Protocol of the Session on October 23, 2002

Herr Bürgermeister, gehen Sie mit mir konform, wenn ich sage, erstens, Beförderungen sind nicht steuerbar, zweitens, die Stellen, die Beförderungsdienstposten sind, sind nach der Richtlinie auszuschreiben, auf diese Ausschreibungen hin können sich weibliche wie männliche Beschäftigte bewerben oder sich melden, drittens, die Auswahl dann in aller Regel doch nach Eignung, Befähigung und Leistung vorgenommen wird und von daher ein Wettbewerb zwischen den insgesamt zur Verfügung stehenden Bewerbern entsteht?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Herr Abgeordneter, Sie haben ungewöhnlich Recht!

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, es ist so, ich kann das ja verstehen, es ist ein altes Thema, und es wird auch immer wieder traktiert. Lassen Sie mich nur eines abschließend dazu sagen: Alle Beförderungen, die wir durchführen, werden sozusagen unter Mitwirkung der Frauenbeauftragten beschlossen. Sie ist im Regelfall in den Runden bei der Personalauswahl dabei. Ich glaube, dass wir in diesem Bereich mit unseren Zahlen im Benchmarking zu anderen Ländern wirklich vorbildlich sind.

Ich kann aber den Generationswechsel nicht beliebig beschleunigen. Wir haben natürlich in den älteren Jahrgängen einen höheren Männeranteil als in den jüngeren Jahrgängen. Es scheiden jetzt oben natürlich starke männliche Jahrgänge aus, und es wachsen von unten stärkere weibliche Jahrgänge nach. Deshalb wird sich dies irgendwann ausgleichen. Das geht nur nicht mit der Brechstange, dafür gibt es auch ein Ausschreibungswesen. Da hat Herr Herderhorst natürlich Recht in dem, was er sagt.

Ich sage es nur deshalb, weil wir uns gerade in diesem Bereich ganz besonders bemühen. Wenn Sie sich unseren Frauenbericht einmal völlig unabhängig von dem, was die jeweiligen Interessenvertreter dazu sagen, anschauen und ihn mit Frauenberichten der anderen Länder vergleichen, dann werden

Sie erst einmal über die Vollständigkeit unseres Berichts erstaunt sein und auch darüber, wie günstig sich bei uns die Zahlen für die Frauen entwickeln.

Eine weitere Zusatzfrage von der Abgeordneten Frau Reichert! – Bitte sehr!

Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, um noch einmal eines klarzustellen: Es ist, da geben Sie mir hoffentlich Recht, Herr Senator, doch richtig, dass sehr viele Beamte des öffentlichen Dienstes auf einer Planstelle sitzen, aber nicht die adäquate Besoldung bekommen, weil eben die entsprechende Planstelle nicht zur Verfügung steht? Ich gebe Ihnen Recht, dass dann die Frauenbeauftragten in einem ganz normalen Verfahren sicherlich bemüht sind, sich bei diesen Beförderungsrunden dann auch entsprechend mit einzubringen. Man darf aber, glaube ich, nicht davon ausgehen, wie Herr Herderhorst eben sagte, dass losgelöst von allem anderen das normale Verfahren ausreicht!

Bitte, Herr Bürgermeister!

Wir haben natürlich Regelbeförderungen, und wir haben im Grunde genommen auf ganz bestimmte Dienstposten bewerbungsbezogene Ausschreibungen. Das ist natürlich in den unteren Besoldungsgruppen mit den Ausschreibungen nicht der Fall. Es wurde hier aber speziell nach den Positionen des höheren Dienstes gefragt, und da gilt, was Herr Herderhorst gesagt hat.

Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Aber ich gehe davon aus, dass es auch im höheren Dienst Stellen gibt, bei denen es keine Planstellen gibt, dass also Leute auf einer niedrig bewerteten Stelle sitzen, oder gibt es da immer Planstellen? Ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen!

Bitte, Herr Bürgermeister!

Wir gehen davon aus, Frau Abgeordnete, wir haben ja auch dort jetzt dezentrale Ressourcenverantwortung, dass natürlich ein Ressort sehr wohl Planstellen zusammenlegen kann, um sie aufzuwerten. Das hängt damit zusammen, dass natürlich ein gewisser Personalabbau da ist. Durch den Personalabbau, durch das Zusammenlegen von Referaten und Arbeitseinheiten verändert sich die Planstellenstruktur. Es ist schon so, dass im Grunde die Ressortchefs dafür Verantwortung tragen, dass natürlich für die jeweiligen Dienstbereiche auch die angemessene Zahl der Planstellen zur Verfügung steht und dass wir das natürlich auch in unserer Personalbewirtschaftung berücksichtigen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin?

(Abg. Frau R e i c h e r t [SPD]: Nein! Ich freue mich auf die schriftliche Darstellung!)

Eine weitere Zusatzfrage von der Abgeordneten Frau Schwarz! – Bitte, Frau Kollegin!

Herr Bürgermeister, bevor befördert werden kann, müssen ja entsprechende Funktionen vorliegen. Gibt es in Ihrem Ressort Ansätze, dass Frauen motiviert werden, sich um höherwertige Dienstposten zu bewerben, damit sie dann später einmal befördert werden können? Das frage ich gerade für den Bereich, den wir eben angesprochen haben, der höheren Dienstposten!

Bitte, Herr Bürgermeister!

Ich glaube, dass wir insgesamt unsere Mitarbeiter ermuntern, sich für höherwertige Dienstposten zu bewerben. Ich glaube, dass wir hier in einem sehr organischen Prozess sind. Ich bin nicht der Meinung, Frau Abgeordnete, dass wir in der Frauenförderung irgendein Merkmal von Unterdurchschnittlichkeit aufzuweisen haben im Vergleich mit anderen, sondern ganz im Gegenteil! Deswegen möchte ich es mir auch durch die Hintertür nicht hineinschieben lassen.

(Beifall bei der CDU)

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Das ist nicht der Fall. Ich glaube, für jemanden, der dem öffentlichen Dienst nicht angehört, erschließt sich diese Thematik nicht automatisch.

(Beifall)

Mit der Beantwortung dieser Anfrage ist die Fragestunde beendet.

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Fraktionen kein Thema beantragt worden.

Pisa-E und keine Bremer Antworten? – Alle müssen endlich lernen

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 2. Juli 2002 (Drucksache 15/1188)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 24. September 2002

(Drucksache 15/1248)

Wir verbinden hiermit:

Bremer Antworten auf Pisa-E

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 16. Oktober 2002 (Drucksache 15/1267)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Herr Senator, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir treten in die Debatte ein.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg. – Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Knapp elf Monate nach dem Vorliegen der Pisa-Studie, der internationalen Vergleichsstudie über die Leistungsfähigkeit der nationalen Bildungssysteme, knapp fünf Monate nach dem Bekanntwerden der deutschen Vergleichsstudie, der Studie zwischen den Bundesländern, hat der Senat der Bürgerschaft jetzt erste Antworten zur Lösung der dort aufgeworfenen Fragen vorgelegt. Ich sage schon einmal vorab: Das, was der Senat uns heute vorlegt, ist erstens ungenügend, und zweitens wird es unwirksam sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Vi- zepräsident D r. K u h n übernimmt den Vorsitz.)

Ungenügend deshalb, weil es weite Teile einer notwendigen Schulreform nicht ausführt und nicht betrachtet! Es ist keine klare Aussage darüber enthalten, wie unser zukünftiges Schulsystem aussehen soll. Ungenügend auch deshalb, weil sie wichtige Felder, nämlich die Frage der Selbständigkeit der Schulen, wie das Personal künftig aus- und fortgebildet wird und welches Personal in den Schulen unterrichten soll, nur kursorisch behandelt! Note: ungenügend!

Unwirksam, das ist eigentlich der wichtigere Punkt, so vermute ich, werden diese Ergebnissen der Beratungen der großen Koalition und der Senatsberatungen deshalb sein, weil sie auf die Kernprobleme, die die Pisa-Studien für das Bildungssystem herausgearbeitet haben, nicht hinreichend eingehen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich darf noch einmal an den Kernpunkt der PisaStudien erinnern. Fünfzehnjährige Schülerinnen und Schüler haben in der Bundesrepublik Deutschland im Durchschnitt keine hinreichende Lesekompetenz, sie sind nicht gut genug in der Mathematik und verstehen nicht genug von Naturwissenschaften. Gemessen am internationalen Standard der Industriestaaten liegen die deutschen Schüler im Durchschnitt im unteren Drittel, und – das ist für Bremen so verheerend – die Bremer Schülerinnen und Schüler liegen in der Bundesrepublik wieder am Ende der Leistungsskala. Damit liegt Bremen, gemessen an anderen Staaten, weltweit fast am Ende. Das sind bestürzende Ergebnisse. Diesen Ergebnissen müssen wir uns stellen.

Der Kern, warum dies in Deutschland so ist, wird auch in den Pisa-Studien herausgearbeitet, er liegt nämlich darin, dass in Deutschland die Schüler, die aus so genannten bildungsfernen Familien kommen, wie sozial schwachen Familien, aus Migrantenfamilien und Zuwandererfamilien, besonders geringe Chancen auf einen guten Schulabschluss haben. Dass das so ist, das finde ich erst recht bestürzend.

Dies wiederum führt dazu, dass wir im Endergebnis in Deutschland auch unterdurchschnittlich wenig Schüler haben, die einen hohen Schulabschluss machen. Weder der Realschulabschluss noch die Zahl der Abiturienten entsprechen dem europäischen Durchschnitt und erst recht nicht dem Durchschnitt hoch entwickelter, in der Bildungsskala an der Spitze liegender Länder wie den skandinavischen Ländern. Bei den Abiturienten liegen wir in Deutschland deutlich unter 30 Prozent im Bundesschnitt, in Europa sind es 45 Prozent, die skandinavischen Länder liegen bei über 50 Prozent bis zu 65 Prozent in Schweden.

Das sind Maßstäbe, an denen wir künftig gemessen werden müssen. Ich sage, auf diese Probleme geht die Antwort des Senats nicht hinreichend ein, und weil sie sich diesen Problemen nicht ausreichend stellt, werden auch die Vorschläge nicht die Wirkung haben, die sie im Hinblick auf Pisa haben müssten. Andere Wirkungen können sie vielleicht haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, als die Ergebnisse der Pisa-E-Studie bekannt wurden, hat sich der Präsident des Senats in Windeseile zu Wort gemeldet und alle Schuld für das schlechte Abschneiden Bremens auf seine Schultern, und wie er dann sagte, auch auf die Schultern der Sozialdemokratischen Partei, die viele Jahre in Bremen für das Bildungsressort verantwortlich ist, geladen. Wenn ich nachrechne, sind es, glaube ich, 56 Jahre.