Helmut Zachau
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Ich wollte nur einmal nachfragen, ob Sie sich bei den Aktionsfeldern auch vorstellen können, die Anwendung der sehr vorbildlichen Vereinbarung zur Suchtkrankenhilfe im öffentlichen Dienst doch wesentlich offensiver umzusetzen, als es bisher geschehen ist. Offensichtlich lässt nach meiner Interpretation die mangelnde Anwendung darauf schließen, dass die Sensibilität im Bereich unserer eigenen Arbeitnehmerschaft noch nicht so ausgeprägt ist, wie es sein müsste.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Leben ist kurz, aber voller Überraschungen, insofern sollte man auch nie solche verbindlichen Prognosen treffen. Aber ich gebe gern zu, es spricht einiges dafür.
Der Anlass für den heute vorgelegten Antrag ist die Studie der OECD zu der Bildungssituation im internationalen Vergleich, die ja in Deutschland vom Präsidenten der Kultusministerkonferenz vorgestellt und kommentiert wurde. Dies ist auch im Internet nachzulesen. Das habe ich hier auch gelernt, wie man sich solche Informationen besorgt. Senator Willi Lemke hat hier auch einiges an Kommentaren dazu abgegeben.
Die Ergebnisse möchte ich ganz kurz rekapitulieren, damit ein bisschen klar ist, warum wir auf bestimmte Forderungen eingehen, die wir am Ende für einen Bericht und für ein Aktionsprogramm aufstellen.
Im Bildungstrend ist die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich auf dem absteigenden Ast. Das macht sich daran fest, dass es zum Beispiel in Deutschland heute schon deutlich weniger Hochschulabsolventen als in fast allen anderen Ländern der Vergleichsstudie gibt.
Vor diesem Hintergrund finde ich es bemerkenswert, dass Bildungspolitiker in der Bundesrepublik immer noch davon reden, nicht jeder könne Abitur machen, nicht jeder könne zur Hochschule gehen, wir brauchten auch den ordentlichen Hauptschüler und Ähnliches mehr. 40 Prozent aller jungen Menschen haben im internationalen Vergleich durchschnittlich einen Hochschulabschluss. In Deutschland sind das gerade 28 Prozent, und hier ist ein erheblicher Nachholbedarf, das muss man ganz klar sehen,
zumal wir wissen, dass die Möglichkeit, erwerbstätig zu sein, mit der Höhe des Bildungsabschlusses deutlich zunimmt.
Die Bildungsbeteiligung nimmt in der Bundesrepublik ab. Das bedeutet ganz klar, dass weniger Kinder die Abschlüsse der schulischen und der hochschulischen Einrichtungen erreichen, auch in Bremen. Dies ist ein deutlicher Trend und ein großes Problem für uns alle!
Trotzdem hat die Bundesrepublik ein relativ hohes Qualifizierungsniveau, was aber durch die Studie nicht ausgewiesen wird als Ergebnis im Wesentlichen der staatlichen Einrichtungen, sondern durch ein hohes Niveau der Abschlüsse im berufsbilden––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
den Bereich, also eines Bereiches, der überwiegend privatwirtschaftlich organisiert ist, zum Beispiel in Form der dualen Berufsausbildung. Das muss man hier an dieser Stelle einmal sagen.
Die Bildungsausgaben in Deutschland sinken im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt und auch im Verhältnis pro Kopf der Bevölkerung. Wenn wir das etatistisch betrachten, verursacht ein Grundschüler ein Drittel der Kosten eines Sekundarstufe-II-Schülers und die Hälfte der Kosten eines SekundarstufeI-Schülers. Also, wenn man das platter sagt, je kleiner die Kinder, desto unwichtiger werden sie für Investitionen. Damit sind die Brüche aber im weiteren Bildungsverlauf, denn die Grundschule heißt Grundschule, weil sie die Basis des Ganzen ist, programmiert. Ich glaube, dass wir mit dieser Verteilung der Mittel allesamt einen schweren Fehler machen.
Die Dauer der Ausbildung, wenn man von einem Fünfjährigen ausgeht, ist in der Bundesrepublik mit 16,8 Jahren im Wesentlichen durch die Einbeziehung der dualen Berufsbildung nicht besonders lang, sie liegt damit im Mittelfeld. Die Dauer der Ausbildung nimmt in der Bundesrepublik ab im internationalen Vergleich, in den anderen Staaten nimmt sie zu. Auch hier erfolgt eine Angleichung, es ist absehbar, wann wir überholt werden. Es gibt qualitativ erhebliche Defizite, noch nicht einmal die Hälfte der Abiturienten der Bundesrepublik erreicht einen Hochschulabschluss, vor dem Hintergrund dessen, dass das Abitur klassisch ja immer so diskutiert wird, als würde es nur dazu dienen, zur Universität zu gehen.
Herr Bürger, ich glaube, da hat insbesondere Ihre Fraktion einigen Grund, darüber nachzudenken, was das Abitur heute wirklich ist. Es ist nicht mehr der alleinige Schlüssel zum Hochschulstudium, sondern es führt hin in die Berufsausbildung. Real erreicht nur die Hälfte — —.
Ja, aber Sie haben es nicht gemerkt, Sie wollen ja immer noch die Schule der fünfziger Jahre, das ist doch das Problem!
Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Qualifikationen sind bei uns unterbelichtet, das weist auch diese Studie in der Tendenz wieder aus, wenn auch nicht ganz so dramatisch wie die „Third International Mathematics and Science Studies“, TIMSS heißt das denn, das kennen wir besser. Die Bundesrepublik als ein Hightechland hat ursprünglich Ingenieurdienstleistungen exportiert. Inzwischen müs
sen wir Ingenieurdienstleistungen per saldo importieren, das heißt, wir haben weniger Technik im Lande zur Verfügung, weniger Ingenieure, als wir brauchen.
Was heißt diese Generalaussage nun für unser doch ganz kleines, aber trotzdem außerordentlich wichtiges Bundesland? Wir haben in der Entwicklung zu sehen, dass es einen demographischen Knick gibt, die Alterspyramide entwickelt sich ungünstig, wir haben verhältnismäßig wenig junge Leute, jedenfalls im Verhältnis zu den Älteren. Das heißt, wir werden strukturell Nachwuchsprobleme in vielen Bereichen des Erwerbslebens, der Wissenschaft, der Qualifikation bekommen. Das ist absehbar.
Diese Entwicklung ist deutlich dramatischer, weil sie einhergeht mit einer wissenschaftlich-technischen Revolution ungeheuren Ausmaßes, als der konstatierte Sputnikschock in den sechziger Jahren. Damals hat uns nur erschreckt, dass ein Ostblockland plötzlich über eine Hochtechnologie verfügt, aber jetzt haben wir richtig Probleme, wenn unser Land im globalisierten Weltmarkt mithalten will. Deswegen ist es notwendig, dass wir alle Begabungsreserven in unserer Gesellschaft systematisch erschließen, mehr noch als in den sechziger Jahren.
Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit müssen wieder stärker ins Blickfeld genommen werden. Wir können es uns nicht leisten, dass 20 Prozent der Migrantenkinder die Schulen ohne Abschluss verlassen. Wir müssen hier die strukturellen Ursachen beseitigen, wir müssen Bildungsbarrieren abbauen.
Auch aus diesem Grund, aber nicht nur, und wegen der Elternwünsche ist der Ausbau der integrierten Stadtteilschulen unbedingt notwendig.
Wir wollen mit unserem Antrag dafür sorgen, dass die Fähigkeiten aller Kinder in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen gefördert werden. Das ist die Anforderung, die wir für die Zukunft sehen. Senator Lemke macht eine unkonventionelle Politik, das ist dem Bildungsbereich gut bekommen. Sein Einstieg war außerordentlich erfrischend, auch wenn er es uns als Opposition nicht leicht gemacht hat, einen Platz zu finden, aber inzwischen haben wir ihn, er hat ihn. Er hat viele Tabus aufgebrochen, und das ist auch gut so.
Nicht dass Sie denken, das war jetzt mein Einstieg in den öffentlichen Dienst!
Nein, ich weiß, mein Senator erwartet von mir, dass ich professionell bis zum Ende arbeite, auch wenn es ihn trifft!
Es fehlen dieser Politik die Kontur, die Leitlinien und die Schwerpunktsetzung des Handelns.
Nur, manchmal fragt man sich, wohin und woher!
Es gibt im Moment im Schulwesen beliebige oder weitgehend beliebige und auch weitgehend durch die CDU erzwungene Organisationsmaßnahmen, die sich an den ideologischen Leitbildern der sechziger Jahre orientieren, aber das kann kein Zukunftsmodell sein. Es geht nicht an, dass wir viel Technik in die Schulen bringen, ohne bis heute zu wissen, was denn mit ihr wirklich bezweckt werden soll. Auch das macht kein Zukunftsmodell aus, trotz Sponsoring.
Eine immer mehr vernachlässigte Grundschule entzieht einer weiterführenden Schule die Qualifizierung an der Basis. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir in der Schüler-Lehrer-Relation bei den Grundschulen im Bundesgebiet an achter Stelle stehen im Vergleich mit den Flächenländern. Das ist für eine Großstadt ein sehr schlechtes Ergebnis. International müssen wir aber davon ausgehen, dass die Bundesrepublik im Durchschnitt ohnehin schon eine deutlich schlechtere Schüler-Lehrer-Relation hatte, Bremen toppt hier den schlechten Stand der Bundesrepublik Deutschland noch einmal. Hier ist tatsächlich, wenn wir denn schon immer von Globalisierung reden, nicht der Bundesdurchschnitt gefragt, sondern die Internationalität ist der Maßstab, hier ist Wettbewerb gefragt, und hier kann der Bremer Senat eine Investitionslücke feststellen.
Wir müssen den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht systematisch verbessern. Die neuen Technologien und die damit verbundenen Umbrüche sind eine Chance, die Position der jungen Mädchen und Frauen dramatisch zu verbessern, weil nämlich hier neue Konditionierungen und neue Normierungen erfolgen, und das ist immer ein Zeichen zum Aufbruch.
Die bestehenden Schulformen, insbesondere die Schulzentren der Sekundarstufe I, die im Moment durch die Entwicklung ganz große Probleme haben, weil sie liegen gelassen werden, unbeachtet sind, müssen Entwicklungsperspektiven erhalten. Statt sie permanent in Frage zu stellen, müssen sie finanziell und organisatorisch abgesichert werden, und es müssen ihnen tatsächlich auch Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden. Das wird bis heute versäumt. Schließlich müssen die Übergänge zwischen den Schulformen, insbesondere an der Nahtstelle des Übergangs von der Grundschule in die Sekundarstufe I, sprich in der Organisationsform der Orientierungsstufe, deutlich verbessert werden.
Das sind Kernpunkte, von denen wir meinen, bei denen moderne Bildungspolitik heute ansetzen muss. Das sind die wichtigen Aufgaben, die sich stellen. Hier vermissen wir die Systematik, die Logik, die Leitideen im Vorgehen des Senats. Das hat natürlich viel mit inneren Widersprüchen zu tun. Wir haben es ja gestern wieder gemerkt, die CDU, obwohl Regierungspartei, versucht nörgelnd, den Bildungssenator in die Ecke zu stellen,
was ihr ja Gott sei Dank nicht gelingt. Die Sachen, die er gut macht, Herr Bürger, sollte man auch einfach anerkennen,
und die er schlecht macht, da sollten wir ihn zum Jagen tragen!
Wir möchten einen Bericht, wir möchten eine Debatte darüber, was trotz des Geldmangels in den bremischen Schulen wichtig ist zu tun. Wo setzen wir an, welche Strategien verfolgen wir, um eine Zukunftsbildung zu gestalten? Hier ist jetzt der Senat gefragt, und ich bin gespannt, was er darauf antworten wird. — Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollten wir mit dieser Debatte bezwecken, dass ein bisschen Leitgedanken und Zielsetzungen von Bildungspolitik diskutiert werden und sich nicht jeder dieses Pflänzchen und jenes Pflänzchen heraussucht, das ihm passt oder nicht.
Es ist schon so, wenn Sie mit Lehrerinnen und Lehrern, mit Eltern oder Schülern reden, dass die Richtung der Behandlung, wie es in den alten Lehrplänen heißt, in der alten Kuhlmann-Leiste, in weiten Teilen unklar ist. Es reicht nicht aus, dass der Senator sagt, in den Grundschulen wird alles gut, sondern die Leute wissen zum Teil vor Ort nicht, wo es langgehen soll, wie welche Arbeit abgesichert wird und welche Zielsetzungen wir verfolgen. Da ist einiges zu tun, und sehr viel klarer ist mir das eben an den Ausführungen des Bildungssenators, ehrlich gesagt, auch nicht so ganz geworden.
Da wir aber nun schon einmal dabei sind, möchte ich doch einige Punkte kurz aufnehmen. Ich möchte beginnen bei Herrn Bürger. Lieber Herr Bürger, die leistungsfähige Schule! Eine Schule soll auch in der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Gefahr sein, geschlossen zu werden oder zumindest weniger Schüler zu haben. Das war schon immer einer der Kerngedanken grüner Schulpolitik, da hätten Sie gar nicht bis nach Nordrhein-Westfalen gehen müssen. Schauen Sie doch einfach einmal in das Bremische Schulgesetz! Der Grundsatz der Autonomie hat nämlich genau damit zu tun, dass die Schulen selbst gestalten sollen, Verantwortung übernehmen sollen, sich ausrichten sollen an den Interessen derjenigen, die sie aufsuchen, und nicht im Wesentlichen durch fremdbestimmte Gestaltung präjudiziert werden sollen. Das ist der Punkt Bremisches Schulgesetz!
Wir wollen Schulen in Eigenverantwortung, und übrigens, es ist damals ja sehr oft unterstellt worden, dass insbesondere die Wahlfreiheit der Schulen, die damit verbunden ist, dazu führen würde, dass die gymnasialen Oberstufen im Bremer Westen jetzt den Todesstoß bekommen würden. Wenn Sie es sich ansehen, sind das die beiden Sekundarstufe-II-Zentren, die von dieser Autonomieregelung profitiert haben. Beide Oberstufen im Bremer Westen, insbesondere Rübekamp, sind überlaufen, und das ermutigt auch, das gibt den Leuten Verantwortung. Dann sind sie gezwungen, die Chancen zu nutzen, und sie werden sie nutzen, das sieht man an diesen Beispielen sehr deutlich.
Lieber Herr Bürger, zu Ihrer Vorurteilsbildung mit unserem Verhältnis zu Schulen in freier Trägerschaft! Es tut mir Leid, irgendwie hatten wir in der letzten Legislaturperiode eine sehr heftige Auseinandersetzung, als es um Zuschüsse ging, zum Beispiel wegen der Kinder aus Niedersachsen. Ich habe da nicht vernommen, dass Sie die Schulen in freier Trägerschaft so heftig unterstützt haben, sondern Sie haben gesagt, alles werde gut. Das ist nicht ganz so eingetreten, aber immerhin haben Sie es gesagt. Das ist auch schon einmal etwas!
Ich finde, Sie sollten ein bisschen ganzheitlich dazu stehen. Zumindest wir Grüne haben immer gesagt, dass Schulen in freier Trägerschaft eine sinnvolle Ergänzung zum staatlichen Schulwesen sein können, dass sie Motor von Entwicklungen sein können, manchmal auch das Beharrende sind, das kommt darauf an, aus welcher Philosophie sich solch eine Schule bildet. Da gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze. Sie sollten aber nicht so tun, als ob wir auf der Ebene die große Feindschaft hätten. Da sind andere Kräfte in diesem Haus das große Problem.
Die Qualitätsverbesserung in den Schulen! Da habe ich doch, Herr Brumma, ein bisschen gestaunt. Ich nehme diesen großen Sprung nach vorn, den Sie
hier skizziert haben, auch nicht in der Entwicklung zur Kenntnis. Es reicht nicht aus, Vergleichstests zu schreiben! Das ist Blödsinn. Überregionale Klassenarbeiten verbessern nicht ein bisschen die Situation, weil sie nichts darüber aussagen, wie mit den veränderten Bedingungen der Kinder in all ihrer Differenziertheit in den Stadtteilen umgegangen wird.
Wir möchten Orientierungspunkte haben auch am Beispiel der Migrantenkinder! Eine Bildungsbarriere bekommt man nicht dadurch weg, dass man an irgendjemanden appelliert, das doch nun endlich richtig zu machen, sondern das Verhalten der Elternhäuser ist ein Ergebnis von Kultur und Entwicklung. Professionelle Schulpolitik hat diese Entwicklung erst einmal als Ausgangsbasis zu nehmen und dann zu sagen, wie wir uns daraus entwickeln.
Dann nützt es nichts, wenn der Bildungssenator sagt, ihr müsst aber alle Deutsch lernen. Das können Sie sagen, das ist auch richtig, das zu sagen, aber das wird zunächst einmal nichts verändern, sondern wir müssen akzeptieren, dass viele Kinder aus diesen Familien aufgrund ihrer kulturellen Prägung zum Beispiel den Kindergarten erst einmal ohne deutsche Sprachkenntnisse aufsuchen und erst dort das erste Mal umfassend mit der deutschen Sprache auch in ihrem persönlichen Umfeld konfrontiert werden. Das ist so, und das kann man niemandem vorwerfen. Dann muss man damit umgehen.
Da sagen mir viele Pädagogen, die in diesem Bereich arbeiten, dass es dann wichtig ist, die Muttersprache zu fördern, sie sicher zu machen in der Muttersprache, weil das genau die Voraussetzung ist, die deutsche Sprache zu lernen.
Ja, das macht nichts, man muss manche Dinge wiederholen, damit sie vielleicht doch noch der eine oder andere versteht!
Ich will damit sagen, dass es einfach wichtig ist zu akzeptieren, dass Menschen auch anders kulturell geprägt sind und dass man sie trotzdem in diese Gesellschaft hineinführen muss, ohne ihre eigene Prägung zu negieren.
Schließlich zum letzten Punkt! Ich habe nicht ohne Grund darauf hingewiesen, dass es in den sechziger Jahren den Sputnikschock gegeben hat. Ich glaube, wir müssen uns klarmachen, dass wir im Moment an einem ganz entscheidenden Punkt sind,
wo wir uns entscheiden, ob wir das wesentliche Potential dieser Gesellschaft — viele sagen, den wesentlichen Rohstoff — weiter fördern und damit auch international wettbewerbsfähig bleiben, oder ob wir uns sozusagen nivellieren und nur noch durchschnittlich werden und damit einen Standortvorteil, den die Bundesrepublik Deutschland hat, sowohl unter humanistischen als auch unter ökonomischen Gesichtspunkten zerschlagen. Wir müssen das entscheiden.
Um das einmal deutlich zu machen: Herr Bürger sagt dann immer, wir haben eine Million DM ausgegeben für naturwissenschaftlich-technisches Unterrichtsmaterial. Das finde ich in Ordnung, Herr Bürger, dass Sie das gemacht haben! Nur, der Lehr- und Lernmitteletat, der Regeletat, in Bremen beträgt acht Millionen DM. Überlegen Sie einmal bitte, über welche Beträge wir uns unterhalten, wenn wir von der Bürgermeister-Smidt-Straße, nur von den Planungskosten für den Ocean-Park oder vom Rhodarium reden! Ich will damit jetzt nicht die Debatte haben, ob das alles sinnvoll ist. Die Proportionen und die Relationen müssen Sie sich einmal ansehen! Was sind acht Millionen DM im Verhältnis zu dem, was in dieser Stadt für alles Mögliche ausgegeben wird?
Ich bin felsenfest davon überzeugt, es reicht nicht aus, nur Geld hineinzugeben, sondern es muss klar sein, Bildung ist uns wichtig, und zwar nicht nur in Reden! In unserer Gesellschaft zählt aber auch Materie als Anlass für Wichtigkeit. Es reicht nicht aus, einfach zu sagen, Bildung ist wichtig, sondern dann muss man auch bereit sein, wirklich zu investieren, zu fordern und sich hier auch zu verändern. Wir haben eine Kulturrevolution dringend nötig, wenn wir nicht ins Hintertreffen geraten wollen, wie gesagt, sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich.
Deswegen noch einmal: Bitte, arbeiten Sie an solch einem Programm, machen Sie Bildung zum Diskussionsthema, legen Sie einen solchen Leitfaden vor mit der Schwerpunktsetzung, dann haben wir Anlass, darüber zu reden, ob die richtig sind oder falsch! Dann machen wir Bildung attraktiv zum Thema, indem wir definieren, was wir wollen, was uns wichtig ist. Das ist allemal besser, als gar nichts zu sagen. — Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident Weber, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die freundlichen Worte! Es ist schon richtig, dass ich Politik nicht nur mit dem Kopf, sondern auch sehr gern mit dem Bauch mache, mich gern einmische, und aus Spontanität rutschen einem manchmal auch Dinge heraus, die im Kontext falsch verstanden werden könnten. Präventiv für alle Möglichkeiten, die ich in den letzten fünf Jahren diesbezüglich genutzt haben sollte, entschuldige ich mich!
Herr Lemke, Sie sind doch noch gar nicht so lange dabei!
Ich kann Ihnen versichern, auch wenn das manchmal beim Empfänger anders angekommen ist, es war fast nie persönlich gemeint. Wenn ich an dieses Haus denke, gibt es da nur eine Stelle, wo die Grenze verschwimmt.
Ansonsten möchte ich mich bei Ihnen allen bedanken. Ich habe ja vorher in meinem Leben zum Beispiel mit Christdemokraten nicht so oft zu tun gehabt, außer über die Zeitung. Nun habe ich ein paar Exemplare kennen gelernt, und ich muss sa
gen, ich war relativ erstaunt und überrascht, dass trotz aller politischer Kontroversen immer eine Ebene gefunden wurde, wo das persönlich einwandfrei und tadellos durchging. Das beziehe ich insbesondere auf Herrn Bürger, von dem mich ja inhaltlich, was Bildungspolitik angeht, wirklich Welten trennen, er ist halt ein bisschen konservativer als ich.
Das, finde ich, sollten Sie versuchen, viel mehr zu kultivieren. Dass Sie vielleicht manchmal darüber nachdenken, ob Redewendungen „das haben Sie nicht verstanden“ oder „Sie sind wohl etwas begriffsstutzig“, in dieser Klarheit wird das seltener gesagt — —.
Wir haben in der Fraktion bestimmte politische Probleme, die werden wir auch in unserer Partei klären. Ich glaube aber, wir sind mit den Problemen nicht immer so ganz allein, wenn ich Erscheinungen, die auch auf anderen Seiten des Hauses erfolgen, betrachte. Insofern sollte darüber niemand Häme ausgießen, sondern das einfach als einen Teil des politischen Prozesses würdigen, der dazu führt, dass vielleicht auch einige Dinge geklärt und geändert werden.
Ich danke Ihnen allen noch einmal für die freundliche Zusammenarbeit. Ich hoffe, dass Sie nicht in erster Linie den Grünen wahrnehmen, wenn ich Sie ansprechen werde oder wenn Sie meine Schule besuchen, sondern den Schulleiter, dem es darum geht, zum Beispiel die Berufsausbildung für die jungen Frauen im Gesundheitswesen zu verbessern. Wenn Sie so damit umgehen würden, würde ich mich freuen. — Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! Wir fragen den Senat:
Hat das Land Bremen einen Vertrag geschlossen, durch den Mittel für den Space- und Ocean-Park, für das Musical und eine Überdachung für die Sögestraße ausgegeben werden müssen, wozu sich das Land Bremen laut Aussage des sozialpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion verpflichtet hat?
Ich habe eine Zusatzfrage: Habe ich die Antwort richtig verstanden, dass die Konkretisierung der Maßnahmen in diesen Projekten Ergebnis der politischen Beschlüsse der Abgeordneten dieser Bürgerschaft ist?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ja eine der letzten Möglichkeiten für mich, in diese Debatte einzugreifen, deswegen will ich das noch einmal nutzen.
Morgen machen wir noch einmal eine Pädagogikdebatte, Herr Focke war so freundlich, mir den Steilpass zu geben. Wir würden das nicht lernen, das kann ich natürlich nicht auf uns sitzen lassen!
Das ist ein Fehler gewesen! Es geht nicht darum, jetzt im Einzelnen, im letzten Detail für die Projekte die Arbeitsplatzeffekte nachzuweisen, da gebe ich Ihnen Recht. Das dürfte bei staatlichen Infrastrukturmaßnahmen schwierig sein. Es geht um den
Trend! Da haben wir folgendes Problem: Erstens, bis 1998 hat sich Bremen bei der Beschäftigung dem Bund angenähert, 1998 haben wir uns wieder abgekoppelt, und diesen Trend haben Sie nicht umgekehrt. Fakt Nummer eins!
Aber natürlich, lesen Sie die Berichte der Bundesanstalt für Arbeit! Sie werden hier regelmäßig ausgegeben. Sie können Herrn Knigge fragen, das haben wir damals auch in der Arbeitsdeputation besprochen. Er wird uns schon die Wahrheit erzählt haben.
Zweitens: Wenn Sie dieses Gutachten, das vor einiger Zeit von dem Staatsrat abgegeben worden ist, der das Programm installiert hat, gelesen haben, dann sagt es ganz deutlich aus, im Bereich der Dienstleistung haben Sie keine Trendwende zugunsten einer Annäherung an vergleichbare Städte erreicht. Das ist so, es ist nicht wegzudiskutieren.
Drittens: Herr Perschau, wenn Sie von der Investitionsquote reden, die Quote, der Wert an sich, das, finde ich, ist eine dermaßen etatistische Betrachtungsweise. Es geht natürlich auch schon um Qualitäten.
Ich möchte Sie dann aber auch noch darauf hinweisen, was in Ihrem Hause beziehungsweise im Hause des Wirtschaftssenators inzwischen alles als Investition benannt wird. Die BIG und die BIS bekommen jetzt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, 96 Millionen DM für Wirtschaftsförderung, ohne dass der Gegenstand im Detail festgelegt ist. Das ist eine klassische Subvention, und diese wird zurückgezahlt bis 2010. Das heißt, es wird heute subventioniert, und diese Subvention wird in der Finanzierung bis 2010 über zehn Jahre gestreckt.
Ich finde, das ist bemerkenswert unsolide, um es vorsichtig zu sagen. Die Qualität der Investitionen beschränkt sich teilweise auf ganz schnöde Subventionen, ohne dass dieses Parlament eine Kontrolle hat, was real mit dem Geld gemacht wird. Das ist doch der Punkt!
Ich erinnere mich noch an Ihre Begründung, als wir über das Siemens-Hochhaus diskutiert haben. Da wurde begründet, wir müssten investieren, um die öffentliche Verwaltung zu modernisieren. Was ist denn davon geblieben? Erfolgsgeschichte Ocean
Park! Nach meinem Wissen sind irgendwo im zweistelligen Millionenbereich schon Investitionen hineingeflossen, ohne dass sich da ein Millimeter bewegt hat. Was ist davon geblieben? Bahnhofsvorplatz, was ist davon geblieben? Musical, was ist davon geblieben? Rhodarium, Flopp! Sie sagen uns, alles Erfolgsstories, wir haben aber angeblich keinen Grund, wenigstens einmal nachzudenken! Das, finde ich, ist schon eine Arroganz von Glaubenssätzen, die uns als Steuerzahler viel Geld kostet!
Dann komme ich zu meiner fünften Anmerkung, das ist etwas, was mich an der Debatte bei beiden Parteien ehrlich gesagt stört, es ist der nahezu ungebrochene Glauben an die Omnipotenz des Staates, also die Begründung: Wenn wir da eine Millionen DM investieren, dann haben wir die und die Effekte. Der Staat als Unternehmer wird es schon richten. Sie erzählen auf der einen Seite, wesentliches Sanierungsziel ist die Privatisierung von Leistungen. Auf der anderen Seite gründen Sie Gesellschaften, die im privatwirtschaftlichen Bereich tätig sind, bei Performa Nord eine Folgegesellschaft, heute Morgen hatten wir ein anderes Beispiel im Bereich des Arbeitsmarkts. Die BIG ist privatwirtschaftlich tätig ohne Ende.
Mir leuchtet nicht ein, warum die Bewirtschaftung solcher Objekte wie des Telekomgebäudes oder des Polizeipräsidiums, Investitionen in Passagen eine Aufgabe des Staates sein soll. Auch die Überdachung der Sögestraße beziehungsweise die Modernisierung der Obernstraße ist eine Sache, die eigentlich Angelegenheit der Unternehmen ist, und zwar derjenigen, die dort wirtschaften, und weniger eine Sache des Staates.
Sie tun so, als ob wir als kleine Bremer Region durch ordentlich Geldausgeben tatsächlich Wirtschaft steuern können. Das halte ich wirklich für eine gruselige Wiederkehr des Glaubens an ganz traditionalistische Politik à la Keynes. Ich glaube, man sollte hier fragen: Was ist des Staates? Sind wir nicht zuständig für Infrastruktur, sind wir nicht zuständig für Bildung, für Wissenschaft, sind wir nicht zuständig für Kultur? Es ist klar, dass das auch auf der SPDSeite nicht vorn ist. Mich wundert nur, mit welcher Rasanz, die CDU hat ja eigentlich immer eine andere Ausgangsposition gehabt, sich die beiden Parteien angenähert haben.
Ich glaube, man muss über die Rolle des Staates in Bezug auf die Wirtschaftstätigkeit intensiver nachdenken und nicht glauben, dass wir von Staatsseite alles regeln können. Hier, glaube ich, werden wir überfordert. Weil damit auch Erwartungen bei den Bürgerinnen und Bürgern geweckt werden, werden wir uns damit überheben und damit auch Frustra
tion produzieren. — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn dieser Debatte noch einmal auf die Ausgangslage der Steuerreform eingehen, wie die damals neu gewählte rotgrüne Bundesregierung sie im Herbst 1998 vorgefunden hat, weil man diesen Schritt der Steuerreform der rotgrünen Bundesregierung nur verstehen kann, wenn man sich klarmacht, was denn damals war.
Die Bundesrepublik hat das komplizierteste Steuerwesen auf dieser Welt, das ist klar. Ich habe einmal in einem Zeitungsartikel gelesen, dass etwa 80 Prozent der Literatur auf dieser Erde zum Steuerrecht deutschsprachig sind. Ich vermute einmal, dass das nicht an der Schweiz liegt.
Wir hatten damals einen radikalen Rückgang an der real gezahlten Einkommensteuer zu sehen, weil es einen Wildwuchs von Abschreibungsmöglichkeiten gegeben hat, der dazu geführt hat, dass viele gut und sehr gut Verdienende gar keine Einkommensteuer mehr bezahlt haben. Netto hatten wir, glaube ich, sogar eine kurze Periode, in der der Staat mehr Einkommensteuer an die Bundesbürger zurückgezahlt hat, als er eingenommen hat. Das war gar keine Steuer, sondern mehr eine Vergütung für die Bürger geworden. Das ist eigentlich nicht der Sinn der Einkommensteuer gewesen.
Wir hatten die höchste Staatsverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik und den höchsten Stand der Arbeitslosigkeit. Das sind die Ausgangsbedingungen dieser Steuerreform, und die neu gewählte rotgrüne Bundesregierung hat die Ärmel aufgekrempelt und im Gegensatz zu den Rufen der schwarzen Kassandra auch wirklich etwas auf den Weg gebracht.
Um die Rahmenbedingungen — man soll ja in diesen Debatten nicht zu viel mit Zahlen arbeiten, obwohl gerade die Steuergesetzgebung dazu verführt —, und die Dimension der Entlastungen, die diese Regierung für die Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht hat, zu erläutern, möchte ich Ihnen dann doch ein paar Zahlen nennen.
57 Milliarden DM werden bis zum Ende der Legislaturperiode an die Privathaushalte zurückgegeben. 57 Milliarden DM! Das sind in erster Linie Arbeitnehmerhaushalte, und jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin spürt das konkret. Das sind für die normalen Familien ein paar Tausend Mark, für jede Familie jedes Jahr. 20 Milliarden DM für den Mittelstand — weil ja immer gesagt wird, die Reform sei mittelstandsfeindlich —, allein 14 Milliarden im
ersten Schritt! Dann gibt es einen kleinen Wermutstropfen: Am Ende dieser Besteuerung wird für die Großunternehmen eine höhere Besteuerung um 1,8 Milliarden DM stehen. Wer nur diese Zahlen im Ergebnis sieht, der kann eigentlich nicht sagen, dass diese Steuerreform sozial ungerecht ist, sondern die Schwerpunkte sind hier ganz klar gesetzt.
Was bedeutet das für den einzelnen Menschen? Um das auch noch einmal zu verdeutlichen: Bis 2005 wird der Eingangssteuersatz auf 15 Prozent sinken. Zu Zeiten der CDU-Regierung betrug er knapp 26 Prozent. Der Spitzensteuersatz wird auf 45 Prozent sinken, bei der CDU waren es noch 53 Prozent. Allerdings werden einige Spitzenverdiener mehr bezahlen müssen. Der reale Steuersatz wird für Spitzenverdiener in der Tat steigen, weil sie nicht mehr in dem Umfang über die horrenden Abschreibungsmöglichkeiten verfügen. Das ist richtig so.
Der steuerfreie Grundbetrag für Geringverdiener wird auf 15 000 DM steigen, bei der CDU betrug er noch 12 000 DM. Die Progression im Steuertarif, das ist schwer zu verstehen, wird abgeflacht werden. Man kommt nicht mehr so schnell in die Spitzensteuersätze hinein, und das entlastet insbesondere die mittleren Einkommen. Diejenigen, die ja oft in dieser Gesellschaft als die Leistungsträger — —.
Die Progression im Steuertarif wird deutlich abgeflacht, auch wenn Herr Eckhoff etwas anderes sagt. Aber was soll er auch sagen! Seine Partei hat in der Frage ja auch nichts zu bieten!
Die ganze Republik ist hoch zufrieden.
Die Gewerkschaften registrieren die Entwicklung mit Freuden, der Deutsche Industrie- und Handelstag, dem man ja nun wirklich keine rotgrüne Nähe per se nachsagen kann, ist zufrieden.
Dann gibt es, nur damit für die rechte Seite des Hauses noch ein bisschen übrig bleibt, Lob für die Steuerreform vom industrienahen RWI, also vom
Rheinisch-Westfälischen Institut. Ich möchte aus dessen Gutachten zitieren, und dann können Sie weiter lachen: „Auf Grund der von den Steuersenkungen ausgehenden Nachfrageeffekte dürfte das reale Wirtschaftswachstum in den beiden kommenden Jahren um 0,5 Prozent zunehmen, der private Verbrauch um mehr als ein Prozent, vor allem auf Grund der Entlastungen der Arbeitnehmer. 25 Milliarden DM pro Jahr wird allein diese Zielgruppe entlastet sein“, sagt das RWI immer noch. „Als Folge steigt die Zahl der Erwerbstätigen in 2001 um knapp 100 000 und 2002 um 270 000.“ Sie dürfen weiter lachen, meine Damen und Herren!
Die ganze Republik ist zufrieden!
Nein, da gibt es noch eine kleine schwarze Enklave in dieser Republik, die von ihrem eigenen Desaster ablenken muss.
Als finanzpolitische Jungfrauengeburt ab 1998 predigen Sie heute die völlige Abkehr von dem, was Sie 16 Jahre vorher praktiziert haben.
Herr Merz steht wahrscheinlich jeden Morgen vor dem Spiegel und fragt: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der beste Nörgler im Land?.“
Der Mittelstand wird bekämpft, behaupten die Schwarzen. Nehmen wir die Fakten, erstens die absolute Entlastung! Gerade die Entlastung beim Mittelstand, das will ich hier einmal sagen, ist wesentlich mit auf die Initiativen der grünen Bundestagsfraktion zurückgegangen.
Lesen Sie sich die Stellungnahmen durch! Wir können das ja an einigen Sachen ableiten. Wahrscheinlich sind sie ganz unglücklich, dass sie mit 30 Milliarden DM entlastet werden. Das ist wahrscheinlich das Problem.
Die Gewerbesteuer wird künftig hälftig auf die Einkommensteuer angesetzt. Das ist übrigens eine Initiative der Grünen. Das stärkt die Personengesellschaften, auch die von Herrn Dr. Schrörs. Verkaufserträge können auf fünf Jahre verteilt werden. Die Freibeträge beim Verkauf des Unternehmens aus Altersgründen werden deutlich angehoben, damit wird der Unternehmensübergang, also der Generationenwechsel in den Personengesellschaften, der problematisch ist, deutlich erleichtert.
Von den Entlastungen im Tarif der Einkommensteuer profitiert natürlich gerade die Gruppe der Kleinunternehmen, weil sich die in Personalgesellschaften organisiert haben, und das ist gut so. Auch für die Kapitaleigner wurde einiges getan, wodurch die Banken sich von vielen Kapitalbeteiligungen trennen werden und damit ein ganz wesentlicher Schritt zur inneren Unternehmensreform in der Bundesrepublik geleistet worden ist.
Es ist ja nun so, dass entgegen Ihrer Skepsis dies schon Anfang des Jahres zu einem wichtigen Input beim DAX geführt hat. Allein die Ankündigung hat Euphorie ausgelöst. An dieser Stelle möchte ich allerdings auch eine kleine Kritik anmelden. Es kann nicht sein, dass Einkommen aus Kapitalvermögen an dieser Stelle völlig steuerfrei gestellt werden. Hier fordern wir mit unserem Antrag eine Anpassung an internationale Standards.
Übrigens, mit dieser Reform wird auch die Möglichkeit der Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenbeteiligung deutlich verbessert. Das sind nur ein paar Fakten. Die Steuerreform umfasst viel mehr, aber die CDU bleibt sich treu, sie findet kein rotgrünes Chaos mehr, sondern eine gut strukturierte Steuerreform.
Was macht sie, wenn sie nicht weiter weiß? Wir wissen das ja aus vielen anderen, teilweise sehr schlimmen Kampagnen. Sie geht über zum Populismus! Die Ökosteuer, Herr Eckhoff hat es ja auch schon versucht, die Ökosteuer! Die Preissteigerungen für Benzin, die viele Leute empfindlich treffen, wird zum Symbol erkoren, dass der Staat immer weiter den Bürgern in die Taschen langt!
Wie verlogen ist diese Kampagne eigentlich? Der Euro-Kurs, die Preispolitik der Ölkonzerne, das sind die Ursachen für den weitaus größten Teil der 50 Pfennig, die die Verteuerung in der letzten Zeit aus
gemacht hat. Das stört Sie aber nicht! Sie wollen keine sachliche Politik machen, Sie wollen nörgeln!
Dann stricken Sie auch wieder an der Legende vom gebeutelten Autofahrer. Wäre der Benzinpreis seit den fünfziger Jahren genauso angehoben worden wie der für die Fahrten mit der Bundesbahn beispielsweise, so müsste er heute bei 4,70 DM liegen.
Sie brauchen nur die Preissteigerungsraten durchzurechnen. Das fällt Ihnen ein bisschen schwer, aber ich habe einen Taschenrechner, das können Sie machen. Der Bahnfahrer wird in dieser Republik gebeutelt, nicht in erster Linie der Autofahrer!
Durch das Absetzen der Ökosteuer, auch das sagt das RWI, das lesen Sie auch in der „taz“ von heute, wären Hunderttausende von Arbeitsplätzen gefährdet. Darauf werden wir noch eingehen.
Bremen tut gut daran, das Reformwerk der Bundesregierung, der Mehrheit des Bundestags und Bundesrats zu unterstützen, weil der Staat ein Zeichen setzt, den Bürgern Geld zurückgibt, den Ausstieg aus der Schuldenfalle beginnt. Unsere Fraktion in Berlin hat einen erheblichen Anteil daran, und wir sind darauf auch richtig stolz. — Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mich hat es bei dem Losverfahren in unserer Fraktion erwischt!
Ich muss, aber ich möchte auch auf die Ausführungen von Herrn Tittmann etwas eingehen. Diese Geschichtsklitterung, die er betrieben hat, was die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs angeht und insbesondere die Geschichte davor, ist gruselig. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Wer dermaßen geschichtslos durch die Welt läuft und nicht zur Kenntnis nimmt, dass jedes Mal, wenn die deutsche Rechte in der Form eines Herrn Tittmann und Ähnlichen an der Macht war, Deutschland um ein Drittel kleiner geworden ist, das Land viele Menschen und viel Geld verloren hat und daraus nicht endlich die Konsequenz zieht, demokratisch zu handeln, offen zu handeln, auf die Nachbarvölker zuzugehen, ist einfach nicht mehr zu retten.
Wenn wir seinen Antrag sehen, dann ist er von keiner Sachkenntnis getrübt. Ich lese nur einmal anderthalb Zeilen vor: „Im Bewusstsein der Tatsache, dass jährlich Hunderte von Milliarden DM eingespart werden könnten“ — —. Jährlich Hunderte von Milliarden! Der Bundeshaushalt beträgt um die 500 Milliarden DM. Den will er offensichtlich komplett einsparen!
Das ist dann wegen der Komplexität eben auch kompletter Blödsinn!
Herr Tittmann, Deutschland ist eine Industrienation, die mehr als 50 Prozent ihrer Industrieprodukte ins Ausland verkauft, die Handel mit den Ländern der Europäischen Union betreibt und dabei sehr gutes Geld verdient! Es geht uns nicht schlecht in diesem Land, und das verdanken wir dem Handel mit dem Ausland. Wenn in einem solchen Land sich jemand hinstellt und sagt, aber das, was zum Funktionieren dieses Gemeinwesens beiträgt, was uns diesen Wohlstand ermöglicht, sollen wir streichen, das sei überflüssig, der muss dem deutschen Arbeiter bei VW und bei der Schichau-Werft erklären, warum seine Produkte nicht mehr im Ausland gekauft werden sollen.
Oder glauben Sie, die sind so blöd, lassen sich von uns ins verlängerte Rückgrat treten und sagen hinterher, danke, wir kaufen auch noch gern eure Pro
dukte? Diese Logik können Sie doch nicht ernsthaft betreiben, es sein denn, es geht Ihnen hier nur um ein bisschen Stimmungsmache und ein bisschen Show, darum, ordentlich auf Minderheiten, auf andere zu hetzen, und um ein bisschen Populismus. Das ist aber unehrlich, denn der Preis, den wir, würden wir das befolgen, dafür zu zahlen hätten, wäre sehr hoch. Das haben Politiker Ihrer Couleur im letzten Jahrhundert schon mehrfach bewiesen, und deswegen ist es selbstverständlich, dass wir allesamt gemeinsam Ihren Antrag ablehnen werden. — Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie werden die bremischen Häfen auf die Zukunft vorbereitet? Es gibt da das Stichwort „Hafen 2010“. Mit welchen Entscheidungsgrundlagen wird der Strukturwandel in der Hafenwirtschaft von der Hafenplanung und Hafenpolitik begleitet? Das sind für uns die beiden Schlüsselfragen.
Ich möchte an dieser Stelle auf ein Kernproblem aufmerksam machen, was wir in der Politik des Senats der sehr groß geratenen Koalition schon des Öfteren bemängelt haben. Die Antwort zur Großen Anfrage weist aus, dass zwar sehr wohl das Invest in die Materie, in die Sache deutlich im Blick ist und
da auch klare Perspektiven sind, aber die Begleitung mit Qualifikation, mit Investitionen in die Köpfe, die dann auch diese Materie zum wirtschaftlichen Leben erwecken sollen, ist außerordentlich defizitär, und das finden wir schade.
Ich gestehe auch zu, dass positive Entwicklungen in dieser Richtung festzustellen sind, aber bei weitem noch nicht in dem Maße, wie es aus unserer Sicht wünschenswert wäre.
Arbeitsplätze werden vom Senat zur Legitimation jedweder Hafeninvestitionen ins Feld geführt. Uns hat dann doch ein bisschen erstaunt, dass nicht einmal ermittelt werden konnte, welche zukünftigen Berufsbilder, welche Profile und Ausbildungsbedarfe in der Hafenwirtschaft zum Tragen kommen oder vielleicht wenigstens zum Tragen kommen könnten, also dass man so ein bisschen nach vorn schaut und sagt, wie wird das denn aussehen, welche Leute werden dort in diesem Hafen arbeiten. Ist die Perspektive Rotterdam möglicherweise das Entscheidende, wo man in weiten Bereichen nur noch PC- oder computergesteuerte Maschinen herumfahren sieht, oder gibt es vielleicht auch höchst attraktive Arbeitsplätze, die man auf den ersten Blick nicht sieht? Darüber haben wir ja auch im Zusammenhang mit T.I.M.E., und das gehört dann in der Tat zusammen, schon diskutiert.
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat eine Große Anfrage zum Thema „Strukturwandel in den Hafenrevieren“ im Mai dieses Jahres gestellt und nach der Perspektivenplanung für die Hafenwirtschaft, Hafenentwicklung gefragt. Leider hat uns der Senat auf diese Fragen keine Antwort gegeben, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass er uns auch nicht sagen kann, welche Profile in den Qualifikationen erwartet werden. Wenn das eine nicht klar ist, kann man an dem anderen auch nicht arbeiten.
Aber immerhin arbeitet der Senat zurzeit an einem Entwicklungskonzept Seehafenverkehrswirtschaft. Hier sollen auch die Antworten auf die Fragen des Strukturwandels kommen. Wir warten gespannt.
Wir erwarten dann aber auch, wenn Sie an diesem Thema arbeiten, dass Sie uns integrativ mitteilen, welche Berufsbilder und Ausbildungsbedarfe Sie erwarten, welche Rolle die Ausbildung spielen soll, in welcher Form sie stattfinden soll, modular, komplementär, wie auch immer. Da gibt es ja in der Berufsbildung ganz spannende Debatten, und vielleicht kann man die eine oder andere in diese Strukturdebatte Hafen mit einbeziehen.
Zum Konkreten! Was die Antwort des Senats angeht, bestätigt sich so ein bisschen das, was ich im
Vorfeld gesagt habe. Wenn der Senat antwortet, es sind keine Anstrengungen der Hafenwirtschaft im Hinblick auf die neuen Berufe bekannt, weil die Hafenwirtschaft als solche nicht definiert ist, dann empfinde ich das schon ein bisschen als nicht sehr freundlich gegenüber den Fragestellern!
Wenn der Senat, nachdem er gefragt worden ist, dann lapidar sagt, er kenne gar keine Entwicklung, und antwortet schlicht und einfach mit Nein, dann zeigt das nicht, dass der Senat in einem hohen Maße auf diese Zukunftsentwicklung vorbereitet ist. Irgendwie scheint er da noch ein bisschen in Trance zu liegen.
Wenn er dann nach den Ausbildungsbedarfen gefragt wird und deutlich macht, dass er von nichts weiß, und dann schreibt, wegen altersbedingter Abgänge werde es wohl einen zunehmenden Ausbildungsbedarf geben, finde ich, ist das eine sehr zutreffende Analyse, aber irgendwie ist die auch nichts sagend.
Wir wissen, es kommt in den Häfen zum Strukturwandel. Es wird in Bereichen Personalabbau geben, es wird in anderen Bereichen neue Berufe geben. Dies offensiv zu begleiten ist Aufgabe staatlicher Politik, und die Qualifizierung der Jugendlichen, damit auch die Hafenwirtschaft künftig ihre Anforderungen erfüllen kann, und den Jugendlichen auch eine Perspektive zu geben, das ist unser Job.
Wir haben des Öfteren in verschiedenen Debatten zur Berufsausbildung früherer Jahre angeregt, Ausbildungsverbünde gerade in Bereichen des Strukturwandels als innovatives Moment einzusetzen. Ich freue mich darüber, dass diese Botschaft angekommen ist, weil wir doch solche Wege gehen müssen, um nicht nur Quantitäten bei der Versorgung von Jugendlichen herzustellen, sondern um unser Berufsausbildungssystem auch qualitativ in diesem Bereich nach vorn zu entwickeln.
Insofern sieht das ganz gut aus. Es ist ein Weg in eine Richtung beschritten, die grundsätzlich richtig ist. Er muss intensiviert werden. Wir hoffen und wünschen uns vom Senat, dass er endlich auch Qualifizierung als integrierten Bestandteil von Entwicklung begreift und entsprechend handelt und nicht nur immer mit der Überlegung über die Qualifizierung hinter den Investitionen in die Materie nachhängt. — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Mehr eine Zwischenbemerkung! Ich stimme Ihnen da gern zu, dass es in der Konkretion so ist, aber wir haben an der Universität hervorragende Institute, die sich mit der Entwicklung von beruflicher Qualifikation beschäftigen. Wäre es da denn nicht vorstellbar, die Offensive einzubeziehen, um auch Trends so zu ermitteln und damit den Prozess zu organisieren? Das ist keine Frage einer Zahl von XY, sondern es geht um einen Entwicklungsprozess.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, Sie haben eine neue Strategie, die Opposition zu neutralisieren, zumindest einen Teil. Es fällt dann hinterher richtig schwer, noch einmal in aller Sachlichkeit zurückzuschlagen und Ihre Politik zu kritisieren. Das ist eine geniale Strategie, die werde ich mir für meinen weiteren Lebensweg merken.
Es geht hier ja tatsächlich um einen sehr sachlichen Grundkonflikt. Ich finde es in einem solchen Konflikt auch nicht angemessen, der jeweils anderen Seite Populismus vorzuwerfen, weil da einfach ein inhaltlicher Unterschied in der Auffassung ist, und für beide Strategien gibt es eine gewisse Berechtigung, gewisse Zweifel. Keiner von uns weiß, wie die Zukunft real aussieht.
Lieber Herr Perschau, Sie sagen immer, Sie wollen konsumtive Ausgaben einschränken. Die größte konsumtive Ausgabe, die wir haben, sind unsere Zinsausgaben. Das ist der größte Posten neben Personal, den wir im konsumtiven Bereich haben. Sie erhöhen den Schuldenstand, das ist völlig unbestritten, und zwar sowohl im offiziellen als auch im informellen Teil der Ausgabenpolitik, im offiziellen Teil allein um drei Milliarden DM. Das sind Jahr für Jahr 180 Millionen DM, nach heutigem Zinssatz, mehr Zinsen, die wir aufwenden müssen, und das ist eine Erhöhung der konsumtiven Ausgaben. Insofern ist Ihre Argumentation an der Stelle nicht redlich.
Sie ist auch nicht redlich in Hinsicht auf den Investitionsbegriff. Wir hatten in den Wirtschaftsförde
rungsausschüssen darüber gerade eine Debatte. Da wurde ein Programm vorgestellt. Ich habe gefragt: Was ist an diesem Programm investiv? Da hat mir der zuständige Abteilungsleiter aus dem Wirtschaftsressort gesagt: Wir investieren jetzt Geld, damit wir in drei Jahren entsprechende Rückflüsse haben. Das ist sicherlich ein wirtschaftlich richtiger Begriff von Investition, haushaltspolitisch ist der völlig daneben, weil nämlich Investitionen im haushaltsrechtlichen Sinne, und so argumentieren Sie hier ja auch immer, wenn es um Bildung und Kultur und andere Dinge geht, zu mehr Materie, also zu bewertbaren Vermögenszuwächsen im Bereich der öffentlichen Hand führen müssen.
Wenn Sie sich einmal genau ansehen, was im Investitionssonderprogramm steht, dann wissen wir, dass all diese Programme bei Wirtschaft, bei Wissenschaft erhebliche konsumtive Anteile beinhalten. Insofern ist auch an der Stelle Ihre Argumentation absolut nicht redlich.
Weiter besteht die Frage der Effekte der Maßnahmen. Herr Eckhoff hat als Fraktionsvorsitzender in seiner Rede darauf hingewiesen, dass die große Koalition auf Privatisierungen setzt. Ich sage, das sehe ich überhaupt noch nicht. Ich sehe, dass Sie manche Bereiche in privates Eigentum überstellen, dass wir aber auf der anderen Seite eine relativ hohe Ausweitung von staatlicher Tätigkeit in privaten Bereichen haben, Gründung einer Bank, staatlicher Weinhandel, und es gibt auch noch einiges mehr, wo der Staat mehr tut, als er eigentlich tun müsste. Das ist in dieser großen Koalition mehr geworden und nicht weniger. Das muss man ganz klar sagen.
Dann kommen wir zu den Effekten der Maßnahmen. Das Saarland hat einen anderen Weg gewählt, die haben aber bessere Daten im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Sie haben bessere Daten im Bereich der Zinsentwicklung. Sie haben natürlich keine Probleme mit der Einwohnerabwanderung, aber ich will nicht so platt argumentieren wie Sie. Die Einwohner im Saarland bleiben dort wohnen. Das Saarland ist ja keine Großstadt.
Ich sage Ihnen nur, im Saarland steuert man bei der Schuldenaufnahme um, und damit komme ich auch dann zu dem ersten Teil der Aussagen von Herrn Schrörs, die mir naturgemäß nicht so gut ge
fallen haben wie der zweite Teil. Mit der Begründung, Herr Schrörs, die Sie angeführt haben, können Sie jede Schuldenpolitik begründen. Die Einzelmaßnahme bringt immer nur wenig mehr an Zinszahlungen. Aber irgendwann haben Sie eine ganz große Summe und einen ganz großen Berg. Uns geht es um eine Umkehr in der Richtung. Wir akzeptieren als Ziel Entschuldung.
Wir versuchen, einen Mittelweg dabei zu gehen. Es ist klar, dass viel Geld gebunden ist, dass man nicht alles abrupt abbrechen kann, sondern wir stellen einen Teil der Projekte in Frage, weil wir in der Tat auch in Frage stellen, ob der Staat derjenige ist, der entscheidend tatsächlich die wirtschaftliche Tätigkeit prägt, oder ob sich der Staat nicht vielmehr auf seine Kernaufgaben beschränken muss, nämlich Infrastruktur in Form von Qualifikationen, von Straßen und Ähnlichem bereitzustellen, von Lebensumständen für die Bevölkerung.
Wir ziehen auch ein Stück weit in Zweifel, ob die übermäßige Tätigkeit des Staates in engen wirtschaftlichen Bereichen tatsächlich das Mittel sein kann, um Wirtschaft zu lenken. Grundsätzlich ist Wirtschaft privatwirtschaftlich organisiert, auch ein Stück weit anarchisch organisiert, und damit steht sie in einem deutlichen Widerspruch zur staatlichen Tätigkeit. Hier fordern wir in der Tat Entstaatlichung, Privatisierung ein. Wirtschaftstätigkeit ist Privatsache und nicht Staatssache.
Schließlich noch zwei Anmerkungen zum Schluss! Die andere Seite, die Kehrseite der Medaille ist, dass sich die Mittelzuflüsse aus Steuereinnahmen im Wesentlichen über umverteilte Bundessteuern vollziehen. Bundessteuern werden nach Einwohnerzahlen umverteilt. Dann ist es doch genauso legitim zu fragen, was tun wir überhaupt, um die Einwohnerinnen und Einwohner real hier zu halten, wenn wir Neubaugebiete bebauen, in denen wir keine Schulen und keine Kindergärten errichten.
Ja, nur nicht da, wo die jungen Familien wohnen, das ist das Entscheidende! Statistik, Durchschnittszahlen helfen nicht. Durchschnittlich haben wir angeblich mehr Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen. Trotzdem ist in der Schüler-Lehrer-Relation die Versorgung der Grundschulen — da haben wir, glaube ich, den siebten oder achten Platz im Bundesdurchschnitt — schlecht. Man muss sich schon einem konkreten Problem stellen und nicht nur einer
statistischen Größe! Das ist die Aufgabe von Politik, da auch mit den entsprechenden Differenzierungen zu arbeiten.
Was an dem Durchschnitt vernünftig ist, weiß ich nicht, aber darüber können wir uns bei Gelegenheit noch einmal streiten.
Schließlich das Letzte! Sie haben gesagt, wir holen Berger und Co.! Erst einmal ist die Bezahlung von Berger eine konsumtive Ausgabe, aber das ist nur eine kleine Randbemerkung. Hatten wir nicht gerade eine umfassende Begutachtung des kompletten öffentlichen Dienstes durch McKinsey?
Ja, eine partielle, aber in wesentlichen Bereichen gleich lautend mit den Aufgaben, die Berger jetzt neu macht, zum Beispiel den gesamten Bereich der Grundstücks- und Gebäudebewirtschaftung, da hatten wir doch hervorragende Vorschläge!
Bevor man den nächsten Schritt macht, sollte man doch erst einmal den ersten evaluieren und sehen: Hat McKinsey tatsächlich eine Verschlankung der Verwaltung gebracht? Haben es jetzt die Leute, die im Schulbereich, im Theaterbereich bauen wollen, leichter? Haben sie es nicht doch jetzt mit drei Einrichtungen statt vorher mit einer oder zwei zu tun? Ist da nicht eher etwas dicker geworden als schlanker?
Das muss man doch erst einmal hinterfragen: Wie sind die realen Effekte des ersten Schrittes, damit man dann den zweiten macht? Sie machen aber schon wieder den zweiten über ein neues Gutachten, weil Sie politisch nicht in der Lage sind, den ersten Schritt umzusetzen, weil dort die Widersprüche in dieser Koalition einfach zu groß sind. Das ist für mich das Gegenteil einer intelligenten Politik. Es tut mir Leid, dass ich Sie im zweiten Teil etwas enttäuschen musste, aber etwas anderes haben Sie von mir auch nicht erwartet. — Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als wir vor einigen Jahren über den Bildungshaushalt diskutiert haben, haben wir über kreative Buchführung, über Überbuchungen und dergleichen mehr geredet. Ich möchte schon gern am Beginn dieser heutigen Rede zum Bildungshaushalt feststellen, dass ich sehr zufrieden darüber bin, dass wir uns jetzt den Inhalten von Bildungspolitik und ihrer Finanzierung zuwenden und uns nicht mehr damit beschäftigen, mit welchen Tricks das Bildungsressort sich Mittel angeeignet hat, die ihm gar nicht zustehen. Insofern geht in dieser Richtung und dieser Beziehung mein Dank an das Ressort, dass Sie uns hier inzwischen eine von allen anerkannte sehr solide Grundlage des Bildungshaushalts abgeliefert haben!
Wir haben als Bündnis 90/Die Grünen drei Anträge gestellt, von denen wir auch nicht erwartet haben, dass sie Frau Hövelmann überzeugen. Wir haben es trotzdem getan, weil wir es politisch für richtig finden.
Der erste Antrag beschäftigt sich mit dem, was hier auch schon angesprochen worden ist, nämlich mit der Personalsituation im Schulbereich. Wir haben jedes Mal, wenn vom Landesinstitut für Schule die Einstellungslisten für die neuen Referendare bekannt gegeben wurden, gefragt, wann denn dieses Institut auch einmal umsteuere und bedarfsorientiert qualifiziere, weil schon seit ewigen Zeiten immer bei Informatik null Einstellung oder einmal eine Einstellung, wenn es gut ging, stand. Es gibt hierfür auch Gründe, die außerhalb des Schulwesens liegen, aber dies ist ein echtes Problem. Das ist bisher in keiner Weise angegangen worden.
Dann kommt ein weiteres Problem auf uns zu, weil jetzt eine größere Zahl von Lehrkräften in Pension geht. Das ist einfach dem Alter geschuldet, und dummerweise gehen sie nun nicht nach Bedarfen in Pension, sondern einfach wie es kommt. Wir haben festzustellen, dass wir schon jetzt in weiten Bereichen strukturelle Probleme haben, nämlich bei den Naturwissenschaften, den musischen Fächern und dergleichen mehr.
Berufsschulen sowieso! Das habe ich aber absichtlich nicht gesagt, weil ich selbst aus einer komme.
Wenn wir in den Bereichen diese Probleme haben, dann müssen wir uns ein Instrument schaffen, wie wir flexibel auf solche auftretenden Engpässe eingehen und darauf reagieren können. Hierzu haben wir einen Personaltopf vorgeschlagen, der eingerichtet werden soll und nicht gebunden ist für irgendwelche anderen Sachen. Ich weiß gar nicht, warum Sie das nicht überzeugt, Frau Hövelmann. Das ist allemal besser als das, was jetzt passieren wird, nämlich dass wir sehenden Auges in die eine oder andere Notstandssituation hineinlaufen und nicht die nötige Flexibilität haben, um auf solche Dinge zu reagieren, wenn zum Beispiel der letzte Lehrer im naturwissenschaftlichen Bereich an einer Schule krank wird. Dann stehen wir davor und können nichts machen.
Das Zweite, das wir sagen, ist, sichert die Grundschulen besser ab. Auch die neueste OECD-Studie hat ausgesagt, dass ausgerechnet die Grundschulen diejenigen sind, die zurzeit die Achillesferse im Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland bei der Ausstattung und Konzeption darstellen.
Nun wird gesagt, wir haben ja die verlässliche Grundschule eingeführt. Meine Befürchtung nach all dem, was ich aus den Schulen höre, ist, dass dieser Ad-hoc-Kraftakt des Senators eher weniger erfolgreich sein wird. Das wird sich zeigen. Es geht aber nicht an, einfach zu sagen, wir machen jetzt flächendeckend die verlässliche Grundschule, machen die Betreuungsprojekte kaputt — die Schule an der Stichnathstraße hat sich in dieser Beziehung eindeutig geäußert —, und ansonsten haben wir unser Symbol, aber für die Kinder verschlechtert sich real die Situation. Wir wollen das besser absichern, wir wollen auch die bestehenden Projekte besser absichern und haben dazu entsprechende Anträge gestellt.
Schließlich zu den Computern: Herr Bürger hat dankenswerterweise schon etwas dazu gesagt. Ich sage es Ihnen einmal so: Wir wollen nicht einfach Technik in die Schulen stellen. Es gibt Erfahrungen aus Zeiten, die noch gar nicht so lange her sind, in denen den Schulen das zur Verfügung gestellt wurde, und dann standen die Dinger zwei Jahre lang im Keller in den Verpackungen, ohne dass sie genutzt wurden. Das ist aber lange her und auch vor diesem Senator passiert, damit es keine Missverständnisse gibt!
Es ist doch völlig klar, dass man den Input von Technik mit einem umfassenden Konzept für die Qualifizierung der Lehrkräfte und mit einem inhaltlichen Konzept, was mit dieser Technik überhaupt zu tun ist, verbinden muss. Wir sagen, wir haben zwei wesentliche Probleme, nämlich erstens Defizite in den Naturwissenschaften und der Technik, also in diesem Lernfeld, und zweitens, Informatik zu vermitteln. Warum versucht man dann nicht, in einem ersten Schritt diese beiden Probleme konzeptionell miteinander zu verbinden, die Schulen, die sich dort
profilieren oder schon profiliert haben, bevorzugt auszustatten und damit einen richtigen inhaltlichen Input zu geben, weil man dann die Fächer so attraktiv macht, dass dort der große Run ansetzt?
Das kann man dann auch absichern, indem man zum Beispiel neue Formen des Umgangs mit den Schulen wählt, nämlich zum Beispiel Contracting mit einzelnen Schulen,
indem man ganz deutlich sagt: Wir schließen mit euch eine klare Vereinbarung, das sind die Ziele, und die werden wir in ein, zwei oder drei Jahren abfragen, wenn ihr das schlecht macht, könnt ihr sicher sein, dass ihr bei den nächsten Ausstattungen dann Probleme haben werdet. Hier sollte man also auch richtig Verbindlichkeiten einfordern. So, finde ich, kann man das gestalten.
Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass es bei der etatistischen Euphorie mancher in den Fraktionen hier im Hause nur darauf ankommt, für die 20 Millionen DM die Teile aufzustellen und zu sagen, wir haben das Symbol, und nach uns verlassen uns die Bits und Bytes.
Ja, ich bin froh, dass mir wenigstens diese beiden Begriffe eingefallen sind, aber meine Kollegin Frau Stahmann berät mich immer ausgezeichnet am Platz, so dass ich dann auch eine solche Rede durchstehen kann.
Als Letztes möchte ich noch zu einem großartigen Sparpunkt der Koalition kommen, nämlich zu dem Heraufsetzen der Klassenfrequenzen. Ich fand es bemerkenswert, dass Sie, Frau Hövelmann, sich um diesen Punkt gedrückt haben. Es war ja eben eine Demonstration vor dem Haus. Ich habe mit großer Freude vernommen, dass der DGB über seine Sprecherin, Frau Helga Ziegert, die Ungerechtigkeit dieser Maßnahmen lauthals beklagt hat. Insofern bin ich davon überzeugt, dass wir im Zusammenhang mit diesem Etat jetzt die Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf unserer Seite haben werden, wenn wir einfordern, dass die Klassenfrequenzen der Gesamtschulen auf dem Stand bleiben, auf dem sie sind, nämlich auf 20.
Wir werden darüber aber noch an anderer Stelle diskutieren. Ich finde es höchst bedenklich, dass unter dem Vorwand „Sparen und Konsolidieren“ eine eigentlich ideologisch begründete Maßnahme durchgeführt wird. Eine solche Diskussion, das geht nun an die CDU, finde ich unehrlich. Herr Eckhoff hat über seine Körpersprache in „buten un binnen“ schon deutlich gemacht, weswegen er das will, näm
lich weniger wegen der Ersparnis, sondern weil diese Gesamtschulen ihm insgesamt nicht passen. Das sollte man auch so sagen, man kann da ja unterschiedlicher Meinung sein, und dann können wir den Konflikt auch so austragen, aber nicht, wenn Sie sich hinter etwas verstecken. Damit konterkarieren Sie übrigens auch die Glaubwürdigkeit Ihrer eigenen Sanierungspolitik. Das finde ich an dieser Stelle fatal. Wir wollen Schulvielfalt haben, und zur Schulvielfalt gehört auch eine angemessene Ausstattung der Gesamtschulen.
Die Niedersachsen haben, was die integrierten Gesamtschulen angeht, im Ganztagsbetrieb, wie wir ihn haben, ganz andere Zahlen in der Schüler-Lehrer-Versorgung. Sie sollten da wirklich vorsichtig sein, wenn Sie das vergleichen! Insofern fordere ich Sie auf: Sagen Sie ganz offen, Sie wollen keine Gesamtschulen, dann tragen wir das gesellschaftspolitisch aus, aber verstecken Sie sich nicht hinter irgendwelchen materiellen Einspargründen, die real gar nicht gegeben sind! — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben noch einen klitzekleinen Teil, der durchaus Gegenstand einer Erörterung ist, nämlich die Kapitaldienstfondsgesetze, die sind in diesem Paket enthalten. Sie einfach ohne jede Kommentierung durchzuwinken finde ich dann nicht angemessen, weil sich hieran ein ziemlich heftiger Streit festmacht. In dem Beitrag von Herrn Dr. Färber ist deutlich geworden, dass er die Ausgaben seines Hauses per se als investive Mittel deklariert.
Ich sage noch einmal, jetzt muss ich in dieser Frage langsam stur werden: Wir werden künftig darauf achten, dass alle Mittel, die die BIG zum Beispiel in Form von Wirtschaftsförderung, Mittelstandsförderung, Technologieförderung selbst bewirtschaftet, sich in den Bilanzen der BIG auf Mark und Pfennig wieder finden und inventarisiert werden. Nach dem Haushaltsrecht dürfen im Kapitaldienstfonds nur haushaltsrechtlich investive Mittel enthalten sein, das sind solche, die sich in Materie messen lassen, die muss man inventarisieren können mit ihrem Wert und dann von ihren Werten abschreiben können.
Wenn Sie die Debatte dann so zuspitzen, müssen wir das tatsächlich in dieser Form auch exerzieren. Ich sehe nicht ein, dass Mittel, die zum Beispiel im Bildungsbereich investiert werden und langfristig natürlich auch Auswirkungen auf wirtschaftliche Tätigkeit haben, und Kulturmittel oder Mittel, die die Lebensqualität steigern, als konsumtiv und damit schlecht abgetan werden. Wenn es um Subventionierung von Wirtschaft geht — um nichts Weiteres geht es in weiten Bereichen Ihrer Programmatik, nicht um Hardware, sondern um Software —, dann ist das gut, nur weil es der eigenen Klientel dient. Das ist mir zu billig!
Den Zielkonflikt wollen wir auf Augenhöhe und mit gleichen Maßen austragen. Das ist auch einer der Gründe, weswegen wir dies hier im Zusammenhang mit dem Kapitaldienstfondsgesetz sehen, weil Sie dort jetzt schon jede Menge Mittel eingestellt haben, die konsumtiv im Sinne des Haushaltsrechts sind.
Wir werden dieses Gesetz trotz deutlicher Verbesserung in den Richtlinien, das bin ich gern bereit zu konzedieren, ablehnen, weil es erstens auch ein Rückfall in die Kameralistik ist. In dem Moment, in dem Sie die Zwischenfinanzierung hereinnehmen,
lösen Sie sich von der Kostenzuordnung, von der zeitnahen Zuordnung und konterkarieren damit Ihre ursprüngliche Begründung, weswegen Sie es eingeführt haben. Das steht im Widerspruch zu dem, was wir alle gemeinsam als Positives in der Haushaltsreform verabschiedet haben. Zweitens, Sie führen damit eine Belastung für kommende Generationen ein, eine Bindung! Sie sagen, wir wissen schon heute, was in zehn Jahren gut ist. Das bestreite ich! Vor zehn Jahren war meines Wissens Herr Scherf Finanzsenator und hat damals mit denselben Argumenten die Personalpolitik durchgesetzt —
meinetwegen war es auch länger her —, mit ähnlichen Argumenten die Haushaltspolitik oder die Personalpolitik durchgesetzt und so letztlich zu einem Grund unserer Strukturkrise beigetragen. Die Zeit heute ist viel schnelllebiger geworden, und über Zeiträume von fünf Jahren hinaus Bindungen in solchem Maß zu machen, ist unverantwortlich gegenüber den kommenden Generationen. Drittens sind wir der Meinung, dass Sie Konfliktlösungen ausweichen. Der Haushalt des Wirtschaftsressorts ist überbucht! Herr Dr. Färber hat die grandiose Idee, die Haushalte bis 2010 zu rechnen und zu sagen, wir haben ein Haushaltssanierungssicherstellungsgesetz, und darin ist eine Investitionsquote festgeschrieben. Er rechnet seine Ausgaben fröhlich durch und sagt, in dem Sinne haben wir überhaupt nicht überbucht. Das ist eine unredliche Politik, die sich davor drückt, die Zielkonflikte auszutragen, und stattdessen die Entscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten einfach aussetzt und sagt, wir machen alles, und nach uns die Sintflut. Das machen wir nicht mit! Vor diesem Hintergrund steht die Verfassungsgemäßheit des Kapitaldienstfondsgesetzes in Frage. Wir sind in der Phase der Prüfung. Ich gehe auch davon aus, dass Sie schon die 15 Kolleginnen und Kollegen aussuchen können, die uns in der Frage unterstützen dürfen. Dann werden wir sehen, wie der verfassungsgemäße Weg weitergeht, ob Sie wirklich in dieser Art und Weise, in dem Umfang die Haushaltsgesetzgeber der Zukunft, deren politische Zusammensetzung Sie überhaupt noch nicht kennen, binden dürfen. In diesem Sinne war das ein nicht ganz so harmonischer Abschluss, aber trotzdem, einen schönen Abend!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Ursache von Gewalt haben Sie eben hier erlebt.
Das ist eine echte Aggressionsquelle für mich, aber ich habe ja gelernt, mich im Rahmen meiner Möglichkeiten zu beherrschen, und das will ich hier auch tun.
Jetzt kommen wir zu dem Geburtstagsgeschenk, das Herr Rohmeyer uns hier ins Nest gelegt hat.
Ohne Gackern! Die Anfrage, die Sie gestellt haben, finde ich ausgesprochen suggestiv. Die ganzen Fragen beinhalten Unterstellungen und transportieren eine Stimmung, ohne sich rational damit auseinanderzusetzen. Das ist, finde ich, ganz gefährlich. Das wurde auch an einigen Zwischenrufen deutlich. Ein Zwischenruf, dass das an den Privatschulen nicht so sei und so tut, als ob das das Ergebnis der dortigen Arbeit sei und dabei gesellschaftliche Ursachen völlig ausblendet, weil an die Privatschulen bestimmte gesellschaftliche Spannungspotentiale nicht herankommen, begegnet dem Phänomen nicht fair.
Er verschließt sich damit auch Lösungswegen. Wenn Sie Lösungen wollen, finde ich, dann müssen Sie sich den Realitäten stellen. Ich gebe Ihnen hierzu auch einen Tipp, für jedermann erreichbar, aus „Politik und Zeitgeschichte“. Die neueste Ausgabe liegt unten als Beilage zum „Parlament“, und dort findet sich ein Artikel „Der Umgang mit Aggression
und Gewalt bei Kindern und Jugendlichen“. Dieser Artikel geht punktgenau auf das Thema ein.
Ich möchte zitieren, wenn ich darf: „Medienberichte erwecken zuweilen den Eindruck, Deutschland und Deutschlands Schulen gingen unter in einer Welle von Gewalt. Ein solcher Eindruck ist falsch. Richtig ist, dass es in Deutschland tatsächlich im Verlaufe der letzten zehn Jahre eine quantitative Zunahme an physischer Gewalt gegeben hat, auch unter Jugendlichen. Dies gilt ebenso für die physische Gewalt an der Schule.“ Das sagen die Verfasser. Es ist in der Gesellschaft insgesamt eine zunehmende Gewaltbereitschaft, eine abnehmende Bereitschaft, sich verbal über den Kopf mit bestimmten Dingen auseinander zu setzen. Ich bin Frau Jansen sehr dankbar, dass sie das hier ausführlich thematisiert hat.
Man kann auch platt sagen, irgendwo haben die Kinder das alles her, und die Quelle können eigentlich nur wir sein. Insofern muss jede Gewaltdebatte damit anfangen, dass wir fragen, was wir als Erwachsene falsch gemacht haben, und wir haben uns in Frage zu stellen.
Damit verbietet sich auch, die Begriffe Jugend und Kinder ständig mit solchen Negativimplikationen zu transportieren, also Jugendgewalt und Ähnlichem. Zeitweilig, wenn man die Zeitung liest, muss man ja denken, dass unsere junge Generation eine Generation von Monstern ist, doch wenn man genau hinschaut, relativiert sich einiges. Das sind junge, nach vorn schauende Menschen, die ihre Zukunft vor sich haben, die überwiegend flexibel sind, die in den allermeisten Fällen wirklich sehr kreativ und gestaltend sind und optimistisch nach vorn blicken, und nicht die, die in den Medien sehr gern mit den Begriffen Jugendkriminalität, Jugendgewalt, Jugendbanden und Ähnlichem belegt werden.
Ich finde, wir sollten als Allererstes transportieren, dass wir in unserer Jugend die Zukunft sehen, dass wir sie positiv sehen und dass wir durchaus differenziert mit negativen Begleiterscheinungen in dieser Generation umgehen können.
Die beiden Verfasser dieses Artikels haben im Rückgriff auf verschiedene empirische Untersuchungen einige Merkmale von Gewalt genannt und stellen dabei fest, dass das in allererster Linie ein geschlechtsspezifisches, sprich ein Problem der Jungen ist.
Schon immer! Wir wissen ja, wenn wir uns die Geschichte anschauen, wer wo einmarschiert ist, wie damit umgegangen wird, wie die Geschlechterstellung in den Kriegen ist und dergleichen mehr. Da könnte man vieles anführen.
Sie stellen als Zweites fest, dass Jugendgewalt weniger in der Schule, sondern hauptsächlich im sozialen Umfeld, auf der Straße stattfindet. Darauf ist auch Frau Jansen dankenswerterweise eingegangen.
Sie stellen zum Dritten fest, dass die statistische Zunahme von Gewalt zu einem großen Teil auf einen relativ kleinen Teil von Mehrfachtätern zurückgeht. Die statistische Aufklärung täuscht manchmal etwas. Wir haben zwar ein relativ neues Phänomen, gewaltbereite Mehrfachtäter, aber das ist eine relativ kleine Gruppe.
Jetzt kommen natürlich Leute, die so ein bisschen schlichter denken und sagen, das macht sich fest an der Ethnie, der sie angehören. Wer so diskutiert, sollte generell Folgendes berücksichtigen: Frau Jansen hat darauf hingewiesen, dass Gewalt und Kriminalität auch etwas mit sozialer Stellung und sozialer Armut zu tun haben. Alle Jugendforscher, Hurrelmann habe ich dazu einmal ausführlicher gehört, sagen ganz klar, dass die Frage von solchen Auffälligkeiten in erster Linie eine Auffälligkeit der sozialen Stellung in einer Gesellschaft ist. Da sich die Zuwanderergruppen zum großen Teil genau in diesem Spektrum wieder finden, ist da manchmal eine Korrelation, also eine Übereinstimmung, festzustellen, die aber genauso systematisch begründbar ist wie der Geburtenknick mit dem Rückgang der Anzahl der Störche. Das ist, wenn Sie so wollen, eine reine Zufälligkeit. Das muss man einfach sehen, wenn man auf Ursachen eingehen will, denn nur so kann man Ursachen tatsächlich bekämpfen.
Auch Pfeiffer hat in einem Vortrag im Schlachthof ganz klar diese Argumentationslinie verfolgt und hat gesagt, man muss in erster Linie auf die soziale Stellung achten und vorsichtig sein, dass man nicht Vorurteile bedient, indem man Zufälligkeiten überbetont.
Nein! Ich habe ihn im Schlachthof erlebt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er unterschiedliche Dinge erzählt.
Daraus folgt, dass wir darauf achten sollten, dass wir diese ganze Diskussion jetzt nicht ausschließ
lich in die Verantwortung der Schulen schieben. Das ist ja ein beliebter Reflex, irgendetwas funktioniert nicht, und dann wird gesagt, die Schulen sollen machen, die sind dafür zuständig. Nichtsdestoweniger sind die Schulen natürlich ein ganz wesentlicher Ort, weil hier die Kinder und Jugendlichen sind und weil man hier eine Chance hat, mit ihnen umzugehen, und zwar über alle Schichten hinweg. Das ist ja ein gesellschaftlicher Raum, wo nicht nur separiert wird, sondern wo sich alle treffen.
Aus diesem Grunde muss ich ausdrücklich sagen, so sehr ich die Anfrage der CDU kritisiere, weil sie wirklich ein bisschen vorurteilsbildend sein könnte, möchte ich ausdrücklich die Antwort des Senats an dieser Stelle loben. Wir waren damit sehr zufrieden. Wir fanden die Darstellung der Probleme sehr differenziert, sehr sachlich, auch die Darstellung dessen, was an Maßnahmen passiert ist.
Wir haben in der Deputation in den letzten Jahren einiges an verschiedenen Stellen diskutiert: Streitschlichter, die ganze Aktion Zivilcourage zum Beispiel, die die ganze Kultur des Wegsehens offensiv aufgreift und sagt, wir müssen hinsehen, wir müssen Regeln finden. Hier ist auch noch einiges weiter zu entwickeln. Ich habe einmal von einer Schule in Hamburg gehört, in der sich die Schüler, Lehrer und Eltern zusammensetzen und Regeln für die Schule aufstellen.