Protocol of the Session on June 21, 2001

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es gibt also einen erheblichen Handlungsbedarf, und der ist von der Seite für uns Grüne natürlich bedeutend größer als das, was wir hier heute mit diesem Antrag verabschieden werden. Ich halte es aber im Moment von der Aktualität her für den wichtigsten und entscheidendsten Punkt, weil eben mit der Neuordnung des Liegenschaftswesens Weichenstellungen in diesem Land erfolgen, die natürlich jeglichen Klimaschutz, wenn sie in die falsche Richtung gehen, auch in Zukunft konterkarieren können. Deswegen dieser Antrag, den wir voll mittragen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist aber auch klar, dass so schnell wie möglich alle CO2-Reduktionspotentiale erschlossen werden müssen, und da erinnere ich noch einmal an das Weser-Wasserkraftwerk. Das Weser-Wasserkraftwerk ist ein Wunschkind der Grünen, und man muss sagen, zu Zeiten der CDU-Bundesregierung und der großen Koalition hier in Bremen hatte dieses Wunschkind keinerlei Zeugungschance mehr. Frau Mull hat ja die Entwicklung beschrieben, diese Liberalisierung, aber dann auch die Korrekturen durch die rotgrüne Bundesregierung, und mit dem Gesetz zu den erneuerbaren Energien und dem sich entwickelnden Öko-Strommarkt besitzt in der Tat das Weser-Wasserkraftwerk neue Chancen. Es gibt neue Hoffnung.

Hier unsere ganz eindeutige Bitte an die große Koalition, an Sie, meine Damen und Herren, und an den Senat, alles in Ihren Möglichkeiten Stehende zu tun, damit dieses erhebliche Reduktionspotential, das ein solches Weser-Wasserkraftwerk bietet, auch erschlossen wird. Dazu gehört dann auch, das Bauleitplanverfahren voranzutreiben und zu prüfen, ob sich das Land für eine Landesbürgschaft ausspricht und sich eventuell an der Projektentwick

lungsgesellschaft beteiligt. Das sind die Wünsche, die wir an dieser Stelle aussprechen.

Zum Schluss muss ich noch einmal meine Oppositionsrolle wahrnehmen und auch meckern. Wir haben ja das Bremer Energiegesetz, das besagt, in zweijährigen Abständen ist ein Landesenergieprogramm beziehungsweise dessen Fortschreibung zu erstellen. In diesem Landesenergieprogramm ist darzulegen, wie die vereinbarten CO2-Reduktionsziele auch zu erreichen sind. Wenn ich mir die dann anschaue, das Landesenergieprogramm von 1994 ist ausführlich, konkret, mit Aussagen dazu, was zu tun ist, 1996 war noch ganz passabel, 1998 bekommen wir das dann nicht 1998, sondern 2000, und darin steht dann eigentlich nicht mehr das, was der gesetzliche Auftrag ist, nämlich darzulegen, wie die vereinbarten Reduktionsziele auch erreicht werden sollen.

Meine Damen und Herren von der großen Koalition und vom Senat, wenn Sie so weitermachen, dann, denke ich, steht im nächsten Landesenergieprogramm: Die Erde ist rund, der Klimawechsel ist in vollem Gange, und wir müssen CO2 sparen.

(Heiterkeit und Beifall beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dafür wird das Deckblatt sehr aufwendig gestaltet sein, da wird Henning Scherf stehen, bis zu den Knien im Wasser, er wird lächeln und oben rechts auf das Emblem zeigen und sagen: „Für Bremen begeistern“!

(Heiterkeit und Beifall beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wilts.

Für Bremen begeistern, Frau Dr. Mathes, war ein wunderbares Stichwort. Es gibt nämlich durchaus Aspekte in dem Papier, für die man sich begeistern kann. Auf die möchte ich noch einmal eben eingehen. Das sind nämlich die öffentlichen Gebäude und vor allem die Schulen im Land Bremen, in denen, wie Sie ja nachlesen konnten, das Dreiviertel-Programm inzwischen wirklich gute Erfolge gezeigt hat, einmal vor allem darin, dass Energie eingespart wurde.

Wenn Sie sich einmal Schulen vor drei, vier Jahren angeschaut haben, dort am Vormittag gewesen sind, werden Sie gemerkt haben, dass die Räume entweder überheizt oder zu kalt waren, weil nämlich die einzige Wärmeregulierung über die Fenster möglich war, Fenster auf, Fenster zu, und in der Nähe der Heizkörper konnten sich die Schüler zum Teil nicht aufhalten, weil die Thermostatventile fehlten. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Die sind nun endlich, vor zwei oder drei Jahren, das weiß ich nicht mehr genau, angeschafft worden. Das war etwas so Banales, das war nicht vorhanden, das ist endlich geschehen, und dadurch konnte man auch dann endlich mit dem Dreiviertel-Programm beginnen und die Schulen im Lande Bremen dazu animieren, Energieeinsparungen vorzunehmen, einfach durch vernünftiges Handeln in der Schule.

(Beifall bei der SPD)

Dabei ist eine ganze Menge herausgekommen. Das ging mit einem Mal dann.

Energieeinsparen, finde ich, ist noch viel wichtiger als Kernkraftwerke erhalten. Das ist aber jetzt wahrscheinlich ein zu kurzer Satz. Bei der Sanierung von Schulen in Bremerhaven zum Beispiel – Schulen, von denen eine ungefähr 100 Jahre alt war und eine ähnliche Bauweise wie das alte Gymnasium hatte, ein bisschen wie eine Burg oder ein Schloss, nur ein bisschen kleiner – ist es möglich gewesen, trotz dieses alten Gemäuers, in dem man früher überhaupt nicht darüber nachgedacht hat, als man das gestaltete, dass man da einmal Energie sparen sollte, den Energieverbrauch durch vernünftige Maßnahmen um 20 Prozent zu reduzieren. Ich finde, da sollte man investieren, und das wird auch sicher weiter geschehen.

In der Stadt Bremen gibt es inzwischen, wie Sie vor ungefähr einem Monat im „Weser-Kurier“ lesen konnten, ein Wärmelieferungs-Contracting, das bedeutet, dass in einige Schulen neue, optimale Heizungsanlagen eingebaut wurden, die dazu führten, dass einerseits der Energieverbrauch und die Schadstoffemissionen ganz erheblich reduziert wurden. Es hat außerdem dazu geführt, dass 1,5 Millionen DM aus dem Bildungshaushalt eingespart werden konnten, die nicht in Erneuerung von Heizungsanlagen gesteckt werden mussten, sondern unmittelbar in Bildung gesteckt werden können.

(Beifall bei der SPD)

Unmittelbar in Bildung steckt man sowieso alle Energiesparmaßnahmen in der Schule, denn die Schüler lernen daraus ja auch für ihr Leben. Ich habe noch einmal eben überlegt, wie der Satz hieß, der über meiner alten Schule stand, die war so aus den zwanziger Jahren, da mussten wir jeden Tag durch ein Tor gehen, an dem stand: „Non scolae, sed vitae discimus“. Ich denke einmal, da wird auch noch eine ganze Menge gemacht werden!

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe, das hat jeder jetzt noch verstanden.

(Zurufe: Nein!)

Könnten Sie es noch einmal übersetzen, Frau Kollegin, für die Nichtlateiner?

Ich hatte auch nur kurz Latein, aber ich muss es jeden Tag lesen! Das heißt: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!

Schön! Als Nächste hat das Wort Frau Senatorin Wischer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Mathes, ich bin im Gegensatz zu Ihnen der Meinung, dass das Landesenergieprogramm, das wir Ihnen vorgelegt haben, doch in der Fortschreibung belegt, dass Energiepolitik im Lande Bremen einen ganz hohen Stellenwert besitzt. Das, denke ich, ist deutlich erkennbar, und es ist auch durch die Darstellung, was in diesem Berichtszeitraum alles an Maßnahmen erfolgt ist, finde ich, deutlich belegt. Es sind viele Punkte schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen worden. Die Frage des Windenergieausbaus hat einen großen Stellenwert in diesem Berichtszeitraum eingenommen.

(Beifall bei der SPD)

Die zwölf Windkraftanlagen, die gebaut worden sind, plus der weiteren, die ja in der Zwei-Megawatt-Klasse vor uns liegen, also dann 23 Windkraftanlagen, bedeuten, dass das in etwa dem Stromverbrauch von 16 000 Einwohnern entspricht. Eine erhebliche Leistung, die wir in diesem Bereich vollbracht haben! Der weitere Schwerpunkt ist der Ausbau der umwelt- und ressourcenschonenden Wärmeversorgung. Im Berichtszeitraum konnten insbesondere das Fernwärmenetz Universität, Technologiepark und dann auch das Neubaugebiet Weidedamm angeschlossen werden. Wenn die Zahl der Wohnungen erreicht ist, sind 1300 Wohneinheiten angeschlossen, und auch die Abwärme aus dem Müllheizkraftwerk wird für die Erweiterung des Technologieparks und der in Erschließung befindlichen Universität Ost, Achternstraße, eingesetzt, auch hier ein erheblicher Fortschritt in unseren Bemühungen. Die Aktivitäten zur Energieeinsparung in öffentlichen Gebäuden hat Frau Wilts eben noch einmal dargestellt. Das Dreiviertel-plus-Projekt ist doch ein Erfolgsprojekt, das nicht nur etwas mit ökonomischen und ökologischen, sondern auch etwas mit bewusstseinsbildenden Maßnahmen zu tun hat, also eine doch sehr gute Sache.

(Beifall bei der SPD)

Die erheblichen Fördermittel, die wir in diesem Zeitraum zur Verfügung gestellt haben, sind schon

angesprochen worden. Ich denke, auch die vielen Einzelmaßnahmen, das ist auch von Frau Mull gesagt worden, also rund 2900, sind Kleinarbeit, aber ein erheblicher Beitrag und zeigen die Bemühungen, die wir hier angesetzt haben. Die 16,4 Millionen DM für energiebezogene Förderprojekte sind ja kein Pappenstiel in dieser Zeit des Sanierungszeitraumes.

(Beifall bei der SPD)

Die Frage des Energiekonsenses, die auch von uns angeregt worden ist, die Gründung der Energiekonsens GmbH war aus meiner Sicht ein energiepolitischer Meilenstein. In unserem Land hier gemeinsam mit der swb AG, den anderen Anteilseignern und Bremen eine solche Energiekonsensagentur zu gründen, die gleichzeitig wiederum dazu beiträgt, durch ihre Arbeit Modellprojekte voranzubringen, Erfahrungen zu machen, Forschungen voranzutreiben und Menschen dazu zu bewegen und zu überzeugen, dass es notwendig und richtig ist, durch bestimmte Maßnahmen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Maßnahmen zum Beispiel im Gebäudebestand zu ergreifen, ist ein ganz wesentlicher Faktor.

Wir haben in diesem Zusammenhang ja nicht nur Weiterbildungsprogramme zum Bau und zur Energie, ein Pilotförderprogramm für energetische Sanierung von Bremer Häusern oder aber eben das CO2-Niedrighaus-Projekt, das wir in Brokhuchting verwirklicht sehen! Eine ganz große Einzelmaßnahme, auf die ich noch einmal hinweisen will – das ist tonnenmäßig die größte Einzelmaßnahme gewesen –, ist die Optimierung der Gichtgasverstromung durch die Inbetriebnahme des Frequenzumrichters im Kraftwerk Mittelsbüren, mit dem ein erhebliches Minderungspotential erschlossen worden ist.

Das Problem ist, dass man nicht so viele besonders große Projekte hat, sondern wir in der Breite ansetzen müssen. Das macht die Schwierigkeit, und das macht es auch so zäh. Ich gebe freimütig zu: Natürlich, und das kann man ja auch nicht bestreiten, trotz dieser aus meiner Sicht eindrucksvollen Bilanz haben wir, wie Sie gesagt haben, statt einer Minderung eine Zunahme. Sie haben die Beweggründe auch genannt: Bezogen auf das Jahr 1993 haben wir ein enormes konjunkturelles Wachstum gehabt in diesem Land. Insbesondere, was die Stahlwerke angeht, das ist ja die Quelle dessen, haben wir hier allein aus diesem gewerblichen Sektor CO2Steigerungen, während wir auf der anderen Seite, und das muss man auch darstellen, im häuslichen Bereich und im Dienstleistungsbereich eine Absenkung erreicht haben.

Ich will es nicht schöner reden als es ist, aber wir haben es durch eine ganze Reihe von Maßnahmen geschafft, dass wir im Dienstleistungsbereich und im Bereich der Haushalte und des Handels Absenkun

gen haben. Aufgrund dieses Produktionswachstums, den wir ja auf der anderen Seite an dieser Stelle auch begrüßen, haben wir aber Zuwächse gehabt. Natürlich müssen wir insgesamt diese Entwicklung wachsam beobachten, aber Sie haben ein bisschen so getan, sozusagen aus den Prozentzahlen und der Steigerungsrate sei umgekehrt zu folgern, das, was wir gemacht haben, sei keine vernünftige CO2-Politik.

Wir müssen natürlich in Betracht ziehen, dass uns auch solche Faktoren wie Wachstumsprozesse in unserem Bemühen immer weiter beschäftigen werden. Vereinfacht gesprochen: Wenn bei den Stahlwerken die Produktion ansteigt, kann man daraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass die bremische CO2Minderungspolitik gescheitert ist. So einen billigen Umkehrschluss kann man nicht ziehen!

(Beifall bei der SPD)

Auf der anderen Seite heißt das aber auch, und da stimme ich mit Ihnen überein, dass wir unsere Anstrengungen weiter aufrechterhalten und alles tun müssen, um unser Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Ich verstehe auch den interfraktionellen Antrag so, dass wir alle Bemühungen anstellen, vor diesem Hintergrund eben die Politik, die wir begonnen haben, auch weiter fortzusetzen.

Die vorliegende Fortschreibung, auch das lassen Sie mich sagen, ist nicht nur ein Bericht, sondern sie macht auch Aussagen zu Handlungsperspektiven in Hinblick auf die Darstellung zur emissionsfreien und -armen Stromerzeugung. Sie verweist auf den gemeinsamen Bericht der Arbeitsgruppe, die wir ja eingerichtet haben, welche Möglichkeiten es dort noch gibt, das CO2-Minderungspotential auszuschöpfen.

Es ist ja schon die Frage der Müllverbrennungsanlage angesprochen worden und der Möglichkeit, durch die umfassende technische Ertüchtigung dieser Anlage auch noch weitere Potentiale zur CO2Minderung dort einzusparen. Das, was Sie in Ihrem Antrag auch formulierten, ist aber inzwischen auch senatsseitig schon beschrieben worden, nämlich den Handlungsschwerpunkt im Bereich des bremischen Liegenschaftswesens zu sehen und dass sich durch die Neuordnung, die jetzt kommen soll, eben hier in der Tat im Rahmen der verstärkten Sanierung und Reduzierung der nicht benötigten Liegenschaften eine Chance ergibt, umfangreiche energetische Sanierungen im Gebäudebestand vorzunehmen. Ein wichtiger Schwerpunkt, der vor uns liegt!

Zum Thema Weserkraftwerk! Das ist nun eine Geschichte, die ich von Anfang an begleitet habe, die ich auch aus der Zeit der Ampelkoalition noch kenne. Es war, Frau Dr. Mathes, ein ganz schwieriges Unterfangen. Wir waren alle der Meinung, dass wir dieses Wasserkraftwerk haben wollen. Die ganze Geschichte war geprägt davon, dass es eine schwierige Phase der Aufbereitung war, und es gab klare

Bedingungen, zu denen dies erstellt werden sollte. Am Ende ist es an der Finanzierung gescheitert. Aber wir haben Ihnen ja in der Deputation vorgetragen, dass wir dies hier gar nicht aufgegeben haben, dass im Grunde eine Ausschreibung gelaufen ist, damit dies hier, wenn wir dann einen Investor finden, auch weiter verfolgt werden soll. Da sind wir uns auch nicht uneinig, sondern wir wollen das an dieser Stelle gemeinsam machen.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen, unabhängig von all dem ist es aber, denke ich, auch wichtig, dass die längerfristigen Handlungsperspektiven der bremischen CO2-Minderungspolitik weiterentwickelt werden müssen, also über das Jahr 2005 hinaus. In diesem Zusammenhang ist ja auch auf die Ankündigung des Senats in entsprechenden Aussagen im Rahmen der nächsten Fortschreibung des Landesenergieprogramms hingewiesen worden. Inhaltlich ist hierbei die Ausdehnung des Betrachtungszeitraums sicher über das bisherige Ziel 2005 von erheblicher Bedeutung. Als neuer Zielhorizont kommt dann die Periode bis 2015 in Betracht, ein Zeitraum, in dem auch wiederum eine ganze Reihe von Dingen eine Rolle spielen wird, zum Beispiel in Hinblick auf die Erneuerung des Kraftwerkparks der swb AG. Das wird auch ein wesentlicher Faktor sein.

Zusammengefasst, meine Damen und Herren: Ich freue mich über den interfraktionellen Antrag, der hier vorliegt, und ich denke, dass wir das, was uns bisher geeint hat, die bremische Energiepolitik zu ökologisieren und sie weiter voranzutreiben, diesen Weg gemeinsam fortsetzen sollen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.