ich aus Ihrer Sicht verstehen. Wir bestreiten das auch nicht, dass Sie einen überzeugenden Wählerauftrag bekommen haben. Das heißt aber heute, nach sechs Jahren großer Koalition, der Vorrat an Gemeinsamkeiten ist erschöpft.
Durchhalten bis zur Wahl wird zur ersten Pflicht in der großen Koalition, und wir wünschen Ihnen dabei viel Vergnügen. Schade um die verschenkte Zeit für unsere Stadt und unser Bundesland!
Ihre Ausführungen zu den privatrechtlichen Gesellschaften haben meine Fraktion besonders gefreut. Sie können sich auch gern, wir sind da nicht so eitel, an die Spitze der Bewegung stellen. Ganz verkneifen kann ich es mir doch nicht, darauf hinzuweisen, dass der Antrag der Grünen, einen nichtständigen Parlamentsausschuss einzusetzen, um diese Fragen miteinander zu beraten, von Ihnen mit abgelehnt wurde. Wir haben auch verstanden, dass Sie ebenso wie wir der Meinung sind, dass alle Bereiche staatlichen Handelns der parlamentarischen Kontrolle zugänglich sein müssen, und ich hoffe darauf, dass wir in den nächsten Monaten zusammen Ergebnisse präsentieren können, die es vielleicht möglich machen, dass regierungstragende Fraktionen und Opposition gemeinsam in den nächsten Jahren solche Vorgänge, wie wir sie hier beim Musical gehabt haben, verhindern können.
Die Sache mit dem Vergleich der Kultureinrichtungen! Darüber möchte ich jetzt doch gern noch einen Satz verlieren. Der „Weser-Report“ wirft sich zurzeit ganz besonders ins Zeug. Ich fühle mich immer geehrt, wie da mit uns umgegangen wird. Ich sage einmal, auch grüne Wählerinnen und Wähler sind Kundinnen und Kunden der Unternehmen, die dort werben. Auch grüne Wählerinnen und Wähler können sich ihre Meinung über diese Art von Journalismus bilden. Wir fühlen uns geehrt, wie da mit uns umgegangen wird. Da kann man jetzt neuerdings Interviews des von mir auch geschätzten Herrn Dr. Dannemann lesen, in denen darüber geredet wird, was eigentlich mit den ganzen Kultureinrichtungen ist, und im nachhinein wird jetzt umgerubelt, wie man das eigentlich hinbekommt, dass die Zuschüsse für das Musical vielleicht doch ganz in Ordnung sind.
Da muss man sich doch noch einmal den Ablauf dieser ganzen Sache anschauen. Es hat jahrelang einen notleidenden Kulturhaushalt gegeben. Er wurde von den Grünen, aber auch noch von anderen Kolleginnen und Kollegen hier bemängelt, und
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zwar mit zwei zentralen Argumenten: Kultur ist unverzichtbar für die Lebensqualität in unserer Stadt, aber Kultur ist auch wichtig für die überregionale Ausstrahlung. Da ist genau an das gedacht worden, was Bremen an kulturellen Highlights hat, dass wir eine Kunsthalle haben, die sich sehen lassen kann, dass das Theater sich sehr gut entwickelt hat, all das gehört mit zu der Standortqualität Bremens.
Das war aber alles nicht genug, und den Leuten einfach ein bisschen mehr Geld zu geben und zu schauen, dass man hier gemeinsam mehr Verantwortung auch in Richtung Wirtschaftsförderung und Tourismusförderung für eine Kulturentwicklung übernimmt, damit konnte ja nicht genug sein, sondern ein Wirtschaftsressort wollte es nun selbst in die Hand nehmen, den Wirtschafts- und Tourismusstandort Bremen zu entwickeln. Da spielte erst einmal ganz viel Arroganz gegenüber den bisherigen und hier bestehenden Kultureinrichtungen in Bremen eine Rolle.
Damals wurde gesagt, wir als Wirtschaftsressort präsentieren euch die privatwirtschaftlichen Lösungen. Das wird uns hier voranbringen. Wir sind nicht die Zuschussnehmer. Auch damals gab es schon so Rechnungen, wie viel Geld jeder Theaterbesucher oder jeder Kunsthallenbesucher den Staat kostet, und da wurde gesagt, wir sind diejenigen, die hier privatrechtliche Lösungen machen werden, und damit wird der Standort Bremen sich weiterentwickeln.
Wo sind wir heute gelandet? Heute sind wir dabei gelandet, dass es hier niemand mehr bestreitet, dass dieses Musical, und das war von Anfang an klar, ein massiver dauerhafter Zuschussbetrieb des Staats sein wird, nur gesagt worden ist den Menschen etwas anderes, und das ist das, was uns hier so besonders erbost.
Die Rechenspielchen im „Weser-Report“ kann man wirklich nur noch als kabarettistisch abbuchen. Da wird Frau Dr. Trüpel und den Grünen unter die Nase gehalten, dass die Besucher des „Übermaxx“ so besonders viel kosten. Ich sage einmal, die Rechnung, dass eine Lagerhalle gar keine Besucher hat und dann da überhaupt keine Einnahmen entstehen, müsste dann ja die Konsequenz sein. Ich sage einmal, baut Lagerhallen, da kommen keine Besucher, und die müssen auch nicht bezuschusst werden!
Die Rechenspielchen treiben wir auch noch weiter. So ein Finanzressort mit zwei Staatsräten ist irgendwie teurer als ein Finanzressort mit einem
Staatsrat, und jetzt kehren wir wieder auf ein normales Niveau zurück und reden noch über andere Themen.
Es ist also gesagt worden, es gibt für das Musical eine privatrechtliche Lösung, und das für einen Unternehmer, der beste Kontakte zur CDU hat. Das Contrescarpe-Grundstück ist ermäßigt worden, und das Ticket-Service-Center wurde – –.
Das Contrescarpe-Grundstück! Es hat Bieter gegeben, die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, die bereit war, erheblich mehr für dieses Grundstück zu bieten, und das wissen Sie auch, und im Vorfeld gehört das mit in das Paket für Herrn Schulenberg genauso wie das Ticket-Service-Center.
Dieser Deal mit Herrn Schulenberg hatte vor allen Dingen ein Motiv: Nimm uns das Problem mit dem Musical ab, und dann wird hier erzählt, man hätte, seit es das Musical „Hair“ gibt, eine privatrechtliche Lösung gefunden. Jetzt ist aber vollkommen klar, dass es Gespräche zwischen Herrn Hattig und Herrn Schulenberg gegeben hat, in denen ihm zugesagt wurde, dass erhebliche weitere Werbeanstrengungen gemacht werden. Ich sage einmal, das sind tolle privatrechtliche Lösungen. Da nimmt man jemandem die Reklame einfach ab.
Herr Senator Hattig, wir bleiben bei unserem Antrag. Sie sind hier als Senator gescheitert und für Bremen nicht weiter tragbar. Der bremische Haushalt soll transparent und öffentlich sein. Es ist der Kern der Demokratie, dass man aus ihm erkennen kann, welche Maßnahmen die Regierung ergreift.
Ich komme zum Schluss! Sie haben das Parlament nachhaltig nicht informiert. Sie erzählen, wenn Sie gefragt werden, nur teilweise die Wahrheit, und Sie haben die Verantwortung dafür, dass Ihre Behörde wie ein Closedshop organisiert ist und das Parlament nicht informiert. Sie haben eine fehlende Distanz zu guten Bekannten wie in dem Fall Rennbahn, wie im Fall Musical und TSC und wie im Fall Daewoo. Sie
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haben nicht, wie man das normalerweise tun müsste, in Ihrem Haus Vorsorge getroffen, falls diese Entscheidungen gerade besonders beargwöhnt werden und ganz besonders genau geschaut wird, was da eigentlich passiert ist oder was da passieren soll, um jeden Ruch von Bremen zu nehmen, und Sie sind wirtschaftspolitisch gescheitert. Großmannssucht führt zu Fehleinschätzungen, Hochmut kommt vor dem Fall. Sie stehen für einen Sanierungskurs ohne Augenmaß. Das schadet dem Standort, und deshalb soll Ihnen das Parlament hier heute das Misstrauen aussprechen.
Ich sage ja nur, gut, dass Sie Ihre Leute extra darauf hingewiesen haben! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Scherf, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass gerade, weil Sie sich angeblich so viel für Bremerhaven einsetzen, weil angeblich so viele Bremerhavener Politiker sich für Bremerhaven einsetzen, weil Ihre Politik in Bremerhaven so gut ist, die Stadt Bremerhaven wirtschaftlich und finanziell völlig ruiniert ist! Gerade weil Ihre Politik so gut ist, ziehen so viele Bremerhavener Bürger aus Bremerhaven weg, weil Sie so gute Politik machen! Meine Damen und Herren, alle Zahlen und Fakten belegen meine eben gemachten Ausführungen doch ganz deutlich. Das können Sie nicht wegwischen. Also, Herr Dr. Scherf, halten Sie hier bitte keine Schaufensterreden auf Kosten der Bremerhavener Bürger! Das hat die Stadt Bremerhaven und das haben ihre Bürger nicht verdient. Diese mussten jahrzehntelang genug Ihre verfehlte Politik ertragen, erleiden und erdulden. Meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, ich weiß gar nicht, was Sie eigentlich gegen Herrn Senator Hattig haben! Eigentlich tut er ja gar nichts, aber gerade deswegen werde ich Ihrem Misstrauensantrag zustimmen. – Ich bedanke mich!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Meine Damen und Herren, die Bürgerschaft (Land- tag) hatte zu Beginn der Sitzung beschlossen, dass die Abstimmung geheim und in Kabinen erfolgt. Das
Zum Verfahren lassen Sie mich folgende Anmerkungen machen: Die Schriftführerinnen haben Stimmzettel zurückzuweisen, die außerhalb der Kabine gekennzeichnet oder in den Umschlag gelegt wurden beziehungsweise nicht in den Wahlumschlag gelegt wurden. Außerdem sind Stimmzettel zurückzuweisen, die sich in einem Wahlumschlag befinden, der offensichtlich in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Art und Weise von den übrigen abweicht oder einen deutlich fühlbaren Gegenstand enthält.
Meine Damen und Herren, ich lese Ihnen gerade das Prozedere der Abstimmung vor, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit!
Stimmzettel, die Zusätze oder Kennzeichnungen enthalten, sind ungültig, wenn sie den Willen des Abstimmenden nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder die Person des Wählers erkennbar wird.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Möglichkeit, mit Ja, Nein oder Enthaltung abzustimmen. Ich bitte die Schriftführerinnen, ihre Plätze bei den Wahlkabinen einzunehmen. Die Ausgabe der Stimmzettel und Umschläge erfolgt nach Namensaufruf an dem Tisch rechts neben den Kabinen.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass jetzt Klarheit über die Durchführung der Abstimmung besteht. Ich höre keinen Widerspruch, dann ist das der Fall.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt alle Abgeordneten nach dem Alphabet namentlich auf und bitte die so aufgerufenen Damen und Herren, ihre Stimme abzugeben.