Protocol of the Session on August 22, 2002

sondern auch im Haupt- und Realschulbereich, weil diese weder pädagogisch noch ökonomisch sinnvoll sind und Sie nur eine gute Schule fahren können, wenn Sie auch entsprechende Zügigkeiten an einem Schulstandort haben. Wir haben doch überhaupt kein Interesse daran, hier aus irgendwelchen ideologischen Gründen Einzügigkeiten zu beseitigen, aber es ist doch ein reiner Wahnsinn, wenn Sie bewusst immer noch Schulzentren haben, in denen Sie Einzügigkeiten haben, oder wenn Sie sogar Schulzentren neu schaffen wollen, in denen Sie Einzügigkeiten neu zementieren. Darum sagen wir Ihnen ganz

klar: Einzügigkeiten gehören nicht mehr nach Bremen, wir wollen diese nicht mehr haben!

(Beifall bei der CDU)

Sie haben gesagt, im Gegenzug würde die SPD zwei Ganztagsgrundschulen erhalten. Sie stellen das dann so dar, als ob die CDU irgendetwas gegen Ganztagsangebote oder Ganztagsschulen hätte, meine Damen und Herren.

(Abg. G ö r t z [SPD]: Das ist auch gut so!)

Ganztagsangebote haben wir zu diesem Schuljahr an sieben Standorten der Sekundarstufe I eingeführt. Darüber hinaus haben wir einen einvernehmlichen Beschluss, dass jetzt der Senator für Bildung bis zum 31. August aufgefordert ist, für den Grundschulbereich erst einmal ein Konzept zu entwickeln, um dann darüber hinaus zu prüfen, wo wir in dieser Stadt Bedarfe haben, denn es ist natürlich in einer Großstadt wie Bremen und einer Stadt wie Bremerhaven ein anderes Angebot als irgendwo auf dem platten Land nötig. Wir brauchen hier in einem großstädtischen Bereich natürlich auch insbesondere Angebote für Alleinerziehende.

Wir haben nur immer gesagt, Ganztagsschulen sind nicht die Lösung für Pisa, und dabei bleibe ich auch. Sie können nämlich schlechten Unterricht wirklich den ganzen Tag machen, Herr Mützelburg, wir wollen die Qualität des Unterrichts verbessern!

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus stehen wir natürlich aus sozialpolitischen Erwägungen in der heutigen Zeit für Ganztagsangebote an Schulen, meine Damen und Herren.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Sehr schön!)

Ein weiterer Bereich, der von Ihnen dargestellt wurde, ist die Motivation der Lehrerinnen und Lehrer. Das ist einer der wichtigsten Bereiche, das sage ich Ihnen ganz klar. Das muss in Zukunft aber auch – Sie haben einen Antrag gestellt, der erst im September hier beraten wird – bei der Lehrerausbildung beginnen. Es geht dann weiter über die Berufseingangsphase, da haben wir gerade einen Zwischenbericht in der Deputation bekommen, und dann geht es auch darum, wie diese Lehrerinnen und Lehrer eigentlich in der Schule fort- und weitergebildet werden. Hierzu gibt es jetzt zum Beispiel auch die Möglichkeit der Präsenztage.

Wir als CDU haben den Vorschlag gemacht, ein neues Arbeitszeitmodell für Lehrerinnen und Lehrer mit einem Zeitkonto, in dem alles fest geregelt ist, entsprechend zu erarbeiten. Darüber werden wir

ganz konkret reden, wenn unser Koalitionspartner dann auch dazu bereit ist, dass wir konkret über die Inhalte reden können. Wir wollen hier ganz klar motivierte Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen in Bremen und Bremerhaven haben.

(Beifall bei der CDU)

Nur, meine Damen und Herren, die allerwichtigste Sache sage ich Ihnen ganz klar, und das ist unsere Prioritätenreihenfolge: Wir reden jetzt über die Qualitätssteigerung und Qualitätssicherung des Unterrichts, dann reden wir über Strukturen in Bremen und Bremerhaven, und dann reden wir als Letztes auch über Geld. Meine Damen und Herren, Bremen hat das zweitteuerste Schulsystem in Deutschland mit den schlechtesten Ergebnissen bei der Pisa-EStudie. Darum muss man auch ganz einfach hier noch einmal über Geld reden. Wir wollen wissen, wohin das Geld geht.

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischen- frage.)

Da hat der Senator auch den entsprechenden Auftrag. Vor einem Jahr war er noch sehr böse, als wir danach gefragt haben, mittlerweile hat er auch, denke ich, gesehen, dass es notwendig ist.

(Glocke)

Für uns, um das abschließend zu sagen, denn anscheinend ist meine Redezeit zu Ende, ist Folgendes sehr wichtig, meine Damen und Herren: Wir wollen den Unterricht in Bremen und Bremerhaven so schnell wie möglich verbessern. Die nächste PisaStudie ist schon im nächsten Jahr fällig. Veränderungen brauchen eine Zeit. Wir hoffen aber schon bei der nächsten Pisa-Studie 2003 und bei den darauffolgenden Pisa-Studien – Pisa wird uns in Zukunft regelmäßig erreichen –,

(Glocke)

Bremen vom letzten Platz weiter nach oben zu bringen, damit wir auch irgendwann da stehen, wo jetzt zum Beispiel der Freistaat Bayern steht. Die stehen nämlich im internationalen Vergleich nicht da, wo Deutschland im Feld steht, sondern die liegen auf Platz zehn im internationalen Vergleich. Ich denke, auch wir sollten uns da an Bayern orientieren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Rednerin ist die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganz offensichtlich hat in der Regionalliga der Streit darum begonnen, wer die Schönste unter den Einäugigen ist. Herr Mützelburg, Herr Rohmeyer oder alle, die es sagen, haben Recht, wir haben in Bremen keinen Grund, stolz auf die Ergebnisse der Pisa-E-Studie zu sein. Auf der anderen Seite können wir aber sagen, dass kein einziges Bundesland die Werte erreicht hat, die die Spitzenplätze haben. Zwar glänzt, wie Sie eben gesagt haben, Herr Rohmeyer, Bayern mit relativ guten Leistungen, aber um welchen doppelten Preis? Das haben Sie nicht erwähnt. Wir haben eine sehr hohe soziale Selektion und zusätzlich eine Abiturquote, die ihresgleichen sucht.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Jetzt sagen Sie nicht 19 Prozent, die ist nämlich effektiv falsch!)

Ich sage überhaupt keine Zahl!

(Abg. T e i s e r [CDU]: Kommen Sie mir nicht mit Zahlen und Fakten! – Heiterkeit bei der CDU)

Aber, Herr Bürger, sie haben eine Abiturquote, die so niedrig ist, dass sie Abiturienten importieren müssen, das ist doch richtig?

(Abg. B ü r g e r [CDU]: 29 Prozent! – Abg. R o h m e y e r [CDU]: Die schaffen Arbeits- plätze in Bayern, auf hohem Niveau!)

Dass sie Abiturienten importieren müssen und nicht einmal den eigenen Akademikerbedarf selbst decken können, ist das richtig oder nicht?

(Zurufe von der CDU)

Danke schön! Herr Bürger hat es eben bestätigt, es ist richtig.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Wir wären doch froh, wenn wir in Bremen auch so viele Ar- beitsplätze hätten, oder nicht?)

Sie übersehen dabei, dass Bayern im Moment die höchste Steigerung bei der Arbeitslosenquote hat, aber das ist jetzt nicht unser Thema!

(Unruhe bei der CDU – Glocke)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Herr Eckhoff, ich habe der Rede von Herrn Rohmeyer gern und ohne Zwischenrufe zugehört, wie übrigens meine gesamte Fraktion. Ich bitte darum, dass wir das Thema ernsthaft behandeln und nicht zu ei

ner Krawallnummer machen, sondern der Ernsthaftigkeit angemessen bleiben.

(Beifall bei der SPD – Unruhe bei der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren, das Wort hat ausschließlich Frau Hövelmann.

Ich bleibe dabei, die Abiturquote in Bayern ist klein, aber fein, weil man sich nicht der Mühsal unterzieht wie andere Länder, eine breite Zahl entsprechend zu qualifizieren. Folgt man den Ratschlägen, die ganze Nation – und das habe ich ja eben aus dem herausgehört, was Herr Rohmeyer gesagt hat – solle sich an Bayern orientieren, so müssen wir vermutlich, Herr Rohmeyer, ein völlig anderes Zuwanderungsgesetz auf den Weg bringen. Ein Viertel unseres Akademikerbedarfs müssten wir dann per Greencard aus dem Ausland importieren. Bisher ist nicht bekannt – mir jedenfalls nicht, das kann aber mein Fehler sein –, dass Edmund Stoiber, der sein Schulsystem so lobt, eine solche Zuwanderungspolitik befürwortet.

Die Antwort ist jedoch nicht, dass die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten durch Senkung der Standards erhöht werden soll, im Gegenteil, und da treffen wir uns natürlich. Wir müssen die Qualität des Unterrichts erhöhen. Wir wollen entscheidend besser werden. Der Streit darüber also, welche Einäugige die schönere sei, ist nutzlos, wenn beide, wenn auch auf unterschiedlichem Wege – –. Herr Eckhoff, ich wäre Ihnen so dankbar, wenn Sie zuhören würden!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Ja, ich höre Ih- nen zu, aber es fällt mir schwer!)

Manchmal muss man sich überwinden und auch schwierige Aufgaben meistern!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Erst einmal an- packen die schwierigen Aufgaben! – Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Sie haben nichts ge- lernt aus gestern!)

Der deutsche Streit darüber, welche Einäugigkeit die schönere sei, ist nutzlos, wenn beide, wenn auch auf unterschiedliche Weise, nicht das erreichen, was andere zu erreichen vermögen, und daran wollen wir uns orientieren, meine Damen und Herren, nicht an der Mittelmäßigkeit, sondern daran, besser zu werden, und wir orientieren uns hierbei an den Besten.

Es macht auch keinen Sinn – ich gehe auf das ein, was Sie, Herr Rohmeyer, zu den Abschlussprüfungen gesagt haben –, nun Rosinen zu picken und zu

sagen, auch in Finnland, in Schweden, in Skandinavien gibt es – –.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Ich habe Sie nur zitiert, Frau Hövelmann!)

Ich gehe auf Sie ein, Herr Rohmeyer!

(Zuruf der Abg. Frau D r e y e r [CDU])

Die Abschlussprüfungen, die Sie fordern, sind kein Sinn an sich! Die Frage ist, was man damit erreichen möchte. Wenn man damit erreichen möchte, dass man die „falschen“ Schülerinnen und Schüler aussortiert und in die entsprechenden Kästchen setzt, dann ist das nicht richtig. Wenn man allerdings mit Abschlussprüfungen und Vergleichsarbeiten, die wir ja übrigens beschlossen haben in der Deputation, erreichen möchte, dass man sehr frühzeitig eingreifen kann, in der dritten Klasse, nach der sechsten Klasse, nach der neunten Klasse, um nicht erreichte Ergebnisse zu verbessern, um zu sehen, wie man fördern und fordern kann, dann ist dies richtig. Als Mittel der Qualitätssicherung halte ich Abschlussprüfungen nicht für der Weisheit letzten Schluss, aber auch nicht für von Übel. Es ist nur nicht die Lösung an sich, und von daher bauen Sie hiermit eine Chimäre auf.