Protocol of the Session on January 26, 2000

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Zachau.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte doch zu zwei Dingen einiges sagen, weil ich mich über den Beitrag des Kollegen Focke ziemlich geärgert habe.

Wenn ich sehe, mit welcher Nonchalance er hier sagt, die arbeiten ja auch gut, die müssen mehr Geld haben, und mir ansehe, was in dieser Stadt passiert, was Sie den Bürgerinnen und Bürgern an Umstrukturierungen zumuten unter Verzicht und dergleichen ___________

) Vom Redner nicht überprüft.

mehr, und Ihre leitenden Mitarbeiter dermaßen schmieren und versorgen, dann finde ich das unglaublich!

(Unruhe und Zurufe)

Das lässt jegliche Sensibilität für diese reale soziale Situation in dieser Stadt vermissen. Wer es hat, dem wird gegeben, und die anderen können sehen, wie sie zurecht kommen. Das ist Ihr Motto! Soweit zu Ihrem sozialen Gewissen!

Wir haben Umstrukturierungen im Bildungsbereich, die werden vollzogen unter Stellenabbau! Da wird nicht gesagt, wir bekommen erst einmal 100 Stellen mehr! Wir haben Umstrukturierungen im Reinigungsbereich, wir haben Umstrukturierungen im Hortbereich, da müssen Sie nach Ihrem eigenen Bekunden wahrscheinlich Leute entlassen. Dann hier solche Aussage zu treffen, weil es Wirtschaft ist, ist es völlig egal, was das kostet! Danke, meine Damen und Herren! Deutlicher hätten Sie es nicht sagen können, was Sie für die Menschen in dieser Stadt übrig haben, es sei denn, sie sind auf Ihrer Ebene zugange!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Glocke)

Herr Abgeordneter Zachau, Sie haben, wenn ich das richtig verstanden habe, die Ausdrücke „schmieren und versorgen“ gebraucht und haben damit in Richtung CDU gemeint, dass damit ihre Leute gemeint seien. Ich weise diesen Ausdruck als unparlamentarisch zurück!

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich habe diese Ausdrücke im Hinblick auf die Versorgung von leitenden Beamten gemeint. Wenn Sie damit die CDU assoziieren, ist das Ihr Problem!

Es ist schon für mich als Fraktionssprecher sehr auffällig, wie eng inzwischen hier sozusagen das Regularium gelegt wird, was man sagen darf und was nicht. Es ist meine politische Auffassung, dass dies passiert ist. Dafür nehme denn ich auch gern einmal diesen Ordnungsruf in Kauf. Aber irgendwo ist Schicht, man muss auch einmal die Wahrheit sagen dürfen, wie man sie selbst sieht! Das ist überhaupt keine Frage!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da spricht der alte KBW!)

Ich möchte den jungen Mann, der ist nicht so alt, noch ein bisschen belehren! Wenn Sie mir unterstel

len, ich sei in einer früher verfassungsfeindlichen Organisation gewesen, Kommunistischer Bund Westdeutschland, bitte ich Sie, das sofort zurückzunehmen! Ich war nie Mitglied im KBW, ich war Mitglied in der SPD, vielleicht kategorisieren Sie sie ähnlich! Aber das ist ein anderes Problem! Auch das wäre vielleicht für den Präsidenten ein Grund, einzugreifen und das hier klarzustellen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, das macht er nur bei unse- ren Sachen!)

Ich möchte dann noch etwas zu Parkinson sagen! Parkinson ist ein amerikanischer Organisationssoziologe, ein älterer, ein sehr interessanter, den sollten Sie lesen. Er hat die Kernthese aufgestellt, dass Arbeitsgruppen mit 30 Mitarbeitern überhaupt keine Außenkontakte mehr brauchen, weil sie sich gut selbst beschäftigen können.

(Abg. B e c k m e y e r [SPD]: Das ist wie in der Schulklasse!)

In der Schulklasse sind wir auch bei 30, aber nicht aus Organisationsgründen!

Jetzt sagt der Senator hier, das alles, die Auswucherungen, haben nichts mit Parkinson zu tun, die Organisation ist geschaffen, und sie schafft sich ihre eigene Legitimation, und er sagt, das sei McKinsey, eine Verschlankung. Wir haben ja gerade vorher bei der Frage von Herrn Pohlmann zur Gebäudebewirtschaftung gesehen, was bei McKinsey herausgekommen ist. Das können die nicht unter diesem Namen vermarkten, da werden sie bald eine Schadensersatzklage haben, denn das ist ein diffuses Zeug geworden, wo keine Zuständigkeiten mehr geklärt sind, und das hat sich da verselbständigt.

Ich möchte das einmal am Beispiel der Bremer Aufbau-Bank sagen. McKinsey hat in seinem Gutachten empfohlen, deutlich zu überprüfen, ob Darlehensvergaben im Zusammenhang mit Ansiedlungen nicht über ein Contracting mit einem ansässigen Kreditinstitut privat geregelt werden können. So eine Bank im eigenen Bereich ist ja auch etwas! Was ist schon die Beraubung einer Bank gegen die Gründung derselben, hat einmal jemand gesagt. Daraus hat BIG abgeleitet, dass sie unbedingt eine Bank braucht und hat das auch richtig voll vorgebracht.

Jetzt ergibt sich daraus, dass die Bremer AufbauBank — einmal abgesehen von dem Bremer Kapitaldienstfonds, den wir auch noch als eigenes Rechtskonstrukt gegründet haben, weil die BIG das nicht abdecken konnte aus verschiedenen Gründen, da haben wir also noch eine Institution mehr — auch rein privatwirtschaftliche Geschäfte durch Darlehensvergabe an Private tätigen wird. Das heißt, hier ist eine Ausweitung statt Privatisierung.

Sie behaupten immer, der öffentliche Dienst muss so viele Bereiche wie möglich an die Privaten abgeben. Real machen Sie das Gegenteil. BIG macht inzwischen Gebäudehandel in der Innenstadt, was ist denn das anderes, tritt selbst als Investor auf. Da frage ich mich doch, wie das sein kann. Gut, die anderen Sachen, die Privatisierung, das gehört hier nicht hinein, der Weinhandel und alle die anderen Dinge, das lassen wir einmal weg.

Dann eine letzte Anmerkung: Warum soll es bei einem Geschäftsführer einer städtischen Gesellschaft, also einer kommunalen Gesellschaft, eigentlich nicht möglich sein, sein Gehalt zu nennen? Bei jedem öffentlich Bediensteten ist das Gehalt transparent. Mir ist aufgefallen, dass jeder Mitarbeiter im Durchschnitt dieser ganzen Gesellschaften 100.000 DM im Jahr hat, im Durchschnitt! Das können Sie mir nicht erzählen, dass dies leistungsgerecht ist. Da spielen ganz andere Kriterien eine Rolle. — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Zachau, nach dieser Rede mag man ja kaum noch Kollege sagen, finde ich, denn das, was Sie uns hier unterstellt haben, dass wir irgendwelche Leute, wie Sie es so dargestellt haben, mit Gehältern schmieren oder versorgen, das muss auf das Schärfste zurückgewiesen werden!

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen sich auch einmal vorstellen, in was für eine Lage Sie diese Mitarbeiter bringen, die bei dieser Gesellschaft arbeiten. Das ist eine unglaubliche Entgleisung, das kann man gar nicht oft genug sagen.

(Beifall bei der CDU)

Dann sollten Sie sich einmal die Zahlen, wenn Sie hier schon den großen Rechenkünstler spielen, ganz genau anschauen. Wir haben hier von 13 auf acht hauptamtliche Mitarbeiter und fünf nebenamtliche reduziert. Sie beziehen insgesamt 1,9 Millionen DM Gehalt. Wenn Sie das einmal im Durchschnitt rechnen, insgesamt alle acht, das ist doch kein besonderes Gehalt für einen Manager!

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Er weiß nicht, dass es auch Lohnnebenkosten gibt!) _______ *) Vom Redner nicht überprüft.

Dann gibt es ja auch noch die Nebenkosten. Dabei wird doch keiner Millionär, wenn er zwischen 200.000 und 250.000 DM mit Nebenkosten hat. Dabei sind ja auch die gesamten Nebenkosten, die er noch bezahlen muss. Das ist doch keine Besonderheit, meine Damen und Herren. Wenn wir gute Leute haben wollen, die hier gute Vermarktung machen sollen, dann ist es kein Problem für diejenigen, in der privaten Wirtschaft, in privaten Unternehmen viel mehr Geld zu verdienen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eher der untere Level eines Managergehalts! Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt, noch einmal zu Frau Dr. Trüpel! Sie sagen, ich gehe einfach so nonchalant darüber hinweg. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich diese Fragen, die Sie hier gestellt haben, zu diesem Zeitpunkt nicht für richtig halte, weil sie eben nicht vollständig beantwortet werden können, was die Umstrukturierung oder die Beendung der Umstrukturierung und der erfolgreichen Abfrage bringen kann. Das geht noch nicht nach einem Jahr. Wir sind ja noch gar nicht vollständig fertig mit der Umstrukturierung. Also können Sie nicht schon endgültige Ergebnisse erwarten. Deswegen nehme ich meine Kontrolle als Parlament so wahr, dass ich es dann mache, wenn ich den Zeitpunkt für richtig empfinde, wenn man nämlich wirkliche Vergleiche machen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU — Glocke)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schuster?

Bitte, Herr Dr. Schuster!

Nach Ihren Ausführungen bin ich nicht ganz sicher, welche Zahlen jetzt genau stimmen. Hier in der Vorlage steht, 1997, als es acht Geschäftsführer waren, waren die Aufwendungen für die Geschäftsführung 1,91 Millionen DM, 1999, als es nur noch fünf Geschäftsführer waren, 1,992 Millionen DM. Meines Erachtens ergibt das, wenn man das durchschnittlich rechnet, 400.000 DM pro Geschäftsführer pro Jahr. Welche Zahlen sind denn jetzt richtig?

Wir haben nach wie vor acht hauptamtliche Geschäftsführer. Wir hatten zehn, jetzt haben wir acht. Wir hatten acht nebenamtliche, und jetzt haben wir fünf. Wenn ich acht durch 1,9 teile, komme ich nie auf 400.000 DM, Herr Dr. Schuster.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Leo.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ja selten, dass eine Wirtschaftsdebatte, die sich normalerweise um Zahlen dreht und um ganz handfeste Fakten, solche emotionalen Äußerungen hervorrufen kann, aber immerhin ist es ganz interessant, das mitzuhören.

Ich möchte trotzdem schlicht und ergreifend auf einige offene Fragen eingehen, die mir nicht beantwortet wurden. Herr Senator Hattig, ich hatte einige Fragen gestellt, die habe ich von Ihnen nicht beantwortet bekommen. An zwei Punkten bin ich auch anderer Meinung als Sie.

Es ist so, dass ein Geschäftsführer einer so großen Gesellschaft wie die BIG natürlich auch zur Einsicht kommen könnte, dass man ein Wirtschaftsressort nicht mehr grundsätzlich braucht. Es wäre dann fraglich, ob er das öffentlich auch äußern sollte. Das heißt, man kann dieses politische Äußern auf die Spitze treiben. Es ist von mir aus nur ein ganz konstruktiver Vorschlag an Sie und insbesondere dann auch an die BIG, doch dafür zu sorgen, dass hier in Zukunft konstruktiv und vorsichtig mit solchen Äußerungen umgegangen wird.

(Beifall bei der SPD)

Es ist gar nichts Negatives, sondern die Bitte, es zu verbessern.

Der zweite Punkt, Herr Senator, Sie haben in Ihrem letzten Satz gesagt, die Zahlen der Gewerbeansiedlungen sollten wir nachlesen. Es gab zwar eine Pressemitteilung, aber in dieser Antwort des Senats, das war das Enttäuschende, habe ich da sehr wenig gelesen. Ich stelle die Frage noch einmal: Wie hat sich die Zahl der Gewerbeansiedlungen 1999 gegenüber dem in der Vorlage ansonsten gewählten Referenzzeitraum 1997 entwickelt? Die Verbesserung der Ansiedlungserfolge muss ja auch in irgendeiner Form quantifiziert werden. Da finden wir hier nichts vor. Deswegen können wir auch hier die Zahlen, von denen Sie sagen, diese könnten wir ja nachlesen, gar nicht finden.