Protocol of the Session on December 12, 2002

Die Mittel für die Verbraucherzentrale wurden durch Beschluss in der Deputation für Wirtschaft bis einschließlich 2003 um insgesamt 700 000 DM erhöht, um die Ernährungsberatung zu verstärken. Wir haben koalitionär vereinbart, dass wir im kommenden Jahr die Wirkung dieser Mittelverstärkung anhand eines Erfahrungsberichts genau abprüfen und dann über eine mögliche Verstetigung dieses Zuschusses entscheiden werden. Ich möchte diese Überprüfung nicht vorwegnehmen, aber nach meiner Beobachtung hat sich der Mitteleinsatz gelohnt. Die Verbraucherzentrale konnte ihr Angebot in der Ernährungsberatung deutlich verbessern, und dieses Angebot wurde auch rege nachgefragt. Ich sehe daher der Prüfung optimistisch entgegen und hoffe, dass bei unserem Koalitionspartner über die Winterzeit ein Nachdenken über die hohe Bedeutung des Verbraucherschutzes und der Verbraucherberatung einsetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen in der Union, springen Sie über den langen Schatten der Vergangenheit, den die Bauernverbände und wirtschaftsliberale Ideologen in Ihrem Lager hinterlassen haben, und öffnen Sie sich einer modernen Politik, die den Verbrauchern im Marktgeschehen einen angemessen Platz einräumt! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Käse, Sie brauchen uns nicht aufzufordern, darüber nachzudenken, auch nicht über die Weihnachtstage hinaus, dass wir über Verbraucherschutz nachdenken sollen! Ich denke, das können wir selbst schon gut genug, und das haben wir schon lange getan, und wenn Sie da nicht dahinterkommen, dann ist das Ihr Ding!

(Beifall bei der CDU)

Wir debattieren hier heute über die Mitteilung des Senats und den Antrag der Grünen zum Thema Verbraucherschutz, der für uns auch nichts Neues ist. Es gibt wohl kaum ein Thema, das die Menschen so unmittelbar betrifft wie der Verbraucherschutz, denn hier geht es nicht nur um wirtschaftliche und juristische Fragen, sondern in vielen Fällen auch um die eigene Gesundheit, sei es im Hinblick auf Ernährung oder auf den Aspekt technische Sicherheit. Der Verbraucherschutz gehört somit zu den zentralen Aufgaben der Politik im Dienste der Bürgerinnen und Bürger. Das ist auch ein Hauptanliegen der CDUFraktion und von mir.

Jetzt zum Antrag der Grünen, den wir schon einmal im Januar des letzten Jahres diskutiert haben! Damals ist der Antrag zum Gesundheits- und zum Wirtschaftsressort überwiesen worden. Was ist also geschehen, und warum hat sich das alles so in die Länge gezogen, bis wir die Mitteilung des Senats auf dem Tisch hatten? Die Änderungen im Bereich der Lebensmittelsicherheit und die Umstrukturierung des damaligen Landesuntersuchungsamtes haben diese zeitliche Spanne verursacht.

Lassen Sie mich noch einmal in kurzen Zügen erläutern, was bei der Umstrukturierung des Landesuntersuchungsamtes passiert ist! Erstens, die medizinischen Untersuchungen werden privatisiert, zweitens, das Institut der Krankenhaushygiene wird in einen Eigenbetrieb umgewandelt, und drittens, die Lebensmitteluntersuchungen, die Veterinärdiagnostik und die Wasseruntersuchungen werden und sollen in einem wirtschaftlichen Amt neu strukturiert werden. Ich meine, das ist eine gute Sache, und wenn die Grünen sich hier auf die Fahne schreiben, dass hier endlich ihre Forderungen erfüllt worden sind, dann haben Sie wohl ganz vergessen, dass Sie immer gefordert haben, dass alles staatlich bleibt. Wir dagegen haben gesagt, das kann nicht angehen, und deswegen wundert mich auch Ihr Ausdruck über die Halbprivatisierung. Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der CDU)

Auf jeden Fall ist das erst einmal ein guter Weg, der eingeschlagen wurde. Ich weiß nicht, ob sich noch einige an das Gutachten von Meyer und Part––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ner erinnern können, in dem die ganzen Mängel des damaligen Untersuchungsamtes zutage gefördert wurden. Das war damals sehr ernüchternd und eine bittere Pille für das Landesuntersuchungsamt. Wir von der CDU-Fraktion haben die ganze Zeit auf wirtschaftliche Strukturen in diesem Amt gedrängt, wie man sieht, mit Erfolg.

(Beifall bei der CDU)

Doch es scheint nicht alles rund zu laufen. Leider muss ich aus eigener Erfahrung berichten, dass im Bereich der Veterinärdiagnostik die Kosten immer noch zu hoch sind. Wenn man Blut- oder Milchproben in Bremen untersuchen lässt, sind diese im Schnitt zwei Euro teurer als beim Untersuchungsamt in Oldenburg,

(Beifall bei der CDU)

und das, obwohl alle nach der gleichen ISO-Norm untersuchen müssen! Da muss man sich schon fragen, woran das wohl liegen kann. Ich meine, dass man auf jeden Fall darauf drängen muss, dass wir uns von der Kostenseite aus mit dem Umland messen müssen, und das heißt für die CDU-Fraktion wirtschaftliches Arbeiten und Handeln.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Mitteilung des Senats wird auch die Information für die Öffentlichkeit angesprochen. Dabei ist das Verbraucherinformationsgesetz ein, wenn nicht der zentrale Aspekt des Verbraucherschutzes. Der vorliegende Gesetzentwurf wird von unserem Gesundheitsressort jedoch in der Mitteilung des Senats als unbefriedigend bezeichnet. Es beklagt sich darüber, dass dem Konsumenten kein Recht auf Information bei Lebensmittelunternehmen eingeräumt wird. Das sehe ich allerdings anders, denn wenn allein in Deutschland eine Informationspflicht für Lebensmittelbetriebe Standard wird, führt das mit großer Wahrscheinlichkeit zu Wettbewerbsnachteilen für die hiesigen Firmen. Wenn man diese Art der Informationspflicht für Firmen einführen will, muss man bei einem so transparenten EU-Markt das auch in ganz Europa durchsetzen. Was nützt es mir, wenn ich bei deutschen Firmen etwas erfragen kann, wenn ich italienische Nudeln kaufen will? Das nützt mir nichts! (Beifall bei der CDU)

Deswegen legt die CDU großen Wert darauf, dass vor allem kleinere und mittlere Unternehmen nicht durch Informationspflichten und Regressansprüche in ihrer Existenz bedroht werden.

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischen- frage – Glocke)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Zwischenbemerkung?

Nein, Frau Dr. Mathes kommt ja doch wieder, dann kann sie das alles noch einmal erläutern.

Genauso wie wir großen Wert darauf legen, dass die Transparenz bei der Lebensmittelproduktion und das Informationsrecht für den Verbraucher gewährleistet sein müssen, denn das sieht der jetzige Gesetzentwurf ja auch vor! Der Verbraucher kann sich in Zukunft dann bei den Behörden informieren, ob allgemeiner Art oder über Untersuchungsergebnisse, womit der Informationsfluss dann auch gegeben ist.

Als schneller und positiver Informationsfluss ist auch der runde Tisch als Partner des Verbrauchers zu bewerten. Dieser erarbeitet Konzepte und einen Flyer zum Thema Verbraucherschutz, und deswegen kann auch keiner sagen, dass das Wirtschaftsressort, nur weil es bei der Verteilung von Geldern genauer hinschaut, verbraucherfeindlich wäre oder ist, denn alle Jahre wieder oder bei jeder Gelegenheit wird der Ruf nach mehr Geld für die Verbraucherzentrale in Bremen laut, so wie es die Grünen auch gern praktizieren.

Keine Frage, die CDU-Fraktion hält die Verbraucherzentrale für eine wichtige und sinnvolle Einrichtung für Bremens Bevölkerung!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Sie nimmt eine wichtige und wertvolle Funktion im Informationsgeflecht wahr, doch deswegen ist sie nicht als ein Freifahrtschein für unbegrenzte Finanzmittel zu sehen. Die Bremer Verbraucherzentrale wird zu 75 Prozent vom Wirtschaftsressort finanziert und hat deswegen und wegen der damaligen Lebensmittelskandale auch im Jahre 2001 700 000 DM zusätzlich bis 2003 bewilligt bekommen. Das entspricht praktisch zwei Stellen. Befristet ist diese Finanzhilfe, weil die BSE-Beratung, auf die sich die damalige Forderung bezog, sich irgendwann auch eingespielt haben muss und weil es nicht mehr so viel Beratungsbedarf und Nachfragen zu diesem Thema geben wird.

In dem Antrag der Grünen wird unter anderem gefordert, dass die Finanzmittel für die Verbraucherzentrale zu erhöhen sind. Wenn es dafür Bedarf gibt, muss man darüber reden, keine Frage! Doch wir haben in den letzten Jahren eine Auflistung der geleisteten Arbeiten und des zusätzlichen Bedarfs vor Ort von der Verbraucherzentrale angefordert. Sie wurde uns auch zugesichert, doch leider haben wir von der CDU-Fraktion eine solche Liste noch nicht bekommen.

Meine Damen und Herren, wir haben ja heute Morgen den Nachtragshaushalt beschlossen, und bei

einer solch schwierigen finanziellen Situation kann man doch nicht mit der Gießkanne durch die Stadt rennen und nur, weil mir eine Einrichtung gut gefällt, einmal eben ordentlich Geld ausschütten! Das geht nicht! Was wäre das für eine Politik? Jedenfalls keine CDU-Politik!

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn Gelder fließen, muss schon genau aufgeführt werden, wofür. Die CDU-Fraktion steht für eine gerechte Verteilung.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar allgemeine Worte zum Verbraucherschutz sagen! Im Sinne des Verbraucherschutzes möchte ich die Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion auffordern, ehrlich und offen mit diesem Thema umzugehen, auch wenn man dabei vielleicht seiner eigenen Bundesministerin in den Rücken fällt, denn Frau Künast hat bei dem Thema Verbaucherschutz auch nicht die glücklichste Hand.

(Beifall bei der CDU – Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grünen]: Was? Das kann doch nicht angehen!)

Ja, das ist einfach so! Die Steckenpferde gehen verloren. Dann muss man einfach auch einmal ehrlich sein und hier so etwas nicht nur durch Anträge formulieren. Ich denke, wir hier in Bremen sind auf einem guten Weg, und lassen Sie uns so weitermachen! – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Der nächste Redner ist der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verbraucher haben ein Recht darauf zu erfahren, woher ihre Lebensmittel kommen, wie sie produziert werden, was sie enthalten und natürlich auch, wie sie verarbeitet werden. Die Verbraucher sind nach all den Lebensmittelskandalen wie zum Beispiel Nitrofen, BSE, Antibiotika, Acrylamid und so weiter so verunsichert, dass kein Mensch mehr weiß, was er in der heutigen Zeit ohne Gefahr noch essen kann oder darf.

Meine Damen und Herren, der Verbraucherschutz muss erheblich verstärkt werden, eine verstärkte und effektivere Lebensmittelüberwachung ist also schnellstens dringend erforderlich, ebenso eine schnelle und deutliche Verbraucherinformation. Die jüngsten Lebensmittelskandale haben doch deutlich bewiesen, dass der Verbraucherschutz und die Verbraucherinformation erheblich verstärkt werden müssen. Darum habe ich im Namen der Deutschen Volksunion, und das können Sie in den Protokollen nachlesen, mich immer dafür ausgesprochen, dass

zum Beispiel unabhängige amtliche Lebensmittelkontrollen verstärkt durchgeführt werden, dass die Lebensmittelüberwachung in staatlicher Hand bleibt und dass der Verbraucherschutz oberste Priorität vor kurzfristigen und wirtschaftlichen Lobbyisten und ihren Interessen haben. Darum ist es auch erforderlich, dass die Haushaltsmittel zum Schutz und im Interesse der Bürger für die Verbraucherzentralen bedarfsgerecht erhöht werden, um die Institution langfristig finanziell zum Schutz der Bürger abzusichern.

Meine Damen und Herren, seit Rinderwahnsinn, Maul- und Klauenseuche boomen die Umsätze mit dem Federvieh. Allerdings sind Pute und Huhn für die Verbraucher die unbekannten Wesen, der Kauf von Geflügelfertigprodukten kann zur Lotterie werden, denn für die Verbraucher sind sowohl meistens die Herkunft als auch die Haltebedingungen des Mastgeflügels unklar, das zu Tiefkühl- oder Wurstprodukten verarbeitet wird. Hier scheint die Qualitätssicherung doch sehr mangelhaft, meine Damen und Herren, so weiß der Verbraucher meistens nicht, dass bis zu 250 000 Tonnen billiges Geflügelbrustfleisch pro Jahr in die Europäische Union importiert werden. Das entspricht genau der Menge an Brustfleisch, die in Deutschland selbst produziert wird. Wichtige Exportländer sind Thailand und Brasilien.

Allerdings ist daran pikant, dass in diesen Ländern viele Menschen hungern, und alle Jahre spenden die Deutschen viele Millionen Euro, um dort Armut und Hunger zu lindern, abgesehen davon, dass Regenwald zerstört wird, um Getreide zur Fütterung des Federviehs anzubauen, das importierte tiefgefrorene Geflügelfleisch landet in Fertiggerichten und in Wurstprodukten. In der Europäischen Union gibt es keine Kennzeichnungspflicht, die die Verbraucher darüber aufklären würde, woher Pute und Huhn stammen. Jetzt wurden bei Stichproben der importierten Waren gefährliche Chemikalien gefunden, die in der Europäischen Union seit 1993 verboten sind. Die Behörden fanden beispielsweise das Antibiotikum Chloramphenicol, das aus guten Gründen in Europa zur Behandlung von Krankheiten nicht mehr eingesetzt werden darf.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wenn Sie Verbraucherschutz so lustig finden, dann zeigt das gerade, wie Sie den Verbraucherschutz ernst nehmen im Interesse der Bevölkerung!

Meine Damen und Herren, Chemikalien in der Tierhaltung sind eine unendliche Geschichte mit beliebiger Fortsetzung, die Frage aber ist doch, wie viel Überraschung verträgt der Verbraucher noch? Der Verbraucher ist schon viel zu lange mit Lebensmittelskandalen überrascht worden, es reicht! Es reicht schon lange! Darum fordert die Deutsche Volksunion eine rigorose verstärkte Lebensmittelüberwachung mit einer ehrlichen Verbraucherinformation.

Die Deutsche Volksunion hat sich dafür immer rigoros eingesetzt. – Vielen Dank!

Nächste Rednerin ist Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es gut, dass die CDU durch Herrn Imhoff hier so deutliche Worte zum Wert der Verbraucherzentrale gefunden hat, das freut mich sehr.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das begrüße ich ausdrücklich, weil ich eben auch aus eigener Erfahrung der Meinung bin, dass die Verbraucherzentrale wirklich sehr gute Arbeit leistet und auch sehr wichtig ist für die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher, weil eine neutrale Stelle da ist, die sich sehr genau auskennt, die sehr gute Fachkenntnisse hat und den Verbraucherinnen und Verbrauchern gute Informationen gibt. Ich bin mir ganz sicher, Herr Imhoff, dass das Geld, was jetzt zusätzlich an Zuschüssen bereitgestellt worden ist für die Verbraucherzentrale, diese 700 000 DM, genauso wie bei allen anderen Institutionen den entsprechenden Anforderungen unterstellt wird und auch genauso sinnvoll und zielgerichtet dort eingesetzt wird. Das lässt sich ja überprüfen. Da sollten wir auch nicht andere Maßstäbe anlegen als bei anderen Institutionen.

Verbraucherinnen und Verbraucher sind heute mehr denn je auf objektive Informationen angewiesen, weil sie in der Regel nicht mehr die Produkte sozusagen naturbelassen kaufen, sondern Produkte kaufen, die von den Herstellern entsprechend vorbereitet sind, und sie insofern auch schwieriger nachvollziehen können, wie die Zusammensetzung dieses Produktes ist. Hinzu kommt, dass die Entwicklung des Lebensmittelhandels immer globaler wird, die Märkte werden globaler, grenzüberschreitender, internationaler, das heißt, die Lebensmittelüberwachung steht vor ganz neuen, ganz anderen Herausforderungen als noch vor Jahren. Diese Herausforderungen werden noch in dem Maß zunehmen, wie auch der internationale Handel zunehmen wird.