So viel wollte ich zum familienpolitischen Teil sagen. Für das Reformprojekt berufliche Bildung stehen aufgrund neuer Erfordernisse des Arbeitsmarktes wichtige Veränderungen an. Modularisierung von Ausbildung wird gerade im Hinblick auf die europäische Angleichung der Bildungs- und Ausbildungssysteme eine zentrale Schlüsselfunktion erhalten. Das heißt, Ausbildungskonzepte speziell für junge Mütter können dabei Akzente setzen und die Debatte um die Anerkennung nicht formal erworbener Kompetenzen bereichern.
Aus dieser Erkenntnis heraus wurde eben gerade auch das bereits von Frau Schnakenberg angesprochene Projekt BELEM, Berufliche Lebensplanung für junge Mütter in Bremen, ins Leben gerufen. Auch in anderen deutschen Städten gibt es solche Projekte. Frankfurt am Main hat zuerst, glaube ich, ein solches Projekt eingerichtet und für das Projekt „Erstausbildung in Teilzeit für junge Mütter“ im Rahmen des Wettbewerbs „Fit für Leben und Arbeit, neue Praxismodelle zur sozialen und beruflichen Integration von Jugendlichen“, den das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt hat, kürzlich einen Preis gewonnen.
Dieses Projekt arbeitet mit Erfolg und schon seit 1998. Ich möchte vier Gründe ansprechen. Erstens: Die Erstausbildung für junge Mütter richtet sich erstmals nach deren Zeitbedürfnissen. Zweitens: Die dreijährige Ausbildung wird in Teilzeit, und zwar mit 75 Prozent der Normalarbeitszeit, geleistet. Drittens: Die Ausbildung wird in einem Lernortverbundsystem vermittelt, und zwar an drei Lernorten, im Stammbetrieb, den Kooperationsbetrieben und der Berufsschule. Viertens: Diese Kombination schuf neue und zusätzliche Ausbildungsplätze, und die ständige Kooperation der drei Lernorte untereinander ermöglicht eine praxisnahe und komprimierte Ausbildung, die sicherstellt, dass die Kürzung der wöchentlichen Ausbildungszeiten nicht zu einer Reduzierung des Ausbildungsstoffes führt.
Meine Damen und Herren, als beispielhaftes bremisches Modellprojekt wollte auch ich das Projekt BELEM erwähnen. Ich brauche es jetzt nicht so ausführlich zu behandeln, weil Frau Schnakenberg es schon angesprochen hat. Ich freue mich nur, dass es gelungen ist, in Bremen ein Kooperationsprojekt von Schule und Jugendhilfe zustande zu bekommen, denn das wird an der allgemeinen Berufsschule angeboten und gemeinsam mit dem Zentrum für Schule und Beruf unter der Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes realisiert. Auch die Finanzierung baut auf einem Verbundsystem auf. Es werden EU-Mittel hineingesteckt, das Amt für Soziale Dienste in Bremen, der Senator für Bildung und Wissenschaft, das Arbeitsamt Bremen und der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales sind beteiligt. Es ist doch gut, dass sich dort viele zusammengetan haben.
Frau Schnakenberg hat schon die Fachtagung angesprochen, die im November 2000 hier in Bremen zu diesem Thema stattgefunden hat. An dieser Fachtagung konnte ich nicht persönlich teilnehmen, aber zwei Abgeordnete der SPD-Fraktion waren dort vertreten und haben mir ausführlich über diese gute Veranstaltung berichtet.
Jetzt noch zur Antwort des Senats auf unsere Anfrage! Sie können dort all das nachlesen, was wir hier nicht noch einmal vortragen, welche verschiedenen Einrichtungen es in Bremen gibt, speziell eben für Schwangere und junge Mütter mit ihren Kindern gemeinsam, die verschiedenen Einrichtungen in der Stadt und eine davon auch in Bremerhaven.
Was hier leider nicht ausführlich erwähnt ist, ist das angesprochene Projekt BELEM. Aus dem Grund haben sicherlich auch die Abgeordneten noch einmal selbst Ausführungen dazu gemacht. Ich halte BELEM für einen guten Ansatz. Ich meine, dass dies auch weiterentwickelt werden sollte, nicht nur für die Zeit der Berufsausbildung, sondern dass auch Anschlussprojekte für Berufsanfängerinnen und -anfänger, die kleine Kinder zu betreuen haben, entwickelt und eingerichtet werden sollten, damit man es auch dort möglich macht, den Elternanspruch auf Teilzeitarbeit in die Realität umzusetzen. Das Bundesgesetz allein nützt ja nichts, sondern es muss dann auch in der Praxis von den Betrieben angewandt werden und von den Schulen darauf vorbereitet werden. – Danke schön!
Meine Damen und Herren, bevor ich der nächsten Rednerin das Wort gebe, möchte ich sehr herzlich auf der Besuchertribüne begrüßen Herrn Generalkonsul Antonio Cardelli vom italienischen Generalkonsulat in Hamburg, der sich zu seinem Antrittsbesuch in Bremen aufhält, in seiner Begleitung Frau Honorarkonsulin Inge Beutler vom Honorarkonsulat der italienischen Republik in Bremen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD und die CDU haben eine Große Anfrage zur Lebenssituation junger Mütter im Alter bis zu 20 Jahren gestellt. Eine wesentliche zahlenmäßige Veränderung dieser Gruppe hat es in Bremen und Bremerhaven in den letzten Jahren nicht gegeben. Um diesem Thema aber wirklich gerecht zu werden, meine Da––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
men und Herren, müssen wir die Altersstruktur jetzt doch noch ein bisschen differenzieren, und zwar in jugendliche Mütter, die unter 18 Jahre alt sind, und junge Mütter von 18 bis 20 Jahren.
Kommen wir zuerst zu den jugendlichen Müttern unter 18 Jahren! Hier legt der Senat leider keine konkreten Zahlen vor, und schon haben wir ein Problem. Nach Auskunft von engagierten Leuten aus der Praxis gibt es eine weitaus höhere Anzahl von jugendlichen Müttern, die schulisch unterversorgt sind. Das ist nämlich diese Gruppe. Bisher konnten viele dieser jugendlichen Mütter überhaupt nicht erreicht werden. Nur ein Beispiel: Das Projekt, von dem wir schon so viel gehört haben, BELEM, das sich mit der beruflichen Lebensplanung von jungen Müttern beschäftigt, hat zurzeit eine Warteliste von 20 jungen Müttern. Ich denke, hier darf es keine Wartelisten geben, meine Damen und Herren.
Ich bin sicher, dass Sie alle, besonders die Frauen unter uns, diese Hilfsnotlage junger Mütter absolut nachvollziehen können. Wir brauchen daher konkrete Zahlen über jugendliche Mütter unter 18 Jahren, um Hilfsangebote anzuregen, die diese Unterversorgung vermindern. Die Chancen für eine qualifizierte Berufsausbildung von jungen Frauen können nur verbessert werden, wenn auf einem schulischen Abschluss aufgebaut werden kann. Ich finde es richtig, und es ist auch ein guter Ansatz, wenn die Beratungs- und Betreuungsphase jugendlicher Mütter schon vor der Aufnahme in eine Klasse beginnt. Dann kann man schon gemeinsam mit den jungen Müttern an einer zukünftigen Lebensplanung arbeiten. Das wird auch in der Antwort auf die Große Anfrage so beschrieben, und zwar wie Hilfsangebote gestaltet werden müssen. Wie ich schon gesagt habe, ist der Schulabschluss von großer Wichtigkeit. Gleichzeitig müssen aber auch eine Kinderbetreuung und eine sozialpädagogische Begleitung stattfinden!
Das Ziel ist es, junge Frauen zu befähigen, ein selbständiges Leben zu führen und gewollte Verantwortung für sich und das Kind zu übernehmen. Deshalb ist es so wichtig, für jede junge Frau ein auf sie zugeschnittenes Hilfsangebot zu entwickeln. Wir haben hier in Bremen mehrere Einrichtungen, die Angebote mit verschiedenen Schwerpunkten bereithalten. Es gibt Angebote für volljährige Schwangere und Mütter, die speziell für diese Gruppe und ihre Kinder konzipiert sind. Auch gibt es Betreuungsangebote für junge und jugendliche Mütter mit ihren Säuglingen und Kleinkindern.
Ebenfalls werden Außenwohneinheiten für junge Mütter angeboten, die für ihre Persönlichkeitsentwicklung selbst noch Erziehungshilfe benötigen. Für sie soll ein individueller Hilfeplan entwickelt wer
den, der alle Lebensbereiche umfasst. Neben der eigenen Persönlichkeitsentwicklung und der des Kindes sind auch Hilfen für schulische und berufliche Ausbildung angeboten und Arbeit mit der Familie sowie mit dem Partner oder mit dem Vater des Kindes, was ja nicht immer identisch ist.
Das ist alles inhaltlich richtig und wichtig. Ein Blick in die Praxis zeigt aber, dass es gerade hier, bei diesen Schnittstellen, zu Problemen kommt, besonders in der ambulanten Betreuung.
Konstruieren wir hier einmal ein realistisches Beispiel ambulanter Betreuung! Eine junge Mutter und ihr Partner wohnen mit dem Kind zusammen. Zwei unterschiedliche Träger A und B sind am Hilfebedarf beteiligt, A, die ambulante Betreuung für die junge Mutter, und B, die sozialpädagogische Einzelfallhilfe für den Vater. Notwendige Absprachen zwischen den Trägern für eine individuelle Planung der Lebensgestaltung der jungen Familie sind oft Zufallsprodukte, wenn sie überhaupt zustande kommen. Das ist leider die Realität.
Wir vom Bündnis 90/Die Grünen meinen, hier ist es eine wichtige Aufgabe der Behörde, ein Monitoring für Hilfsangebote wahrzunehmen. Neue Entwicklungen von Ideen und Projekten dürfen nicht durch mangelnde Absprachen sowie durch inhaltliche Abgrenzung der Träger untereinander gehemmt werden! Deshalb ist es in Zukunft besonders wichtig, dass die Casemanager, die den Hilfebedarf ermitteln und ausgestalten, für diese Aufgabe wirklich mit hohem Niveau qualifiziert werden, weil es natürlich überaus schwierig ist, eine fachliche Steuerung zu organisieren, besonders unter dem Aspekt, dass es für die Zukunft kaum verlässliche Bedarfsprognosen gibt.
Die Angebotsträger haben wohl dem Jugendamt erklärt, dass sie bereit sind und auch kurzfristig auf die geänderte Bedarfssituation eingehen können, doch macht es diese Gesamtsituation notwendig, dass ein Monitoring stattfindet. Da ist die Behörde gefordert. Nun hat sie die optimale Möglichkeit, durch trägerübergreifendes abzufragendes Datenmaterial Defizite zu eruieren und richtungsweisende Impulse zu geben. Diese Planungsaufgaben sind notwendige Pflichtaufgaben einer Behörde.
In diesem Zusammenhang ist es für mich nicht zu verstehen, meine Damen und Herren, dass dem Senat keine aktuellen Informationen über die Schulpflicht von jungen Müttern aus Bremerhaven vorliegen. Wir haben aber diese Zahlen erfragt. Die Einrichtung war auch sehr überrascht, man hat sie nämlich nicht selbst angerufen, sondern das nur beim Magistrat getan. Sie haben das aber nachgeliefert, das fand ich dann auch gut.
Lassen Sie mich noch einen wichtigen Punkt ansprechen, meine Damen und Herren, und zwar die Ausbildungsmöglichkeiten für junge Mütter! Hier gibt es in beiden Städten noch gravierende Defizite,
die unbedingt beseitigt werden müssen. Eine abgeschlossene Berufsausbildung verringert nicht nur das Risiko, arbeitslos zu werden und später Sozialhilfe beziehen zu müssen, nein, sie gibt jungen Müttern auch eine Perspektive für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben. Dieses Jahr haben 18 junge Mütter ihre Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation beginnen können. Das ist sehr lobenswert. Zwölf Ausbildungsplätze sind vom Arbeitsamt finanziert worden, die restlichen sechs vom Amt für Soziale Dienste für Mütter zwischen 20 und 25 Jahren. Das haben auch schon meine Vorrednerinnen gesagt.
Für dieses Jahr aber war diese Maßnahme nicht geplant. Die Begründung war, keine Möglichkeit der Finanzierung durch die geänderten Rechtsvorschriften im Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. An diesem Punkt wollte ich eigentlich die Senatorin auffordern, dieses Problem aufzugreifen und eine Lösungsmöglichkeit zu suchen. Aber ich muss sagen, dass wir in der letzten Sitzung der Arbeits- und Gesundheitsdeputation eine Vorlage hatten, in der dieses Problem aufgegriffen worden ist. Es finden Gespräche statt, und es gibt eine finanzielle Absicherung für BELEM. Von daher, finde ich, sind wir auf einem guten Weg, hier eine Lösung zu finden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin den Fragestellern und -stellerinnen sehr dankbar für ihre Fragen über die Situation junger Mütter in Bremen, weil es sich hier, wie Sie in der Antwort nachlesen können, zwar nicht um ein anwachsendes Problem handelt – proportional stellt der Anteil der Geburten von Kindern von jungen Müttern nur einen Anteil von zirka zwei Prozent an der Gesamtzahl der Geburten dar –, aber diese Gruppe von jungen Frauen, auch wenn sie relativ klein ist, und vor allem ihre Kinder verdienen unsere Aufmerksamkeit.
Unter erschwerten Bedingungen wird hier für diese Frauen die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf, Ausbildung und Elternschaft gestellt. Erschwert sind die Bedingungen für diese jungen Frauen bekanntermaßen dadurch, dass sie häufig ganz allein vor den Anforderungen stehen, ohne Partner und ohne familiäre Unterstützung, und sie selbst nicht selten noch schutzbedürftig und nun gefordert sind, das zu lösen, was für die Mehrzahl der Mütter unter nicht so erschwerten Bedingungen schon eine immense Herausforderung darstellt: Beruf, Erwerbstätigkeit und Elternschaft im Alltag gedeihlich für sich und für ihr Kind zusammenzufügen. Natürlich
gilt das auch für die Väter, die aber spielen bei den jungen Frauen meistens eine noch geringere Rolle als vielleicht bei den älteren. Hier sind wir gefordert, mit sehr speziellen und gezielten Unterstützungmaßnahmen zum Wohl von sogar manchmal zwei Kindern, der Mutter und dem Kind, zu agieren.
Es ist hier vieles angesprochen worden über die besonderen Schwierigkeiten. Eine Schwierigkeit besteht sicherlich darin, dass hier unterschiedliche Fachpolitiken angesprochen sind und dass wir diese zusammenbringen müssen, nämlich die Jugendhilfe und zum Beispiel die Schule ganz an vorderster Stelle. Wir haben das im Projekt BELEM geschafft. Das ist ein guter Ansatz, und wir müssen das noch weiterführen. Ich allerdings wünsche mir nicht, dass wir steigenden Bedarf bekommen.
Wenn ich berichten kann, dass in den USA an vielen Highschools, das sind Kinder bis 16, 17 Jahre, schon Kindergärten eingerichtet sind für die Kinder der Schülerinnen, dann erschreckt mich das eher und sollte nicht unser Ziel sein.
Neben allem, was wir tun, um jungen Müttern mit ihren Kindern zu helfen, wenn diese Kinder geboren sind, müssen wir auch alles daran setzen, die Informationen für Mädchen und ganz junge Frauen zu verbessern, welche Lebensplanung für sie erstrebenswert ist und mit ihnen auch in die Lebensplanung eintreten. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Wenn dann die Kinder da sind, dann müssen wir uns natürlich auch auf den Weg machen, Wege aufzuzeigen, um mit dieser Krise, denn das ist es für viele dieser jungen Frauen, umzugehen und daraus noch eine Lebensplanung zu entwickeln, die nicht in einer Sackgasse endet.
In den Antworten auf die Fragen wird deutlich, dass sich unsere Bemühungen sehr stark darauf richten, jungen Müttern Situationen zu schaffen, in Schule und Ausbildung zu verbleiben und gleichzeitig auch eine elterliche Umsorgung ihres Kindes durchführen zu können. Das ist auch nicht immer einfach, weil bei diesen jungen Frauen natürlich auch noch ganz andere Interessen da sind als bei etwas gestandeneren Müttern oder vielleicht auch nur lebensälteren Müttern, ihre Freizeit zu verbringen. Da spielen viele Faktoren ineinander, die es den ganz jungen Müttern häufig schwer machen, die Verantwortung, die sie auch einfach übernehmen wollen, es ist ja nicht so, dass sie sich weigern, dann auch wirklich zu übernehmen.
Schul- und Ausbildungssituationen durchführen. Wir wissen, wenn wir nicht beides in den Blick nehmen, Elternschaft und Ausbildung, dann potenzieren sich die Gefährdungsfaktoren für Mutter und Kind. Wir sind gefordert, ihnen beides zu ermöglichen. Ich jedenfalls will mich bemühen, die bestehenden Programme aufrechtzuerhalten und wenn nötig bedarfsbezogen anzupassen. Wir haben BELEM jetzt gerade bis Ende des Jahres verlängert. Wir haben uns in der Deputation darauf verständigt, uns auch eine neue Konzeption vorlegen zu lassen, also nicht grundlegend neu, sondern eine sich weiterentwickelnde Konzeption. Ich glaube, dass wir mit Projekten wie diesem auf einem guten Weg sind. – Danke!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/529, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.
Wer das Gesetz über den Eigenbetrieb Fidatas Bremen, Drucksache 15/513, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!