Protocol of the Session on November 28, 2001

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hoch, ich habe mich doch ein bisschen gewundert, dass Sie sich wundern, weil wir uns auf Bremen fokussieren. Ich wollte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir uns hier im Landtag der Bremischen Bürgerschaft befinden. Es ist selbstverständlich, dass alle Landtagsabgeordnete

für Bremen und natürlich für unseren Standort eintreten. Ich finde, das erklärt sich von selbst.

Deutlich ist in Ihren Ausführungen, Frau Hoch, eigentlich nur eines geworden: Gegen den elektronischen Arztbrief gibt es kein inhaltliches Argument, jedenfalls haben Sie keines genannt. Ich finde, das ist schon einmal ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung, für den ich mich herzlich bedanke.

Es schleicht sich aber doch ein mehr als deutlicher Unterton ein, dass Sie etwas gegen die Unternehmer haben, die ein tragfähiges Konzept erarbeiten wollen, die wollen Sie anscheinend nicht. Zum Ersten: Ich finde es völlig unverständlich, dass sich Grüne gegen Menschen wenden, die etwas unternehmen, Ideen in Konzepte umsetzen, die den Standort positiv weiterentwickeln könnten, und die ihr persönliches eigenes Geld einsetzen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau H a m - m e r s t r ö m [SPD]: Ganz vorsichtig!)

Zum anderen, Frau Hoch, und das unterscheidet uns, die CDU-Fraktion hat sich diese Konzepte mehrfach präsentieren lassen und mit den Unternehmen sowie natürlich mit den Leistungserbringern des Gesundheitssystems gesprochen, egal ob Kliniker oder Niedergelassene. Da sind wir allerdings die einzige Fraktion, die dieses Angebot umfangreich wahrgenommen hat. Sie, Frau Hoch, reden hier also von einer Sache, die Sie weder gesehen noch mit irgendjemandem diskutiert und mit der Sie sich anscheinend auch nicht auseinander gesetzt haben.

(Unruhe beim Bündnis 90/Die Grünen)

Doch nicht nur die CDU-Fraktion hat sich umfangreich orientiert und informiert, Frau Hoch, und eine Fülle von Gesprächen geführt. Es haben sich auch andere interessiert und sich mit dem Konzept und der Realisierbarkeit ausführlich beschäftigt, so zum Beispiel ein akkreditiertes Trustcenter, das sich zurzeit dem Konzept anschließen möchte und in eben diese Ideen privates Geld investieren will, und ein Softwarepartner. Diese beraten gemeinsam mit Anbietern und Nutzern. Zurzeit läuft aktuell die Medica-Messe. Es gibt dort auch einen Kreis Interessierter, die die Chancen und Möglichkeiten dieses Projektes ausloten. Frau Hoch, ich empfehle Ihnen also, sich vielleicht damit zu beschäftigen, damit Sie es auch einschätzen können. Das wird auch ganz bestimmt Vorurteile überwinden helfen.

(Beifall bei der CDU)

Zum Letzten: Der Telematikreferent des Bundesministeriums für Gesundheit der rotgrünen Bundesregierung in Berlin hat Interesse an dem Bremer Ansatz bekundet und überlegt, ob hier nicht eine Messe zu diesem Thema in Bremen stattfinden könnte.

Bitte, also in der eigenen Bundesregierung noch einmal nachfragen, das hilft ja manchmal!

Die Bundesregierung hat auch erkannt, dass Kostendruck und neue gesetzliche Regelungen die Krankenhäuser und Ärzte zwingen, die Patientendaten mit IT-gestützten Systemen zu verwalten. Vernetzung, Internet und Multimedia, diese Schlagwörter haben Einzug in das Gesundheitswesen gehalten. Die Recherche von Fachdatenbanken gehört für Mediziner schon längst zum Alltag. Jetzt erhöhen die verordneten Sparmaßnahmen den Druck auf die Krankenhausbetreiber und die niedergelassenen Ärzte. Darum setzt man künftig natürlich auf die Informationstechnologie.

Meine Damen und Herren, zurück zum Bremer Konzept für den elektronischen Arztbrief! Es ist doch völlig unbestritten, dass ein Businessplan eingereicht werden muss, der nach meiner Information übrigens im Dezember vorgelegt werden soll. Es ist doch völlig ohne Frage, dass er genauestens geprüft werden wird. Das ist so selbstverständlich, dass man es eigentlich nicht mehr erwähnen muss, und darum geht es auch nicht, meine Damen und Herren.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Sondern?)

Es geht darum, dass Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass gute Ideen für den Standort vorhanden sind und dass wir aufgefordert sind, diese guten Ideen zu begleiten. Die CDU-Fraktion wird hier sehr genau darauf achten, dass gute Ideen, unternehmerisches Engagement und die Wünsche der Leistungserbringer im Gesundheitswesen einen gemeinsamen Weg finden. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dreyer, ich möchte Ihnen das auch noch einmal aus meiner Sicht sagen, dass Sie sich hier aus Sicht der Grünen, und wir haben auch mit Leuten aus dem Gesundheitswesen gesprochen, die teilen das auch, um einen ziemlich einmaligen Vorgang handelt, was Sie hier mit dieser Großen Anfrage gemacht haben. Es ist hier bisher nicht üblich gewesen, Namen von einzelnen Anbietern in Großen Anfragen des Landtages an den Senat zu nennen.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Sollte man sich schämen!)

Sie schaden damit dem Unternehmen, dem Sie vordergründig vielleicht helfen wollten, indem Sie so agieren. Damit ist für alle klar, dieses Unternehmen

wird immer als dasjenige dastehen, das von der CDU massiv und unter Anwendung sehr fragwürdiger Methoden, darauf will ich gleich noch einmal eingehen, protegiert und gefördert wurde. Damit helfen Sie dem Unternehmen nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dem elektronischen Arztbrief helfen Sie damit auch nicht! Sie haben einfach kein Bewusstsein dafür, dass Entscheidungen darüber, welche Firma welche Fördermittel bekommt, nicht Sache des Parlaments sind. Wenn es um Wirtschaftsförderung geht, kann man sich das schon einmal anschauen, was den Parlamentariern erzählt wird, schon allein, wenn sie Fragen stellen, um genau herauszubekommen, wer welche Wirtschaftsförderung erhalten hat. Da agiert das Wirtschaftressort äußerst zugeknöpft. Im Bereich Gesundheitswirtschaft soll jetzt der Landtag der Freien Hansestadt Bremen hier die Förderentscheidungen fällen. Das ist schon wirklich ein ziemlich starkes Stück.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es ist auch ein einmaliger Vorgang, dass hier Firmen protegiert werden, ohne dass sie überhaupt nur einen Antrag gestellt haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, das jemals erlebt zu haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Eines kann ich Ihnen sagen: Wir werden ziemlich genau darauf achten, dass der Topf Gesundheitswirtschaft, den haben die Grünen sich gewünscht, den haben wir auch immer mit unterstützt, zu keinem zweiten WAP wird, bei dem sich längst eine Förderpraxis eingeschlichen hat, bei der das Parlament nicht mehr ausschließen kann, dass Beziehungen und Freundschaften zu dieser oder der anderen Seite des Hauses diejenigen sind, die letztendlich den Ausschlag darüber geben, wer jetzt welche Wirtschaftsfördermittel bekommt. Wir werden also sehr darauf achten, dass dieser Topf nicht so wird. Deshalb ist es uns auch ziemlich wichtig, Ihnen zu zeigen, dass man nicht so agieren kann, wie Sie es hier gemacht haben.

Der letzte Punkt: Viermal eine Senatsvorlage zurückgehen zu lassen, weil darin immer noch nicht genug Freundliches zu dieser Firma stand, der Sie hier nun so unbedingt diesen Auftrag zuschustern wollen, ist auch ein einmaliger Vorgang. Dafür muss man schon selbstbewusst sein. Man muss aber vor allen Dingen eines nicht verstanden haben, dass es nämlich eine Gewaltenteilung zwischen Verwaltung und Parlament gibt. Ich kann da nur sagen, das Par

lament muss sich ja vom Senat so einiges gefallen lassen, wenn wir einmal so über das Beamtengesetz und was hier noch so alles passiert, sprechen, aber dass sich ein Senat vom Parlament so etwas gefallen lässt, ist auch ein einmaliger Vorgang.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächste erhält das Wort Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der elektronische Arztbrief beschäftigt mich seit geraumer Zeit,

(Lachen beim Bündnis 90/Die Grünen)

zum einen als wichtiges Teilgebiet der so genannten Gesundheitstelematik, und darunter verstehe ich die Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnik im Gesundheitswesen, und zum anderen als Teil des Vorhabens, wie es Gegenstand der Großen Anfrage war.

Lassen Sie mich zunächst das generelle Thema in den Vordergrund stellen! Die Entwicklung und Implementierung des elektronischen Arztbriefes sind kein einfaches Unterfangen. Da sind wir in Bremen mit unseren Überlegungen und Anstrengungen national und europaweit durchaus in guter Gesellschaft. Ich habe schon an vielen Debatten auf Bundesebene teilgenommen, in denen dies ein Thema war und in denen viel Unsicherheit auch an allen anderen Orten dieser Republik besteht, wie man da vorankommen kann.

Wir sind in Bremen im letzten Jahr schon deutlich vorangekommen und haben in Teilbereichen des bremischen Gesundheitswesens wichtige Grundlagen für eine elektronische Kommunikation aufgebaut. Ich denke dabei natürlich zunächst an das national vorzeigbare Gesundheitsnetz Bremen. Das ist zunächst eine Sicherheitsinfrastruktur, die einen geschützten Datentransfer zwischen den Netzpartnern der ersten Stunde, das sind die kommunalen Krankenhäuser und das evangelische Diakoniekrankenhaus, ermöglichen.

Natürlich spielen in diesem Zusammenhang zwei Begriffe eine besonders große Rolle, nämlich Sicherheit und geschützter Datentransfer. Uns leuchtet allen sofort ein, dass wir es im Gesundheitswesen mit äußerst sensiblen Daten zu tun haben, die eben nicht irgendeiner Öffentlichkeit, sei es im Internet oder wo auch immer, preisgegeben werden dürfen oder die eventuell beim Transport verfälscht werden könnten. Für mich gilt auch hier, dass Patientenrechte höchste Priorität haben müssen. Ich bin deshalb sehr froh, dass es uns mit dem Bremer Gesundheitsnetz gelungen ist, die Anforderungen des Datenschutzes hier in die Praxis umzusetzen.

Es gibt auch bereits erste Anwendungen im Netz. So wird die Kooperation zwischen dem Zentralkrankenhaus Sankt-Jürgen-Straße und dem Diakoniekrankenhaus im Bereich der Radiologie seit April dieses Jahres durch eine teleradiologische Befundungsmöglichkeit unterstützt, zwischen den Zentralkrankenhäusern Bremen-Ost und Sankt-JürgenStraße ist seit Juni 2001 eine neurochirurgische Notfallkonsultation auf der Grundlage einer CT-Bildübertragung in Betrieb, und in der Folge geht es nun darum, weitere Anwendungen im Netz zu installieren. Konkret befinden sich zurzeit Vorhaben zur Bildund Sprachdateiübertragung und, dies ist ein ganz wichtiger und notwendiger Schritt, Vorhaben zur Kommunikation mit dem niedergelassenen Bereich in der Vorbereitung. Was den stationären Bereich betrifft, bin ich optimistisch, dass sich auch bald weitere Krankenhäuser diesem Gesundheitsnetz anschließen werden, vermutlich anschließen werden müssen, um in diesem Informationsaustausch auch Teil zu sein.

Meine Damen und Herren, wenn wir über den elektronischen Arztbrief reden im Sinne einer elektronisch gestützten, patientenbezogenen Kommunikation ärztlicher Leistungserbringer, dann brauchen wir aus den Gründen, die ich eben genannt habe, eine sichere Datenautobahn, wie ich sie auch für das Bremer Gesundheitsnetz versucht habe zu skizzieren. Für den sicheren Datentransfer auch jenseits der Autobahn, um in diesem Bild zu bleiben, gibt es sicherlich verschiedene konzeptionelle und technische Lösungsmöglichkeiten. Das Projekt „Der elektronische Arztbrief Bremen“ könnte eine dafür sein oder dazu beitragen. Dies lässt sich aber erst genau sagen, wenn den beteiligten Ressorts ein entscheidungsreifer Antrag vorliegt. Ich gehe davon aus, dass das demnächst der Fall sein dürfte. Dann werden wir das zu bewerten und zu entscheiden haben.

Auf dem Wege zu einer umfassenden, einrichtungsübergreifenden Behandlungsdokumentation geht es darum, kompatible und in ein Gesamtkonzept integrierbare Projektbausteine auf den Weg zu bringen. Dazu gehört die elektronische Arztbriefschreibung, dazu gehören aber auch teleradiologische Anwendungen und anwendungsspezifische Konzepte einer elektronischen Patientenakte. Diese in Bremen zu entwickeln und umzusetzen und dann regional und überregional zu vermarkten, ist das Ziel der Ressorts Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzen und der von der Senatskanzlei getragenen Projekte zur Förderung der Gesundheitswirtschaft im Land Bremen. Daran arbeiten wir im Ressort und auch ressortübergreifend zusammen mit der Bremischen Innovationsagentur, BIA.

Ein wichtiges Modul aus dem Bereich der Bildübertragung haben wir hier schon auf den Weg gebracht. Weitere wichtige Vorhaben aus den Bereichen Onkologie und Notfallmedizin stehen noch nicht in, aber schon nahe bei den Startlöchern. Das

sind sehr ehrgeizige Vorhaben für den bremischen Gesundheitssektor im speziellen und für die Standorte Bremen und Bremerhaven im allgemeinen. Wir haben noch eine Menge zu tun, und wir werden alles sorgfältig prüfen, was uns entscheidungsreif vorgelegt wird. – Danke!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/869, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Regulierung von Rabenkrähe und Elster

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 26. September 2001 (Drucksache 15/844)

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