Protocol of the Session on June 21, 2001

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 15/761 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben darüber Einvernehmen hergestellt, dass der nun folgende Tagesordnungspunkt 15, Serviceleistungen für Ältere, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, und der Tagesordnungspunkt 17, Veränderungen in der gymnasialen Oberstufe, Große Anfrage

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, für heute ausgesetzt werden. Wir fahren mit Tagesordnungspunkt 18 fort.

Bericht zur Entscheidung für einen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven

Mitteilung des Senats vom 3. April 2001 (Drucksache 15/683)

Wir verbinden hiermit:

Für eine Wende in der Hafenpolitik – Ressourcen sparen statt verschwenden!

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 19. Juni 2001 (Drucksache 15/757)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Hattig.

Meine Damen und Herren, die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schramm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben dem Hause einen eigenen Antrag zur Mitteilung des Senats vorgelegt. Wie mir jetzt bewusst wird, ist das der einzige Antrag, über den wir hier beraten und auch beschließen werden. Es geht um den Bau eines neuen Tiefwasserhafens, der am Standort Wilhelmshaven gebaut werden soll.

Die Bürgermeister von Bremen und Hamburg und der niedersächsische Ministerpräsident sind sich ja darüber einig, dass ein neuer Tiefwasserhafen in der Deutschen Bucht gebaut werden muss. Dieser Hafen soll bereits, so sind die Planungen oder auch die Wünsche der Betreiber in Wilhelmshaven, ab dem Jahr 2006, das ist ja gar nicht mehr so lange hin, wachsende Schiffs- und Containerkapazitäten aufnehmen. Der Tiefwasserhafen am Standort Wilhelmshaven soll als gemeinsames norddeutsches Projekt in einer ersten Ausbaustufe für zwei Großcontainerschiffe realisiert werden, meine Damen und Herren.

Was man aber im Auge haben muss, ist die langfristige Perspektive, die mit diesem Hafenausbau verbunden ist! In einer langfristigen Perspektive kann dort in Wilhelmshaven auf 900 Hektar Platz geschaffen werden für 24 Großcontainerschiffe, die eine Umschlagskapazität in Höhe von zehn Millionen TEU haben sollen, also Standardcontainergröße. In unserem Antrag steht noch die Größe von 4,1 Millionen TEU, das ist ein kleiner Irrtum, der uns bei der Redaktion unterlaufen ist, es sind zehn Millionen TEU! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Wenn man sich vergleichsweise die Größen vor Augen führt, soll die Kapazität, die jetzt bereits Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg zusammen haben, noch einmal zusätzlich in Wilhelmshaven entstehen. Meine Damen und Herren, wir meinen, das ist eine Kapazität, die mit Sicherheit für die nächsten 100 Jahre ausreichen wird, hier Container umzuschlagen.

Die Ausbaumöglichkeiten, die in Wilhelmshaven bestehen, waren ein grundlegendes Argument dafür, dass sich die drei Ministerpräsidenten auf Grundlage von vorliegenden Gutachten für den Standort Wilhelmshaven im Gegensatz zu den auch sehr vehement auftretenden Standortinteressen am Standort Cuxhaven entschieden haben, weil nämlich die Kapazitäten in Cuxhaven weitgehend begrenzt sind, während sie in Wilhelmshaven in der Größenordnung vorliegen, wie ich sie eben gerade beschrieben habe, meine Damen und Herren.

Tatsache ist, dass es in Wilhelmshaven eine relativ große Expansionsmöglichkeit gibt, Tatsache ist, dass zum Beispiel der Containerausbau in Bremerhaven mit dem CT IV vor dem ökologisch wertvollen Gebiet Weddewarden in Richtung Norden auch begrenzt sein wird. Alle, die sich mit Hafenfragen beschäftigen, wissen, und das weiß auch der Senat, dass spätestens nach einer weiteren Ausbaustufe, der so genannten Ausbaustufe CT IV, in Bremerhaven dann doch die endgültige Grenze für einen weiteren Hafenausbau gesetzt werden wird, meine Damen und Herren.

Von daher wäre das dann ohnehin nur eine Zwischenlösung, wenn man jetzt einen weiteren Ausbau CT IV in Bremerhaven realisieren würde, die eine langfristige Perspektive über 100 Jahre, wie sie in Wilhelmshaven angedacht ist, in keiner Weise bieten könnte. Von daher ist es eigentlich doch zwingend logisch, die sich jetzt bietende langfristige Perspektive dazu zu benutzen, sinnvoll mit vorhandenen Ressourcen umzugehen. Das würde für uns bedeuten, die Ressourcen, immerhin mehrere Milliarden DM, die für den Ausbau von CT IV vorgesehen werden, zu sparen und die erheblichen Eingriffe in den Naturhaushalt zu vermeiden zugunsten eines neuen Standortes in Cuxhaven.

Meine Damen und Herren, das wäre eine sinnvolle Politik, die da heißt: Eine Wende in der Hafenpolitik jetzt einleiten, Ressourcen sparen anstatt sie zu verschwenden! So ist unser Antrag überschrieben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das hat auch ökologische Vorteile, denn der sich verschärfende globale Wettbewerb, die steigenden Kapitalbedarfe, die für weitere Hafenausbauten notwendig sind, und die sich abzeichnenden Überkapazitäten auf der Angebotsseite haben nämlich auf der anderen Seite eine wachsende Knappheit der

öffentlichen Haushalte nach sich gezogen. Nicht ohne Grund haben wir schon eine Wende in der europäischen Hafenpolitik zu verzeichnen, die gerade darauf zielt, Überkapazitäten zu verhindern und Transparenzen der Art herzustellen, dass es nicht zu weiteren öffentlich finanzierten Überkapazitäten kommt. Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden, wenn wir Ressourcen sparende Politik machen wollen, auch über solche Alternativen nachdenken und sagen, eine Investition in eine notwendige Ausbaumaßnahme eines Hafens ist genug, wir brauchen nicht zwei parallele Investitionen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Situation der öffentlichen Haushalte ist ja derart gestrickt, dass, wenn man sich alle Hafenstandorte einmal vor Augen führt – nicht europäisch, aber im norddeutschen Raum ist es so –, hier ein Kostendeckungsgrad ungefähr in Höhe von 70 Prozent erreicht worden ist, wenn man sehr gut rechnet. Es gibt keinen einzigen Hafen, der sich rechnet, es sei denn, er wird privat betrieben, wie das die englischen Häfen vorgemacht haben. Von daher gibt es jetzt ja auch auf europäischer Ebene den Vorstoß, Infrastrukturmaßnahmen in der Hafenpolitik auch mehr oder weniger privat zu finanzieren, denn das ist sozusagen der Testfall dafür, ob sich privates Kapital bereit erklärt, hier Geld einzusetzen, um eine Rendite zu erzielen. Das ist dann der Lackmustest dafür, ob sich Investitionen überhaupt lohnen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist sehr einfach, immer neue Investitionen und Expansionen zu fordern, wenn man sie selbst nicht finanzieren muss. Von daher sagen wir: Angesichts der Tatsache, dass in Wilhelmshaven ein Tiefwasserhafen gebaut werden soll, der im Jahr 2006 in Betrieb gehen soll, und es gleichzeitig die Planung des Senats in Bremen ist, auch im Jahr 2006 einen großen Containerhafen CT IV in Betrieb zu nehmen, wäre das also sozusagen eine absolut parallele Investition für die gleiche Zielgruppe, für die Schiffsgrößen, die hier ins Auge gefasst werden sollen. Das ist eine doppelte Investition, die einfach nicht notwendig sein kann!

Von daher ist unser Antrag so aufgebaut, dass die Bürgerschaft fünf Punkte beschließen soll, und zwar für den Bereich, für den wir eine Verantwortung tragen. Erster Punkt: Die Bürgerschaft spricht sich gegen einen weiteren Ausbau des Containerterminals CT IV auf den ökologisch wertvollen Flächen vor Weddewarden aus, meine Damen und Herren. Ich habe den Sinn dieser Forderung, denke ich, eben belegt.

(Abg. T e i s e r [CDU]: Punkt eins abge- lehnt!)

Punkt zwei: Die Bürgerschaft (Landtag) spricht sich gegen eine weitere Vertiefung der Außenweser aus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. T e i s e r [CDU]: Abgelehnt!)

Heute morgen hatten wir ja schon vom Sprecher der Sozialdemokratischen Partei, was die Umweltfragen angeht, eine deutliche Skepsis zu vernehmen, die auch zu Recht besteht. Es macht ja keinen Sinn, das Ausbauprojekt Wilhelmshaven als Kooperation zu verkaufen, wenn man gleichzeitig darangeht, andere Standorte ebenfalls auszubauen. Hamburg bekommt Altenwerder und will noch Moorburg und die Elbvertiefung hinzu, wir bauen Wilhelmshaven mit der Jade und ihrer Vertiefung, und dann sollen wir noch den Bremer Hafen ausbauen und auch die Außenweser vertiefen. Meine Damen und Herren, das ist keine Kooperation, sondern eine Expansion zu Lasten und auf Kosten der öffentlichen Haushalte, die überhaupt nicht Not tut.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Viertens: Wenn wir schon einen neuen Tiefwasserhafen bauen, und wir sehen die Notwendigkeit auch, wenn die Chance besteht, hier zu einer echten gemeinsamen Hafenkooperation zu kommen, dann sprechen wir uns dafür aus, und wir hoffen, dass die Bürgerschaft das auch tut, dass sich die privaten Nutzer der Infrastrukturen an den Kosten der Infrastrukturen auch beteiligen, meine Damen und Herren. Es kann nicht sein, dass Häfen immer nur zu Subventionstatbeständen verkommen.

(Glocke)

Ich bin gleich soweit, ich will Ihnen nur noch den letzten Punkt fünf darlegen.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Die Zeit ist abgelaufen!)

Punkt fünf: Die Bürgerschaft fordert den Senat auf, sich auf europäischer Ebene für eine Politik der Hafenkooperation eben mit diesem Ziel der Ressourceneinsparung einzusetzen. Was für bremische Politik und die norddeutsche Regionalpolitik richtig ist, kann natürlich auch auf europäischer Ebene nur richtig sein. Dafür soll sich der Senat dann auch gefälligst einsetzen, ich denke, dann betreibt er eine richtige Politik. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Beckmeyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde ist das die Fortsetzung der Debatte vom 22. Februar 2001 zu einem ähnlich gelagerten Thema. Ich denke, es ist gut, dass wir heute noch vor dem Sommer die Debatte führen und die Mitteilung des Senats vom 3. April 2001 hier beraten. Ich bin mir sicher, dass das, was in der Mitteilung des Senats aufgeschrieben ist, ein wesentlicher Fortschritt für die Kooperation der deutschen Seehäfen ist, gerade auch in Konkurrenz zu Mitbewerbern in der Westrange. Ich glaube, es ist ein gutes Beispiel dafür, wie Kooperation auch aussehen kann, die gezwungenermaßen, aber auch in einigen Teilen freiwillig organisiert und auch mit Perspektive in die Zukunft gestaltet worden ist. Es gibt dabei ein paar markante Aussagen in diesem Bericht. Ich will sie nicht alle vortragen, aber ich will auf einige punktuell zu sprechen kommen.

Da steht: Der Bau eines Tiefwasserhafens ist eine Entscheidung, die bis in die Mitte des Jahrhunderts reicht. Dieser Satz ist einfach, aber in seiner Wirksamkeit und Wirkung entscheidend, weil er natürlich aufzeigt, in welche Richtung Hafenpolitik in Deutschland eigentlich gehen muss und wird.

Herr Schramm, in dem Zusammenhang schon eine Anmerkung zu Ihnen: Es ist keine Entwicklung gegen die Stammhäfen, sondern es ist eine Ergänzung zu den Stammhäfen Hamburg und Bremen.

(Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist falsch!)

Wer glaubt, dass diese Entscheidung in Wilhelmshaven die Stammhäfen in irgendeiner Form ersetzen wird, der geht fehl, weil, und ich will es auch begründen, die Potentialprognosen, die angestellt worden sind und teilweise nur eine Reichweite bis zum Jahr 2015, vielleicht bis 2020 haben und einige sogar noch als sehr konservativ angesehen werden, diese Notwendigkeit auch schon heute aufzeigen.

Wenn Sie, Herr Schramm, sagen, im Jahr 2006 geht Wilhelmshaven an den Markt, ist das ein hehres Ziel. Ich glaube es nicht.