Protocol of the Session on December 12, 2002

Verbraucherinnen und Verbraucher sind heute mehr denn je auf objektive Informationen angewiesen, weil sie in der Regel nicht mehr die Produkte sozusagen naturbelassen kaufen, sondern Produkte kaufen, die von den Herstellern entsprechend vorbereitet sind, und sie insofern auch schwieriger nachvollziehen können, wie die Zusammensetzung dieses Produktes ist. Hinzu kommt, dass die Entwicklung des Lebensmittelhandels immer globaler wird, die Märkte werden globaler, grenzüberschreitender, internationaler, das heißt, die Lebensmittelüberwachung steht vor ganz neuen, ganz anderen Herausforderungen als noch vor Jahren. Diese Herausforderungen werden noch in dem Maß zunehmen, wie auch der internationale Handel zunehmen wird.

Aus meiner Sicht haben sich die Behörden in Bremen sehr gut auf diese neuen Erfordernisse eingestellt. Bereits 1996 wurde mit der Gründung des Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienstes eine sehr effektive Struktur geschaffen, die sich auch gerade in den Krisen der letzten Zeit, ich sage nur einmal BSE oder Nitrofen, sehr bewährt hat. Das gilt auch für das Landesuntersuchungsamt, das mit seinen äußerst knappen Ressourcen einen sehr beachtenswerten Beitrag dazu geleistet hat. Ich möchte das Untersuchungsamt auch in diesem Zu––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

sammenhang für seine sehr gute, effektive und schnelle Arbeit im Rahmen der BSE-Krise besonders loben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wer sich das vor Ort einmal angeschaut hat, mit welchen Ressourcen sie dort arbeiten müssen, weiß, wie schwierig das ist und welchen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das erfordert.

In Bremen sind wir auch gut darauf vorbereitet, den neuen Ansatz der Europäischen Kommission zur Lebensmittelsicherheit zu erfüllen. Bei uns sind die Futtermittelüberwachung, der Pflanzenschutz, die Tierseuchenbekämpfung, der Tierschutz und die Lebensmittelüberwachung in einer Organisation zusammengefasst. Die Steuerung und die operative Ebene liegen sozusagen in einer Hand. Hier wird also im wahrsten Sinne des Wortes Hand in Hand gearbeitet. Ich habe gerade kürzlich eine Übersicht gesehen, dass es in allen Bundesländern längst nicht der Fall ist, und es wird von den Verbraucherschützern zu Recht gefordert.

Wenn Sie das einmal reflektieren, zeigt sich daran, dass wir mit den aktuellen Krisen in Bremen doch sehr gut und sehr schnell zurechtgekommen sind. Es hat hier keine besonderen dramatischen Auswirkungen gegeben.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben auch immer sofort die nötige Transparenz im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, die ja noch an manchen Stellen sehr eingeschränkt sind, hergestellt.

Als staatliche Verwaltung ist man darauf angewiesen, dass die gesetzlichen Grundlagen Handlungsmöglichkeiten bieten. Diese Grundlagen liegen im Verbraucherschutzrecht der Europäischen Union und im Bundesrecht, und im Bereich der Verbraucherinformation sind mit Sicherheit noch Verbesserungen denkbar und notwendig. Der erste Anlauf zu einem Verbraucherinformationsgesetz ist ja leider gescheitert. Ein neuer Ansatz ist in Vorbereitung, und es ist dringend erforderlich, dass das dann auch zu einem Erfolg wird, indem es umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Mittel zur Verbraucherinformation durch Etikettierungsvorschriften ist aus meiner Sicht an seine Grenzen gelangt. Der Verbraucher wird zum Teil mit hochwissenschaftlichen Angaben konfrontiert, die von einem Normalverbraucher kaum noch richtig gedeutet werden können. Ein Mehr an Informationen macht das Ganze mit Sicherheit noch unübersichtlicher und klärt den Verbraucher nicht unbedingt in dem notwendigen Maße auf, sondern ver

wirrt vielleicht eher nur. Der Verbraucher geht ja zu Recht, und das kann er auch erwarten, in der Regel davon aus, dass die Lebensmittel, die er kauft, unbedenklich sind. Dann wird man aber wiederum in der Zeitung mit Skandalmitteilungen, was den Lebensmittelmarkt betrifft, konfrontiert und ist verunsichert. Aus meiner Sicht muss deshalb das Verbraucherinformationsgesetz die notwendige Grundlage schaffen, dass die Überwachungsbehörden die ihnen bekannten Produktmängel auch konkret dem Verbraucher bekanntgeben dürfen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das hätte im Übrigen auch die Schutzfunktion für die Produzenten, die redlich ihre Produkte herstellen, also sich auch entsprechend an Qualitätsstandards und Produktsicherheit halten. Diese Produzenten würde man in diesem Sinne auch schützen, das sollte man dabei auch bedenken. Bei den Herausforderungen, vor denen wir stehen, ich sage nur noch einmal das Stichwort globale Märkte, wird es sicherlich keine leichte Aufgabe, gerade auch in Bremen, die Lebensmittelkontrolle, die Lebensmittelüberwachung in der nötigen Qualität herzustellen, auch gerade vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage. Das ist völlig klar. Gleichwohl ist es uns gelungen, die zusätzlichen personellen Verstärkungen für die Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärdienst herzustellen. Das heißt, der Senat hat an dieser Stelle die notwendigen Anstrengungen unternommen, um die Lebensmittelüberwachung zu gewährleisten. Die eingeleitete Organisationsuntersuchung wird die Grundlage für die zukünftigen Maßnahmen darstellen. Verbraucherschutz wird aus meiner Sicht auch in den nächsten Jahren eine zentrale politische Aufgabe für uns alle sein. Wir werden die notwendigen Anstrengungen dafür machen müssen. Wir müssen auch stärker zu Kooperationen mit den anderen Bundesländern kommen, weil der Bereich sich immer stärker spezialisiert und kompliziert. Da sind wir mit Niedersachsen auch auf gutem Wege. Ich denke, wir werden uns in den nächsten Jahren, wie gesagt, noch ganz neuen Herausforderungen stellen müssen, und die Skandale werden leider auch nicht weniger, vermute ich. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da ich leider keine Zwischenfrage stellen durfte, muss ich jetzt auf diesem Weg noch einmal drei Anmerkungen machen zu dem Beitrag von Herrn Imhoff, weil das so nicht stehen bleiben darf und kann! Herr Imhoff, Sie haben gesagt, dass man ja wissen will, was

in italienischen Nudeln ist und nicht in den deutschen Produkten. Es ist so, und das kann man auch wieder an dem Beispiel Acrylamid deutlich machen, dass die Überwachung alle Produkte betrifft, die Sie hier finden, darum geht es ja gerade, dass das, was in den Regalen der Geschäfte in Bremen und Bremerhaven ist, untersucht wird. Wo sie produziert werden, ist da völlig egal! Ich habe hier auch die Liste, das kann ich belegen, dass deutlich wird, dass die Produkte eben aus der ganzen Welt kommen, bei denen die Acrylamidgehalte angegeben sind. Ein zweiter Punkt ist der Verbraucherschutz. Man muss, glaube ich, wirklich einmal ganz deutlich sagen, dass nach 16 Jahren Kohl-Regierung die Lebensmittelüberwachung in einem absolut desolaten Zustand war. Da ist wirklich nicht vernünftig überwacht worden. Es gab keine Koordinationsstrukturen, es gab quasi kein konsistentes System, das das wirklich gewährleistet hätte. Nachdem Frau Künast das Ressort übernommen hat, ist genau das passiert, nämlich von der europäischen Ebene bis hin auf die Länderebene eine vernünftige Umstrukturierung zu erreichen.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

An allen Stellen, wo noch Defizite sind, die hier auch mehrfach angesprochen wurden, wie beispielsweise das Defizit, dass wir kein Verbraucherinformationsgesetz oder auch kein Informationsfreiheitsgesetz haben, was uns jetzt den Umgang wie NordrheinWestfalen ermöglichte, hat die CDU blockiert. Ich finde, das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 15/598, wurde zurückgezogen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von dem Abschlussbericht „Verbraucherschutz stärken – Lebensmittelüberwachung und Verbraucherinformation gewährleisten“ einschließlich der Auswirkungen auf das Personalentwicklungsprogramm, einschließlich Arbeitsauftrag „Runder Tisch“ mit Verbraucherzentrale und Sachstand zum Verbraucherinformationsgesetz Kenntnis.

Rechtssichere Einführung des „Dosenpfands“ gewährleisten

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 10. Dezember 2002 (Drucksache 15/1322)

Meine Damen und Herren, die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte kurz den Antrag der Grünen begründen und dann auch noch einmal darlegen, aus welchen Forderungen er besteht. Hintergrund ist, dass, um den Rückgang der Verwendung umweltfreundlicher Mehrwegverpackungen für Getränke entgegenzuwirken, um diesen Rückgang zu verhindern, die ehemalige CDU/ FDP-Bundesregierung die Verpackungsverordnung verabschiedet hat. Diese Verpackungsverordnung aus dem Jahre 1991 hat im Wesentlichen zwei Mechanismen. Sie hat zunächst auf die Freiwilligkeit der Industrie gesetzt und hat dann sehr spät einen möglichen Sanktionsmechanismus eingebaut. Während nun die mittelständischen Brauereien, die Mineralbrunnen, der Getränkegroßhandel, aber auch der Getränkeeinzelhandel in Mehrwegsysteme investiert haben, ist diese Selbstverpflichtung der Industrie insbesondere aufgrund der Marktstrategie der großen Discounter und der großen Supermärkte gescheitert. So hat sich beispielsweise der Anteil des Dosenbiers in den letzten zehn Jahren auf 24 Prozent verdoppelt. Gegenüber den Mehrwegalternativen verursachen diese Dosen und umweltschädlichen Einwegverpackungen mehr Abfall, verbrauchen mehr Energie und tragen stärker zu dem Treibhauseffekt bei. Ein anderer Punkt, der auch seitens der CDUFraktion deutlich gesehen wird, ist, dass mit diesen Einwegverpackungen auch die Verschmutzung der Stadt stark zusammenhängt. Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 28. November 2002 wurde jetzt die Pfandregelung für Einweggetränkeverpackungen gemäß dieser Verpackungsverordnung bestätigt. Das heißt, ab dem 1. Januar 2002 müssen die Händler, dazu sind sie verpflichtet, auf Dosen, auf Einwegglasverpackungen und auch auf Plastikverpackungen für Bier, Mineralwasser und kohlensäurehaltige Getränke ein Pfand erheben. Das ist die geltende Rechtslage. Ein zweiter Punkt ist auch, dass der Vertrauensschutz mittelständischer Unternehmen zu gewährleisten ist, nämlich derjenigen Unternehmen, die aufgrund der Verpackungsverordnung über Jahre ihr Sortiment entsprechend ausgerichtet und auch in Mehrwegsysteme investiert haben. Um somit einerseits die Umwelt zu entlasten, aber auch diejenigen Unternehmen, die sich in Anbetracht der gültigen Rechtslage orientiert haben, nicht im Wettbewerb schlechter zu stellen, ist es erforderlich, dass die Einführung des Dosenpfands ab 1. Januar 2003 auch kontrolliert wird. Diese Frage der Kontrolle, das heißt der Überprüfung, ob wirklich die Dosen, die laut Recht und Gesetz zu bepfanden sind mit Pfand, im Supermarkt, beim Einzelhändler stehen, das ist seitens der Länder zu überwachen. Daher fordern wir Grünen, und das sind die beiden Punkte unseres Antrags, alle Instrumente und

Möglichkeiten zu nutzen, um einerseits hier Industrie und Handel bei der Einführung der Pfandregelung zu unterstützen, das heißt eben auch zu informieren, hier Hilfestellungen zu geben, in welcher Form es gemacht werden kann, hier also konstruktiv die Einführung auch im Sinne von Information zu unterstützen, und andererseits die Einführung des Pfands konsequent zu überwachen und damit auch die Umsetzung der Verpackungsverordnung sicherzustellen. Das sind unsere Forderungen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Mull.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schaut man einmal so auf die Diskussionen der letzten Tage um das Thema Dosenpfand, ist die heutige Debatte aktueller denn je. Ich möchte jedoch an dieser Stelle nicht die gesamte Debatte, wie wir sie ja schon diverse Male in Sachen Dosenpfand geführt haben, heute hier wiederholen, sondern, ich denke, wir sollten vom aktuellen Stand ausgehen. Von daher finde ich es nicht besonders geschickt, Frau Dr. Mathes, für Sie als Mitglied der Fraktion der Grünen, dieses Thema heute erneut auf die Tagesordnung zu bringen, schaut man doch einmal, dass es sich bei der jetzigen Debatte, der jetzigen Diskussion nicht gerade um eine Glanzleistung der rotgrünen Bundesregierung handelt!

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir jetzt drei Wochen vor der Einführung, vor dem Start des Dosenpfands nach Berlin schauen, ist das Chaos um die Dose größer denn je. Herr Trittin, die Bundesregierung, hat dieses Thema nicht im Griff und sorgt auch an dieser Stelle nur für Verwirrung. Typisch für die rotgrüne Bundespolitik!

(Widerspruch bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Es gilt abzuwarten, ob es weitere Gespräche zwischen dem Umweltminister und dem Handel geben wird, auch wenn Ihr Bundesumweltminister derzeit sagt, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Weiteren Gesprächen auf politischer Ebene seien nun jede Grundlage entzogen.“

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischen- frage – Glocke)

Entschuldigung, Frau Mull! Sind Sie damit einverstanden, dass Frau Dr. Mathes Ihnen eine Zwischenfrage stellt?

Ich denke, sie wird sich ohnehin gleich noch einmal melden, und dann kann sie auch ihre Einfügungen dann bringen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Was heißt das denn?)

Außerdem gilt es abzuwarten, wie das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die neuen eingereichten Eilanträge des Handels entscheiden wird.

Meine Damen und Herren, sollte es am 1. Januar tatsächlich zur Einführung des Pflichtpfandes kommen, sollten wir überlegen, ob wir uns den Ländern Bayern und Saarland, die es gestern bereits formulierten, nicht anschließen, die die Pfandpflicht zwar wie gesetzlich vorgeschrieben vollziehen wollen, dabei aber Augenmaß walten lassen und bei der Pfandeinführung pragmatisch vorgehen wollen, insbesondere wenn man bedenkt, welche anderen Probleme, und die haben wir auch gestern besprochen, wir haben gestern zum Beispiel über den Ladenschluss diskutiert, im Moment den Einzelhandel plagen. Dieser ist nicht nur mit dem Thema Dosenpfand und Umsetzung zum 1. Januar beschäftigt.

(Unruhe beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie können sich gleich alle melden, wenn Sie so viel dazu beizutragen haben! Ich glaube aber, Sie wollen lieber nach Hause und diskutieren lieber gegen meine Wortbeiträge.

Also, von daher sollte man etwaige Übergangslösungen berücksichtigen und dafür auch offen sein, auch als Bundesland Bremen.

(Unruhe – Glocke)

Nein, nein! Es war mehr eine Ermahnung an das Plenum, Ihren Ausführungen aufmerksam zu folgen!

(Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sind Sie jetzt bereit, mir wieder zuzuhören? Haben Sie sich alle ausgesprochen? Gut!

Ich bin dafür, dass wir eventuellen Übergangslösungen positiv entgegentreten, dass wir den Einzelhandel entsprechend unterstützen, wenn dies andere Bundesländer auch tun, und wir hier keinen Sonderweg gehen sollten. Dies gilt es mit unserem Koalitionspartner, der SPD, in den nächsten Tagen, je nachdem, wie nun diese Eilanträge, die jetzt eingebracht wurden, entschieden werden, zu bedenken und zu überlegen. Den Antrag der Grünen lehnen wir ab. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)