Protocol of the Session on March 21, 2001

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/623 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 15/577, auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.53 Uhr)

Vizepräsident Dr. Kuhn eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Zusammenhänge und Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung in und für Bremen

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 14. Dezember 2000 (Drucksache 15/570)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 13. März 2001

(Drucksache 15/659)

Wir verbinden hiermit:

Positive Einwohnerentwicklung im Land Bremen

Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 20. März 2001 (Drucksache 15/667)

Regelmäßige Berichterstattung über die Zusammenhänge und Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung in und für Bremen

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 20. März 2001 (Drucksache 15/671)

Als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf, ihm beigeordnet Staatsrat Professor Dr. Hoffmann.

Herr Bürgermeister, Sie haben die Möglichkeit, die Antwort des Senats mündlich zu wiederholen. – Das wird nicht gewünscht. Ich bedanke mich.

Es erfolgt eine Aussprache, wenn dies gewünscht ist. – Das ist der Fall.

Wir treten in eine Aussprache ein.

Das Wort erhält der Abgeordnete Pflugradt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben die Große Anfrage „Zusammenhänge und Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung in und für Bremen“ eingebracht.

(Unruhe – Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Reden Sie doch etwas lauter!)

Liebe Kollegin, ich bin nicht ganz so fit mit meiner Stimme, deswegen fällt es mir ein bisschen schwer, so laut zu reden, um die Zwiegespräche, die es hier im Hause gibt, zu übertönen. Ich werde es aber trotzdem versuchen.

Ich glaube, wenn wir unseren Koalitionsauftrag nehmen – sanieren und investieren, Arbeitsplätze schaffen, die Menschen in dieser Stadt halten –, dann ist es ganz wichtig, dass wir uns mit der Frage der Bevölkerungsentwicklung in unserem Bundesland beschäftigen. Deswegen hat meine Fraktion diese Große Anfrage eingebracht. Ich glaube, dass sie auch eine ganze Reihe von wichtigen Informationen und Hinweisen gibt für das, was wir bisher getan haben und wo wir noch verstärkt etwas tun müssen.

Wir haben deswegen hier auch einen Antrag eingebracht, der den Senat bittet, jährlich einen entsprechenden Bericht zur Bevölkerungsentwicklung zu geben und aufzuzeigen, welche Antworten oder Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Ich glaube, meine Damen und Herren, wenn der Senat im nächsten Jahr einen Bericht vorlegt, dass an der einen oder

anderen Stelle die Aufbereitung des Zahlenmaterials noch ein Stück weit besser sein könnte. Wir wollten keinen Zahlenfriedhof, sondern wir wollten Informationen haben. Die kann man bei den Fragen, wie wir sie gestellt haben, in noch komprimierterer Form geben.

Welche Bedeutung hat die Abwanderung von Menschen, der Bevölkerungsverlust, den wir teilweise zu verzeichnen hatten? Wir haben in der Stadtgemeinde Bremen von 1990 bis 1999 insgesamt 83 400 Fortzüge ins Umland gehabt, Zuzüge allerdings auch in nennenswerter Zahl, nämlich 49 400. Das vergisst man hier und da, wenn man nur über die Abwanderung ins Umland redet. Trotzdem aber bleibt ein Nettoverlust von 34 000 Einwohnern.

Wenn wir die Steuermindereinnahmen pro Kopf von 6000 DM, wie es allgemein immer gesagt wird, nehmen, sie auf diese 34 000 Personen und dann auf zehn Jahre hochrechnen, dann bedeutet dies – und das muss man sich immer wieder vor Augen führen, das wird bei der einen oder anderen Debatte doch leicht vergessen – einen Einnahmeverlust für die nächsten zehn Jahre bezogen auf diese 34 000 Menschen, die uns bisher schon verlassen haben, von rund 2,04 Milliarden DM. Daran wird deutlich, welches enorme Finanzpolster uns durch diese Abwanderung verloren geht. Im Bildungsbereich, im Sozialbereich, im Wohnumfeldbereich und so weiter, da, wo wir etwas tun müssen und können, gehen uns Gelder verloren, wenn wir der Abwanderung nicht Herr werden.

Dies wird auch daran deutlich, das kommt auch in der Antwort des Senats zum Ausdruck, wie der Einnahmezuwachs in Bremen, in Oldenburg und im Umland in den letzten zehn Jahren war. Wir hatten in Bremen einen Einnahmezuwachs von 22,6 Prozent, in Oldenburg einen Einnahmezuwachs von 42,5 Prozent, und das Umland hatte einen Einnahmezuwachs von 53 Prozent. Das macht deutlich, das, was wir verloren haben, haben die Gemeinden gewonnen. Sie können damit die Infrastruktur errichten, die wir eigentlich als Oberzentrum für Bremen und das Umland errichten müssten.

Wie hat sich die Bevölkerung im Bundesland Bremen entwickelt? Wir hatten 1990 682 000 Einwohner, hatten den Höhepunkt der Bevölkerungszahl mit 686 000 Einwohnern und sind inzwischen auf 683 000 Einwohner gesunken. Es gibt eine Untersuchung des Statistischen Landesamtes, die ich mir in diesem Zusammenhang noch einmal ausgiebig angesehen habe – das kommt in der Antwort des Senats nicht zum Ausdruck –, da werden die Fortzüge von 1978 bis 1999 untersucht. Wir haben in diesem Zeitraum von 1978 bis 1999 Fortzüge in Höhe von 1 393 178 Einwohnern. Das zeigt auf, welche riesige Fluktuation wir hier haben. Dies ist ein Risiko, es ist aber auch eine Chance. Das muss man immer gleichzeitig sehen.

Es ist ein unheimliches Bewegungspotential, wie viele Menschen wegziehen, aber auch herziehen. Deswegen geht es darum, wenn sie wegziehen, müssen wir ihnen eine Chance bieten, sich hier woanders anzusiedeln. Wenn wir uns einmal anschauen, wie die Einwohnerverluste, auch bezogen auf diesen Zeitraum von 1978 bis 1999, gewesen sind, dann sehen wir, dass im Stadtbezirk Süd der größte Verlust mit einem Minus von 6,8 Prozent gewesen ist, in Ost minus 5,3 Prozent, in West minus 4,5 Prozent und in Nord minus 3,5 Prozent.

Die größten Wohngebiete, die wir ausweisen, weisen wir gar nicht dort aus, wo der größte Verlust gewesen ist, nämlich in Süd. Wenn ich an Brokhuchting denke, dort brauchen wir sechs Jahre und haben noch keinen einzigen Stein der 400 Wohneinheiten aufeinander gesetzt, da müssen wir viel mehr tun. Im Bremer Osten geben wir eine Antwort. Aber welche Antwort geben wir denn? Wir müssen uns das ja selbstkritisch fragen. Ich komme nachher noch auf die Senatsantwort, weil es da auch einen Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung gibt. Im Bremer Westen weisen wir nicht ausreichend Flächen aus. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir zwar schon eine Menge bewegt haben, ich komme nachher noch einmal darauf zurück, aber dass wir auch noch eine Menge tun müssen.

Wenn ich die Bevölkerungsentwicklung bundesweit im Vergleich zu Bremen betrachte, dann ist Bremen das einzige westdeutsche Bundesland, das zwischen 1990 und 1999 Bevölkerungsverluste gehabt hat. Alle anderen Bundesländer haben Zuwächse gehabt, das kann man ja auch an der bundesweiten Entwicklung sehen. Wir hatten 1991 80,2 Millionen Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, 1999 82,1 Millionen Menschen. Wenn ich dann einmal den Vergleich zwischen Bremen und den anderen Bundesländern nehme, das kann man auch wunderschön an einer Grafik sehen, dann waren 1990 alle bei 100 Prozent.

(Zurufe und Heiterkeit bei der SPD – Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich möchte sie auch noch einmal sehen!)

Auch Sie können es sehen, Herr Präsident?

Da oben geht die Kurve für das Bundesgebiet hin, dahin geht die Kurve für Hamburg, und wir gehen ein Stück weit in den Keller. Das macht deutlich, dass wir noch eine Menge zu tun haben, eine Menge Aufgaben vor uns haben.

Zum Vergleich Bremens mit dem Umland möchte ich noch einmal mit Genehmigung des Präsidenten die Antwort des Senats zitieren, da heißt es: „Auffällig ist dabei der durchweg positive Saldo der so genannten natürlichen Bevölkerungsveränderung im Bremer Umland, während in den an Bremerhaven angrenzenden Gemeinden in jedem der hier be

trachteten Jahre mehr Menschen gestorben sind, als geboren wurden. In beiden Umlandregionen ist der aufgezeichnete Bevölkerungszuwachs im Wesentlichen auf die zuziehenden Personen zurückzuführen. Sieht man von den ersten Jahren nach der starken Zuwanderung der Asylbewerber und der Zuwanderung via Wiedervereinigung oder Grenzöffnung ab, so wird aus der Zusammenschau deutlich, dass die Zuwanderungsgewinne von 1995 bis 1999 der jeweiligen Umlandgemeinden und Städte ganz überwiegend aus fortziehenden Personen der Kernstädte Bremen und Bremerhaven resultieren. Es zeigt sich darüber hinaus, dass die Wanderungsgewinne der Umlandgemeinden im Bremerhavener Raum sogar Verluste gegenüber dem übrigen Bundesgebiet kompensierten.“

Meine Damen und Herren, wenn man dann Bremen im Vergleich zu Hamburg, zu Stuttgart oder zu Oldenburg betrachtet, dann stellt man fest, Hamburg hat von 1990 bis 1999 einen Gewinn gehabt, Stuttgart auch. Nun wird ja immer wieder gesagt, es gibt die Wanderung ins Umland. Da können wir auf das Beispiel von Oldenburg eingehen. Die Oldenburger haben es in diesem Zeitraum geschafft, einen Einwohnerzuwachs von 143 000 auf 154 000 Menschen zu erreichen. Dazu wird ja auch in der Senatsantwort gesagt, dass sich Oldenburg hier besonders positiv entwickelt hat.

Welche Ursachen hat diese Entwicklung Bremens im Vergleich zu anderen Bundesländern und zu anderen Städten?

(Glocke)

Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Damit habe ich gar nicht gerechnet. Ich will mit zwei, drei Sätzen zum Ende kommen und kann dann vielleicht im nächsten – –.

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Vielleicht liegt es daran, dass Sie nicht so schnell reden wie sonst!)