Jetzt schauen wir uns einmal die Großmarktfrage an und auch das Management im Wirtschaftsressort! Letzte Woche in den Wirtschaftsförderungsausschüssen gab es für mich eine sehr bezeichnende Erklärung des Wirtschaftssenators. Es hatte eine Woche vorher eine Vorlage gegeben, in der es um die Frage des Cash-and-carry-Markts geht, für den Großmarkt. Dann geht der Senat allen Ernstes hin, lässt eine Vorlage erarbeiten und herumschicken, aus der klar wird, dass der Senat so gerade einmal by the way 28 Millionen DM verausgaben will, um einer privaten Firma, die sich für das ehemalige EdekaGelände interessiert, das Grundstück abzukaufen, um sie dazu zu bringen – noch mit ein paar anderen Lockangeboten –, doch bitte schön neben den Großmarkt zu gehen. Da wird versucht, einen politischen Fehler, eine falsche Grundsatzentscheidung zu heilen, indem man 28 Millionen DM hinterher wirft, um den Cash-and-carry-Markt in die alten Hafenreviere zu stecken. Hat das noch irgendetwas mit einer zukunftsfähigen und wirklich klugen Politik zu tun? Nein, das ist eine Bankrotterklärung!
Wissen Sie, weder Herr Perschau noch Herr Teiser, noch Herr Eckhoff sind ja in diesem Gremium, wissen Sie eigentlich, was der Herr Senator dann gesagt hat, dass diese Vorlage zwar in der Welt ist, aber zurückgezogen wurde? Es war ein handwerklicher Fehler, dass das Ding überhaupt das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat. Ich meine, ehrlich gesagt, was wird denn da gemacht in diesem Wirtschaftsressort? Der eine weiß nicht, was der andere tut, dann wird die Vorlage herumgeschickt, dann war es ein handwerklicher Fehler.
Nein, es ist ein schwerer politischer Fehler! Das Management ist eine Katastrophe, aber die Ziele, wohin die Reise gehen soll, doch auch! Was ist das denn für eine dumme Entscheidung? Wir diskutieren die ganze Zeit darüber, was mit den Schwimmbädern ist, was mit der Jugendarbeit ist, was Sie gerade selbst gesagt haben, Verantwortung für die junge Generation, aber da werden einmal gerade 28 Millionen DM in die Hand genommen. Das ist doch
wirklich Unsinn! Das hat mit einer klugen, wirklich zukunftsgerichteten Wirtschaftspolitik nichts zu tun.
Oder Dittmeyer! Was ist uns das angepriesen worden, die Ansiedlung von Dittmeyer und die lange Kaje und die Arbeitsplätze, die da geschaffen werden! Bei der letzten Wirtschaftsdeputationssitzung habe ich nachgefragt. Nein, die Zahl der Arbeitsplätze ist hier geringer, meine Damen und Herren, weil man natürlich durch die Produktionslinien, die so hoch rationalisiert sind, viel weniger Leute braucht. Da sage ich, das wissen Sie erst jetzt, komisch! Wenn man so etwas ansiedelt und das in diesen gloriosen Farben schildert, dann hat man doch vorher eine Ahnung davon, welche Arbeitsplätze man denn wirklich realisiert.
Nein, aber das ist Ihre politische Verantwortung, und wenn man irgendwann feststellt, dass das alles so nicht richtig ist, dann muss man doch den Mut haben, Konsequenzen zu ziehen. Für mich, Herr Focke, hat Regierungshandeln immer noch etwas damit zu tun, dass man falsche Entscheidungen korrigieren muss und dass man versucht, etwas besser zu machen. Ich meine, dem ist doch unheimlich viel Geld gegeben worden, damit er sich da ansiedelt, und Sie posaunen dann immer heraus, welche Arbeitsplätze geschaffen werden, und wenn man dann hinterher einmal nachfragt, dann tut es dem Senator schrecklich Leid, weil es leider nicht so gewesen ist, wie man behauptet hat. Das ist aber doch auch eine Mogelpackung.
Ich stelle fest, meine Damen und Herren, das Wachstum ist lange nicht dem erfolgreichen Strukturwandel geschuldet, sondern es ist zum großen Teil auf Exporte zurückzuführen. Wir haben den Strukturwandel bisher nicht in dem Maße bewältigt, wie sich die große Koalition das vorgenommen hat. Die große Koalition hat gerade im Bereich der Wirtschaftspolitik – Musical, Großmarkt – in den letzten Monaten etliche schwere Fehler gemacht. Wir haben es nicht nur mit einem Parlament zu tun, in dem die Regierungsfraktionen oft das, was der Senat vorschlägt, nicht mehr decken, es gibt auch für viele Projekte keine Mehrheit, ich sehe es nicht. Die verhandeln da zwar etwas, aber dann sagt die SPDFraktion, so war das nicht gemeint. Die Vorlage wird ausgesetzt, zurückgezogen. Also, das kommt mir schon ziemlich chaotisch vor!
eine Frage, wie man Management macht, das heißt Management by Jeans: An allen entscheidenden Stellen sitzen Nieten. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich stelle zunächst einmal mit großer Genugtuung fest, dass die Ergebnisse unserer Klausur, die wir in Potsdam durchgeführt haben, Anlass geben für diese Aktuelle Stunde für Sie. Herr Eckhoff, das freut uns sehr, weil Sie aus diesen Papieren ja auch begeistert zitiert haben.
Ein Tor wäre, meine Damen und Herren, wer sich nicht über erfreuliche Wirtschaftsentwicklung freuen würde.
Auch die Schlagzeilen, die ich dem heutigen „Weser-Kurier“ entnehmen konnte, kommen gerade zeitgerecht zu dieser Aktuellen Stunde. Einmal sind es die günstigen Prognosen für Bremen, die für die Beschäftigungsentwicklung von EU-Statistikern ausgerechnet worden sind. Eine erfreuliche Entwicklung, hoffentlich tritt sie auch so ein, und hoffentlich tritt nicht ein, was auch prognostiziert wird, nämlich ein Rückgang ab dem Jahre 2010! Auch die zweite Schlagzeile „Bremen bleibt Besuchermagnet“ mit den entsprechenden Übernachtungszahlen und auch mit der Steigerung der Übernachtungszahlen und der Ausweisung der entsprechenden regionalwirtschaftlichen Effekte ist eine durchaus erfreuliche Angelegenheit.
Aber, meine Damen und Herren, wenn über Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsentwicklung seriös diskutiert werden soll, muss ich dann doch noch ein paar Daten und Fakten hinzufügen. Unbestritten ist, dass das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik zurzeit das stärkste seit der Wiedervereinigung ist, und das ist erfreulich. Dies haben der Bundeskanzler Schröder und die rotgrüne Regierung erreicht.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. T e i s e r [CDU]: Und zwar in ganz Europa!)
Deshalb wirkt sich auch die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung natürlich nicht nur auf unser Bundesland, auf Bremerhaven und Bremen,
positiv auf das Investitions- und Konsumverhalten und damit auch auf den Arbeitsmarkt aus, sondern eben auch auf alle übrigen Länder. Das ist eine erfreuliche Tatsache.
Auch die gute Entwicklung der deutschen Außenhandelskonjunktur, eine erhebliche Steigerung im Export- und Importzuwachs, dient dazu, dass die bremischen Häfen in besonderer Weise davon profitieren. Das Umschlagswachstum hat sich erheblich gesteigert auf knapp 45 Millionen Tonnen. Das ist auch eine durchaus erfreuliche Entwicklung.
Die Beschäftigungsentwicklung verlief in Bremen in der Tat etwas besser als im Bundesdurchschnitt, nämlich um plus zwei Prozent, im Bundesdurchschnitt um 1,5 Prozent. Bei der Betrachtung aber des Arbeitsmarkts und der hierfür maßgeblichen Faktoren möchte ich, dass Sie in der Debatte und auch für die künftigen Beratungen Folgendes berücksichtigen: Dass arbeitsmarktpolitische Instrumente den Arbeitsmarkt im Lande Bremen im Januar dieses Jahres im Umfang von zirka 6400 Stellen entlastet haben, das haben wir insbesondere der tüchtigen Arbeitssenatorin Frau Hilde Adolf zu verdanken.
Auch die Arbeitslosenquote, meine Damen und Herren, das ist eine nicht so erfreuliche Entwicklung, liegt immer noch über dem Durchschnittswert aller westdeutschen Bundesländer. Deshalb ziehe ich daraus auch das Fazit, dass die positive Wirtschaftsentwicklung des Landes Bremen eben in Teilbereichen natürlich auf eigene Anstrengungen zurückzuführen ist. Wir sind auf dem richtigen Wege – ich habe das eben belegt, das belegen auch die entsprechenden Untersuchungen, die heute veröffentlicht werden –, aber eben in Teilen nur aufgrund eigener Anstrengungen, und sie kann schon deswegen nicht das alleinige Ergebnis der Sanierungspolitik sein, meine Damen und Herren, weil wesentliche Teile des ISP, wie wir alle wissen, doch gerade erst im Entstehen sind. Es ist so! Es sind die Beispiele genannt worden, Schlachte, Universum, alles schön, auch die Innenstadt, der Schnoor und so weiter, alles, was man dazu zählen kann, aber viele sind erst im Entstehen, und hoffentlich entstehen sie auch so und mit den Bedingungen, die wir uns da vorstellen, was Arbeitsplätze anbetrifft und die Attraktivitätssteigerung der beiden Städte Bremerhaven und Bremen.
Nichtsdestoweniger dürfen diese verbesserten Wirtschaftsdaten nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir, wie alle Großstädte, nach wie vor mehr Einwohner verlieren, als wir hinzugewinnen. Dabei geht es natürlich auch um mehr Arbeitsplätze. Je mehr Arbeitsplätze, umso mehr Einwohner erhoffe ich mir auch davon, die sich niederlassen in unseren Stadtgrenzen und nicht im Speckgürtel, im Umland. Es geht aber darum, auch mehr Einwohner zu gewinnen, mindestens die Zahl zu stabilisieren. Des
halb ist das ein Schwerpunkt auch der SPD-Politik für die kommenden Jahre. Dies haben wir in unserem Papier festgehalten. Einwohner an Bremen und Bremerhaven zu binden ist für die nachhaltige Stabilisierung von Wirtschafts- und Finanzkraft des Landes ebenso wichtig wie die Ansiedlung von Unternehmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Aber, meine Damen und Herren, es geht auch weiter, staatliche Finanzpolitik, die auf Sanierung der öffentlichen Haushalte zielt, darf daher die Investition in die notwendigen Infrastrukturen nicht vernachlässigen. Mein Fraktionsvorsitzender sagt dazu: für Bremen begeistern! So hat er es auch veröffentlicht. Dem können wir uns eben nur anschließen, dann profitieren wir alle von der guten Konjunkturentwicklung in Deutschland.
Wir sind natürlich dafür und arbeiten gemeinsam daran, das ist gar keine Frage, dass wir unsere Wirtschafts- und Finanzkraft – und damit die Steuerkraft – weiter verstärken. Dazu dient das Investitionssonderprogramm, dazu ist es aufgelegt worden, und deshalb wird es mit so viel Geld unterfüttert. Die notwendige Infrastruktur darf aber, wie gesagt, nicht vernachlässigt werden. Die Bremer müssen sich in ihren Städten wohl fühlen und mehr als das.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich den Kollegen Hattig, heute Senator, damals Präses der Handelskammer, zitieren. Gestern hat Herr Hattig schon in seiner furiosen Rede in der Stadtbürgerschaft, die nicht alle Kolleginnen und Kollegen mithören konnten, eigentlich alles aufgezählt und uns gebeten, Ihnen das heute zu vermitteln. Dennoch, und das kann man noch einmal wiederholen, diese Aktuelle Stunde ist dann auch für den Landtag da, und dann können es alle hören.
Also, der damalige Präses Hattig hat in entsprechenden Veröffentlichungen der Handelskammer in einem Kommentar Folgendes geschrieben – ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren –: „ Beinahe erstaunlich ist, dass es innerhalb der Ampelkoalition zu einem solchen Konsens bezogen auf dieses Sanierungsprogramm gekommen ist.“ Das war 1992! Weiter so auf diesem Weg!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte rankt sich um positive Zahlen. Es gibt Situationen, in denen man vor der Frage steht, ob es zulässig ist, sich zu freuen, oder ob es zulässiger oder sinnvoller ist, in Trauer zu marschieren. Wenn ich die Grünen immer höre, dann empfehlen sie ganz prinzipiell als Rezept die Volkstrauer.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/Die Grünen]: Hat er ein Wahrnehmungsproblem?)
Die Debatte rankt sich im Moment um Zahlen, die möglicherweise den Gegnern der großen Koalition nicht gefallen. Das kann ich nachvollziehen, weil sie gut sind. Das Problem ist nur: Wenn man gute Zahlen schon kritisiert, was will man denn tun, wenn es nur durchschnittliche Zahlen gibt? Da Sie das Maß natürlich überhaupt nicht mehr finden, sondern immer nur fröhlich – –.
Ich weiß, Sie machen das nicht allein! Ich habe in der letzten Zeit auch Erklärungen von unseren Arbeitnehmerkammern gelesen. Dazu ist mir auch nicht mehr viel eingefallen, weil sie sich natürlich auch alle in dieser undifferenzierten Form beteiligen mit dieser Freude am Untergang und dem Zerreden von Erfolgen, weil man offensichtlich den Eindruck hat, Misserfolge wären vielleicht besser.
Nein, das ist so, Frau Dr. Trüpel! Deshalb würde ich mich trotzdem niemals versteigen allein auch aus Gründen der Wirtschaftsförderung und der realistischen Beschreibung dessen, was in Bremen und Bremerhaven geschieht. Was Sie machen, ist doch nichts anderes als eine permanente Standortschädigung.
(Beifall bei der CDU – Lachen beim Bünd- nis 90/Die Grünen – Abg. Frau D r. T r ü - p e l [Bündnis 90/Die Grünen]: Opposi- tion ist eine Standortschädigung?)
Es muss sich jede Opposition überlegen, Frau Dr. Trüpel, ob sie gut beraten ist, den Standort herunterzureden, selbst wenn die Rahmendaten gut sind! Das ist eine Sache, mit der Sie selbst fertig werden müssen. Das ist Sache der Opposition, das prüft sie für sich, aber Sie müssen sich schon gefallen lassen, dass man das so beschreibt.
Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass offensichtlich die neue Bundesregierung unseren Büroflächenmarkt verdreifacht hat in den letzten fünf Jahren. Ich habe auch mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass die neue Bundesregierung unsere Tourismuszahlen und die Übernachtungszahlen in Bremen in den letzten fünf Jahren verdoppelt hat. Ich finde es auch ganz toll, dass die neue Bundesregierung an all diesen Dingen mitgewirkt hat, Gewerbeflächen bei uns zu erschließen, neue Wohnungsbaugebiete zu erschließen, und dass in diesen ganz konkreten Maßnahmen sich nun heute widerspiegelt, was passiert.
Meine Damen und Herren, was ist passiert? Wir haben am Anfang mit dem Vulkan-Konkurs einen drastischen Einbruch im Arbeitsmarkt erzielt. Wir haben damals – ich erinnere Sie nur daran, weil das einige vielleicht ein bisschen aus dem Gedächtnis verdrängen, in Bremerhaven haben die Gewerkschafter damals Transparente vor die Stadt gestellt mit der Aufschrift „Bremerhaven – Stadt der Arbeitslosen“ – uns natürlich gemeinsam mit einer großen Anstrengung bemüht, aus diesem Tal der Tränen eines solchen dramatischen Konkurses wieder herauszukommen! Das ist ein gemeinsamer Erfolg, den wir haben.