Protocol of the Session on February 22, 2001

(Beifall bei der SPD)

Das alles gilt leider nur für den stationären Bereich der Pflege. Bundeseinheitliche Regelungen für die ambulanten Dienste, die mindestens genauso wichtig sind wie die stationären Einrichtungen, konnten leider nicht auf den Weg gebracht werden. Es ist aber ein erklärtes Ziel der Pflegeversicherung, der häuslichen Pflege den Vorrang einzuräumen.

Angesichts der demographischen Entwicklung nimmt in absehbarer Zeit die Zahl der älteren Menschen und somit auch die Zahl der Pflegebedürftigen stark zu. Entsprechend boomt der Pflegemarkt. Umso wichtiger ist es deshalb, auch ein allgemein gültiges Qualitätsmanagement für den ambulanten Bereich zu fordern und schnellstmöglich umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Bremen hat hier eine Vorreiterrolle übernommen, was sich auch für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bemerkbar macht mit einem über dem Bundesdurchschnitt liegenden Pflegestandard.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können sich meist nur sehr schwer einen Überblick über die Pflegeangebote verschaffen. Diese Situation gilt so auch für Bremen. Es ist nach Auffassung der SPDFraktion erforderlich, die Kapazitäten personell wie auch finanziell und vor allen Dingen die Kompetenzen der einzelnen Beratungsangebote zu bündeln und ein zentrales Informationszentrum für Pflege in Bremerhaven wie auch natürlich in Bremen einzufordern.

(Beifall bei der SPD)

In dieser Anlaufstelle sollten Pflegeexperten Rat suchenden Angehörigen und Betroffenen mit Tipps, Informationen und der Vermittlung von Hilfe zur

Seite stehen. Dies gilt ganz besonders für eine seriöse Hilfsmittelberatung.

(Beifall bei der SPD)

Rund drei Viertel aller pflegebedürftigen Menschen werden in ihrer eigenen Wohnung gepflegt. Das geht nur mit einem enormen Engagement von Angehörigen. Mit über 90 Prozent, und wen wundert es hier, muss die Pflege natürlich von Frauen geleistet werden. Erstmals erhalten pflegende Angehörige abhängig vom Umfang der Pflege und der Pflegestufe für diese Pflege Leistungen aus der gesetzlichen Renten- und der Unfallversicherung. Im Bericht des Senats ist diese Errungenschaft der Pflegeversicherung beschrieben. Das ist zweifellos ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Die Zahlen machen aber auch Folgendes deutlich: Von den zirka 1,35 Millionen Leistungsempfängern im ambulanten Bereich – diese Zahlen sind schon ein bisschen älter und im Bericht des Senats genannt, aktuell ist es schon wesentlich höher – sind gerade einmal 550 000 Angehörige versichert. Herr Oppermann hat es auch angesprochen. Bei der Annahme, dass über 90 Prozent der Pflegepersonen Frauen sind, errechnet sich hier leider nur eine Versicherungsquote von gerade einmal 37 Prozent. Warum werden die anderen Frauen nicht in die Renten- und Unfallversicherung aufgenommen?

(Beifall bei der SPD)

In die Sozialversicherung kommt nicht, wer mehr als 30 Stunden in der Woche arbeitet beziehungsweise eine eigene Rente bezieht. Wenn wir dies als Grundlage für die Betrachtungen mit heranziehen, dann zeigen die Zahlen sehr deutlich, welchen Belastungen die Frauen in der häuslichen Pflege ausgesetzt sind. Für 850 000 Frauen – jetzt also aktuell wahrscheinlich noch viel mehr – gilt, neben der eigenen Berufstätigkeit und den anderen familiären Aufgaben muss wie ganz selbstverständlich die Pflege nebenher geleistet werden. Viele ältere Frauen pflegen ihren Partner oder ihre Partnerin. Aber genau aus dieser Doppel- beziehungsweise Überbelastung der Frauen in der Familienpflege erwachsen zukünftig große Probleme, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in nächster Zeit stark zunimmt.

Demenzkranke, die zu Hause gepflegt werden, sollen für einen Tag in der Woche als zusätzliche Leistung eine Tageseinrichtung besuchen. Dies ist eine neue aktuelle Diskussion mit dem Ziel, in der Pflegeversicherung die Demenzkranken zu fördern, aber auch den Angehörigen Entlastung zu verschaffen. Unter Fachleuten ist dieser Vorschlag sehr umstritten. Altersverwirrte Menschen für einen Tag aus der gewohnten Umgebung herauszunehmen bringt mehr Unruhe als Entlastung. Aber genau diese Ent

lastung ist so wichtig für die Angehörigen. Wo aber ist die Unterstützung der Angehörigen im System der Pflegeversicherung verankert? Eine Frage, die in der Diskussion um fünf Jahre Pflegeversicherung bisher viel zu kurz gekommen ist!

(Beifall bei der SPD)

Diese Frage muss aber beantwortet werden, um der Pflegeversicherung mit der primären Ausrichtung auf die häusliche Pflege überhaupt eine Chance einzuräumen. Sicherlich ist es Tatsache, dass noch mehr Familien die ambulanten Dienste in Anspruch nehmen könnten, um sich mit externer Hilfe Entlastung zu besorgen. Auch Tages- und Kurzzeitpflege ist ein Angebot, das viel zu selten nachgefragt wird, oft aber auch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Es gibt auch sonst noch vielfältige Gründe, warum vor allen Dingen Frauen sich in der Familienpflege so überfordern. Welche Möglichkeiten gibt es, ihnen die Entlastung zu vermitteln? Die SPD-Fraktion schlägt vor, auf Landesebene tätig zu werden, indem ein Konzept zur Qualitätsentwicklung in der Laienpflege erarbeitet und umgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Fazit nach jetzt fast sechs Jahren Pflegeversicherung ist in vielen Bereichen unbestritten positiv. Aber nur, wenn wir die Veränderungsvorschläge und die Kritik aufnehmen, können wir die Pflegeversicherung zum Wohle der Leistungsempfänger umsetzen. Dieses Umsetzen, diese Weiterentwicklung ist auch hier im Lande Bremen möglich, obwohl es sich bei der Pflegeversicherung ja um ein Bundesgesetz handelt. Für die SPD-Fraktion habe ich hier heute konstruktive Vorschläge vorgetragen, und ich bin gespannt, wie und wann diese umgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Antwort des Senats auf den Berichtsantrag der Bürgerschaft ist ausführlich und informativ, sie benennt Defizite der Pflegeversicherung und ihre Veränderungsnotwendigkeiten. Es ist allerdings nicht zutreffend, dass die Pflegeversicherung einvernehmlich beschlossen wurde. Die Grünen waren weder mit dem Versicherungsmodell einverstanden – weil wir eine steuerfinanzierte Lösung wollten, was wir auch nach wie vor im Prinzip für richtig halten, weil die Belastung der lebendigen Arbeit sich eher als eine Fehlentwicklung erwiesen hat, wenn man überlegt, dass man Arbeitslosigkeit entgegenwirken muss –, noch

wollten wir die reine Ausrichtung der Pflegeversicherung auf körperliche Pflege, weil das sozial- und gesundheitspolitisch nicht sinnvoll ist, darüber ist im Grunde auch die Zeit hinweg gegangen. Auch die vom Senat selbst benannten Defizite der Pflegeversicherung hängen ganz stark mit dieser sehr stark körperlichen Ausrichtung der Pflegeversicherung zusammen. Wir wollten auch keine Ausgrenzung von behinderten Menschen aus der Pflegeversicherung, und wir wollten einen klareren Vorrang ambulanter Hilfen, als das im Gesetz steht. Auch den Mumpitz mit dem Buß- und Bettag will ich hier nicht ganz unerwähnt lassen, auch das fand gegen die Zustimmung der Grünen statt.

Im Übrigen, Frau Senatorin Adolf, hätte ich eine Diskussion des Berichts nicht nur in der Deputation für Gesundheit und Arbeit für sinnvoll gefunden, fachlich ist die Deputation für Soziales zuständig, und es wäre ganz schön, wenn wir das in Zukunft, vielleicht in gemeinsamer Sitzung, auch wieder so handhaben könnten. Es gibt aus grüner Sicht an der Pflegeversicherung nicht so sehr viel zu feiern, wie hier vor allen Dingen Herr Oppermann das gesagt hat. Jetzt kommt der alte Streit, ist das Glas halb voll oder halb leer,

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Ich bin ja noch nicht fertig!)

das hatten wir bei dem Thema hier schon einmal, das will ich auch nicht wieder aufwärmen. Zum Glück ist es aber so, dass die Mitteilung des Senats die Probleme wenigstens nicht schönredet und dass sie eine ganz gute Grundlage bietet, um jetzt zu sagen, was man eigentlich behutsam verändern kann.

Ich fand es nicht so gut zu sagen, ein paar Defizite der Pflegeversicherung, das war auch Absicht, das sollte irgendwie erst neu versucht werden. Da muss man sich schon überlegen, für welche Lebenssituation so ein Gesetz geschaffen ist, und da gilt der Anspruch an den Gesetzgeber, ganz besonders sorgfältig zu sein und sich nicht dem Verdacht auszusetzen, dass man da über Versuch und Irrtum mit pflegebedürftigen Menschen versucht, sich einer besseren oder billigeren gesetzlichen Regelung anzunähern. Jetzt, da es die Pflegeversicherung gibt, muss man sie verbessern, das haben auch Vorredner gesagt. Der Senat nennt aus grüner Sicht die richtigen Punkte, ich möchte hier zwei gern noch einmal hervorheben, die auch etwas mit Bremen zu tun haben.

Vor der Pflegeversicherung hat es eine ganz lange Diskussion darüber gegeben, wie es eigentlich kommt, dass so viele alte Menschen, zum Teil auch gegen ihren Willen, in Alters- und Pflegeheimen landen. Die Analyse, wie das eigentlich passieren konnte, ist zum Ergebnis gekommen, dass es sehr häufig passiert, dass ein älterer Mensch sich zu Hause einen Schenkelhals bricht, dann ins Krankenhaus

kommt und man dann von da aus über seinen Kopf hinweg der Meinung ist, dass er jetzt nicht mehr allein leben kann. Dann wird ein Heimträger beauftragt, und die älteren Menschen sind dann sehr schnell in Pflegeeinrichtungen gelandet. Dann wurde, zum Teil auch ohne ausdrückliche Zustimmung der älteren Menschen, die Wohnung aufgelöst, und irgendwann gab es keinen Weg mehr zurück. Das hat mit Selbstbestimmung pflegebedürftiger Menschen überhaupt nichts zu tun, es ist auch gesetzwidrig, trotzdem war das gängige Praxis.

Daraufhin hat man dann, um das zu verhindern, das Konzept der Kurzzeitpflegeeinrichtungen geschaffen, mit dem dann ganz klar ist, dass ältere Menschen, die kurzzeitig in Krankenhäuser kommen und Hilfe brauchen, von dort aus dann in Kurzzeitpflegeeinrichtungen untergebracht werden können. Da wird ihnen dann geholfen, zu Hause, in ihren eigenen vier Wänden – das ist ja nach wie vor der Wunsch von pflegebedürftigen älteren Menschen, dass sie in aller Regel gern zu Hause leben möchten –, von dort wird ihnen dann geholfen, vielleicht muss auch die Wohnung umgebaut oder geplant werden, wie sie wieder mit der häuslichen Situation klar kommen.

Das ist ein Konzept, das die Grünen immer gefördert haben, das wir immer richtig fanden, und jetzt stellt man fest, dass im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung, weil das Gesetz die gesetzlichen Grundlagen für die Kurzzeitpflege verändert, die Anzahl der Menschen, die aus der Kurzzeitpflege in stationäre Einrichtungen kommen, sehr stark angestiegen ist, weil, sage ich einmal, der Vorrang der ambulanten Hilfe da auch eher hintertrieben wird. Ich sage nicht, dass das absichtlich war, dass man diese Entwicklung wirklich gewollt hat, sie ist aber sehr ungut, das sagt der Senat auch selbst. Da muss unbedingt etwas passieren, um das Konzept der Kurzzeitpflege so umzuändern und eine Finanzierung so sicherzustellen, dass die Kurzzeitpflege wieder ihre ursprüngliche Funktion, nämlich zu verhindern, dass Menschen gegen ihren Willen in stationäre Pflegeeinrichtungen kommen, in Zukunft wieder erfüllen kann.

Der zweite Punkt, der im Senatsbericht angesprochen wird, ist: Es gibt eine unüberschaubare Vielfalt von Pflegeeinrichtungen, vor allen Dingen ambulante, aber auch stationäre, und es ist für Menschen, die Pflegedienstleistungen nachfragen, sehr schwer, sich da zurechtzufinden, zu sagen, was möchte ich eigentlich, wem vertraue ich. Man muss dabei berücksichtigen, dass derjenige, der sich eine Pflegeeinrichtung ins Haus holt oder sogar in eine Pflegeeinrichtung geht, sich da in ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis begibt. Also, das Bild, dass man sich dann ja auch frei irgendwie wehren und beschweren kann, wenn das alles nicht so richtig funktioniert, trifft leider nicht zu, und es ist so, dass Menschen, die Pflegedienste in Anspruch neh

men, ein besonderes Schutzbedürfnis haben und da aus unserer Sicht auch das Recht haben, dass der Staat ihnen dabei hilft, dass sie, wenn es dann eben zu Schwierigkeiten mit der Pflegeeinrichtung kommt, sich auch wehren können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Da sind die im Senatsbericht angesprochenen Zertifizierungen, die ja auch in Bremen ausgearbeitet werden, das finden wir auch gut, was das Gesundheitsamt da gemacht hat, ein wichtiger Schritt, aber nicht ausreichend. Wir begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass der Senat sich auf Bundesebene aktiv für das geplante Pflegequalitätssicherungsgesetz einsetzen will, das auch mitgestalten will und da sicherstellen will, dass gleiche Standards für den Bereich ambulante und stationäre Pflege gelten. Frau Senatorin Adolf, ich würde es gut finden, wenn wir die Zielsetzung, mit der Bremen da agiert, einmal in der Deputation besprechen könnten. Ich glaube, da könnten Sie sich auch noch Unterstützung im gesamten politischen Raum organisieren, vielleicht hilft Ihnen das.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zwei Wermutstropfen muss ich jetzt doch noch in die allgemeine Harmonie hier träufeln, das bezieht sich auch noch einmal auf Bremen. Das eine ist, in Bremen gibt es ja das Modell der Assistenzgenossenschaft, mit dem nach dem Arbeitgebermodell behinderte Menschen selbstbestimmt ihre Pflege organisieren können. Ich weiß, dass die Rechtslage der Pflegeversicherung solche Modelle eher nicht so über Gebühr fördert. Ich möchte Sie aber gern noch einmal daran erinnern, dass es auch in der Vergangenheit immer Zusagen gegeben hat, die Assistenzgenossenschaft zu unterstützen und ihr Überleben zu sichern, und da möchte ich gern von Ihnen die Zusage, dass Sie alles tun, was im rechtlichen Rahmen liegt – das haben Sie bisher getan, trotzdem sage ich einmal, zittern die von Monat zu Monat –, das ist klar und das ist wichtig, dass es ein klares Bekenntnis zur Assistenzgenossenschaft gibt, damit dieses Modell auch weiter Zukunft hat. Ein weiterer Punkt ist, die Pflegeversicherung ist ja auch mit großem Brimborium der Öffentlichkeit verkauft worden, schmackhaft gemacht und gefeiert worden. Dabei ist allen Menschen zugesagt worden, dass sich die Lage von niemandem verschlechtern soll. Damals hat es große Ängste bei behinderten Menschen gegeben, die ja gesehen haben, dass sie im Denken der Pflegeversicherung nicht wirklich vorkommen. Sie haben gesagt, das ist nicht in Ordnung, wenn wir pflegebedürftig sind, dann werden wir in Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur mit einem Pauschalbetrag gefördert, und das wird uns in Zukunft Schwierigkeiten machen. Da hat es große Ängste gegeben.

Es hat Versprechungen von Irmgard Gärtner gegeben, dass es auf keinen Fall dazu kommen soll, dass sich die Situation behinderter Menschen im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung verschlechtert. Ich weise darauf hin, dass es ja nach wie vor in Ihrem Hause Pläne gibt, dass Eingliederungshilfeeinrichtungen, also Einrichtungen, wo behinderte Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht allein oder nicht zu Hause leben können oder wollen, in Pflegeeinrichtungen umgewidmet werden, um mehr Geld aus der Kasse der Pflegeversicherung für die Pflege dieser behinderten Menschen zu bekommen.

Diese Pläne gibt es nach wie vor in diesem Haus, die Grünen wollen das auf keinen Fall, weil es nämlich den Charakter von Eingliederungshilfeeinrichtungen stark verändern wird, und es wird eben dann doch dazu kommen, dass behinderte Menschen sich in ihrem Standard verschlechtern, obwohl ihnen ja mehrfach zugesagt war, dass das nicht passieren soll. Man kann das nicht wollen, dass dann für behinderte Menschen im Grunde als Ende der Pflegeversicherung übrig bleibt, dass die Erben pflegebedürftiger Menschen die Nutznießer sind, während die Behinderten die Leidtragenden sind. Da muss man sehr genau aufpassen, dass dieser Eindruck nicht entsteht und es dafür auch wirklich keine Anhaltspunkte gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das wäre wichtig, dass Sie das hier richtig stellen und die Pläne in Ihrem Ressort aufgeben, denn so kann man auch sicherstellen, dass all die Leute, ich sage einmal, wie die Grünen oder die im Umfeld der Grünen, die doch viele Defizite und Schwierigkeiten bei der Pflegeversicherung sehen, sich dann trotzdem mit auf den Weg machen, dieses Gesetz, das es ja nun einmal so gibt, auch weiter konstruktiv zu begleiten und ein paar Sachen vielleicht auch noch zu verbessern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker aus allen Fraktionen haben für den 27. Februar, also in der nächsten Woche, eine Einladung von der AWO, wo es eine breitflächige Diskussion über dieses PQSG – Pflegequalitätssicherungsgesetz – und andere Gesetze gibt. Dort ist die AWO, die federführend für die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände ist, ganz anderer Meinung. Sie sagt, das, was in Berlin zurzeit debattiert wird – das kann man aus den Einladungsschreiben, die wir bekommen haben,

lesen –, erfüllt in keiner Weise den Zweck, der notwendig wäre. Der bürokratische Aufwand wirkt kontraproduktiv, allein 14 Verordnungen müssen geändert werden, damit eine neue Verordnung eingesetzt werden kann. Bei der Qualitätsprüfung wird durch den Gesetzentwurf vorgesehen, das Selbstverwaltungsprinzip massiv zu durchbrechen. Das gibt es in der Sozialversicherung noch nirgendwo, dass die Kassen sich nicht selbst kontrollieren können und auf ihre Qualität achten. Ich bin da sehr gespannt darauf, wie dieser Streit mit Berlin ausgeht und wie der Streit zwischen dem Gesetzgeber und den Wohlfahrtsverbänden, die das massiv kritisieren, ausgehen wird.

Aber ich will nach Bremen zurückkommen. Es gibt, und das haben meine Vorrednerinnen gerade gesagt, keinen Generalverdacht gegen Bremer Heime, dass dort Pflege schlecht gemacht wird oder dass dort Menschen nicht so gepflegt werden, wie sie es benötigen. In Bremen werden seit geraumer Zeit von den großen Heimbetreibern allzeitige Kontrollmöglichkeiten durch die Betreiber der Heime zugestanden, und das ist auch gut so. Dafür haben wir uns in vielen früheren Debatten auch alle gemeinsam eingesetzt.

Wichtiger ist aber die Qualität der Pflege, und hier in Bremen haben Pflegedienste unter der Mitarbeit der Universität ein Gütesiegel entwickelt und entwickeln es unter fachlicher Aufsicht fort, und das ist auch gut so. Die Menschen in Bremerhaven und Bremen erfreuen sich, wie in ganz Deutschland, eines immer weiter zunehmenden Alters, das ist an sich auch eine erfreuliche Tatsache, hat aber auch Schattenseiten. Angekoppelt an die demographische Entwicklung wird sich in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Demenzkranken im Lande Bremen verdoppeln. Frau Linnert, das haben Sie richtig klargestellt, das ist eine Schwäche des Pflegeversicherungsgesetzes gewesen oder ist es noch, dass man die Pflege auf den Ausgleich körperlicher Fehlfunktionen konzentriert hat. Das gestehe ich ein.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das habe ich immer gesagt!)

Kein Gesetz, das eine längere Zeit besteht, kein Gesetz der Sozialversicherung, hat mehr als fünf Jahre Bestand, ohne dass es irgendwie einmal umgeändert worden ist oder sonst etwas. Wir wären mit der Krankenversicherung oder der Rentenversicherung von 1950 heute auch nicht mehr zufrieden.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Aber wir müssen nicht so viel nachbessern wie beim 630-DM-Gesetz!)