremen zu erreichen und damit unsere Selbständigkeit zu sichern. Diese anstehenden Aufgaben, meine Damen und Herren, erfordern Mut, Entschlossenheit und unbedingte Zuversicht. Nur wer über diese Eigenschaften verfügt, ist in dieser Legislaturperiode auch im Amt des Finanzsenators erfolgreich.

Ich glaube, meine Damen und Herren, so wie ich Herrn Dr. Nußbaum kennen gelernt habe, dass er gerade deswegen der richtige Mann an der richtigen Stelle für die nächste Legislaturperiode ist.

(Beifall bei der SPD)

Frau Linnert, ich habe so etwas aus Ihren Worten herausgehört, was sich nach einer vorweggenommenen Abqualifizierung eines zukünftigen Finanzsenators anhörte. Ich will Ihnen sagen: Ich halte das nicht nur für einen ungewöhnlichen Vorgang, aber vielleicht unter Berufspolitikern noch hinzunehmen, aber wir haben es hier mit einem Kandidaten zu tun, der aus einer erfolgreichen unternehmerischen Tä

tigkeit in die Politik findet. Ich finde es großartig, dass ein Unternehmer sich nicht auf die Tribüne setzt und die Politik kommentiert, sondern sagt, ich will mitmachen, ich will Verantwortung übernehmen. Das sollten wir unterstützen und auch in unserer Wahl hier heute zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Übrigens, Frau Linnert, wenn Sie die Ressortverteilung ansprechen, dass die SPD das Finanzressort übernommen hat, kann man doch sicherlich, und das lege ich Ihnen nahe, so werten, dass die SPD durch dieses Wahlergebnis auch die Aufgabe hat, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen. Das ändert natürlich nichts daran, dass die finanzpolitische Verantwortung eine Gesamtverantwortung des Senats ist und dass wir alle, wir, aber der Senat natürlich in Sonderheit, mitzuwirken haben, den Erfolg der Sanierung in der nächsten Legislaturperiode ein Stück näher zu bringen.

Meine Damen und Herren, ich will noch darauf hinweisen, dass wir wieder den kleinsten Senat wählen, den es je gab.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Und mit den wenigsten Frauen!)

Darauf komme ich auch noch! Wir haben uns 1999 dazu entschlossen, das Gesetz zu ändern und die Mitgliederzahl des Senats auf sieben zu reduzieren. Das war 1999 ein gutes Zeichen und ist auch heute ein gutes Zeichen, weil es zeigt, wenn wir vom Sparen sprechen, nehmen wir die oberste Etage der Hierarchie nicht aus. Das ist in Ordnung!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Sie haben die Vertretung der Frauen im Senat angesprochen. Es stimmt: Mit dem Ausscheiden von Tine Wischer gibt es nur noch eine Frau im Senat. Das ist ohne Zweifel ein Verlust. Das sollte man – auch Mann – hier nicht wegreden wollen, aber ich bin sicher, dass darunter nicht die Frauenpolitik leiden wird, denn die ist bei Karin Röpke in guten Händen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe vom Bünd- nis 90/Die Grünen)

Im Übrigen darf ich einmal ganz zurückhaltend gegenüber dem Koalitionspartner darauf hinweisen, dass die CDU zwar die angeblich starken Frauen plakatiert hat, aber für die SPD eine starke Frau im Senat vertreten sein wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Ich glaube, der Senat der großen Koalition der vergan

genen vier Jahre hat gute Arbeit geleistet für unser Gemeinwesen. Auch vor vier Jahren hat es personellen Wechsel gegeben, ohne dass die Kontinuität der Sacharbeit darunter gelitten hätte. Ich bin sicher, dass beide Partner der großen Koalition auch dieses Mal ein ausgesprochen respektables Team an den Start schicken. Wir, die Partner der großen Koalition, sind fest entschlossen, den eingeschlagenen Weg zur Sicherung der Zukunft unseres Bundeslandes und unserer beiden Städte Bremen und Bremerhaven fortzusetzen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die vorgeschlagenen Senatsmitglieder unser aller Vertrauen verdienen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist festzustellen, dass der neu zu wählende Senat fast identisch mit dem in allen Bereichen gescheiterten alten Senat ist. Der alte Senat ist also praktisch der neue.

Meine Damen und Herren, es sind fast die gleichen Senatoren, die politisch dafür verantwortlich sind, dass unser schönes Bundesland Bremen bildungspolitisch völlig, aber auch völlig am Ende ist, Sie erinnern sich an die erschreckende Pisa-Studie. Es sind die gleichen Senatoren, die dafür verantwortlich sind, dass das Land Bremen wirtschaftlich und finanziell völlig ruiniert ist. Es sind die gleichen Senatoren, die dafür verantwortlich sind, dass unsoziale und unsägliche Einsparungen bei den Ärmsten der Armen vorgenommen worden sind. Weitere dramatische Einsparungen, zum Beispiel bei den Beamten, der Polizei, Krankenschwestern, -pflegern, Feuerwehrleuten, Sozialhilfeempfängern und so weiter sind durch den neuen Senat schon in Planung. Aber dazu mehr in meiner Begründung zur Regierungserklärung! Darauf können Sie sich jetzt schon freuen.

Meine Damen und Herren, wir bekommen zwar einen neuen Finanzsenator, der eigentlich Wirtschaftssenator werden wollte und urplötzlich, wie aus heiterem Himmel, Finanzsenator ist und der meiner Meinung nach im Bereich Finanzen und Verwaltungswesen/Verwaltungskenntnisse völlig überfordert ist. Ich will ja nicht sagen, dass Herr Dr. Nußbaum vielleicht nach einer Einarbeitungszeit kein guter Wirtschaftssenator geworden wäre, aber für die Position des Finanzsenators halte ich Herrn Dr. Nußbaum schlichtweg für überfordert.

Meine Damen und Herren, wir bekommen einen alten und neuen Präsidenten des Senats und Bürgermeister, Herrn Dr. Scherf, dem es nur durch seine Person gelungen ist, dass diese SPD keine Niederlage in zweistelliger Höhe hinnehmen musste. Nun hört man, dass Sie, Herr Dr. Scherf – ich denke

einmal, wohl durchdacht, denn ab 2005 fallen bekanntlich die finanziellen Bundesmittel weg –, 2005 zurücktreten wollen. Herr Dr. Scherf, nun frage ich Sie: Warum hat man denn Sie als Person erst gewählt, wenn Sie das Land Bremen 2005 in schlimmster Not einfach im Stich lassen wollen, also quasi das sinkende Schiff verlassen wollen? Das haben die vielen Wähler, die Sie als Person gewählt haben, nicht verdient! Ich weiß nicht, wie Sie das nennen, ich jedenfalls nenne das, sich schäbig aus der Verantwortung zu stehlen. Das haben nicht nur die Wähler, die Sie, Herr Dr. Scherf, als Person gewählt haben, nicht verdient, das haben die Bürger dieses Landes nicht verdient, das hat das gesamte Bundesland Bremen nicht verdient. Meine Damen und Herren, dass die SPD auch noch zwei wichtige Ressorts, Wirtschaft und Umwelt, der CDU überlässt, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Abschließend kann man bei dieser personellen Besetzung des neuen Senats ohne Übertreibung sagen: Der alte unfähige und gescheiterte Senat ist nun für weitere vier Jahre der neue unfähige Senat. Meine Damen und Herren, eine politisch erforderliche Erneuerung ist bei dieser personellen Besetzung nicht in Sicht. Ein dringender wirtschaftlicher und finanzieller, für das Bundesland Bremen überlebenswichtiger Aufschwung, eine Aufbruchstimmung, eine Erneuerung ist bei dieser personellen Besetzung nicht gegeben, ganz im Gegenteil! Meine Damen und Herren, aus meiner politischen Verantwortung gegenüber unserer Bevölkerung kann ich diesen – böse Zungen würden jetzt behaupten – zusammengewürfelten Chaossenat nicht mittragen. Eines kann ich Ihnen aber im Namen der Deutschen Volksunion versprechen: dass ich als die einzige wahre Opposition in diesem Haus diesem Senat weiß Gott wahrlich ganz genau auf die Finger schauen werde! – Ich bedanke mich!

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Bremerhavener kann man sich darüber, dass im neuen Bremer Senat zwei Bremerhavener vertreten sein sollen, freuen, denn das hat es, glaube ich, in dieser Form noch nie gegeben, jedenfalls kann ich mich daran nicht erinnern. Was wir immer hatten, es war jeweils ein Bremerhavener im Senat, einer allerdings nur, aber es waren eben keine zwei. Insofern, denke ich, hat sich die Repräsentanz Bremerhavens im Bremer Senat erheblich verbessert. Das kann man, glaube ich, hier sagen und feststellen, und darüber kann man sich als Bremerhavener natürlich freuen. Freuen kann man sich natürlich auch darüber, dass mit den in Aussicht genommenen Senatsressorts kei––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ne unwichtigen Ressorts ausersehen wurden. Ich meine sogar, dass mit dem Finanzressort eines der wichtigsten Ressorts der nächsten Jahre dabei ist. Wir Bremerhavener dürfen also vom neuen Senat mit der erheblich gestiegenen Bremerhavener Repräsentanz einiges erwarten. Ich hoffe nur, dass die beiden Auserkorenen dies auch so sehen und sich in ihren Ressorts und im Senat nicht von bremischen Sachzwängen allein bestimmen lassen, denn das hatten wir schon einmal. Ich kann mich an einen Bremerhavener Hafensenator erinnern, der schon auf dem Weg nach Bremen vergessen hat, dass er Bremerhavener ist, und sich dann in Bremen hat von den Sachzwängen Bremens erschlagen lassen. Man macht sich natürlich so seine Gedanken über die Senatsbildung und darüber, dass Bremerhaven jetzt besonders gut dabei weggekommen ist. Man fragt sich natürlich, welche Motive und welche Überlegungen dabei eine Rolle gespielt haben könnten. Ich glaube, das schlechte Gewissen kann es nicht gewesen sein, nämlich das schlechte Gewissen darüber, dass im vergangenen Senat Bremerhaven praktisch nicht repräsentiert war. Nur am Anfang mit Hilde Adolf war jemand aus Bremerhaven dabei, danach dann eben nicht mehr, und wir Bremerhavener wurden dann immer vertröstet, was diese Situation betrifft. Jetzt haben wir zwei. Insofern sind wir natürlich sehr viel stärker vertreten. Also, schlechtes Gewissen gegenüber Bremerhaven war es bestimmt nicht, und das kann ich mir bei den politischen Akteuren, die hier den Koalitionsvertrag ausgehandelt haben, auch gar nicht vorstellen, denn da muss etwas anderes im Spiel gewesen sein. Wenn man dann weiter darüber nachgrübelt, fällt einem ein, dass wir hier in Bremerhaven demnächst Kommunalwahl haben werden. Wie Sie wissen, werden wir Ende September wieder wählen, Bremerhaven hört gar nicht auf zu wählen, und da macht es sich natürlich besonders gut, wenn die beiden dort zur Wahl stehenden großen Koalitionäre dann mit eigenen Senatoren antreten können und nicht Herr Scherf wieder ins Rennen geschickt werden muss, der in Bremerhaven keine so guten Karten gehabt hat.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das stimmt!)

Zunächst hat es natürlich einen gewissen Charme, dass ein Parteiloser in das Finanzressort hineinkommt, das ist eben auch schon gesagt worden, dass dies eine gewisse Bedeutung hat, aber man macht sich darüber natürlich so seine Gedanken. Ein Parteiloser, der praktisch ohne Vorlauf, ohne parteipolitischen Rückhalt und ohne politische Erfahrung da hineingewählt wurde, zwingt zu Überlegungen, die man dann hier auch anstellen kann. Das hat sicherlich etwas, das hat auch Charme. Das zeigt auch große Risikobereitschaft. Insofern kann

man zum Schluss sagen, alle Achtung, dass Sie das gemacht haben! Wenn man sich aber das Gezerre anschaut, das im Vorfeld dieser Personalentscheidung zwischen den Besetzungen im Finanzressort und im Wirtschaftsressort stattgefunden hat, in Bremerhaven hat das vor allem stattgefunden, dann kommt man doch zu gewissen weiteren Überlegungen. Wenn man dann noch überlegt, was Herr Neumann seinerzeit auf dem Landesparteitag gesagt hat, warum die CDU das Finanzressort aufgibt und lieber das Wirtschaftsressort will, dann kommt man natürlich zu weiteren Überlegungen und zu ganz anderen Vermutungen als zu diesen hehren Überlegungen, die man vielleicht am Anfang hatte.

Herr Neumann weiß genauso gut wie Herr Perschau als bisheriger Finanzsenator, dass die Haushalts- und Finanzlage Bremens äußerst prekär ist und dass die Sanierungspolitik des Senats im Grunde gescheitert ist. Das weiß auch die SPD. Der so genannte Kanzlerbrief, mit dem immer argumentiert wird, ist nichts wert. Er wird sich als wertloses Stück Papier erweisen, und auch die Hoffnungen, die im Koalitionsvertrag geäußert werden über die neuerliche Klage beim Bundesverfassungsgericht, finanzielle Verbesserungen für das Land Bremen zu bekommen, scheinen mir eher Wunschdenken als Realität. Ich glaube nicht daran. Ich glaube eher, dass andere Länder dann ebenfalls Forderungen stellen werden und Bremen mit seinen Forderungen dann im Grunde genommen zurückstehen muss. Bremen muss sich also, das ist die Quintessenz, selbst helfen, und da drohen ganz massive Eingriffe, und der Finanzsenator wird derjenige sein, der da an erster Stelle gefordert sein wird.

Die CDU hat großzügigerweise auf das Finanzressort verzichtet. Herr Perschau wechselt in das Wirtschaftsressort und kann dort, statt Geld einzusammeln und das wenige Geld zusammenzuhalten, Geld ausgeben. Das ist allemal besser und schöner als die Position, die er bisher innehatte, nämlich den Geldsack zusammenzuhalten. Die SPD hat das Finanzressort übernommen. Statt es in den eigenen Reihen zu halten, es zum Beispiel dem früheren Finanzsenator Kröning anzudienen, gibt man es einem Parteilosen. Da braucht man sich die Hände politisch nicht schmutzig zu machen und hat schon den geborenen Sündenbock für das Scheitern der Sanierung und die mühsame finanzielle Sanierung des Landes in der Hand.