Protocol of the Session on January 22, 2003

Meine Damen und Herren, in der Tat haben wir im August 2001 ein novelliertes Polizeigesetz hier im Land Bremen verabschiedet, das an Aktualität, Umfänglichkeit und Rechtssicherheit für Beamte wegweisend und zukunftsorientiert ausgefallen ist, ohne dass Bedenken bestehen müssten, unsere demokratisch-rechtsstaatlich handelnde Polizei würde zum Zwecke der Gefahrenabwehr und zum Schutze potentieller Opfer die Rechtsrahmen willkürlich nutzen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Nicht zuletzt sind viele Bestimmungen der richterlichen vorherigen Anordnung unterworfen. Meine Damen und Herren, ich muss schon sagen, mein Kollege Kleen ist wohl doch ein Innenpolitiker, der nicht fachlich in der Sache, im Vertrauen zur Polizei und zum Opferschutz stehend argumentiert, sondern wie es gerade aus populistischen oder ideologisch festgezurrten Richtungen als notwendig empfunden wird. Wie anders sind die Aussagen in dem angesprochenen „WK“-Artikel sonst zu werten?

Als ich ihn vor wenigen Monaten ansprach, ob er einen Antrag, der von der SPD-Fraktion später abgelehnt wurde, die TKÜ betreffend, also die Telekommunikationsüberwachung, mitmachen könne, lehnte er nicht kategorisch ab. Insbesondere auch aufgrund des Hinweises, das von der Koalition verabschiedete Polizeigesetz beinhalte eine Reihe wesentlich tiefer in die Grundrechte eingreifende Bestimmungen und die Strafprozessordnung enthielte ebenfalls Regelungen der TKÜ bei Strafverfahren, erklärte er sich bereit, darüber positiv nachzudenken. Es muss doch sehr verwundern, wenn der Kollege Kleen in dem gleichen Artikel im „WK“ erklärt, er warne vor dem Schritt, eine polizeigesetzliche gefahrenabwehrende TKÜ-Regelung zu treffen, schon heute würden TKÜ-Maßnahmen zu oft mit leichter Hand beantragt. Das, lieber Kollege Kleen, entbehrt in der Tat jedes realistischen Hintergrundes.

Darüber hinaus muss in der Tat nach der Strafprozessordnung ein Richter oder bei Gefahr im Verzug der Staatsanwalt bei nachträglicher Richterbestätigung einen Polizeiantrag auf TKÜ noch nach der StPO genehmigen, sonst darf die Polizei diese Maßnahme gar nicht durchführen. Wer das als nicht rechtsstaatlich bezeichnet, der weiß nicht, wovon er spricht. Herr Dr. Güldner, die praktische Begründung, warum aus gefahrenabwehrenden Gründen nach dem Bremischen Polizeigesetz diese Regelung getroffen werden sollte, liefere ich Ihnen gleich.

Zusammenfassend zu diesem Artikel im „WeserKurier“ will ich nur anmerken: Die beiden innenpolitischen Sprecher, die dort zu Wort gekommen sind, sind offenbar ohne jede Sachkenntnis, posaunen Erklärungen hinaus, die völlig am Thema vorbeigehen, aber das Schlimmste ist, sie beweisen einmal mehr, dass ihnen Täterschutz vor Opferschutz geht, und sie ignorieren völlig die derzeitige Sicherheitslage in Deutschland und weltweit.

(Beifall bei der CDU)

Mir, meine Damen und Herren, ist es jedenfalls lieber, eine Straftat wird mit rechtsstaatlichen Mitteln verhindert, als Täter später nach der Strafprozessordnung sozusagen im repressiven Verfahren per TKÜ zu überführen.

Meine Damen und Herren, über die im August 2001 abgeschlossene Novellierung des Polizeigesetzes brauche ich keine weiteren Ausführungen zu ma

chen, das ist ausführlich geschehen. Dennoch, das muss ich aus heutiger Sicht sagen, ist mir nicht aufgefallen, dass die TKÜ zu gefahrenabwehrenden Zwecken nicht in das neue Polizeigesetz aufgenommen wurde. Erst ein Besuch bei der TKÜ-Stelle im Polizeipräsidium ließ mich auf dieses Defizit im gerade verabschiedeten Polizeigesetz stoßen. Die Experten der Kripo wiesen mich schon damals darauf hin, dass eine gefahrenabwehrende TKÜ-Regelung im Polizeigesetz erforderlich sei. Die Bestimmungen der Paragraphen 100 folgende der Strafprozessordnung deckten den Überwachungsbedarf im gefahrenabwehrenden Bereich nicht ab.

Meine Damen und Herren, dies hat mich veranlasst, zunächst einen Antrag zu formulieren, der die TKÜ in das Polizeigesetz einfügen und im Paragraphen 9 den Artikel 10 Grundgesetz einschränken sollte. Ich habe darauf hingewiesen. Dieser Antrag ist von der SPD abgelehnt worden. Die Große Anfrage sollte nun bewirken, dass das Thema nicht untergeht. Berlin muss erst die TKÜ-Verordnung ändern, erst dann sind die Länder in der Lage, eine polizeigesetzliche Regelung zu treffen, und so lange müssen auch wir mit der Regelung im Bremischen Polizeigesetz warten.

Meine Damen und Herren, die Antwort des Senats ist meines Erachtens nicht generell ablehnend, im Gegenteil. Man möchte im Gesamtchor der Innenminister des Bundes und der Länder eine solche Regelung in den Ländern treffen. Voraussetzung ist, dass der Bund Regelungen mit den Anbietern trifft, so dass auch auf Basis von Ländergesetzen die Anbieter TKÜ zulassen. Das kann aber nur auf Bundesebene geschehen, da hier die Regelungskompetenz liegt.

Die Strafprozessordnung und die Polizeigesetze der Länder erfassen gleichmäßig alle Informationseingriffe, lediglich die TKÜ fehlt in den Polizeigesetzen. Nur Thüringen hat eine TKÜ-Regelung aus gefahrenabwehrenden Gründen, wobei sich mir nicht erschließt, wie das dort betrieben wird, wenn dem Land nach Aussage des Senats die Gesetzgebungskompetenz fehlt.

Eines macht die Senatsantwort jedoch klar: Wir brauchen eine solche Regelung, und zwar möglichst rasch. Die derzeitige Sicherheitslage, meine ich, müsste alle verantwortungsbewussten Politiker veranlassen, eine solche polizeigesetzliche Regelung schnell zu verabschieden, ohne dass damit der Rechtsstaat gefährdet würde.

In der Antwort des Senats dazu heißt es: „In der polizeilichen Praxis sind Fallkonstellationen denkbar, in denen die Überwachung der Telekommunikation aus gefahrenabwehrenden Gründen, nämlich zur Verhütung von schweren Straftaten, erforderlich sein kann, so zum Beispiel bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Terrorismus oder bei anderen schweren Straftaten, etwa Geiselnahme.

Ferner spielt auch die Standortfeststellung über ein aktiv geschaltetes Mobiltelefon, zum Beispiel bei suizidgefährdeten Personen, in der polizeilichen Praxis eine Rolle. Festzustellen ist auch, dass die Arbeitsgruppe der Innenminister des Bundes und der Länder zu dem Ergebnis gekommen ist, eine Regelung über die präventive TKÜ in allen Ländern ist erforderlich.“

Ich hoffe nur, dass der Bundeswirtschaftsminister rasch dafür sorgt, dass die TKÜ-Verordnung auch auf solche Überwachungsmaßnahmen ausgedehnt wird, die nicht nach Landesrecht geregelt werden müssen. Das Bremische Polizeigesetz kann und sollte dann zwingend diese Vorschrift aufnehmen. Solange, meine Damen und Herren, müssen wir leider warten. Ich sage es aber noch einmal, damit es nachvollzogen wird: Die Polizei kann nicht willkürlich TKÜ im Präventivbereich betreiben. Nein, auch hier gilt wie in der Strafprozessordnung der Richtervorbehalt!

Abschließend, meine Damen und Herren, noch kurz einige Beispiele, insbesondere auch, damit Herr Güldner weiß, was er möglicherweise verhindert, wenn er einer solchen Regelung im Polizeigesetz nicht zustimmt! Ein Beispiel: Am 21. Februar 2001 verschwindet aus dem ZKH St.-Jürgen-Straße ein Baby, das einen Tag alt war, so dass wegen falscher oder fehlender Versorgung eine konkrete Lebensgefahr nicht ausgeschlossen werden konnte.

Der Sachverhalt wurde von der Staatsanwaltschaft als Kindesentziehung, Paragraph 235 Strafgesetzbuch, eingestuft. Paragraph 235 Strafgesetzbuch ist in Paragraph 100 a Strafprozessordnung nicht als Katalogstraftat enthalten, somit ist eine Telekommunikationsüberwachung nicht zulässig. Insofern kann ein potentieller Täter nicht über diese Maßnahme ausgemacht werden, und von daher ist die Auffindung eines solchen entführten Kindes auch auf diese Weise nicht möglich.

Der zweite Punkt ist, nicht von den Rechtsnormen des Paragraphen 100 g, 100 h Strafprozessordnung sind die Fälle erfasst, wenn ein Handynutzer zum Beispiel seinen Suizid ankündigt, aber seinen momentanen Standort nicht nennen will, oder ein verletztes Unfallopfer kann seinen Unfallort nicht angeben. Auch hier wäre aus gefahrenabwehrenden Gründen eine solche Regelung im Bremer Polizeigesetz notwendig.

Ich verzichte jetzt auf weitere Beispiele, sage Ihnen aber abschließend, wer also hier diese Bestimmung ins Polizeigesetz nicht aufnehmen möchte, der nimmt leichtfertig, wie ich meine, in Kauf, dass solche Gefahrenmomente nicht auch über technische Kommunikationsüberwachung gemeistert werden können!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das mit der Sachkenntnis der Innenpolitiker der Grünen und der SPD hat mich ein bisschen gewundert, weil Sie damit gleichzeitig eine ganze Menge prominenter CDUKollegen ziemlich scharf angreifen. Das Land Bayern mit dem Innenminister Beckstein, das Land Hessen mit dem Innenminister Bouffier, das Land Brandenburg mit dem Innenminister Schönbohm, alle Länder haben diese Regelungen nicht, alle aus guten Gründen. Wenn hier auch aus guten Gründen Gründe gegen diese Regelung vorgetragen werden, dann sitzen wir wohl mit den drei Herren in einem Boot. Sie müssen dann wohl auch nicht über die entsprechende Sachkenntnis verfügen,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

die aber Sie, Herr Herderhorst, im Unterschied zu den Herren Beckstein, Schönbohm und Bouffier scheinbar besitzen.

Ich glaube, es ist ein relativ einfach zu durchschauendes Spiel, die geltenden Regelungen werden so lange angeschaut, selbst wenn sie mehrfach geändert worden sind, bis man vielleicht noch irgendetwas findet, was im Moment, wie wir auch aus der Antwort des Senats wissen, im Land gar nicht umsetzbar ist. Mir geht es wie Ihnen, Herr Herderhorst, ich frage mich, wie Thüringen, wenn die Rechtslage so ist, die Regelung anwendet, ganz offensichtlich rechtswidrig, weil es gegenüber den entsprechenden Gesetzen des Bundes ja gar nicht anders sein kann. Sie werden ja wohl den Senat in Bremen nicht auffordern, und Sie werden wohl auch keine Zustimmung von den beiden anderen Fraktionen hier im Hause erwarten, eine rechtswidrige Regelung in Bremen in Kraft zu setzen.

Insofern hat dieser Vorstoß hauptsächlich deklamatorischen und symbolischen Gehalt, aber keinerlei praktische Bedeutung, weil Sie ja selbst einräumen, dass erst Bundesgesetze geändert werden müssten, bevor Bremen überhaupt, wenn es das denn wollte, was wir nicht wollen, in der Lage wäre, diese landesrechtliche Regelung umzusetzen. Ihr Vorgehen hat daher einen rein symbolischen Charakter.

Zu mehreren Ihrer Behauptungen! Sie sagen, es sei nicht richtig, dass sich die Anzahl der Telefonabhörmaßnahmen wesentlich erhöht hätte oder dass Telefonabhörmaßnahmen gar leichtfertig angeordnet werden würden. Ich möchte dem hohen Hause gern einmal die entsprechenden Zahlen von 1997 bis 2001 für das Bundesgebiet nennen. 1997 wurden noch 7776 Telefonanschlüsse abgehört, 1998 waren es 9802, 1999 bereits 12 651, und im Jahre 2001 waren es 27 200. Das bedeutet für die Telefon––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

überwachung eine Zunahme in vier Jahren um das Vierfache. Es scheint also weder so zu sein, dass es ein besonderes Problem der Sicherheitsbehörden ist, eine Telefonüberwachung anzuordnen und dafür auch die Zustimmung der Gerichte zu bekommen, noch scheint es zutreffend zu sein, was Sie sagen, dass die Kritik unberechtigt sei, dass dies in einem so rapiden Maße zunimmt, dass man inzwischen größere Bedenken, was die entsprechenden Eingriffe in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger betrifft, haben müsste. Nun kommen Sie und sagen, wir müssen auf diese Zahlen noch einen darauf setzen und müssen nun auch präventiv, das heißt zur Gefahrenabwehr, hier eine Telefonüberwachung möglich machen. Die rechtliche Seite ist bereits genannt worden, wir könnten es gar nicht beschließen beziehungsweise wir müssten es rechtswidrig beschließen, wenn wir es denn wollten, und das ist Ihnen offensichtlich auch bekannt. Nun haben Sie dankenswerterweise versucht, einige praktische Beispiele anzuführen, weil es ja doch so ist, dass durchaus etliche Bürgerinnen und Bürger in der Argumentation mitgehen, wenn Sie sie bringen, wenn Sie ihnen erklären können, welchen praktischen Nutzwert sie für ihre eigene Sicherheit in Bremen und Bremerhaven haben. Das ist ja ganz unbestritten. Sie haben das Beispiel mit dem entführten Kind aus der Klinik St.-Jürgen-Straße geschildert. Ich frage mich allerdings, um einen Telefonanschluss abhören zu können, brauchen Sie, selbst wenn Sie in diesem Fall die Erlaubnis gehabt hätten, ja irgendeinen Hinweis, welchen Anschluss Sie abhören wollen, denn das Kind war ja aus dem Krankenhaus verschwunden. Sie müssten mir also noch erklären, welchen Anschluss die Bremer Polizei hätte abhören sollen, um darauf zu kommen, wo das Kind ist!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das müssten Sie vielleicht im zweiten Beitrag dem hohen Hause noch einmal, vielleicht am Rande, genau erklären. So sehr schlüssig schien mir dieses Beispiel nicht zu sein. Ich glaube, dass es auch in Wahrheit so ist, deswegen haben Sie sich dieses Beispiel ausgesucht, dass die Bremer Polizei mit den geltenden Regelungen – vielleicht weniger mit ihrer Personalstärke und mit ihrer technischen Ausstattung, beide sind noch verbesserungswürdig, da sind wir uns ja auch einig, auch mit dem Senator – sehr gut zurechtkommt, so dass es keinerlei praktische Sicherheitslücken für die Bremer Bürgerinnen und Bürger ohne diese Regelungen gibt, die Sie hier heute vorschlagen. Wenn es aber so ist, dass der praktische Nutzen sehr gering bis inexistent ist, dann ist natürlich der Eingriff in ein Grundrecht – es handelt sich hier um einen ganz hoch angesiedelten Eingriff in die Grundrechte analog der Unverletzlichkeit der Wohnung, analog der Unverletzlichkeit des gesprochenen Wor

tes und so weiter – auf alle Fälle zu vermeiden, wenn er keine praktische Begründung auf der anderen Seite hat, warum wir diese Sicherheitslücke unbedingt schließen müssen. Auch hierfür, denke ich, gibt es breitestes Verständnis.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nachdem wir heute in der Bremer „taz“ in einem Artikel über den ehemaligen Innensenator Borttscheller und die Schill-Partei lesen konnten, dass Herr Borttscheller quasi als verdeckter Ermittler bei der Schill-Partei versucht hat herauszubekommen, wohin wohl da die Reise geht – zumindest hat er es selbst so dargestellt –, haben wir ja wieder eine kleine Ausweitung sozusagen der klandestinen Ermittlungsmethoden im Lande. Lassen wir es dabei! Auf Ihre Regelung, die Sie vorgeschlagen haben, können wir gut verzichten. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Kleen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich erspare es mir, auf die Vorwürfe einzugehen, Herr Abgeordneter Herderhorst, lieber Rolf, ob es nötig ist, bei einem doch eher nebensächlichen Thema, was die praktische Umsetzung anbelangt, den beiden innenpolitischen Sprechern die Ehre abschneiden zu wollen. Ich denke, wir beide werden im Laufe des Wahlkampfs noch ganz andere Dinge miteinander besprechen müssen, so dass wir es uns jetzt vielleicht sparen sollten. Ich meine, wir sind im Zuwanderungsrecht viel weiter auseinander, hier können wir dann vielleicht die harten Hämmer solange liegen lassen. Ich bin aus den Reihen der Polizei nicht angesprochen worden, dass sie – wir haben ja sehr viele Gespräche, auch mit Personalräten, mit Gewerkschaftlern, geführt – unter dem Polizeigesetz leiden, dass da etwas fehlt. Ich habe hier die Wahlprüfsterne zur Bürgerschaftswahl am 25. Mai 2003, wunderschön aufgemacht, der Polizei vorliegen und soll etwas dazu sagen, was wir in der nächsten Legislaturperiode tun wollen und wo wir die Polizei unterstützen wollen. Während sie vor vier Jahren als Gewerkschaft sehr darauf geachtet haben, dass wir auch vernünftige rechtliche Grundlagen für die Polizeiarbeit beschließen, sind sie jetzt völlig zufrieden damit. Kein einziges Wort darüber, dass wir an dieses hervorragende Polizeigesetz gefälligst noch einmal herangehen sollen, weil da etwas fehlt! Ich glaube, da kommt der Druck vielleicht doch mehr aus der Politik als aus der Polizei,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

was natürlich die Frage nach Fachkompetenz zusätzlich beantwortet.

Ich hatte mich ein bisschen darauf verlassen, dass Matthias Güldner auf die Zahlen eingeht, ich würde sie gern an einem Punkt noch erweitern. Er hat für das Jahr 2001 27 200 Anschlüsse genannt, die abgehört wurden. In einer Sitzung des Datenschutzausschusses hat das Ressort Justiz einmal deutlich gemacht, dass auch in Bremen der Zuwachs im Trend liegt, und zwar erheblich im Trend. Nach Auskunft von Henning Maul-Backer nahm Bremen im Jahr 2000 mit einem Zuwachs von 226 Prozent die Spitzenposition in Deutschland ein. In keinem anderen Bundesland stieg – im Jahre 2000 war das – die Zahl der Ermittlungsverfahren mit Telefonüberwachung im Vergleich zum Vorjahr prozentual mehr an als in Bremen. Ich glaube, die Sicherheitslücke ist in unserem telefonischen Schleier da nicht so riesig.

Es gibt eine andere Zahl: In Deutschland ist es heute vierzehnmal wahrscheinlicher, abgehört zu werden, als in den USA. Das sind doch Zahlen, wenn wir auch noch nicht einmal unter Druck stehen, bei denen man sagen kann, das Instrument schauen wir uns noch einmal an. Das Bundesverfassungsgericht sagt auch,

(Beifall bei der SPD)

dass man einmal eine gründliche Bestandsaufnahme machen soll. Wir wissen doch, dass es dabei um erhebliche Eingriffe in ein Grundrecht geht und eben nicht nur bei potentiellen Tätern, sondern gerade bei diesem Punkt sind unglaublich viele Unbeteiligte betroffen, und deshalb wird von vielen eine gründliche Auswertung gefordert.

Ich denke, weil diese Situation so ist, können wir etwas entspannter damit umgehen. Natürlich können wir die Telefonüberwachung – Herr Senator, Sie werden an der Stelle möglicherweise die Fachkompetenz meines grünen Kollegen anzweifeln – in unser Polizeigesetz hineinschreiben, das ist überhaupt keine Frage, wir können sie bloß nicht anwenden, weil die bundesrechtliche Mitwirkungsnotwendigkeit, insbesondere der Anbieter, nicht geregelt ist. Aber der Senat will das ja im Moment nicht, sondern zieht es nur in Erwägung, deshalb glaube ich, wir können gelassen sein.

Herr Herderhorst, Sie wissen selbst, dass ich ein relativer Freund der Richterbestätigung bin, aber man kann auch im Hinblick auf die Richterbestätigung skeptisch werden, nämlich der Richtervorbehalt genau an dem Punkt Telefonüberwachung, wenn wir uns das Gutachten von Backes und Gusy ansehen, die ja gesagt haben, wie wenig dieser Richtervorbehalt in der Praxis tatsächlich eine Hemmschwelle darstellt.

Man muss sich wirklich darüber unterhalten, ob wir das Instrument noch richtig anwenden, ob es damit Genüge getan ist, dass Richter sagen, jawohl, ihr

könnt das anwenden, es ist nicht rechtswidrig, oder, wie es auch schon von sehr fachkompetenter Seite überlegt worden ist, ob man nicht sagt, wir geben dem Richter mehr Verantwortung, er muss sich das Bild so verschaffen, dass er im Prinzip die Verantwortung dafür übernimmt und vielleicht auch daran bleibt, wie das in Amerika ist, dass nämlich der Richter auch überprüft, was kommt eigentlich dabei heraus.

Es ist etwas, was wir auch tun sollten, vielleicht auch vor dem Hintergrund dessen, was Henning Maul-Backer vor dem Datenschutzausschuss gesagt hat. Wir sollten uns dieses Themas, das mag dann auch ein Dank an Herrn Herderhorst sein, weil er den Anstoß gegeben hat, in Bremen annehmen, um einmal gründlich das, was in Bremen schon passiert – jetzt traue ich mich an das Wort heran –, zu evaluieren. Lassen Sie uns das machen! Aber jetzt können wir sowieso nichts machen, so dass wir in Ruhe diese Debatte hier beenden können. – Danke!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist kurz vor 13 Uhr. Wollen wir diese Debatte zu Ende führen und dann ein bisschen später aus der Mittagspause kommen? Ich empfehle, dass wir die Debatte abschließen.

(Abg. K l e e n [SPD]: Das ist ein ganz schneller Senator! Er weiß, dass wir Hun- ger haben!)