Protocol of the Session on December 13, 2000

Natürlich ist es richtig, Herr Dr. Färber, dass wir – das war noch zu unserer Alleinregierungszeit – das TTZ gegründet haben mit dem BILB in Bremerhaven. Wenn ich aber daran denke, wie lange wir über die Errichtung des Biotechnologiezentrums in Bremerhaven in Bremen diskutiert und gerungen haben, dann sind das verstrichene Monate und Jahre gewesen, meine Damen und Herren von der CDU!

Ihr Kollege Röwekamp, Frau Berk und ich für die SPD haben im Mai 1999 massiv darauf gedrungen, dass das Thema auf die Tagesordnung der Wirtschaftsförderungsausschüsse kam. Es gab eine Vorlage aus Bremerhaven, in Bremerhaven abgestimmt.

Das Ressort wollte es nicht, das war Ihr Vorgänger, Herr Dr. Färber, der das massiv nicht wollte. Wir haben es dann mit politischem Druck geschafft – das kann man hier gegenüber der Öffentlichkeit und der Opposition sagen –, dass zumindest eine schriftliche Vorlage dann auch die Wirtschaftsförderungsausschüsse erreicht hatte mit der Tendenz, so etwas in Bremerhaven aufzubauen. Jetzt sind fast zwei Jahre verstrichen trotz mehrfacher Erinnerungen in Ausschüssen. Vier Gutachten sind auf Veranlassung des Ressorts über dieses Projekt angefertigt worden, wo wir uns politisch alle einig waren, so etwas voranzutreiben. Das nenne ich nicht schnelle Handlungsweise des Senats, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf des Abg. K a s t e n - d i e k [CDU])

Ja, das hat doch der Senat beschlossen! Ich rede jetzt hier für die SPD-Fraktion und will auch noch einmal deutlich machen, dass der Kollege Dr. Käse da nicht allein im Regen steht, sondern dass wir ihn da voll stützen.

Nun lassen Sie uns den Blick nach vorn richten! Man muss bei der Biotechnologie nicht kleckern, sondern klotzen,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

und ich finde, das, was wir jetzt mit dem Biotechnologiezentrum in Bremerhaven beschlossen haben, ist neben dem BILB erst ein weiterer Schritt, um das auch in dieser Debatte noch deutlich zu machen. Es hat ja keinen Zweck, dass wir uns über Gen- und Biotechnologie auseinandersetzen und wie der eine und der andere das auslegt. Nein, wir richten den Blick nach vorn, und ich sage, das mit dem Biotechnologiezentrum in Bremerhaven ist noch nicht das Ende der Entwicklung, sondern da müssen wir mehr tun.

Ich fühle mich durch den Gründerpreis bestärkt, den ja die Städtische Sparkasse in Bremerhaven gemeinsam mit der Firma Dieckell herausgegeben hat. Es ist einer der bedeutenden Gründerpreise in der Bundesrepublik Deutschland, mit dem ein Existenzgründer kürzlich gerade aus dem Bereich Biotechnologie mit 100000 DM den ersten Preis bekommen hat. Er hat in seiner Erwiderungsrede davon gesprochen, dass er nirgendwo so gute Ausgangspositionen für die Biotechnologie in Deutschland sieht wie in Bremerhaven, gerade bei dem Thema sanfte und „Blaue“ Biotechnologie. Da finde ich es schon merkwürdig, und da hat auch Herr Dr. Käse aus meiner Sicht Recht, dass, obwohl der Wirtschaftssenator die Schirmherrschaft übernommen hatte, dieser Schirmherr dann nicht da war und Dr. Färber einspringen

musste. Das ist in Bremerhaven nicht gut angekommen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das klang auch bei den Reden, die dann gehalten worden sind, an.

Wer es ernst meint, auch in diesen Bereichen mehr zu tun, darf bei einer solch wichtigen Gründerpreisverleihung nicht fehlen. Wenn er da gewesen wäre, hätte er das starke Engagement des Senats oder sein Engagement dort zum Ausdruck bringen können.

(Zuruf der Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD])

Nein, aber es wäre gut gewesen, auch für die große Koalition, meine Damen und Herren!

Also, ich fasse zusammen: Die SPD-Fraktion teilt voll und ganz das, was Herr Dr. Käse hier vorgetragen hat. Wir wollen einen mutigen Schritt nach vorn gehen, aber wir wollen den mutigen Schritt in Richtung sanfter Technologie gehen, und die sanfte Technologie ist für uns die Biotechnologie.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Trüpel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es ausgesprochen gut, dass sich an diesem Thema so etwas wie eine Generaldebatte entwickelt hat. Es geht hier nämlich darum, welche Wissenschaftspolitik in Deutschland gemacht wird, in der Tat geht es darum, lieber Jens Eckhoff, wie man es mit Chancen und Risiken neuer Technologien hält, und es geht nicht zuletzt wirtschaftspolitisch darum, wie schnell und auf der Höhe der Zeit wir für Bremen und Bremerhaven neue Vorhaben anschieben.

Ich möchte erst einmal bei Herrn Töpfer gleich beginnen! Ich finde es absolut richtig, wie er das Problem aufgegriffen hat, und es geht darum, dass wir endlich für Bremen und Bremerhaven, wo wir traditionell einen Schwerpunkt in der Lebensmittelindustrie haben, dies mit neuen Forschungsansätzen zusammenbinden. Am Biotechnologiezentrum in Bremerhaven wird seit Jahren daran gearbeitet. Herr Töpfer hat eben noch einmal belegt, was es für ein Affentheater war, bis es endlich jetzt, Ende 2000, so weit ist, dass diese ungefähr 26 Millionen DM für dieses Biotechnologiezentrum auch zur Verfügung gestellt werden. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Was ist denn passiert, lieber Herr Röwekamp? Ich erinnere mich noch gut, als Sie hier vor ein paar Jahren gestanden haben und den Ocean-Park in glorreichen Tönen gelobt haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. T e i s e r [CDU]: Nun reißen Sie doch kei- ne alten Wunden auf! – Heiterkeit bei der CDU)

Oh doch, Herr Teiser!

(Abg. T e i s e r [CDU]: Nicht in der Vor- weihnachtszeit!)

Das hat nämlich etwas miteinander zu tun! Wissen Sie, Herr Teiser, was Sie für eine Politik gemacht haben? Jahrelang durfte keine Kritik an diesem Ocean-Park geleistet werden. Sie haben viele wichtige Jahre damit versäumt, weil Sie sich immer mit den bunten Computerbildchen von Herrn Köllmann aufgehalten haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Nachdem Sie sich schon zehn Jahre mit dem von Chermayeff aufgehalten haben!)

Das Biotechnologiezentrum in Bremerhaven genau mit der wirtschafts- und forschungspolitischen Begründung, die Herr Töpfer eben genannt hat, hätte man früher auf den Weg bringen können. Sie haben diese Zeit versäumt, weil Sie auf den OceanPark gesetzt haben!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Völliger Quatsch! So ein Unsinn!)

Jetzt, Herr Röwekamp – Sie sind ja hier immer wirklich einer der Giftspritzenredner aus Bremerhaven,

(Heiterkeit)

Sie waren die ganze Zeit nicht bereit, auch andere Projekte parallel mit Volldampf zu entwickeln –, stehen Sie vor dem Trümmerfeld Ihrer Ocean-Park-Politik, nicht wir! Wir haben von Anfang an gesagt, man muss kleinteiliger denken, man muss wirklich modern sein und Projekte entwickeln, die wirklich zu Bremerhaven passen, und nicht solche gigantomanischen Tourismusprojekte planen. Wir wollten früher als Sie das Biotechnologiezentrum mit dem Schwerpunkt sanfte Biotechnologie auf die Schiene bringen.

Jetzt noch einmal zu der Generaldebatte! Lieber Jens Eckhoff – –.

(Abg. B o r t t s c h e l l e r [CDU]: Sag mal, ihr seid ja so intim! – Heiterkeit)

Ja, ausgesprochen! Er ist ja der Einzige von euch, mit dem es sich lohnt, wirklich zu streiten!

(Heiterkeit – Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das finden wir auch! – Heiterkeit)

Deswegen stütze ich ihn ja so! Ich hoffe ja, dass er irgendwann noch einmal in Ihrem Laden die politische Mehrheit haben wird, dann wird es ja vielleicht noch einmal richtig interessant.

Jetzt zu Herrn Perschau und der Frage zur Gentechnik! Die CDU-Fraktion hat dankenswerterweise hier vor ein paar Wochen im Marriott-Hotel eine Veranstaltung gemacht, um über die Chancen und Risiken der Gentechnik und auch der Genomanalyse zu diskutieren. Genau das, was Herr Eckhoff heute hier versucht hat, hat Herr Perschau da gemacht. Er hat nämlich die wichtige gesellschaftspolitische Diskussion aus Deutschland in den letzten Jahren missbraucht, um alle, die nicht seiner Meinung sind, als Fortschrittsverhinderer hinzustellen. Genau das, Herr Eckhoff, tun Sie hier heute auch. Sie sind nur leider völlig falsch gewickelt.

Herr Dr. Käse und Herr Töpfer haben deutlich gemacht, dass man sehr wohl an modernsten Forschungsergebnissen interessiert sein kann, dass man aber trotzdem in der Lage sein kann und vor allem auch sein muss, Chancen und Risiken, und zwar beides, sehr solide abzuwägen. Sie sagen zwar einmal so kurz in einem Nebensatz, man muss auch die Risiken sehen, und die verhehlen wir nicht, aber wenn es dann zum Schwur kommt, sind Sie doch ein Fortschrittsfundamentalist. Sie sind doch gar nicht bereit, wirklich abzuwägen, was denn die bessere Forschungspolitik auch für Deutschland und im europäischen und weltweiten Kontext sein kann.

Jetzt schauen wir uns einmal konkrete Punkte an! Die Gentechnik ist deswegen wissenschaftspolitisch, forschungspolitisch so sehr in der Kritik, weil es da um die Eingriffstiefe geht. Die sanfte Biotechnologie, die wir wollen, die wir auch wirtschaftspolitisch wollen, weil Bremen und Bremerhaven da ein richtiges Gewicht haben, geht nicht so in die Tiefe des Zellkerns hinein wie die Gentechnik. Das Risikopotential dieser Technik ist gerade da beheimatet, wo es um die Eingriffstiefe geht.

Genauso, und das ist die gleiche Ebene der Argumentation, wenn es um Risikotechnologie geht, ist es bei der Atomtechnik. Ehrlich gesagt, Herr Eckhoff, ist es doch kein Wunder, dass sich jetzt nach der Regierungskonferenz in Nizza die europäischen Länder verständigt haben, das Atomkraftwerk in Tschechien noch einmal einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Das ist doch richtig so, heißt aber auch – gut, das ist ein Atomkraftwerk mit der Technologie aus der früheren Sowjetunion, und die im Westen sind zum Glück technisch gesehen wohl et

was besser –, dass wir an dem Risiko, das mit der Atomtechnik verbunden ist, doch gemeinsam nicht vorbeikommen. Wenn man das immer wieder hinstellt, als ob das nur die Verhinderer und Blockierer wären, dann ist man nicht auf der Höhe der Zeit.

Ich will Ihnen einmal sagen, und das haben Sie ja selbst gesagt, diese gesellschaftspolitische Debatte, wie man mit Chancen und Risiken umgeht, hat in der Tat viel mit dem Erfolg der Grünen in der Bundesrepublik zu tun. Darauf bin ich auch verdammt stolz. Anders als Sie habe ich einen Begriff von Moderne, der davon ausgeht, dass sie ungeheure Chancen bietet, aber sie bietet ein großes Risikopotential. Nur wenn die Moderne an dem Punkt selbstreflexiv wird und sich überlegt, welche Technologien man wirklich verantworten kann und welche nicht, und dann bereit ist, über Alternativen nachzudenken, dann wird für mich ein Schuh daraus, dass man versucht, wirklich zukunftsfähig zu sein.

Darum möchte ich noch einmal ganz kurz, es hängt ja alles mit allem zusammen, das Thema Affenforschung ansprechen. Es war die SPD, die Sie dazu gezwungen hat, über Parallelforschung und bildgebende Verfahren nachzudenken. Sie waren auch an dem Punkt wieder rein legitimatorisch, haben auf die Affenforschung und die Forschung von Herrn Professor Dr. Dr. Roth gesetzt. Wenn nicht Frau Emigholz und andere in der Koalition so einen Druck gemacht hätten, dass man über bildgebende Verfahren, über Parallelforschung und auch über parallele Forschungsgelder nachdenkt, dann hätten Sie uns auch das als die einzig mögliche Forschung in diesem Bereich verkauft. Da sind Sie leider affirmativ und legitimatorisch und nicht selbstreflexiv im Sinne einer Moderne, die ihre Chancen auslotet, aber auch wirklich vorsichtig mit den Risiken umgeht. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Trüpel, zunächst habe ich mich gefreut, dass Sie das Wort noch einmal ergriffen haben, weil ich es auch gut finde, wenn jemand – und das spreche ich Ihnen nicht ab – mit wirtschaftspolitischem Sachverstand noch einmal versucht, sich der Debatte um die Biotechnolgie zu nähern und nicht versucht, sich in abstrakten theoretischen wissenschaftlichen Diskussionen zu ergehen, sondern sich damit auseinander setzt, was wir davon eigentlich auch für positive Effekte hier im Land Bremen erfahren können.

Ich wundere mich nur immer, und das ist eigentlich ein Grund dafür zu sagen, wir müssten eigent––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

lich noch länger mit Herrn Köllmann zusammenarbeiten, wie Sie jede, aber auch wirklich jede Debatte auf den Ocean-Park und Herrn Köllmann zurückführen können.

(Zuruf der Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Frau Dr. Trüpel, dann schauen Sie einmal, von wann diese Zitate sind, wann wir uns das letzte Mal – –.

(Zuruf der Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bünd- nis 90/Die Grünen])