Protocol of the Session on June 3, 2004

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Es gibt keine Begründung für das Misstrauensvo

tum. Es gibt kein persönliches Fehlverhalten oder eine Verantwortung, die diesen Misstrauensantrag begründet. Es ist Wahlkampfgetöse. Unsere CDUFraktion wird mit allen 29 Abgeordneten dieses Misstrauensvotum ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Starker Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich gefragt, ob ich eigentlich noch etwas zu sagen habe, nachdem Herr Kastendiek hier geredet hat. Ich glaube, ich habe noch etwas zu sagen!

(Beifall bei der SPD)

Als ordentliche Parlamentarier gehen wir selbstverständlich keiner Debatte aus dem Weg, aber ich möchte doch an dieser Stelle schon sagen, auch bei allem Verständnis für die Nöte der Opposition: Selten ist uns eine derart überflüssige Personaldebatte aufgedrängt worden wie heute mit dem Misstrauensantrag der Grünen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Finden wir nicht!)

Wenn ich Berater der Opposition wäre, hätte ich vielleicht nicht gesagt überflüssig, dann hätte ich gesagt, völlig zur Unzeit! Vielleicht hilft Ihnen das!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, deswegen ist klar: Die SPD-Fraktion wird den Antrag der Grünen ablehnen, und insofern kann ich mich Herrn Kastendiek anschließen: Die SPD-Fraktion wird den Antrag geschlossen ablehnen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Streit über Personen und eine rückwärts gewandte Schuld- und Verantwortungsdebatte bringen uns in der Sache nun wirklich kein Stück voran! Die Sache ist die aktuelle Krise des Space-Parks und die daran anknüpfende, auch öffentlich gewordene Überlegung des privaten Eigentümers, sich aus dem Projekt zurückzuziehen.

Ich erspare mir deshalb, auf die Chronologie des Space-Parks einzugehen, aber an eines möchte ich uns alle auch noch einmal erinnern: Es waren zwei Gedanken, die uns Anfang bis Mitte der neunziger

Jahre im Zusammenhang mit dem Space-Park bewegt haben, nämlich auf der einen Seite, dass wir für das ehemalige AG-„Weser“-Gelände endlich eine vernünftige Nachnutzung wollten, nachdem dort viele Jahre lang – das darf man heute rückblickend sagen – Unvernünftiges passiert war.

Das Zweite war, dass viele durchaus von dem Gedanken an einen Weltraumpark, der an Bremen als Standort der Luft- und Raumfahrt anknüpft, fasziniert waren. Das war der Kern des Gedankens, der jedenfalls dazu geführt hat. Ich habe überhaupt keine Lust und beteilige mich jetzt auch nicht daran zu fragen, wer diesen oder jenen Gedanken in dieser Zeit gehabt hat. Ich habe die bremische Politik jedenfalls aus den Anfängen so in Erinnerung, dass wir gemeinsam von diesen beiden Grundüberzeugungen ausgegangen sind. Das sagen die Grünen doch sicherlich auch. Herr Kastendiek hat dafür ja auch Belege geliefert.

Ich will mich also der Gegenwart zuwenden, und da sage ich: Es gibt überhaupt nichts zu beschönigen. Eines der größten privaten Investitionsvorhaben der letzten Jahrzehnte in Bremen ist in ganz schweres Fahrwasser geraten. Wenn selbst der überwiegend für optimistische Sichtweise bekannte Bürgermeister Henning Scherf in der „Süddeutschen Zeitung“ vom „Alptraumprojekt“ spricht – Alptraum ja oder nein, das lassen wir einmal dahingestellt –, dann ist richtig: Wir müssen klar sagen, wie die Dinge jetzt stehen, und ich bin völlig dagegen, dass man weiße Salbe darüber schmiert und die Probleme verdeckt, sondern dass man die Probleme richtig anspricht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Deswegen sage ich auch ganz klar: Nein, das Projekt Space-Park läuft überhaupt nicht so, wie wir uns das vorgestellt und gewünscht haben,

(Zuruf der Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/Die Grünen])

und ja, es ist eine tiefe Krise des Projekts eingetreten, und das nicht erst seit heute und nicht seit gestern, sondern schon seit längerem. Das ist die Realität, mit der wir uns auseinander setzen müssen.

Frau Trüpel, klar, wir haben doch nicht ohne Grund vor mehr als einem Jahr, oder war es schon Ende 2002, ich weiß es im Moment nicht mehr, einen Betriebsmittelkredit von 40 Millionen Euro bewilligt. Die Dresdner Bank hat seinerzeit die gleiche Summe dazugelegt. Ich fahre im Übrigen jeden Tag zweimal daran vorbei, einmal hinein in die Stadt und abends wieder hinaus. Jeder sieht, dort, wo jetzt gähnender Leerstand herrscht, sollte schon längst gehobener Einzelhandel stattfinden, und immer noch ist kein Ankermieter für diese Riesenflächen in Sicht, und wenn es bei den privaten Investoren

Überlegungen gibt, die Brocken hinzuwerfen, dann ist das eine sehr tiefe Krise. Sie haben immerhin 500 Millionen Euro investiert. Das ist auch für eine Großbank eine Menge Geld.

Meine Damen und Herren, niemand kann hier aber versprechen – und auch das, glaube ich, gehört zu einer ungeschminkten Wahrheit –, dass es am Ende mit dem Space-Park doch noch gut geht, wie sollte man auch! Wir hören, dass jetzt eine realistische Prognose der Besucherzahlen erstellt werden soll. Jetzt ist von 500 000 Besuchern die Rede und nicht mehr von 1,4 Millionen. Wir hören, dass auf dieser Grundlage ein neuer Businessplan entwickelt werden soll, auch über eine Modifizierung des Betreiberkonzepts wird nachgedacht. Wir hören, dass eine bremische Lösung im Gespräch ist, und wir konnten dem „Weser-Kurier“ entnehmen, dass auch bekannte Bremer Geschäftsleute an einer Bremer Lösung arbeiten.

Ich stelle mich vor diesem Hintergrund also doch nicht hier hin, meine Damen und Herren, und sage, das wird funktionieren, da sind wir uns ganz sicher. Nein, ich gestehe offen, ich habe Zweifel, ob ein solcher Weg am Ende zu einer tragfähigen Lösung führt, sogar große Zweifel. Weshalb habe ich diese Zweifel? Weil ich mich und wahrscheinlich auch Sie sich alle daran erinnern, dass wir Ende 2002 schon einmal ziemlich sicher waren, weil wir zwei wichtige Partner hier in Bremen gesehen haben – die Allianz Center Management, immerhin die zweitgrößten in ihrem Bereich, und die ProFun-Gruppe, die als Referenzprojekt die Autostadt Wolfsburg nennen konnte –, und wir glaubten uns damals auf der sicheren Seite! Also bin ich vorsichtig, und ich glaube, das ist richtig.

Aber, Frau Dr. Trüpel, und da, glaube ich, unterscheiden wir uns: Wir stecken den Kopf nicht in den Sand. Wir wollen im Gegenteil alles unternehmen, um eine Lösung zum Wohle Bremens hinzubekommen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es kann doch niemand ein Interesse daran haben, dass auf dem ehemaligen Gelände der AG „Weser“ eine Investitionsruine entsteht. Das wäre in der Tat für Bremen schrecklich und schädlich,

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ist es doch schon!)

übrigens auch wegen der 300 Arbeitsplätze und auch wegen der 300 Menschen, die dort eine Alternative zur Arbeitslosigkeit gefunden haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich will hier nicht von dem riesigen Imageschaden für Bremen sprechen, der eintreten würde. Uns

ist das alles nicht gleichgültig. Frau Dr. Trüpel, wenn Sie eine „Stadtschnack“-Umfrage erwähnen, nach der 83 Prozent der Menschen, die sich daran beteiligt haben, sagen, sie wollen nicht, dass weitere öffentliche Mittel in dieses Projekt gesteckt werden, dann teile ich diese Auffassung. Ich werde noch darauf zurückkommen. Ich bin mir aber sicher, dass die Bremerinnen und Bremer in ihrer sehr großen Mehrheit nicht wollen, dass dort diese Investitionsruine, die vor Augen steht, tatsächlich entsteht, sondern sie wollen, dass auf diesem Gelände etwas Lebendiges passiert, da bin ich sicher!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich bin mir auch sicher, dass man mit den Erkenntnissen von heute dieses Projekt in der Vergangenheit anders angepackt hätte.

(Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen: Ach!)

Das will wahrscheinlich niemand bestreiten. Die Prognosen würden weniger optimistisch ausfallen, die Euphorie wäre etwas gedämpfter. Ob ein privater Investor mit den Erkenntnissen von heute noch einmal 500 Millionen Euro investieren würde, darf man bezweifeln. Natürlich erscheint es rückblickend – darf man das sagen? – fast etwas abenteuerlich, dass so viel Geld investiert wird und man zu bauen beginnt, ohne einen einzigen Mietvertrag unterzeichnet zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Rückblickend erscheint es abenteuerlich, aber rückblickend ist man bekanntlich immer klüger, und diese Erkenntnis nützt heute nicht besonders viel.

Jetzt geht es darum, eine Lösung für ein konkretes und sehr großes Problem zu finden, und da, meine Damen und Herren, steht der Wirtschaftssenator in der Verantwortung. Da ist er gefordert, und da muss der Wirtschaftssenator nicht vom Feld, da muss er an die Arbeit, und er wird auch daran gemessen werden, was ihm dabei gelingt. Ich glaube aber, dass Herr Perschau auch weiß, dass das seine Aufgabe ist.

Wenn es um offene und klare Worte geht, muss auch gesagt werden, Frau Dr. Trüpel, warum diese Debatte hier zu diesem Zeitpunkt geführt wird. Hängt das zusammen mit der schwierigen Situation des Space-Parks?

(Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen: Ja!)

Doch eher nicht! Die Lage ist seit mehr als einem Jahr bekannt.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Sollen zusätzliche öffentliche Mittel in den SpacePark fließen? Ebenfalls ein klares Nein! Die in den letzten Tagen freigegebenen 1,2 Millionen sind Teil des bereits vor über einem Jahr genehmigten Betriebsmittelkredits.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Warum jetzt also die Debatte? Warum konnten die Grünen die vom Senat sich selbst gesetzte Frist von acht Wochen nicht abwarten? Herr Kastendiek hat seine Vermutung geäußert. Ich will nur sagen: Sie sind eine Antwort auf diese Frage schuldig geblieben, Frau Dr. Trüpel.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Weil er sich davonstehlen will!)

Ich glaube, es ist völlig falsch, jetzt den Abgesang auf den Space-Park anzustimmen. Ich habe so ein bisschen den Verdacht – ich schiebe das Wort „mit Verlaub“ vorweg –, dass die Opposition das in dieser Phase, vielleicht auch mit Blick auf die Europawahl, mit Klamauk verwechselt. Ich glaube, das tut dem Wahlkampf nicht gut, aber dem Interesse Bremens tut es auf jeden Fall auch nicht gut!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Klamauk?)

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion steht dazu, dass auch dann nach konstruktiven Lösungen gesucht wird, wenn der Wind von vorn weht, und wir sind überzeugt, dass man jedenfalls diesen Versuch wagen muss. Die Angebote im Space-Center sind attraktiv. Wir waren mit der gesamten Fraktion schon vor geraumer Zeit vor Ort, wir haben uns davon überzeugt. Vielleicht kann an der einen oder anderen Stelle noch nachgelegt werden, aber es gibt keinen Grund, hier etwas schlecht zu reden, was nicht schlecht ist, meine Damen und Herren!