Protocol of the Session on November 29, 2001

(Unterbrechung der Sitzung 12.47 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne darf ich ganz herzlich ein Gruppe interessierter Bürgerinnen und Bürger auf Einladung der CDU-Fraktion begrüßen.

Meine Damen und Herren, herzlich willkommen hier im Haus!

(Beifall)

Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens Immobilien und Technik des Landes Bremen (BremSVITG)

Mitteilung des Senats vom 13. November 2001 (Drucksache 15/898) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Überleitung von Personal auf die Gebäude- und TechnikManagement Bremen, Eigenbetrieb der Stadtgemeinde Bremen

Mitteilung des Senats vom 13. November 2001 (Drucksache 15/899) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Perschau, ihm beigeordnet Staatsrat Dr. Dannemann.

Wir kommen zur ersten Lesung der Gesetzesvorlagen.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Saal ist nach der Mittagspause noch nicht so gefüllt. Ich verstehe das ja bei diesem Thema, bei dem der Senat uns Abgeordneten – –.

(Zuruf der Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD])

Ja, die Sozialdemokraten, wenn ich aber einmal nach rechts zur CDU schaue! Ich verstehe das ja sehr gut, weil der Senat uns und vor allen Dingen den Mitgliedern der Verwaltung per Broschüre, die „Umbau“ heißt, schon mitgeteilt hat, was das Parlament alles beschließen wird. Da die Sache ja offensichtlich sowieso schon erledigt ist, muss man das ja hier vielleicht auch nicht mehr ernsthaft behandeln, so scheint wenigstens die Meinung einiger Kollegen zu sein.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Vorstellen muss man es offen- sichtlich auch nicht!)

Meine Damen und Herren, der Senat hat uns Gesetze vorgelegt, die eigentlich nur einige Ausfüh––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

rungsbestimmungen zu einem größeren Vorhaben sind, das Umbau des Liegenschaftswesens heißt. Es handelt sich hier nach Angaben des Senats um eine schöne neue Welt, die die Bremer Immobilien demnächst in frischem Glanz erstrahlen lassen soll.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Dritter Versuch!)

Wir vom Bündnis 90/Die Grünen haben uns diese schöne neue Welt angeschaut und bei näherer Betrachtung leider feststellen müssen, dass sie so neu nicht ist. Worum geht es? Ich versuche, es einmal ganz knapp zu skizzieren: Der Senat rafft alle Immobilien in Bremen, die der Schulen, der Verwaltung, von Sportanlagen und Kindertagesstätten, zusammen und packt sie in ein so genanntes Sondervermögen. Dieses Sondervermögen wird durch eine Gesellschaft verwaltet, die den Eigentümer, nämlich die Stadtgemeinde Bremen beziehungsweise das Land Bremen, vertritt. Alle Nutzer dieser Liegenschaften, die darin arbeiten, Kinder unterrichten und betreuen oder Sport treiben, schließen Mietverträge mit dem Eigentümervertreter, dieser Gesellschaft.

Diese Mietverträge sollen praktisch zwei Wirkungen haben, erstens den Mieter so zu stellen, wie wir, sofern wir noch Mieter von Wohnungen oder Häusern sind, als Mieter auch gestellt werden, und sie mit den üblichen Mietrechten gegenüber den Vermietern auszustatten, was zum Beispiel kleinere Reparaturen und Instandhaltung auf Dauer betrifft. Zweitens soll sie aber durch eine Miete den Nutzern auch zeigen: Das Gebäude, in dem ihr sitzt, kostet euch Geld, und da das Geld knapp ist, spart Geld ein, räumt Flächen, rückt zusammen, gebt Räume und Gebäude frei, damit ihr Miete sparen könnt, und was ihr spart, könnt ihr im Prinzip behalten! Das sind die beiden Gedanken. Der letzte Gedanke nennt sich Flächenoptimierung.

Mit dem Geld, das aus den jetzt eingesparten Flächen durch Verkauf oder Neuvermietung erzielt werden kann, sollen dann die gesamten Gebäude der Stadt künftig in Schönheit erstrahlen, nämlich alles, was marode ist – man nennt das Sanierungsstau –, soll saniert werden. Das ist kurz und knapp der Grundgedanke dieser schönen neuen Welt.

Ich habe gesagt, so schön und neu sieht diese Welt gar nicht aus, sondern sie erinnert einen an viel Altes. Ich fange einmal mit dem Letzten an, der so genannten Flächenoptimierung. Im Jahr 1997 hat McKinsey ein Gutachten erstellt. Der Senat hat am 6. Dezember 1997 Beschlüsse gefasst, das schnellstens umzusetzen. Ein Kern dieses Gutachtens war die Neuordnung des Liegenschaftswesens. So heißt das heute auch noch. Damals wurde infolge dieser Neuordnung die Gesellschaft für Bremer Immobilien gegründet. Diese Gesellschaft – übrigens eine der ganz wenigen Gesellschaften, denen damals die Grünen zugestimmt haben, weil wir gedacht haben,

dass sie eigentlich nützlich ist – hatte die Aufgabe, die Flächen der Stadtgemeinde zu optimieren. Damals waren die Schulen und Kindergärten noch nicht dabei, aber die gesamte Verwaltung.

McKinsey hat im Jahr 1997 ausgerechnet, kurzfristig, binnen drei Jahren, seien knapp 60 Millionen DM für die Stadtgemeinde zu erzielen, und mittelfristig beliefe sich das Volumen etwa auf 250 Millionen DM. Diese Gesellschaft ist 1998 gegründet worden, sie arbeitet seit über drei Jahren. Wie gesagt, sie heißt GBI.

Sie hat in diesen drei Jahren rund 25 Millionen DM einschließlich Gründungs- und Gutachtenkosten verschlungen, aber Flächen optimiert, um diese 60 Millionen DM zu erzielen, die heute eigentlich in der Kasse sein müssten, hat sie nicht. Sie hat bis heute noch nicht einmal die Kosten-Leistungs-Rechnung einführen können, die man eigentlich doch von einem Wirtschaftsbetrieb erwartet. Sie hat es bis heute noch nicht einmal geschafft, die Flächen des Landes vermessen zu lassen, damit man überhaupt weiß, wie viel man hat und was der Wert dieser Dinge ist. Das ist diese GBI, die künftig der Eigentümervertreter ist und die schöne neue Welt des Senats repräsentieren soll.

Herr Senator Perschau, die GBI liegt in Ihrem Geschäftsbereich, Sie sind dafür zuständig!

(Zuruf: Er ist noch nicht da!)

Er ist nicht da? Leider! Herr Dannemann ist auch nicht da!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Dem Senat ist das Gesetz nicht wichtig!)

Ich habe gesagt, der Senat meint, es sei schon beschlossen, weil er ja schon alle Details veröffentlicht hat. Dann sage ich es hier jetzt nur für das Protokoll, es wird dem Senat ja alles berichtet: Der Senator für Finanzen ist zuständig für diesen Geschäftsbereich, und wir haben bis heute nicht erlebt, dass der Senator für Finanzen seine Aufgaben so erledigt hat, wie er sie hätte erledigen müssen. Die GBI, die wir jetzt mit neuen Aufgaben betrauen, hat bis heute nicht einmal die alten hinreichend erledigt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, das Mieter-VermieterModell ist die neue Erfindung. Eine neue Erfindung ist es natürlich nicht, weil schon im Jahr 1996 das Parlament festgelegt hat, dass in allen Verwaltungsbereichen kalkulatorische Mieten bezahlt werden. Alle Ressorts haben Budgets dafür, und es werden in der gesamten Verwaltung, nicht für Schulen, Kindergärten und Sportplätze, heute Mieten bezahlt.

Das ist damals eingeführt worden, damit die Ressorts sehen: So viel kostet das! Spart ein! Eingespart haben sie bis heute nicht, die kalkulatorischen Mieten gibt es. Jetzt ändert sich eines im Mieter-Vermieter-Verhältnis: Es werden jetzt alle Mieter, auch Schulen, Kindergärten und so weiter, und sie bekommen jetzt Mietverträge. Das ist die Neuerung dabei. Die Mieten werden übrigens auch noch niedriger. Das steht nicht in den Vorlagen, bis jetzt sind es rund 14 DM, demnächst sollen es in der Regel nur zehn DM werden, weil die Gebäude ja nicht bewertet sind und man auch nicht so genau weiß, wie groß die Flächen sind, ich habe es gerade bei der GBI gesagt. Meine Damen und Herren, die Mieter haben künftig, wie gesagt, das Recht, auch die Sanierung ihrer Gebäude zu verlangen. Dieses Recht tritt allerdings erst nach sieben Jahren oder vielleicht auch noch später so ein, dass sie auch sagen können, ich zahle die Miete nicht mehr, wenn morgen nicht etwas gemacht wird. Vorher müssen erst einmal die Gebäude in der Substanz erneuert werden. Das MieterVermieter-Verhältnis steht erstens nur auf dem Papier, zweitens aber hat der Mieter jetzt ein Gegenüber. Dieses Gegenüber ist die schon eben erwähnte Gesellschaft für Bremer Immobilien, die diese Aufgabe hat. Jede Reparatur, die eine Schule, ein Kindergarten oder auch ein Polizeirevier hat, muss über diese GBI gehen. Herr Kollege Schrörs, ich muss Sie jetzt einmal direkt ansprechen, wir haben hier schon zur Ampelzeit und erst recht in der letzten Legislaturperiode gemeinsam im Haushaltsausschuss dafür gekämpft, dass die zentralistischen Regelungen, früher das Hochbauamt und dann dieses berüchtigte BreHoch, beseitigt werden und zumindest kleinere Reparaturen – wir haben erst 100 000 DM festgesetzt und dann höhere Werte – von den Betroffenen selbst in Auftrag gegeben werden können und dass man nicht über zentrale Instanzen gehen muss, weil es lange dauert und teuer wird. Das haben wir festgestellt. Jetzt ist das Gleiche wieder der Fall: Hier wird eine neue zentrale Instanz, eine Art Über-BreHoch eingerichtet. Wir haben in unserer Fraktion am Montag darüber geredet und dort den leitenden Mitarbeiter des Finanzressorts – es ist immer noch keiner da! –

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen)

dazu befragt, wie das denn vonstatten gehen soll. Er sagte, dass das wirklich ein noch nicht gelöstes Problem ist, das wir aber durch Kontrakte regeln können. Ich habe ihn dann gefragt, was denn in den Kontrakten steht. Er sagte, dass zum Beispiel die GBI binnen 24 Stunden zurückrufen muss, wenn es durchregnet.

(Heiterkeit und Beifall beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mein Gott, wenn das die schöne neue Welt ist, sage ich: Zurück zum alten Beamtentum durch eine Gesellschaft GBI! Das ist das, was auf uns zukommt. Das, was wir hier einführen, ist in der Beziehung eine Rezentralisierung, wo wir gerade auf dem Trip der Dezentralisierung waren.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie wissen nicht, was sie tun!)

Meine Damen und Herren, hinein in die Kartoffeln, heraus aus den Kartoffeln, das ist die schöne neue Welt, die hier aufgebaut wird!

Jetzt komme ich zum Kernpunkt! Der Kernpunkt, mit dem dieses ganze Modell öffentlich verkauft wird, ist die Sanierung öffentlicher Gebäude. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es einen riesigen Sanierungsstau gibt. 750 Millionen DM, so hat uns Roland Berger ausgerechnet, soll der Sanierungsstau betragen. Er muss aufgearbeitet werden, weil er in der Vergangenheit offensichtlich nicht aufgearbeitet worden ist, zumindest nicht hinreichend, trotz Stadtreparaturfonds von 100 Millionen DM Jahr für Jahr. Das hat nicht gereicht. Dieser neue Fonds, das Sondervermögen, soll jetzt die Sanierung bezahlen. Die Sanierung selbst soll zügig geschehen. Das ist verständlich und auch gut, damit die Gebäude nicht verfallen. Herr Teiser, das war nicht ironisch gemeint, sondern es ist sehr nützlich, das zu machen.

Um das zu machen – wir wissen ja, dass die Verkäufe von Eigentum nicht so schnell vorangehen, es sind schon einmal Sportflächen zu dem Zweck verkauft worden, das hat vier, fünf Jahre gedauert und nicht das Geld gebracht, das wir erwartet haben, Schulen und so weiter –, muss das Geld ja irgendwo herkommen. Das zukünftig aus Verkäufen zu erzielende Geld wird also heute per Kredit bereitgestellt, und dieser Kredit läuft über das Sondervermögen. Hier wird über dieses Sondervermögen, das wir heute beschließen sollen, ich sage das einmal ganz nüchtern, ein neuer Schattenhaushalt installiert.

Uns interessiert dabei jetzt, ob das, was wir tun, wirklich wirtschaftlich ist. Es handelt sich um Investitionen. Investitionen könnten wir sowieso über Kredite finanzieren und später refinanzieren, das ist unabhängig von Sondervermögen. Darüber hat uns Herr Senator Perschau ja gestern detailliert belehrt, dass das für die Zukunft auch ein korrekter Weg ist. Wir beschließen hier neue Einrichtungen per Gesetz, heute nicht, aber das soll ja in zwei Wochen passieren. Normalerweise wird für so etwas eine Wirtschaftlichkeitsrechnung nach Paragraph 6 der Landeshaushaltsordnung erwartet. Wo ist die?

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das braucht man nicht bei der großen Mehrheit!)

Es ist ja noch nicht einmal eine Berechnung vorgelegt worden, dass eine Kreditaufnahme über dieses Sondervermögen billiger ist als Kredite, die wir so aufnehmen würden, die Herr Schanz im Finanzressort aufnehmen würde. Ich finde es leichtfertig von uns als Parlament, die Frage auf diese Weise zu erledigen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Präsident, bevor Sie klingeln: Ich erlaube mir jetzt ausnahmsweise, und ich bitte Sie, das auch zuzulassen, dass ich noch zwei Minuten rede, dann habe ich das in einem Beitrag erledigt.

Dann reden Sie vier Minuten länger, auch das genehmigen wir!