Zum aktuellen Sachstand vielleicht so viel: Frau Linnert hat eben schon darauf hingewiesen, 1993 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Eheschließung nur verschieden geschlechtlichen Paaren zusteht, das ist richtig. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch gleichzeitig einen Weg ge
wiesen, wie dem Bedürfnis nach einem Schutz gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften trotzdem Rechnung getragen werden könnte, und zwar nicht nur ausdrücklich durch eine Verfassungsänderung, sondern auch durch einfache gesetzliche Regelungen könne der Gesetzgeber das Recht auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften dem Eherecht angleichen, so das Bundesverfassungsgericht.
Außerdem gibt es seit 1994 einen Beschluss des Europäischen Parlaments zur Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben. Danach sind die Mitgliedsstaaten ausdrücklich aufgefordert, Mindeststandards zur Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben einzuführen, und dazu zählt, dass ihnen nicht länger die vollen Rechte und Vorteile, wie sie sich aus der Eheschließung ergeben, vorzuenthalten sind.
Außerdem soll das Recht von Schwulen und Lesben auf Elternschaft oder auf Adoption und Erziehung von Kindern nicht beschnitten werden, soweit das Europäische Parlament als Auftrag auch an die Bundesregierung.
Ein weiterer Sachstand: Die Bundesregierung hat diese Empfehlungen des Europäischen Parlaments im Oktober 1998 in den Koalitionsvertrag aufgenommen und sich verpflichtet, ein Gesetz gegen die Diskriminierung und zur Förderung der Gleichbehandlung auf den Weg zu bringen und damit das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebensgemeinschaft mit Rechten und Pflichten einzuführen. Im Juli 2000 wurde nun dieser Gesetzentwurf von den Koalitionsfraktionen in Berlin vorgelegt. Darin wird das familienrechtliche Institut eingetragene Lebenspartnerschaft für die diejenigen Paare geschaffen, die für ihr auf Dauer angelegtes Zusammenleben einen gesicherten Rechtsrahmen unter Einbeziehung ihrer gleichgeschlechtlichen Identität wünschen. Es geht also um auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften.
Es ist hier schon vielfach angesprochen worden, der Senat hat sich zu diesem Gesetzentwurf noch keine Meinung gebildet. Wir werden das tun müssen, weil wir im Bundesrat natürlich unsere Meinung dazu auch äußern müssen. Ich kann deswegen hier heute auch nur meine persönliche Meinung zunächst einmal vortragen, andere Senatsmitglieder haben eine andere Meinung, das weiß ich!
Meine persönliche Meinung ist, dass dem verfassungsrechtlichen Gebot, dass die Ehe nach dem Grundgesetz unter dem besonderen Schutz des Staates steht, hier Rechnung getragen wurde, indem die eingetragene Lebensgemeinschaft von der Ehe weiterhin abgegrenzt bleibt. Das sieht dieser Gesetzentwurf vor, auch dazu ist hier schon Stellung genommen worden. Der Entwurf sieht eine formale Gründung der Lebenspartnerschaft durch das Standesamt vor, trifft Regelungen zum Namensrecht, zur Unterhaltsverpflichtung, zum Erb- und Mietrecht, zum Getrenntleben und zur Aufhebung einer solchen Lebenspartnerschaft, auch die wird sicherlich in der Realität vorkommen.
Besonders hervorzuheben ist das kleine Sorgerecht, auch das ist hier schon angesprochen worden. Damit wird endlich, aus meiner Sicht, dem Lebenspartner eines allein Sorgeberechtigten die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes eingeräumt. Auch das ist einfach ein Erfordernis der Praxis, der Realität.
Außerdem wird durch die eingetragene Lebenspartnerschaft ein Verwandtschaftsverhältnis zu den Angehörigen des Partners begründet, und auch der Lebenspartner selbst gilt als Angehöriger, aus meiner Sicht nachvollziehbar, notwendig. Mit diesem Gesetz tritt dann letztlich gemäß dem Auftrag des Europäischen Parlaments Deutschland, wenn es denn als Gesetz verabschiedet wird, in die Reihe derjenigen europäischen Länder wie die Niederlande, Dänemark, Frankreich, Schweden und Norwegen, die bereits entsprechende Regelungen haben und gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften Ehepaaren weitgehend gleichgestellt haben.
Aus meiner Sicht, das ist ausdrücklich meine persönliche Sicht, weil es eine abgestimmte Meinung hier noch nicht gibt, sollte Ziel des staatlichen Handelns in unserer Gesellschaft sein, die Chancengleichheit von Menschen mit homosexueller und mit heterosexueller Orientierung zu erreichen. Ich glaube, dass wir hier einen Schritt vorankommen können.
Vielleicht noch einmal konkret zu der Anfrage und den bremischen Spezifika der Anfrage! Es gibt offene Fragen, das ist richtig, es gibt, das räume ich ein, in meinem Ressort für dieses Thema bisher keine ausgewiesene Zuständigkeit. Ich glaube, das ist auch bisschen dem geschuldet, dass Bremen ein toleranter, liberaler Platz ist, dass es seit Jahren gute Kontakte des Ressorts, ich sage einmal, in die Szene hinein gibt und wir diese Szene ja auch einvernehmlich im Parlament, das ist keine Frage, finanziell fördern. Wir werden das ändern. Wir werden eine Zuständigkeit ausweisen, um auch diesem Wunsch,
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/515 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
(SPD und Abg. T i t t m a n n [DVU] Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Bür- gerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab. Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD Kenntnis.
Vermeidung und Bekämpfung von Schiffsunfällen in der südlichen Nordsee, der Außen- und Unterweser sowie in den bremischen Häfen
Vermeidung und Bekämpfung von Schiffsunfällen in der südlichen Nordsee, der Außen- und Unterweser sowie in den bremischen Häfen
Dazu als Vertreter des Senats Senator Hattig. Meine Damen und Herren, die Beratung ist eröffnet. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Töpfer.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei diesem Thema geht es auch um Schutz von Menschen und um Schutz von Natur, das will ich gleich einmal an den Anfang stellen. Sie
wissen alle, dass der Seeverkehr eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Alternative zum Landtransport, aber auch zum Flugzeug ist, dass aber der Verkehr über See auch mit ökologischen Risiken verbunden ist. Das haben die Unglücke der letzten Jahre gezeigt. Ich nenne stichwortartig den Untergang der Erika im Dezember letzten Jahres, jetzt vor wenigen Tagen ist ein Chemietanker ebenfalls vor Frankreichs Küste gesunken, und wir hatten das Desaster mit der Pallas vor mehreren Monaten vor der dänischen und schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Die Pallas ist ja nur ein normaler Holzfrachter gewesen und kein Tanker, trotzdem sind riesige Umweltschäden im Meer und in der Vogelwelt entstanden.
Dieses Unglück liegt mittlerweile zwei Jahre zurück. Es hat dazu geführt, dass sich das Seeamt in Kiel, ein Untersuchungsausschuss des schleswigholsteinischen Landtags und auch die von der Bundesregierung eingesetzte Grobecker-Kommission mit der Aufarbeitung der Vorgänge befasst und Konsequenzen erarbeitet haben, so unter anderem im Grobecker-Bericht vom 16. Februar dieses Jahres. Wir hatten daraufhin am 23. März einen Antrag hier in der Bürgerschaft, in dem wir den Senat aufgefordert haben, uns über die Konsequenzen aus diesen drei wichtigen Untersuchungen zu berichten, aber auch darauf einzugehen, welche Maßnahmen im bremischen Bereich notwendig sind. Das Letztere ist mit der Mitteilung des Senats nicht geschehen. Deswegen fordern wir das erneut mit dem Dringlichkeitsantrag ein.
Lassen Sie mich Folgendes deutlich machen: Die Zahlen sind im Grunde genommen erschreckend. Nach EU-Angaben passieren jährlich 3000 Schiffsunfälle vor Europas Küsten. Weltweit gehen jährlich 130 Seeschiffe – Seeschiffe, ich rede nicht von Kleinbooten – unter, und das mit enormen Folgen nicht nur für die Menschen, die an Bord waren, sondern auch für die Natur. Deswegen gibt es für die Politik Handlungsnotwendigkeiten. Einige davon möchte ich ansprechen.
Ich finde, dass die Grobecker-Kommission sehr gute Vorschläge vorgelegt hat. Ein Dank an diese Kommission, die ja so genannt wird, weil unser ehemaliger Senator den Vorsitz hatte!
Wir sind mit der in der Mitteilung des Senats vorgegebenen Vorgehensweise einverstanden, dass viele dieser guten Vorschläge aus dem Bericht der Kommission zwischen Bund und den Ländern weiter aufgearbeitet werden, um daraus zusätzliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich will damit deutlich machen, dass wir nicht Maßnahmen verzögern wollen, wie ich es kürzlich einmal in einer Umweltzeitung gelesen habe. Wir wollen das Thema nicht auf die lange Bank schieben. Wir wollen auch nicht, dass der Na
me Pallas verblasst und das Thema in Vergessenheit gerät, nein, wir wollen ernsthafte Vorbeugungsund Bekämpfungsmaßnahmen, wesentliche Schritte, um unsere Küsten, unsere Meere und auch die Schiffe sicherer zu machen. Ich möchte einiges nennen, was in der Zwischenzeit schon erfolgt ist. Der Hochseeschlepper Oceanic bleibt weiterhin vor Helgoland auf Station. In der Frage von Schleppereinsätzen hat die GrobeckerKommission auch gute Vorschläge unterbreitet. Sie ist davon ausgegangen, dass man nicht nur einen leistungsfähigen Schlepper zur Verfügung stellt, sondern dass mehrere leistungsfähige Schlepper, die durchaus kleiner sein können, an verschiedenen Standorten positioniert werden sollen, denn Helgoland ist nur ein Punkt in der Nordsee, und Sie wissen, dass es auch verschiedene andere Hauptschifffahrtswege gibt. Eine deutliche technische Verbesserung ist mittlerweile in Cuxhaven bei der Einsatzleitgruppe erfolgt. Dort ist ein weltweit einmaliges EDV-gestütztes Vorsorge- und Führungsinstrument für die Schadstoffunfallbekämpfung mit und auf Schiffen eingerichtet worden, ein wesentlich wichtiger Schritt. Meines Erachtens hat allein diese technische Ausstattung zwischen zwei und drei Millionen DM gekostet. Dann ist die Ausrüstung der Hilfsschiffe verbessert worden. Auch ist in der letzten Zeit deutlicher geworden, dass verstärkt Übungen durchgeführt worden sind, auch mit mehreren Nationen wie Dänemark, Deutschland und Holland, um sich solchen Gefahrenlagen zu stellen. Trotzdem kann man feststellen, dass es noch sehr, sehr viele Mängel gibt. Ich nenne als Beispiel den Untergang des Chemietankers vor der französischen Küste. Es war die gleiche Klassifikationsgesellschaft, die auch die Klassifikation für die Erika ausgestellt hatte, eine italienische. Da muss man sich wirklich einmal die Frage stellen, ob nicht auch die Rollen der Klassifikationsgesellschaften überprüft werden müssen! Ein weiterer wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht, dass auch auf den Kapitänen ein immer höherer Druck lastet, als es früher der Fall gewesen ist. Da galt noch, wenn ein Kapitän gesagt hat, ich laufe nicht aus, es ist mir heute zu schwierig, oder der Nebel ist zu stark. Ich habe das kürzlich bei einem nautischen Essen hier in Bremen von Kapitänen bei einer Diskussion am Tisch erfahren, dass sie Sorge darüber haben, dass der Druck von Reedereien immer größer wird, also auch auf den Kapitän. Er hat meines Erachtens eine Verantwortung nicht gegenüber der Reederei allein, sondern auch gegenüber dem Meer, gegenüber seiner Besatzung. Hier sollte man vielleicht darüber nachdenken, ob da nicht auch einmal wieder eine andere Reedereipolitik angebracht ist!
Ein Beispiel, das von der Grobecker-Kommission meines Erachtens nicht so genau untersucht worden ist: Wie können wir Fortschritte in der Brandbekämpfung an Bord von Schiffen erreichen? Das ist eben ganz anders, als wenn ein Brand an Land bekämpft wird. Da ist Seegang, da fällt Licht aus, da bewegt sich ein Schiff unruhig in der See, da gehen unter Umständen Brecher über Bord, die die Brandbekämpfung schwierig machen.
Herr Kollege Schildt und ich haben vor einiger Zeit einmal den Vorschlag gemacht, ob das nicht auch neue Chancen zum Beispiel für die Landesfeuerwehrschule in Bremerhaven wären, verstärkt Ausbildungsgänge auch für andere Feuerwehren mit anzubieten, um sich solchen Gefahrenlagen in Zukunft besser zu stellen. Wir sehen da große Schulungspotentiale und Möglichkeiten im Bereich Bremerhaven, auch wegen der Nähe zur Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger hier in Bremen, wo man manche Ausbildungsgänge gemeinsam machen könnte. Ein stärkeres Augenmerk sollte auf eine solche Tätigkeit gerichtet werden. Das wäre ja auch ein weiterer Auslastungsbeitrag für die Landesfeuerwehrschule in Bremerhaven selbst. Wir bitten, das einmal mit Ihrem Kollegen Senator Schulte zu überprüfen, Herr Senator Hattig.
Lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Die Grobecker-Kommission hat auch Vorschläge zur Seeunfalluntersuchung gemacht, die meines Erachtens in Berlin anders ausgelegt werden, als die Kommission es wollte. Sie hat nach meinen Kenntnissen und nach meinen Gesprächen nicht vorgeschlagen, die Seeämter aufzulösen. Sie wissen ja, dass wir die aktuelle Diskussion darüber haben, dass die Seeunfalluntersuchung neu geregelt werden soll und dass es in Berlin beim Bundesverkehrsministerium Überlegungen gibt, die Seeämter aufzulösen.
Wir haben vor einiger Zeit einstimmig in diesem Haus einen Beschluss gefasst, dass wir uns dagegen wenden und dass wir solche Einrichtungen an der Küste weiter haben möchten, weil dort nämlich standortnah Unglücke besser aufgearbeitet und aufbereitet werden können als im fernen Berlin. Wir bitten noch einmal den Senat, sich energisch bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass das Seeamt in Bremerhaven nicht geschlossen wird.
Abschließend: Es gibt noch viel zu tun, es ist noch nicht alles auf den Weg gebracht, das zeigt ja auch das Ergebnis der Beratungen zwischen Bund und Ländern, große Teile der Vorschläge der GrobeckerKommission noch weiter in die Debatten einzubeziehen und zu noch weiteren konkreten Maßnahmen zu kommen, als ich es eben gesagt habe. Für mich ist klar, dass dieses Thema ein Dauerthema ist. Wenn man sich nur die erschreckenden Bilder der letzten Tage vergegenwärtigt, ein Chemiefrachter
sinkt im Ärmelkanal, dann wissen wir, dass uns so etwas auch unmittelbar vor unseren Küsten und vor unseren Hafeneinfahrten drohen kann. Es können Brandunfälle auf Schiffen in unseren Häfen passieren. Deswegen meinen wir, dass diese Debatte dazu beitragen soll, dass wir uns dieser Thematik noch intensiver stellen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zeit vergeht, das ist eine Banalität. Der Unfall mit der Pallas ist bereits zwei Jahre her, und auf der Insel Amrum findet jährlich ein Gedenktag anlässlich dieses Unfalls statt. Dieser hat jetzt im Oktober stattgefunden, und alle Redner, die sich dort geäußert haben, waren sich eigentlich einig in der Beurteilung, dass bisher zur Vermeidung und zur Verhinderung von Seeunfällen immer noch zu wenig in der Zwischenzeit geschehen ist.
Es ist ja häufig so, der Kollege Töpfer hat darauf hingewiesen, dass nach einem Unfall erst die Wellen hoch schlagen und dann doch alles leicht wieder in Vergessenheit gerät. Wer erinnert sich heute noch an das Unglück mit dem ICE in Eschede zum Beispiel oder an das Unglück mit der Concorde? Das waren Katastrophen, über die man heute kaum noch spricht. Wir haben jetzt die Katastrophe in Kaprun. Wer weiß, wie lange man darüber noch so heftig debattiert.
Unfälle aber, das weiß man eben, passieren immer wieder, auch in der Seeschifffahrt, gerade auch, wenn man bedenkt, wie hoch frequentiert gerade diese Wasserstraße ist, zirka 420 000 Schiffspassagen pro Jahr frequentieren die norddeutsche Bucht. Darin liegt natürlich ein erhebliches Gefahrenpotential. Deshalb wird es immer wieder zu Unfällen kommen, und daher brauchen wir ein Notfallkonzept, das wirklich die Maßnahmen schnell, effizient und sicher einleitet, meine Damen und Herren.