Unfälle aber, das weiß man eben, passieren immer wieder, auch in der Seeschifffahrt, gerade auch, wenn man bedenkt, wie hoch frequentiert gerade diese Wasserstraße ist, zirka 420 000 Schiffspassagen pro Jahr frequentieren die norddeutsche Bucht. Darin liegt natürlich ein erhebliches Gefahrenpotential. Deshalb wird es immer wieder zu Unfällen kommen, und daher brauchen wir ein Notfallkonzept, das wirklich die Maßnahmen schnell, effizient und sicher einleitet, meine Damen und Herren.
Nach dem Unfall 1998 mit der Pallas gab es einen Untersuchungsausschuss. Es hat alles politische Wogen geschlagen, es sind politische Konsequenzen erfolgt in Schleswig-Holstein. Es hat den Einsatz der Grobecker-Kommission gegeben, die 30 konkrete Vorschläge zu einem besseren Notfallkonzept vorgetragen hat, und es hat bereits einen Beschluss, das wissen auch die wenigsten, des Bundestages gegeben, der sich ebenfalls mit diesem Unfall beschäf––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tigt hat, und es gab verschiedene Landtagsbeschlüsse und Ministerkonferenzen der norddeutschen Küstenländer. Nun sagt die Bundesregierung zum Beispiel, die Grobecker-Vorschläge sollen in einem ressortübergreifenden neuen Projekt, das acht Teile enthält, auf Bundesebene noch einmal geprüft und bewertet werden, und dann soll in zirka zwei Jahren, man hofft, dass es bis dahin vorliegt, ein so genanntes Realisierungskonzept vorgelegt werden.
Meine Damen und Herren, das sind dann seit dem Unfall 1998 vier Jahre! Das, finde ich, ist eine ziemlich lange Zeit, wenn man wirklich ein schnelles Unfall- und Sicherungskonzept haben will. Auf der anderen Seite brauchen eben 16 Jahre verkehrte Verkehrspolitik des Bundeskanzlers Kohl eine lange Zeit der Aufarbeitung!
Ursachen der Dauer sind aber auch, das muss man sehen, die Probleme des Föderalismus. Es ist nicht ganz einfach, die verschiedenen Interessen der Länder aufeinander abzustimmen, weil ja auch die Länder entsprechende Kompetenzen abgeben müssen. Es gibt auch Verfassungsprobleme, wenn man bedenkt, dass es sozusagen ein zentrales Einsatzkommando mit weitgehenden auch polizeilichen Kompetenzen geben soll. Da muss man überprüfen, ob das alles noch verfassungskonform ist und wie sich die Länder bei der Abgabe ihrer Kompetenzen und vor allen Dingen bei der Teilhabe auch der Finanzierung verhalten. Das ist ja auch immer ein Problem, wenn es um die Ökologie geht, wer welchen Teil finanziert. Viele Dinge, das muss man aber auch sagen, Herr Töpfer hat es angesprochen, sind bereits in Sachen Technik und Ausrüstung in die Wege geleitet worden.
Was sagt nun der Senat dazu? Das interessiert uns ja hier vor Ort immer besonders. Die Senatsantwort ist von uns zu bewerten und zu beurteilen. Ich habe, wenn ich richtig zugehört habe, eine leise Kritik des Kollegen Töpfer an der Senatsantwort herausgehört, die wir durchaus teilen. Ich finde, bei diesem sensiblen und emotionalen Thema auch für den Bereich Schifffahrt, maritime Dienstleistungen oder Häfen hat Bremen ja eigentlich eine gewisse Emotionalität vorzutragen und gewisse Kompetenzen und Knowhow in diesem Bereich. Das kommt in der Senatsantwort relativ wenig zum Ausdruck. Der Senat zitiert eigentlich nur noch einmal die Vorschläge der Grobecker-Kommission und rezitiert die Beschlüsse des Bundeskabinetts. Ein richtiges Engagement ist also eigentlich nicht zu verspüren und schon gar kein eigenes Profil, das sich Bremen in dieser Frage eigentlich aufbauen könnte.
Meines Erachtens hätte die Senatsmitteilung einen höheren Informationswert, wenn sie wenigstens mitgeteilt hätte, wie und mit welchen Vorschlägen Bremen sich jetzt in das neue Projekt in Teilen einbringt, das würde uns als Parlamentarier interessieren, und mit welchen Vorschlägen Bremen diese ganze Debatte bundesweit voran bringt, denn Bre
Die Umweltministerkonferenzen sind da ein bisschen weiter. Diese haben die Grobecker-Vorschläge bereits beurteilt und bewertet, haben das einzeln aufgeführt und jeden Vorschlag für sich bewertet, ob er gut oder schlecht ist. Ich finde, das war eine schnelle Reaktion, und die hätten wir uns vom Bremer Senat auch gewünscht.
Der Bundestag hat noch schneller gehandelt. Er hat im Februar 2000 schon verschiedene Maßnahmen beschlossen: die Einrichtung einer Küstenwache, das ist neu für die Bundesrepublik, und eines so genannten Havariekommandos. Er hat beschlossen, dass es in der Deutschen Bucht ausreichende Schlepperkapazitäten mit den entsprechenden Pfahlzugleistungen, die da erforderlich sind, geben muss. Das kann, muss aber nicht, die Oceanic sein. Tatsächlich ist sie aber der einzige Hochseeschlepper, der das im Moment erfüllt. Wir fordern auch, ich glaube, im Konsens mit den anderen Fraktionen, dass der Vertrag der Oceanic entsprechend verlängert wird, meine Damen und Herren.
Der Bundestag hat auch beschlossen, die Hafenstaatenkontrollen auszudehnen und Hafeneinlaufverbote auszusprechen. Das ist vielleicht auch im neuen Hafenbetriebsgesetz, das Bremen jetzt vorlegt, enthalten, und das finden wir gut. Anreizsysteme für Hafengebühren hat der Bundestag bereits beschlossen, auch das ist ja ein Thema, das wir immer wieder hier besprechen, das finden wir ebenfalls gut.
Eine Forderung, die mir sinnvoll erscheint, ist noch ein bisschen strittig, und zwar ist das die Forderung, dass das Wattenmeer als ein Sondergebiet ausgewiesen wird. Das heißt, dass es hier immer zu Genehmigungen kommen muss, wenn ein Gefahrgutschiff dieses Gebiet kreuzt. Die Grobecker-Kommission hat auch zu dieser Forderung Stellung genommen und gesagt, das finden wir nicht so gut, aber der Deutsche Bundestag hat diese Forderung beschlossen.
Hier gibt es also widersprechende Meinungen. Mich würde interessieren, welche Forderungen eigentlich der Senat in dieser wichtigen ökologischen Frage hat, ob er die Forderungen des WWF unterstützt, der nämlich in einem neuen fünfzigseitigen Gutachten genau diese Forderung noch einmal begründet hat, oder ob er diese Forderung ablehnt, und wenn er sie ablehnt, aus welchen Gründen er das tut. Das würde uns interessieren, und daher teilen wir die leichte indirekte Kritik an der Senatsantwort, die Herr Töpfer vorgetragen hat.
zufordern, noch einmal zu beurteilen, noch einmal vorzulegen, eigentlich das ganze Dilemma der Senatsantwort deutlich zeigt. Von daher können wir diesen Antrag nicht ablehnen. Wir halten ihn eigentlich für überflüssig, weil der Senat längst die Beschlüsse, die wir hier gefasst haben, hätte umsetzen und eine Bewertung vornehmen müssen.
Das hat er nicht getan, und jetzt muss er noch einmal aufgefordert werden, ich weiß nicht, wie viele Male noch, warten wir es ab! Von daher werden wir diesem Antrag aus der Not der Situation heraus erst einmal zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Unglück der Pallas ist ja schon einiges gesagt worden, und deswegen schließe ich mich da auch meinen Vorrednern an, dass das eine ganz traurige Sache war. Das darf auch nicht wieder passieren.
Das zur Zeit für solche Unfälle bestehende Notfallkonzept weist also erhebliche Lücken auf, vor allem bei der Unfallverhütung, der Unfallbekämpfung und dem Unfallmanagement. Die GrobeckerKommission hat die Schwachstellen darin ausgemacht und deshalb eine 30-Punkte-Empfehlung zur Verbesserung des Notfallkonzepts auf nationaler und internationaler Ebene vorgelegt. Zu den drei Schwerpunkten muss man sagen, dass die Unfallverhütung sich auf jeden Fall schwierig gestalten wird, weil der Einfluss der deutschen Bundesregierung auf ausländische Schiffe doch eher gering ist. Nach den Erfahrungen, die wir bei der Umsetzung der Marpol-Konvention gemacht haben, hat man gesehen, dass die Bundesregierung diese Themen anscheinend nicht für so wichtig hält. Schade!
Die Unfallbekämpfung ist, wenn ausreichend und in Zukunft verbessertes Material zur Verfügung steht, der weniger problematische Punkt. Das hat uns auch die Notfallschlepperübung letzte Woche gezeigt, die unter realistischen Verhältnissen, also bei rauer See, und mit einer neuartigen Schleppleine doch relativ erfolgreich abgeschlossen wurde. Dass Nachbarstaaten sich bei Katastrophen gegenseitig unterstützen müssen, ist für mich jedenfalls eine Selbstverständlichkeit.
Doch verbesserte Verhältnisse bei der Unfallbekämpfung helfen uns nicht, wenn das Unfallmanagement nicht verbessert wird. Es ist nicht auszu
schließen, dass Menschen Katastrophen koordinieren müssen, die am liebsten immer nur mit dem Finger auf andere zeigen, so wie es bei der Pallas-Havarie das schleswig-holsteinische Umweltministerium unter der Regie von Herrn Steenblock getan hat.
Hier müssen also in Zukunft Kompetenzen gebündelt werden, die sich dann nach grundsätzlichen Richtlinien zu verhalten haben.
Aus der Mitteilung des Senats kann man entnehmen, dass ein Großteil für die Weiterentwicklung des Notfallkonzeptes zur Sicherung der Küsten in der Hand des Bundes liegt. Wenn man sich dann die allgemein schwierige Situation in der Seeschifffahrt vor Augen führt, in der es ja genug veraltete Schiffe mit zum Teil nicht oder schlecht ausgebildetem Personal gibt, wird einem schnell klar, dass hier ganz dringender Handlungsbedarf besteht, denn jeden Tag kann es zu einer neuen Katastrophe an unseren Küsten kommen. Hoffentlich nicht, denn unsere rotgrüne Bundesregierung hat in dem letzten dreiviertel Jahr, seit der Bericht der Grobecker-Kommission vorliegt, meines Erachtens jedenfalls noch nicht viel zustande gebracht, jedenfalls nicht mit abschließenden Ergebnissen!
Bis jetzt wurde nur eine völlig überdimensionierte Projektgruppe ins Leben gerufen, und ich finde, wenn man sich einmal ansieht, wer dort überall mitzureden hat, dann ist mir auch schon fast klar, dass die vorgegebene Zeitspanne von zwei Jahren sowieso überschritten wird
getreu dem Motto: In der nächsten Legislaturperiode können sich andere damit beschäftigen, aber wir wären bereit!
In Anbetracht dieser Tatsachen sollten die Küstenländer einmal alle Eitelkeiten beiseite legen, Farbe bekennen und an einem Strang ziehen, dann kann man auch mit vereinten Kräften die Bundesregierung zum schnellen Handeln und zu dementsprechend vorzuweisenden Ergebnissen drängen.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hält eine Optimierung und Weiterentwicklung des bestehenden Notfallkonzeptes für sehr wichtig. Deswegen auch unser gemeinsamer Dringlichkeitsantrag, damit uns in der Folgezeit über das Problem berichtet wird und wir hier auch immer alle am Ball bleiben können! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Sache sind wir uns weitgehend einig. Ein Dringlichkeitsantrag ist bei einem solchen Unglück immer berechtigt, und die Frage, wie schnell eigentlich was erledigt wird, ist eine konsequente, die wir hier nicht länger erörtern müssen. Da sind wir, ich wiederhole mich, einer Meinung. Andererseits ist zu beachten, und so ist es nun einmal, wie die Zuständigkeiten sind. Es ist zunächst der Bund zuständig. Der Bund arbeitet mit den Ländern zusammen. Dann gibt es eine Vielzahl von Organisationen, die eingebunden werden müssen, und die Willensbildung bedarf ihrer Zeit. Ob man da aus Berlin hätte wesentlich schneller handeln können, ist eine Frage, die auch ich stelle.
Wir haben die Grobecker-Kommission mit 30 Vorschlägen zur Kenntnis genommen. Aus dieser Grobecker-Kommission sind acht Arbeitskreise entstanden, an denen die Länder arbeitsteilig, also auch Bremen, beteiligt sind. Wir warten jetzt ab, was daraus wird, tun aber unseren Teil, um das Abwarten nicht zu einem Dauerzustand zu machen. Wenn diese Erkenntnisse vorliegen, ein Teil ist ja schon beantwortet, muss man nach der jeweiligen Zuständigkeit fragen. Auch diese ist hier nicht mit einer Bemerkung abzutun. Wenn das dann geklärt ist, werden wir, das Land Bremen, in eigener Verantwortung handeln. Sie dürfen sicher sein, dass Ihr Anliegen auch mein Anliegen ist, es schnell zu tun, dass ich darauf hinwirke.
Die summarische Feststellung ist eine, die wir auch sehr konkret in den Arbeitsgruppen immer wieder begründen, dass wir nämlich aus dieser Katastrophe lernen müssen, dass wir die Sicherheit zu erhöhen haben und, ich darf es noch einmal so sagen, dass wir uns sehr bemühen, in der Zuständigkeit von Bund, Ländern und den übrigen Organisationen alsbald zu klaren und eindeutigen Schlussfolgerungen zu kommen. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 15/528 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!