Protocol of the Session on February 22, 2001

Wer den Wahlvorschlägen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) wählt entsprechend.

Ich bitte den Abgeordneten Eckhoff, zur konstituierenden Sitzung dieses Ausschusses einzuladen!

Weil die Bürgerschaft (Landtag) gemäß Artikel 125 der Landesverfassung Anträge auf Verfassungsän

derungen nach der ersten Lesung zu überweisen hat, lasse ich jetzt über die Überweisung abstimmen.

Wer der Überweisung des Gesetzes zur Änderung der Landesverfassung, Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Orientierung, mit der DrucksachenNummer 15/581 an den soeben eingesetzten Ausschuss nach Artikel 125 der Landesverfassung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den nichtständigen Ausschuss gemäß Artikel 125 der Landesverfassung.

Fazit nach fünf Jahren Pflegeversicherung

Mitteilung des Senats vom 9. Januar 2001 (Drucksache 15/587)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Adolf.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Fünf Jahre Pflegeversichungsgesetz waren es der Koalition wert, einmal nach ihrer Bedeutung für das Gemeinwohl in Bremen und Bremerhaven zu fragen. Die Antwort des Senats ist sehr gründlich und ausführlich ausgefallen. Dafür spreche ich den Dank der CDU-Fraktion aus.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsident D r. K u h n übernimmt den Vorsitz.)

Als eingeschobener Nebensatz: Nicht immer, wenn wir nach der Pflegeversicherung gefragt haben, waren die Antworten so günstig, wie sie heute ausgefallen sind.

Meine Damen und Herren, die fünfte Säule der sozialen Sicherung, die Pflegeversicherung, hat sich neben der Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Unfallversicherung und der Krankenversicherung bundesweit etabliert. Als die Pflegeversicherung im Jahr 1995 Gesetz wurde, lagen hin

ter den beteiligten Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitikern eine zwanzigjährige Diskussion und 17 Gesetzentwürfe. Zehn Jahre habe ich die Diskussion mitgemacht, nicht nur als Deputierter hier im Haus. Sehr viele, die zu Beginn über die Pflegeversicherung nachgedacht und sie formuliert haben, haben das Ende der Pflegeversicherung als Gesetzesabschluss, zumindest in Amt und Würden, nicht mehr erlebt.

Heute ist die Zustimmung zur Pflegeversicherung auch bei den Arbeitnehmern überwiegend positiv. Sie werden sich daran erinnern, dass für die Arbeitnehmer bei der Einführung der Pflegeversicherung ein Feiertag wegfiel, und wir erinnern uns sicherlich noch gut an die Diskussion, die wir an unseren Informationsständen hatten.

Staatssekretär Erwin Jordan vom Bundesgesundheitsministerium erklärte – ich glaube, er ist es jetzt nicht mehr, aber er gilt als Zeitzeuge, man kann ihn immer noch anführen, er war es zu der Zeit, als er es gesagt hat – die Pflegeversicherung als sozial ausgewogen und nicht mehr wegzudenken. Zwei Drittel der Befragten, die von der Pflegeversicherung betroffen sind, äußerten sich zufrieden über die Leistungen der Versicherung. Das spricht eigentlich schon für die Pflegeversicherung. Der Senat führt in seiner Antwort aus, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Pflegeversicherung stellt einen Meilenstein in der sozialpolitischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland dar. Die soziale Pflegeversicherung hat sich in den vergangenen fünf Jahren bewährt.“

Es gibt dennoch nach wie vor Schwächen und Risiken bei der Ausgestaltung und Durchführung der Pflegeversicherung, das will ich nicht verschweigen. Diese Schwächen sind teilweise auch bewusst in Kauf genommen worden, weil man erst einmal ein ganz neues Gesetz beginnen wollte und Erfahrungen damit sammeln musste oder wollte.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Zu den Schwächen komme ich noch, Frau Linnert! Allerdings ist es für die CDU-Fraktion keine Schwäche, dass es keine Vollversicherung geworden ist. Die Verantwortung der Menschen untereinander sollte durch Geld nicht entsolidarisiert werden. Dass dieser Erfolg eingetreten ist, darüber geben Statistiken in der Antwort Aufschluss.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen auch noch einmal eine weitere große, besondere soziale Errungenschaft der Pflegeversicherung in Erinnerung rufen. Erstmals bekommen durch die Pflegeversicherung die Personen, die im häuslichen Umfeld an Angehörigen oder Ehegatten Pflege verrichten, das sind in der Regel die Frauen, eine Rentenversicherung bezahlt. Sie sichern sich durch die Pfle

ge, die sie zu Hause verrichten, eine Teilrente für ihr späteres Alter.

Zurzeit bekommen 550 000 Personen diese Rentenversicherung, und das ist ein Jahresbeitrag von der Pflegekasse an die Rentenversicherungskasse von 2,2 Milliarden DM. Ich glaube, diesen Betrag kann die Rentenversicherung, wie wir alle wissen, auch gut gebrauchen. Es ist eine Leistung, die von heute aus von der Pflegeversicherung in die Zukunft wirkt, denn die Frauen bekommen diese Rente ja erst in der Zukunft. Dies ist ein sozialer Beitrag der Pflegeversicherung, der auch in der Zukunft noch Ergebnisse zeigen wird.

Für das Land Bremen, meine Damen und Herren, entnehmen wir der Antwort des Senats, dass Bremen seit Einführung der Pflegeversicherung einen Betrag von 480 Millionen DM eingespart hat. Es ist kaum auszudenken, wie die Lage des Haushaltes wäre, wenn wir auch noch diese 480 Millionen DM hätten aufbringen müssen, oder wie die Lage der zu Pflegenden wäre, wenn es die Pflegeversicherung nicht gäbe.

(Beifall bei der CDU)

In der Vergangenheit war der Senat bei der Nennung von Einsparungen durch die Pflegeversicherung immer deutlich zurückhaltender und bescheidener. Ein sehr verdienter ehemaliger Staatsrat äußerte sich dazu immer sehr zurückhaltend. Ich habe mir auf mein Manuskript geschrieben: kein Lob für Punkt, Punkt, Punkt! Er war dort sehr zurückhaltend, was die Einsparungen durch die Pflegeversicherung anging.

Die Tabellen in den Punkten 2.1 bis 2.4 sind sicherlich von großer Aussagekraft, aber das mehr für die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker hier im Haus. Die anderen Damen und Herren würde ich sehr bitten, sich diese Tabellen anzuschauen und einmal einen Moment darüber nachzudenken. Eine von diesen Tabellen lege ich Ihnen aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch ans Herz.

Der Tabelle eins von Punkt 2.5 können Sie entnehmen, dass meine Aussage mit der nicht stattgefundenen Entsolidarisierung richtig ist. Sie finden in der Altersstufe bis 15 Jahre einen hohen Anteil an zu Pflegenden in Stufe drei, zu Hause. Diesen Anteil finden Sie aber nicht in der stationären Pflege. Deswegen sage ich noch einmal, hier wird in den eigenen vier Wänden so lange gepflegt, wie es möglich oder zu verantworten ist. Das ist auch einer der Beweggründe der Pflegeversicherung gewesen, ambulant vor stationär oder möglichst viel zu Hause zu pflegen.

(Beifall bei der CDU)

Zurzeit bauen die Pflegekassen ihren Juliusturm, den sie hatten, etwas ab. Für die Jüngeren zum Ju

liusturm: Es gab einmal einen Finanzminister Julius, da hatte die Bundesregierung so viel Geld, dass sie Geld auf die Kante legte, und das nannte man Juliusturm. Zum Teil baut sie ihn deswegen ab, weil man die Zahlen der zu Pflegenden falsch eingeschätzt hat. Sie wissen ja, die demographischen Entwicklungen schreiten fort. Bei jedem Rentenbericht, den wir neu bekommen, gibt es neue Zahlen über Lebenserwartungen von Menschen. Das Geld, das jetzt fehlt, wird bei gleicher Leistung der Pflegeversicherung bei zunehmender Beschäftigung, die wir glücklicherweise in unserem Land haben, im Jahr 2003 wieder ausreichen, um die Pflegeversicherung in der Form, wie sie heute besteht, nicht in einer ausgeweiteten Form, wieder voll zu finanzieren, ohne auf Rücklagen zurückgreifen zu müssen.

Meine Damen und Herren, in mehreren Debatten haben wir uns hier im Haus schon darüber unterhalten, wie sich die Pflegelandschaft in Bremen und Bremerhaven verändert hat. Es ist ein sehr gutes System von ambulanten Pflegediensten, teilstationären Pflegeformen, Tagespflegestellen und stationären Einrichtungen entstanden. In allen diesen Einrichtungen arbeiten Menschen, verrichten Dienst an Menschen, erzielen dadurch ein Einkommen und bestreiten damit ihren Lebensunterhalt. Auch das ist eine Folge von fünf Jahren Pflegeversicherung.

Auf richtige Innovation in der ambulanten Pflege warten wir aber bis heute eigentlich noch vergeblich, obwohl die Sozialdeputation dafür auch Gelder auslobt, wenn Innovationen in der Pflege dargeboten werden. Der Durchbruch ist dort aber noch nirgendwo entstanden, meiner Meinung nach jedenfalls, ich mag mich da auch täuschen.

Bevor ich auf Berlin eingehe, wo sich im Moment auch der Bundestag mit der Pflegeversicherung und Veränderungen beschäftigt, möchte ich an dieser Stelle unterbrechen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Arnold-Cramer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit fast sechs Jahren müssen Beiträge für die Pflegeversicherung entrichtet werden, und damit begann in Deutschland eine große Auseinandersetzung mit dem Thema Pflege, in deren Verlauf besonders qualitative Forderungen erhoben, aber auch formuliert wurden. Ein neues Selbstbewusstsein der Betroffenen und ihrer Angehörigen entstand zuerst im stationären Bereich. Hier wurden Defizite und Mängel in der Versorgung aufgezeigt und Veränderungen konsequent eingefordert.

Das Zusammenspiel der Kontrollorgane, dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen und der staat

lichen Heimaufsicht war in den vergangenen Jahren bundesweit nicht immer so komplikationslos wie in Bremen. Bei uns in Bremen ist das Qualitätsniveau der Pflegeeinrichtungen einheitlicher. Auf kurzem Wege konnten Verbesserungen abgesprochen werden, vereinzelt kam es auch zu Schließungen. Bundesweit zeigt sich aber, dass die Umsetzung und die Verankerung von Qualitätsstandards in der Pflege sehr unterschiedlich entwickelt sind. Auffällig ist das besonders stark ausgeprägte Nord-Süd-Gefälle.

Das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Pflegequalitätsgesetz soll im engen Zusammenhang mit der Novellierung des Heimgesetzes einheitliche Pflegestandards entwickeln und zu einer Weiterentwicklung in der Pflegequalität führen. Ein besonders wichtiger Punkt in diesem Gesetzespaket ist die Stärkung des Verbraucherschutzes.

(Beifall bei der SPD)