Protocol of the Session on November 28, 2001

D a z u

Mitteilung des Senats vom 13. November 2001

(Drucksache 15/901)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Logemann.

Ich gehe davon aus, dass die Antwort nicht noch einmal mündlich vorgetragen wird.

Da ich keinen Widerspruch höre, gehe ich davon aus, dass wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Das Wort hat der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Damit die Debatte hier nicht in eine falsche Richtung läuft, lassen Sie mich vorweg sagen: Ich bin kein Jäger! Mir geht es auch nicht darum, irgendwelche Zielgruppen zu bedienen. Der CDU-Fraktion und mir geht es nur darum, Singvögel und Bodenbrüter ausreichend zu schützen.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem hat die CDU-Fraktion diese Große Anfrage zur Regulierung von Rabenkrähe und Elster auch eingebracht, weil von Seiten des Umweltressorts und vielen Naturschutzverbänden diese Problematik einfach verharmlost oder nur einseitig betrachtet wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich erst einmal erklären, wie zurzeit die Handhabung zur

Regulierung von Elster und Rabenkrähe in Deutschland und in Bremen geregelt ist! Seit 1997 sind Rabenkrähe und Elster in Deutschland geschützt. Ausnahmen dürfen auf Landesebene nur zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt gemacht werden. Bayern, Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen haben durch die Aufnahme von Rabenkrähe und Elster ins Landesjagdrecht deutlich gemacht, dass eine Gefährdung für die Tierund Pflanzenwelt von den beiden Vogelarten in einer zu hohen Population ausgeht.

Es ist schon bemerkenswert, dass das SPD-regierte Niedersachsen erst im letzten Jahr das Landesjagdgesetz geändert hat, damit unsere Singvögel und Bodenbrüter wieder eine Chance haben. Warum ist diese Einsicht nicht auch bei den bremischen Behörden vorhanden? In Bremen sieht es so aus, dass die Elster gar nicht und die Rabenkrähe nur auf Antrag reguliert werden darf. Dazu muss das jeweilige Jagdrevier eine Gefährdung der Tier- und Pflanzenwelt nachweisen und bekommt dann gegen eine Gebühr eine Erlaubnis, eine bestimmte Anzahl von Tieren zu bejagen. Das ist der momentane Stand in Bremen.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt einmal auf die einzelnen Antworten zu der Anfrage eingehen. Das fängt an mit der Vorbemerkung in der Antwort, die auch schon ein Fazit ist. Wenn man sich im Umweltressort von vornherein so gegen eine Regulierung festlegt, muss man anschließend ganz schön tricksen, um Gegenargumente nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wenigstens wurde zugegeben, dass sich die Population von Bodenbrütern rückläufig entwickelt, was auch in vielen Studien über die Bremer Vogelwelt nachzulesen ist.

In Frage eins wird nach der Population im Land Bremen gefragt. Leider sind nur Kartierungen von Rabenkrähe und Elster aus den Borgfelder und Oberneulander Wümmewiesen bekannt. Das Umweltressort rühmt sich doch sonst immer damit, eines der bestkartierten Bundesländer zu sein, anscheinend nur nicht bei Rabenkrähe oder Elster. Zufällig oder gewollt? Man könnte auf den Gedanken kommen, dass dem Umweltressort die Zahlen nicht passen und sie deswegen auch nicht genannt werden.

Kommen wir jetzt einmal zur Antwort der dritten Frage! Wie hat sich also die Population in Bremen entwickelt? Hier gibt es wieder nur Zahlen aus den Borgfelder Wümmewiesen und der Oberneulander Feldmark. Ganz nebenbei wird dann von eingependelt und unbedeutend gesprochen. Das ist aber ja auch klar, denn wir haben nach der Population im Land Bremen gefragt und nicht nach dem Bestand aus den einzelnen Feldmarken. Wo sind hauptsächlich die Nester von Rabenkrähe und Elster? Sie nisten in sehr hohen Bäumen oder auf Flachdächern von Industriehallen. Die stehen eben nicht in irgendeiner Feldmark, sondern immer in oder an Siedlungsräumen von uns Menschen. Wenn in diesen Räu

men nicht gezählt wird, dann kommt man auch nicht auf das richtige Ergebnis.

In den zwei Dörfern des Niedervielands könnte ich Ihnen im Frühjahr auf einen Schlag mindestens 25 bis 30 Elsternnester zeigen, das entspricht also zirka 60 Tieren. Zählungen, die dem Umweltressort eigentlich vorliegen müssten, werden nicht berücksichtigt, wie zum Beispiel die Zählung vom Jagdbezirk Huchting-Nord. Auf einem Gebiet von zirka 500 Hektar wurden 1987 34 Elsternnester gezählt, 1988 72 Nester, 1989 115 Nester und 1990 147 Nester. So viel zur Entwicklung seit der Unterschutzstellung! Da soll mir keiner daherkommen und sagen, das wäre alles gar nicht so schlimm!

(Beifall bei der CDU – Abg. K l e e n [SPD]: Wir wissen, dass es zu viele schwar- ze Vögel gibt!)

Im Gegenteil! Ich sage, das Umweltressort darf diese Tatsache nicht einfach ignorieren, sondern muss jetzt Abhilfe schaffen!

Meine Damen und Herren, in den Fragen sechs, sieben und acht, in denen grob nach Anträgen, Jagdbezirken und deren Kontrollen gefragt wird, kommt die Problematik der Antragsregelung zum Vorschein, denn von allen Jagdbezirken in Bremen haben nur ein Drittel einen Antrag auf Regulierung der Rabenkrähe gestellt. Aus vielen Gesprächen mit Jägern ist mir bekannt, dass viele der Jagdbezirke es einfach nicht einsehen, dass sie dann, wenn sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten, auch noch dafür bezahlen müssen. Außerdem erfahre ich laufend in Gesprächen, dass zu diesem Punkt in der Jägerschaft eine hohe Frustration herrscht. Man fühlt sich von der Umweltbehörde im Stich gelassen und kann nicht einsehen, warum Singvögel und Bodenbrüter nicht genauso geschützt werden wie im benachbarten Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau H a m - m e r s t r ö m [SPD]: Rabenvögel sind auch Singvögel!)

Natürlich, wir können jetzt ganz spitzfindig werden! Wir spalten gleich Haare! Es will ja keiner, dass so wie früher eingegriffen wird, doch die angepasste Regulierung, so wie in Niedersachsen, kann sich die CDU-Fraktion in Bremen gut vorstellen.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiterer Punkt spricht gegen die jetzige bürokratische Antragstellung. In den letzten vier Jahren hat es nicht eine Kontrolle gegeben, ob die gesetzten Kriterien gegeben oder auch eingehalten wurden. Jetzt könnte jemand daherkommen und sagen, dass sich die Jäger dann auch nicht daran zu halten brauchen oder das auch nicht machen. Na

türlich wäre das möglich, doch es wird nicht praktiziert, weil es jeden Jäger den Jagdschein kosten würde, wenn er angezeigt oder erwischt wird.

Von den eben angesprochenen Kontrollen kann man auch gut zu der Feststellung der nächsten Antwort überleiten. Hier wird gesagt, dass nach einer wissenschaftlichen Untersuchung aus dem Bremer Feuchtgrünlandring keine Zusammenhänge zwischen Bruterfolg und Abschuss von Rabenkrähen nachweisbar sind. Da frage ich mich: Wie denn auch? Es gibt ja gar keine Kontrollen und Angaben darüber, wo und wann in den einzelnen Jagdbezirken Rabenkrähen erlegt wurden, höchstens Zeiträume. Wenn man außerdem schon von einem Feuchtgrünlandring spricht, dann sollte man schon mehr als nur die drei genannten Untersuchungsgebiete untersuchen, denn der Bremer Raum hat da wesentlich mehr zu bieten.

(Beifall bei der CDU)

Dann kommt noch diese umstrittene Untersuchungsmethode mit diesen Thermologgern. Ich sage auch, das ist eine anerkannte Art, um zu untersuchen, wie viele Nestaufgaben es gibt. Man kann mit dieser Untersuchung jedoch leider nicht auf ein zutreffendes Ergebnis kommen, weil diese Untersuchungsmethode nichts über den Verzehr von Küken oder Jungvögeln durch Elster und Rabenkrähe aussagt. Da Rabenkrähe und Elster sehr gern Küken und schutzlose Jungvögel fressen, fehlt in der Analyse natürlich eine der Hauptursachen.

(Abg. T ö p f e r [SPD]: Sagen Sie doch etwas zu den Aasfressern!)

Da Rabenkrähe und Elster sehr gern Küken und – ach nein! Das hatte ich schon.

(Heiterkeit)

Herr Töpfer, Sie bringen mich immer durcheinander. Wenn ich Sie sehe, bin ich immer ganz – –.

(Zurufe)

Auf jeden Fall kann es sich das Umweltressort nicht so leicht machen und den Mardern und Füchsen die Schuld in die Schuhe schieben!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Für mich und die CDU-Fraktion steht jedenfalls eines fest: Wenn Untersuchungen gemacht werden, dann bitte im kompletten Umfang, um das Ergebnis nicht zu verfälschen!

Meine Damen und Herren, wir haben auch nach den Schäden und den Personengruppen, die sie ge

meldet haben, gefragt. Das Umweltressort sagt jedoch, sie sind zu ungenau. Was verlangt man denn von aufmerksamen Bürgern, die Nestplünderungen oder Ähnliches beobachten? Müssen diese Vorfälle mit Foto oder Video bewiesen werden, damit man sie ernst nimmt? Von uns bekommen diese Meldungen jedenfalls die angemessene Beachtung. Wer dann so argumentiert, dass es nur vereinzelte oder zu wenige Meldungen sind, um hier aktiv werden zu können, dem kann ich nur sagen, dass viele Berufskollegen oder Bürger gar nicht mehr verstärkt melden, weil sie frustriert sind, weil eh nichts passiert.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir jetzt aber einmal auf die Frage des natürlichen Kreislaufes zu sprechen! Der natürliche Feind von Rabenkrähen heißt Habicht.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich glaube, Imhoff heißt der!)

Der kommt aber laut Antwort des Umweltressorts in Bremen nicht vor. Diese Aussage ist falsch, meine Damen und Herren. Ich kann aus eigener Anschauung berichten, dass in dem Feuchtland – –. Ich finde das gar nicht zum Lachen, und die Singvögel finden das bestimmt auch nicht zum Lachen, wenn wir hier diskutieren.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU)

Aus eigener Anschauung kann ich jedenfalls berichten, dass es in dem Feuchtgrünlandgebiet, in dem ich wohne, den Habicht gibt. Man muss aber natürlich wissen, dass es für den Habicht einfachere Beute gibt wie zum Beispiel die Taube. So lange da noch so viele Tauben herumfliegen, wird der Habicht sich natürlich nicht die schwer zu bekommende Krähe besorgen.

Schuld soll jetzt ein verändertes Konsumverhalten in den letzten zehn Jahren von uns Menschen sein und natürlich – nicht zu vergessen! – sind wieder die Landwirte Schuld, die in den letzten zehn Jahren anderes Futter eingefahren haben sollen. Das stimmt natürlich nicht! Wenn 1987 die Rabenkrähe unter Schutz gestellt worden ist – aus welchen Gründen auch immer –, dann weiß ich auch, warum in den letzten Jahren die Population so angestiegen ist. Das kann man diesmal nicht auf die Landwirte und auf den Bürger abschieben. Wenn dann gesagt wird, dass sich diese beiden Vogelarten durch das Angebot von Nahrung selbst regulieren, so kann man ja auch feststellen, dass die Population gar nicht mehr ansteigen kann, weil das Futter, also auch die Bodenbrüter und Singvögel, immer weniger werden. Das ist doch ganz normal.

Wenn es in der Antwort des Senats heißt – –.

(Glocke)

Herr Kollege, auch Ihre Redezeit geht zu Ende.

Ja, kurz noch! Wenn es in der Antwort des Senats heißt, im Siedlungsbereich darf nicht gejagt werden, dann soll mir doch bitte einmal einer erklären, warum es nicht helfen würde, wenn man an Randgebieten von Dörfern und ähnlichen Wohn- und Mischgebieten auch die Population von Rabenkrähe und Elster regulieren kann. Zum Abschluss möchte ich noch einmal betonen, dass Bremen endlich die Rabenkrähe und die Elster wieder ins Landesjagdgesetz aufnehmen muss. Hier muss der Senat schnellstens tätig werden, weil wir sonst noch vielen Bodenbrütern und Singvögeln nachtrauern. – Danke!